Word: Apostelgeschichte

 

Die Apostelgeschichte

 

Einleitung

Lukas der Evangelist fügt seinem „ersten Bericht“, wie er das Evangelium nennt, für denselben edlen Freund Theophilus ein zweites Werk hinzu, das seit den ältesten Zeiten den Titel „Apostelgeschichte“ trägt. Der Titel ist etwas ungenau, denn das Buch enthält nicht die Geschichte aller Apostel. Nicht einmal das Wirken der beiden Apostelfürsten wird vollständig berichtet. Der Verfasser schildert vielmehr, wie sich in der Kraft des Heiligen Geistes das Evangelium Christi oder, wie wir heute sagen, das Christentum von Jerusalem aus immer weiter verbreitet hat, trotz aller Verfolgungen der Apostel. „Evangelium vom Wirken des Heiligen Geistes durch die Apostel“ könnte man das Buch überschreiben. Nicht Menschenwerk, sondern eine Stiftung Gottes auf Erden ist die Kirche. Eine kurze Einleitung gibt Auskunft über den Missionsbefehl Jesu, die Sendung des Heiligen Geistes und die Ergänzung des Apostelkollegiums (1,1-26). Der erste Hauptteil stellt die Kirche in ihrem judenchristlichen Zeitabschnitt dar. Jerusalem ist der Mittelpunkt (2,1-9, 30). Im zweiten Hauptteil erzählt Lukas die Grundlegung und Befestigung der Heidenmission. Antiochien in Syrien wird zum Hauptstützpunkt (9,31-15,34). Den Inhalt des dritten Hauptteils bildet der Höhepunkt der Missionstätigkeit des Heidenapostels Paulus und sein Zeugnis für Christus in der Gefangenschaft (15,35-28,31). Die Abfassung der Apostelgeschichte ist aus dem Anfang und Schluß zu datieren. Sie liegt nach der Vollendung des dritten Evangeliums (1,1), aber vor der Entscheidung des Prozesses gegen Paulus in Rom am Ende der ersten Gefangenschaft (28,30-31). Also wurde das Buch im Jahre 63 geschrieben.

 

Gründung und Entwicklung der Kirche in Palästina

 

Von der Himmelfahrt bis Pfingsten

1 Vorrede und Himmelfahrt Jesu. In meinem ersten Bericht, lieber Theophilus, handelte ich von allem, was Jesus von Anfang an getan und gelehrt hat, bis zum Tage seiner Aufnahme in den Himmel, nachdem er seinen auserwählten Aposteln im Heiligen Geist seine Aufträge gegeben. Ihnen hat er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als lebend bezeugt; er erschien ihnen vierzig Tage hindurch und gab ihnen Aufschluß über das Reich Gottes. Er aß mit ihnen und befahl ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern die Verheißung des Vaters abzuwarten, die ihr — sprach er — aus meinem Munde gehört habt. Denn Johannes taufte mit Wasser, ihr aber werdet in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geiste getauft werden. Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn: Herr, stellst du in dieser Zeit das Königreich für Israel wieder her? Er aber entgegnete ihnen: Es steht euch nicht zu, Zeiten und Fristen zu wissen, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der über euch kommen wird, und sollt meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an die Grenze der Erde. 8: Die Erfüllung dieser Verheißung und die Durchführung dieses letzten Auftrages Christi bilden das eigentliche Thema der Apostelgeschichte. Als er dies gesprochen hatte, ward er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke entzog ihn ihren Blicken. 10 Als sie unverwandt gen Himmel schauten, während er hinging, siehe, da standen zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen. 11 Diese sprachen: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel hinauf? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt auffahren sehen in den Himmel. 12 Dann kehrten sie nach Jerusalem zurück, von dem Berge, der Ölberg heißt und nahe bei Jerusalem liegt, einen Sabbatweg entfernt. 12: Sabbatweg hieß die Strecke, die der Israelit am Sabbat gehen durfte. Sie betrug 2000 Ellen = etwa einen Kilometer. 13 Und als sie hineingekommen waren, stiegen sie in das Obergemach hinauf, wo sie sich gewöhnlich aufhielten: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus [der Sohn] des Alphäus und Simon der Eiferer und Judas [der Bruder] des Jakobus. 14 Diese alle verharrten einmütig im Gebet mit den Frauen, auch mit Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern. 14: Maria ist das Herz der Gemeinde. „Brüder“ Jesu sind seine Vettern. Vgl. Mt 12,46.

