Neu-Ulmer Zeitung
14.02.2022
Hassmails gegen Impfangebot in Marienfried.
Ärger Pfarrer Oblinger öffnet die Gebetsstätte Marienfried als Impfzentrum – und erntet längst nicht nur Zuspruch: „Wir wurden regelrecht mit Widerständen bombardiert." Ein Text lautete, Impfen ist das „Werk des Satans“.
VON ANDREAS BRÜCKEN
Pfaffenhofen Die Gebetsstätte Marienfried ist seit Jahrzehnten Ziel zahlreicher Pilger und Pilgerinnen. Vielfältige- Angebote zur Einkehr, Beichte und zum Gebet finden die Gläubigen hier im idyllischen Ort nahe Pfaffenhofen. Am vergangenen Wochenende öffnete der Wallfahrtsort zudem seine Pforten als Impfzentrum. Der Landkreis hat sich dafür in den Räumen der Gebetsstätte eingemietet. Auch Markus Wieland ließ sich hier gegen das Virus impfen. Mit Medikamenten habe er zwar auch schon schlechte Erfahrungen gemacht, sagte er und stellte allen Vorbehalten zum Trotz gleichzeitig klar, dass jeder, der in einer Gemeinschaft lebt, sich ihr auch in gewissen Maße unterzuordnen habe. Doch das sieht nicht jeder so, das bekommt Marienfried zu spüren.
Dass diese Aktion nicht auf uneingeschränkte Zustimmung stoßen würde, war dem Rektor, Pfarrer Georg Alois Oblinger, von Anfang an bewusst, wie er sagt: „Wir wurden regelrecht mit. Widerständen bombardiert." Doch sei diese Haltung nicht repräsentativ für die Mehrheit der Gläubigen, ergänzt er. Er fügt außerdem hinzu, dass die Gebetsstätte Marienfried Anziehungspunkt für religiöse Menschen sei, unter denen es aber durchaus auch „krankhafte Formen" des Glaubens gäbe. Ein Blick in den: Maileingang der Einrichtung lässt die Abgründe der Hassbotschaften erahnen. Darin wurden unter anderem die Gläubigen dazu aufgefordert, die Gebetsstätte nicht mehr zu besuchen, „damit dieses Werk des Satans in den Räumlichkeiten des Marienfried-Hauses noch abgewendet wird".
In einer weiteren Nachricht ist zu lesen, dass die Gesichtsmaske nicht zum Schutz vor dem Virus sei, sondern als ein Initiationsritual zur Einführung des Satanismus diene. Angesichtgs solcher Nachrichten fällt dem sonst so aufgeschlossenen Pfarrer die Gelassenheit sichtlich schwer: „Toleranz gehört zu unserem Glauben, jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt:" Wenn es um Weltverschwörungstheorien gehe, ende seine Tolereanz, erklärt Oblinger. Zudem hätten einige Besucher mit einem Boykott von Marienfried gedroht und angekündigt, ihre Spende für Marienfried einzustellen. Dabei stellt Oblinger klar, dass er die Spenden nicht als Druckmittel verstehen will: „Geld ist nicht mein Leitmotiv, sondern die Linie, wie sie von Bischof Bertram Meier und Papst Franziskus vorgegeben wird."
Welche Verantwortung die Kirchen im Kampf gegen die Pandemien haben, erklärt Oblinger am Beispiel der Pocken, die in den vergangenen Jahrhunderten unzähligen Menschen das Leben kostete - bis Anfang des 19. Jahrhunderts die Impfpflicht eingeführt wurde. Auch damals habe es massive Widerstände gegeben, die aber unter anderem durch die Argumente und Predigten von Priestern gebrochen wurden. Sich impfen zu lassen, sei die praktizierte Nächstenliebe in der Verantwortung zu seinen Mitmenschen, erklärt Oblinger weiter und räumt ein, dass er auch in den Reihen seiner Mitarbeiter mit einigen erklärten Impfgegnern zu kämpfen habe, unter denen es auch schon zu Todesfällen im Zusammenhang mit dem Virus gekommen sei.
Die 83-jährige Schwester Sieghelma wartet derweil auf ihren bevorstehenden Impftermin. Aus ihrer Umgebung sei ihr prophezeit worden, dass sie deshalb nur noch wenige Jahre zu leben habe, wie sie sagt. Doch davon ließ sich die selbstbewusste Seniorin nicht einschüchtern. Stattdessen findet sie klare Worte an die Skeptiker: „Impfen ist man der Gesellschaft schuldig." Als Kind habe sie bereits erfahren, was das bedeute, als sie an der Diphtherie erkrankte.
Deshalb bringt die Ordensschwester die Situation auf den Punkt: „Wir müssen diese Seuche in ihre Grenzen weisen und je mehr mitmachen, desto schneller ist das .- Virus besiegt."