Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga nahm zum Viganò-Dossier Stellung, in dem er selbst namentlich genannt und schwer belastet wird.
https://www.katholisches.info/2018/09/das-vigano-dossier-und-der-fall-tegucigalpa/
(Rom) Das Memorandum des ehemaligen Nuntius in den USA, Msgr. Carlo Maria Viganò, erschüttert das derzeitige Pontifikat. Auch in Honduras schlug das Dossier wie ein Blitz ein. Auch der dortige Primas, Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, wird im Memorandum erwähnt und schwer belastet.
Wußte Papst Franziskus von den Schandtaten von Kardinal Theodore McCarrick und rehabilitierte ihn dennoch? Das behauptet der ehemalige vatikanische Spitzendiplomat und verlangt den Rücktritt von Papst Franziskus. Es gebe keinen „begründeten Anlaß“ am Wahrheitsgehalt von Msgr. Viganòs Darstellung zu zweifeln, sagte einer der weltweit renommiertesten Bischöfe, Msgr. Athanasius Schneider, und forderte eine „Reinigung der Kirche von Homo-Cliquen“.
Im Vatikan wird aber nicht einmal der Versuch einer Verteidigung unternommen. Vielmehr erklärte Papst Franziskus, er werde zum Dossier nichts sagen. Die Tagespost veröffentlichte das vollständige Dossier im deutschen Wortlaut. Die von Franziskus vorgegebene Strategie wird offiziell auch vom Heiligen Stuhl verfolgt. Rom hofft das Problem offensichtlich aussitzen zu können.
Unterdessen wurde versucht, die Glaubwürdigkeit von Msgr. Viganò zu diskreditieren, ohne auf den Inhalt seines Dossiers einzugehen. Man solle „zu solchen Sachen nicht ins Detail gehen“, meinte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin lapidar.
Papst Franziskus und der Fall Tegucigalpa
Oscar Rodriguez Maradiaga; „Ich bin das Opfer eines Medien-Auftragskillers“
Einen ganz eigenen Weg geht einer der engsten Vertrauten von Papst Franziskus, der honduranische Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa und Koordinator des C9-Kardinalsrates zur Kurienreform und zur Leitung der Weltkirche. Sein Erzbistum ist, folgt man Edward Pentin, einem der bekanntesten Vatikanisten der USA, im Mittelpunkt eines Skandals, der jenem von Ex-Kardinal McCarrick um nichts nachsteht. Wenige Tage bevor Papst Franziskus McCarrick die Kardinalswürde aberkannte, emeritierte er Maradiagas rechte Hand. Msgr. Juan José Pineda wurde seines Amtes als Weihbischof von Tegucigalpa entbunden.
Offiziell erfolgten beide Maßnahmen auf Wunsch der Betroffenen. Das ist in der Kirche so Praxis, entspricht in den konkreten Fällen aber mitnichten den Tatsachen. In beiden Fällen sorgten Medienberichte für ein Eingreifen Roms. Das ist nun Anlaß zu heftiger Kritik, denn Rom habe „zu spät“ eingegriffen, obwohl das Fehlverhalten schon seit Jahren bekannt war. Im Fall Pineda hatte Franziskus einen seiner argentinischen Vertrauten, Msgr. Jorge Pedro Casaretto, nach Tegucigalpa entsandt. Casarettos Abschlußbericht, der den Weihbischof schwer belasten soll, lag seit Mai 2017 auf dem Schreibtisch des Papstes, ohne daß dieser einen Handlungsbedarf sah. Erst als Edward Pentin im vergangenen Frühjahr Pinedas homosexuelles Doppelleben und Frgaen zu mutmaßlichen finanziellen Unregelmäßigkeiten an die Öffentlichkeit brachte, sah sich der Heilige Stuhl zum Einschreiten genötigt. Selbst dann wurde Pineda weder ein Vorwurf gemacht noch Strafmaßnahmen gegen ihn ergriffen.
Kardinal will von Kritik an seinem Ex-Weihbischof nichts wissen
Kardinal Maradiaga, Pinedas Vorgesetzter in Honduras, will bis heute von Vorwürfen gegen seinen engsten Mitarbeiter nichts wissen. Dem Kardinal selbst wurde in den vergangenen Monaten nicht nur vorgeworfen, Pinedas Homo-Streifzüge im eigenen Priesterseminar gedeckt zu haben, sondern auch selbst ein unklares Finanzgebaren an den Tag gelegt zu haben. Unter anderem ließ sich der Kardinal von der Katholischen Universität von Honduras jährlich 600.000 Dollar auf Privatkonten überweisen.
In einem Interview mit Fides Digital, der Internetseite von Fides, der katholischen Wochenzeitung von Honduras (nicht zu verwechseln mit dem Mission-Pressedienst Fides in Rom), nahm Kardinal Maradiaga am 29. August zum sexuellen Mißbrauchsskandal in der Kirche und zum Viganò-Dossier Stellung. Fides Digitalgehört zum Suyapa-Medienkonzern, der von Kardinal Maradiaga kontrolliert wird.