 

Wahl des Apostels Matthias. 15 In diesen Tagen stand Petrus auf inmitten der Brüder — es war eine Schar von ungefähr hundertzwanzig Personen — und sprach: 16 Liebe Brüder! Es mußte das Schriftwort erfüllt werden, das der Heilige Geist durch den Mund Davids vorausverkündet hat über Judas, der denen, die Jesus gefangennahmen, als Führer diente. 17 Er zählte zu uns und hatte Anteil an diesem Amte. 18 Dieser erwarb sich von dem Sündenlohn einen Acker, stürzte kopfüber, barst mitten entzwei, und alle seine Eingeweide fielen heraus. 19 Dies wurde allen Bewohnern Jerusalems bekannt; darum erhielt jener Acker in ihrer Sprache den Namen Hakeldama, d. h. Blutacker. 20 Denn es steht im Buch der Psalmen geschrieben: Seine Wohnstätte werde öde, und niemand wohne darin, und: Sein Amt soll ein anderer erhalten (Ps 69,26; 109,8). 21 So muß denn einer von den Männern, die mit uns zusammen waren während der ganzen Zeit, da der Herr bei uns aus- und einging 22 von der Taufe des Johannes an bis auf den Tag, da er von uns weg aufgenommen wurde — von diesen einer muß mit uns Zeuge seiner Auferstehung werden. 23 Da stellten sie zwei vor, Joseph, genannt Barsabas, mit dem Zunamen der Gerechte, und Matthias. 24 Dann beteten sie also: Du, Herr, der du die Herzen aller kennst, zeige, welchen von diesen beiden du erwählt hast, 25 die Stelle dieses Dienstes und Apostelamtes einzunehmen, wovon Judas abfiel, um hinzugehen an seinen Ort. 26 Dann warfen sie das Los über sie, und das Los fiel auf Matthias; und er wurde den elf Aposteln beigezählt. 26: Die Gemeinde stellt unter Leitung des hl. Petrus die Apostelkandidaten auf; aber nur Gott kann dieses Amt verleihen..

 

Pfingsten

2 Ausgießung des Heiligen Geistes. Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle an einem Ort beisammen. Da entstand plötzlich vom Himmel her ein Brausen, gleich dem eines daherfahrenden heftigen Windes, und erfüllte das ganze Haus, wo sie saßen. Und es erschienen ihnen zerteilte Zungen wie von Feuer, und als sich je eine auf jeden einzelnen von ihnen niederließ, wurden alle vom Heiligen Geiste erfüllt und fingen an, in andern Zungen zu sprechen, so wie der [Heilige] Geist ihnen eingab, zu reden. Es wohnten damals in Jerusalem Juden, gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als dieses Brausen entstand, strömte die Menge herbei und geriet in Bestürzung. Denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Erstaunt und verwundert sprachen alle: Sind nicht alle diese, die da reden, Galiläer? Wie kommt es, daß wir sie hören, ein jeder in seiner eigenen Sprache, in der wir geboren sind? Parther, Meder, Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa, Kappadozien, Pontus und Asien, 10 von Phrygien und Pamphylien, Ägypten und von den Landstrichen Libyens bei Cyrene und die hier weilenden Römer, 11 Juden sowohl als Proselyten, Kreter und Araber — wie hören wir sie in unsern Sprachen die Großtaten Gottes verkünden? 12 Alle waren außer sich und ratlos, und einer sagte zum andern: Was soll das bedeuten? 13 Andere jedoch spotteten: Sie sind voll süßen Weines! 9-13: Die jüdische Diaspora erstreckte sich damals über die gesamte Kulturwelt. Außer den geborenen Juden waren Proselyten, d. h. Konvertiten aus den verschiedenen Ländern Zeugen des Pfingstwunders. Viele von ihnen werden als Laienapostel bald in ihrer Heimat die ersten Verkünder des Evangeliums geworden sein.