Wahrscheinlich ahnte der Kardinal bereits, daß die Parallelen zwischen dem Fall McCarrick und dem Fall Pineda bald auffallen würden. Maradiaga ging daher präventiv zum Angriff über. Er bezeichnete sich selbst als „Opfer“ von Edward Pentin, den er einen „Sicario“, einen Auftragskiller, nannte. Namentlich genannt und schwer belastet wird der Kardinal ohnehin durch das Viganò-Dossier.
Maradiaga: „Das Hauptziel ist Papst Franziskus“
Die entscheidende Stelle des Interviews im Wortlaut:
Fides Digital: Die Medien haben einen elfseitigen Brief des ehemaligen Nuntius Carlo Maria Viganò veröffentlicht, in dem er sehr schwere Vorwürfe gegen Sie erhebt. Was können Sie uns dazu sagen?
Kardinal Maradiaga: Seit ungefähr drei Jahren bin ich das Opfer eines „Sicario„, der eine Medien-Hetzjagd betreibt. Sein Name ist Edward Pentin, und er arbeitet für eine EWTN-Zeitung namens National Catholic Register. Ich habe noch nie mit ihm gesprochen, aber er hat die „anonyme Verleumdung“ übernommen, die von einem anderen, honduranischen „Sicario“ in einem lokalen Medium veröffentlicht wurde, das mich ständig beleidigt und verleumdet. Wer bin ich, der Erzbischof einer kleinen Diözese und eines kleinen Landes, um in der Weltpresse verleumdet und diffamiert zu werden ohne Möglichkeit zur Verteidigung? Offensichtlich ist der einzige Grund dafür, weil ich der Koordinator des C9-Kardinalsrates bin, der an der Kurienreform arbeitet. Die Feinde dieser Reform wollen diesen Rat beseitigen. Das Hauptziel ist Papst Franziskus.
Ich wurde vom Schreiben von Msgr. Viganò überrascht, da das nicht die Person ist, die ich seit etlichen Jahren kenne.
Die Sünde der Verleumdung und der Diffamierung ist sehr ernst. Damit sie vergeben werden kann, ist es notwendig, daß der Urheber den Schaden wiedergutmacht. Wie können das die Urheber von diesem Medienzirkus? Es scheint mir, daß sie nicht verstanden haben, daß die Kirche menschlich und göttlich ist, natürlich und übernatürlich, immanent und transzendent. Ohne Glauben kann man das nicht verstehen. Den Rücktritt des Papstes zu fordern, ist meines Erachtens eine Sünde gegen den Heiligen Geist, der letztlich die Kirche leitet, wie wir im Glaubensbekenntnis sagen: „Herr und Spender des Lebens“.
Ich hege keinen Groll gegen irgendeinen meiner Gegner, aber ich bete für sie, daß sie ihr Leben in Frieden umwandeln und weiterführen. Das Schlimmste, was einem Mensch passieren kann, ist, sich durch die Sünde von Gott zu entfernen.
Das Interview wurde noch am selben Tag vom progressiven Nachrichtenportal Religion Digital vollinhaltlich übernommen.
Pentin: „Kardinal hat auf keine Anfrage geantwortet“
Edward Pentin, vom Kardinal als „Auftragskiller“ bezeichnet, reagierte am 30. August mit einer Stellungnahme gegenüber der britischen Wochenzeitung The Catholic Herald:
„Es ist sehr traurig und bedauerlich, daß sich der Kardinal dafür entscheiden hat, diesen Angriff zu beginnen, anstatt sich mit den sehr ernsten Angelegenheiten der Kirche in Honduras zu befassen, über die ich berichtet habe, und auf die er noch zu antworten hat.“
Pentin wiederholte zugleich in Stichworten die Anschuldigungen gegen Kardinal Maradiaga und Ex-Weihbischof Pineda, auf die der honduranische Purpurträger bisher eine öffentliche Erklärung schuldig geblieben ist. Der US-Vatikanist erinnerte an die 1,3 Millionen Dollar, die Pineda von der honduranischen Regierung für ein karitatives Projekt erhalten habe, die aber auf seine Privatkonten geflossen seien; an die Geldzahlungen der Katholischen Universität von Honduras an Kardinal Maradiaga; an Unregelmäßigkeiten in den Finanzen des Erzbistums Tegucigalpa und an das bereits erwähnte Homo-Problem im Priesterseminar von Honduras.
Pentin betonte zudem, dem Kardinal in diesem Jahr bereits vier Anfragen um Beantwortung einiger Fragen übermittelt, aber keine Antwort erhalten zu haben. Er habe ihn auch um ein Treffen angeboten, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine Sicht der Dinge darzulegen. Auch darauf reagierte der enge Papst-Vertraute nicht. Es entspreche daher nicht den Tatsachen, daß der Kardinal „Opfer“ einer „Hetzjagd“ sei, ohne sich verteidigen zu können.
Papst Franziskus betrifft nicht nur der Fall McCarrick, sondern ebenso der Fall Tegucigalpa. Der Papst verweigert die Antworten. Wie lange noch?
Text: Giuseppe Nardi