 

Predigt des Petrus. 14 Da stand Petrus mit den Elfen auf, erhob seine Stimme und sprach zu ihnen: Ihr jüdischen Männer und alle Bewohner von Jerusalem! Dies sei euch kund und hört auf meine Worte! 15 Diese da sind nicht betrunken, wie ihr meint; denn es ist erst die dritte Stunde des Tages. 15: Die dritte Stunde des Tages ist neun Uhr vormittags. Bis dahin trank man überhaupt nichts. 16 Vielmehr erfüllt sich jetzt das Wort des Propheten Joel: 17 Es wird geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da werde ich von meinem Geiste über alles Fleisch ausgießen. Eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch reden, eure Jünglinge werden Gesichte schauen, und euren Greisen werden Traumgesichte erscheinen. 18 Ja auch über meine Knechte und Mägde werde ich in jenen Tagen von meinem Geiste ausgießen, und sie werden prophetisch reden. 19 Ich werde Wunder wirken am Himmel oben und Zeichen auf der Erde unten, Blut und Feuer, Rauch und Qualm. 20 Die Sonne wird sich in Finsternis wandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und glanzvolle. 21 Dann wird es geschehen: Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden (Joel 3,1-5). 17-21: Als „die letzten Tage“ bezeichneten die Propheten die messianische Zeit. Ohne Unterschied des Geschlechtes, des Alters und Standes gießt dann Gott seinen Geist in Fülle aus. Eine glorreiche Zeit bricht für die Guten an, Tage des Schreckens und des Gerichtes für die Gottlosen.

 

22 Ihr Männer aus Israel, hört diese Worte! Jesus, den Nazarener, einen Mann, von seiten Gottes bei euch beglaubigt durch Machterweise, Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn unter euch wirkte, 23 wie ihr selbst wißt, den habt ihr, da er nach Gottes bestimmtem Plan und Vorherwissen ausgeliefert war, durch Gesetzlose [ans Kreuz] angenagelt und getötet. 24 Ihn hat aber Gott auferweckt, nachdem er ihn von den Wehen des Todes befreit hatte; er konnte ja von diesem unmöglich festgehalten werden. 25 Denn David sagt von ihm: Ich schaute den Herrn vor meinem Angesichte immerdar; denn er ist mir zu meiner Rechten, damit ich nicht wanke. 26 Darum freut sich mein Herz und frohlockt meine Zunge. Und auch mein Fleisch wird ruhen in Hoffnung. 27 Denn du wirst meine Seele nicht im Totenreiche lassen und deinem Heiligen nicht die Verwesung zu schauen geben. 28 Du wirst mir Wege des Lebens kundtun, du wirst mich mit Freude erfüllen vor deinem Angesichte (Ps 16, 8-11).

 

29 Ihr Brüder! Ich darf doch wohl freimütig zu euch reden von dem Erzvater David. Er ist gestorben und begraben worden, und sein Grab ist bei uns bis auf den heutigen Tag. 30 Da er nun ein Prophet war und wußte, daß ihm Gott mit einem Eide geschworen hatte, es werde einer seiner Nachkommen auf seinem Throne sitzen, 31 so hat er, in die Zukunft schauend, von der Auferstehung des Messias gesprochen, daß er nämlich nicht im Totenreiche verbleiben und sein Fleisch nicht die Verwesung schauen werde.

 

32 Diesen Jesus hat Gott auferweckt! Des sind wir Zeugen. 33 Da er durch die Rechte Gottes erhöht worden und den verheißenen Heiligen Geist vom Vater empfangen hatte, hat er diesen ausgegossen, wie ihr seht und hört. 34 Denn nicht David ist zum Himmel aufgestiegen; und doch spricht er selbst: Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, 35 bis ich deine Feinde als Schemel unter deine Füße lege (Ps 110, 1). 36 So erkenne denn das ganze Haus Israel mit voller Gewißheit, daß Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Messias gemacht hat. 22-36: Die erste Predigt des hl. Petrus ist voll unerhörter Kühnheit und unwiderleglicher Beweiskraft. Hätte nicht Gottes Geist und die Macht der Wahrheit daraus gesprochen, so wäre Petrus wie ein irrsinniger verlacht worden.

 

Wirkung auf die Menge. 37 Als sie dies hörten, ging es ihnen durchs Herz. Sie sprachen zu Petrus und den andern Aposteln: Was sollen wir tun, ihr Brüder? 38 Petrus sprach zu ihnen: Bekehret euch, und ein jeder von euch lasse sich taufen im Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden. Dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. 39 Denn euch gilt die Verheißung und euren Kindern und allen, die ferne sind, so viele ihrer der Herr, unser Gott, berufen wird. 40 Noch mit vielen andern Worten legte er Zeugnis ab und ermahnte sie: Laßt euch retten aus diesem verkehrten Geschlecht! 41 Die nun sein Wort annahmen, empfingen die Taufe, und es wurden an jenem Tage bei dreitausend Seelen hinzugefügt.

 

Schilderung des Lebens der ersten Christen. 42 Sie verharrten in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebete. 43 Große Furcht aber kam über jedermann, und es geschahen Wunder und Zeichen durch die Apostel in Jerusalem, [und es war große Furcht unter allen]. 44 Alle Gläubigen hielten zusammen und hatten alles gemeinsam. 45 Ihr Hab und Gut verkauften sie und verteilten es unter alle, nach eines jeden Bedürfnis. 46 Täglich verharrten sie einmütig im Tempel, brachen das Brot in den einzelnen Häusern und nahmen Speise in Freude und Einfalt des Herzens. 47 Sie lobten Gott und waren beliebt beim ganzen Volk. Der Herr aber führte täglich der Gemeinde solche zu, die gerettet werden sollten. 42 47: Der.,Kommunismus“ der Urkirche erwuchs nicht aus dem Klassenhaß der Besitzlosen, sondern aus der Bruderliebe der Besitzenden. Mit dem Ausdruck „Brotbrechen“ ist wahrscheinlich die Eucharistiefeier gemeint. Die Christen hatten also von Anfang an auch ihren eigenen Gottesdienst, obschon sie noch den Tempel besuchten.

 

Die Kirche wächst und erstarkt in Jerusalem

3 Heilung eines Gelähmten. Petrus und Johannes gingen (eines Tages) hinauf in den Tempel zur neunten Stunde des Gebetes. Da trug man einen Mann herbei, der von Geburt an lahm war. Diesen setzte man täglich an das sogenannte „schöne Tor“ des Tempels hin, damit er die Besucher des Tempels um ein Almosen anspreche. Als er den Petrus und Johannes sah, die eben in den Tempel hineingehen wollten, bat er um ein Almosen. Petrus aber blickte ihn scharf an — ebenso Johannes — und sprach: Sieh uns an! Da schaute er sie an in der Hoffnung, etwas von ihnen zu bekommen. Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth [steh auf und] geh umher! Dann faßte er ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich kam Kraft in seine Füße und Knöchel. Er sprang auf, konnte stehen und gehen und trat mit ihnen in den Tempel, ging, sprang umher und lobte Gott. Und alles Volk sah ihn umhergehen und Gott loben. 10 Sie erkannten ihn als den Mann, der des Almosens wegen an dem „schönen Tor“ des Tempels zu sitzen pflegte, und wurden mit Staunen und Schauder erfüllt über das, was mit ihm vorgegangen war. 7-10: Die Schilderung verrät das große Interesse des Arztes Lukas an den Einzelheiten der Heilung.

 

Rede des Petrus. 11 Da er aber nicht von Petrus und Johannes wich, lief die ganze Volksmenge voll Staunen zu ihnen bei der sogenannten Halle Salomons. 12 Als Petrus das sah, redete er zu dem Volke: Ihr Männer aus Israel! Was wundert ihr euch über diesen da, oder was staunt ihr uns an, als hätten wir aus eigener Kraft oder Frömmigkeit diesen zum Gehen gebracht? 13 Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht. Diesen habt ihr ausgeliefert und verleugnet vor Pilatus, der ihn freilassen wollte. 13: „Knecht“ Gottes heißt Jesus im Hinblick auf die Weissagungen des Isaias vom leidenden Gottesknecht (Is 42 ff). Der lateinische Text setzt dafür „Sohn“ Gottes. 14 Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und die Freigabe des Mörders verlangt, 15 den Urheber des Lebens dagegen getötet; aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt. Des sind wir Zeugen! 16 Und durch den Glauben an seinen Namen hat diesen Mann, den ihr seht und kennt, sein Name gestärkt; der Glaube, der durch Jesus kommt, hat ihm vor euer aller Augen die volle Gesundheit gegeben. 17 Und nun weiß ich wohl, meine Brüder, daß ihr aus Unwissenheit gehandelt habt, wie auch eure Vorgesetzten. 18 Gott aber hat so erfüllt, was er durch den Mund aller Propheten vorausverkündete, nämlich, daß sein Gesalbter leiden werde. 19 So tut nun Buße und bekehret euch, damit eure Sünden getilgt werden. 20 Dann werden Zeiten der Erquickung kommen von dem Herrn, und er wird den für euch bestimmten Messias Jesus senden. 21 Ihn muß zwar der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, wovon Gott von alters her geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten. 22 So sprach Moses: Einen Propheten wie mich wird der Herr unser Gott euch aus euren Brüdern erwecken. Den sollt ihr hören in allem, was er zu euch reden wird. 23 Wer aber auf diesen Propheten nicht hört, wird aus dem Volk ausgetilgt werden (5 Mos 18, 15. 19). 24 Auch alle Propheten von Samuel an und in den folgenden Zeiten, so viele ihrer geredet, haben ebenfalls diese Tage verkündet. 25 Ihr seid die Söhne der Propheten und des Bundes, den Gott mit euren Vätern geschlossen, da er zu Abraham sprach: In deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde (1 Mos 22 18). 26 Für euch zuerst hat Gott seinen Knecht auferweckt und gesandt, damit er euch segne, wenn ein jeder sich bekehrt von euren Schlechtigkeiten. 26: Auch dem bevorzugten Volk Israel nutzt seine Rasse nichts, wenn es sich nicht durch Abkehr von der Sünde die Gnade Gottes erwirbt.

 

4 Petrus und Johannes vor dem Hohen Rat. Als sie noch zum Volke redeten, traten die Priester, der Tempelhauptmann und die Sadduzäer an sie heran. 1: Die Sadduzäer leugneten die Auferstehung der Toten, sahen sich also durch die Bezeugung des auferstandenen Christus bloßgestellt. Den andern gereichte die Verkündigung der Unschuld des von ihnen Gekreuzigten zum Ärger. Diese waren unwillig, daß sie das Volk lehrten und am Beispiel Jesu die Auferstehung von den Toten verkündeten. Sie legten Hand an sie und setzten sie in Gewahrsam bis zum folgenden Morgen, denn es war schon Abend. Viele aber von denen, welche die Rede gehört hatten wurden gläubig, und so stieg die Zahl der Männer auf etwa fünftausend. Am folgenden Morgen versammelten sich ihre Vorsteher sowie die Ältesten und Schriftgelehrten in Jerusalem, auch Annas, der Hohepriester, und Kaiphas, Johannes und Alexander und wer sonst aus hohepriesterlichem Geschlecht war. Man führte sie vor und fragte: Mit welcher Kraft oder in welchem Namen habt ihr dies getan?

 

Verteidigung des Petrus. Da sprach Petrus, erfüllt vom Heiligen Geist zu ihnen:

Ihr Vorsteher des Volkes und ihr Ältesten, [höret]! Wenn wir heute verhört werden wegen einer einem gebrechlichen Menschen erwiesenen Wohltat und [sagen sollen], durch wen dieser geheilt worden ist, 10 so sei euch allen und dem ganzen Volke Israel kundgetan: Im Namen unseres Herrn Jesus Christus, des Nazareners, den ihr gekreuzigt, und den Gott von den Toten auferweckt hat, in dem [Namen] steht dieser Mann gesund vor euch. 11 Dies ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der zum Eckstein geworden ist (Ps 118, 22). 12 Und es ist in keinem andern Heil. Denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem wir gerettet werden sollen.

 

Ihre Freilassung. 13 Da sie den Freimut des Petrus und Johannes sahen und bemerkten, daß es ungelehrte und ungebildete Leute seien, verwunderten sie sich und erkannten sie als ehemalige Jünger Jesu. 14 Und weil sie den Geheilten bei ihnen stehen sahen, wußten sie nichts zu entgegnen. 15 Sie befahlen ihnen also, aus der Versammlung abzutreten. Dann berieten sie miteinander 16 und sprachen: Was sollen wir mit diesen Leuten machen? Denn, daß offenbar ein Wunder durch sie geschehen, ist allen Bewohnern Jerusalems bekannt, und wir können es nicht leugnen. 17 Aber, damit es nicht weiter unter dem Volk verbreitet wird, wollen wir ihnen unter Drohungen verbieten, fortan in diesem Namen zu irgendeinem Menschen zu sprechen. 18 Sie ließen sie rufen und befahlen ihnen, niemals mehr zu reden und zu lehren im Namen Jesu. 19 Petrus und Johannes aber antworteten: Ob es recht ist vor Gott, auf euch mehr zu hören als auf Gott, das beurteilt selbst. 20 Wir können nicht verschweigen, was wir gesehen und gehört haben. 21 Jene aber drohten ihnen noch mehr und entließen sie; denn sie fanden keine Möglichkeit, sie zu strafen, wegen des Volkes, da alle Gott priesen ob des Geschehenen. 17-21: Die Begründung des ersten „Kanzelparagraphen“ gegen die Verkünder unbequemer Wahrheiten spricht allem Recht Hohn. Die Apostel geben unerschrocken die richtige Antwort darauf. 22 Denn der Mann, an dem dieses Heilungswunder sich ereignet hatte, war über vierzig Jahre alt.

 

Loblied der Christen. 23 Nach ihrer Freilassung kamen sie zu den Ihrigen und berichteten alles, was die Oberpriester und Ältesten zu ihnen gesagt hatten. 24 Da diese es vernommen, erhoben sie einmütig ihre Stimme zu Gott und beteten: Herr, du bist es, der den Himmel und die Erde und das Meer und alles, was darin ist, gemacht hat. 25 Du hast durch den Heiligen Geist, durch den Mund unseres Vaters David, deines Knechtes, gesprochen: Warum toben die Heiden und sinnen die Völker auf Eitles? 26 Es stehen auf die Könige der Erde, und es kommen zusammen die Fürsten der Erde wider den Herrn und seinen Gesalbten (Ps 2,1. 2). 27 Wahrhaftig, in dieser Stadt haben sich zusammengeschlossen wider deinen heiligen Knecht Jesus: Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israels. 28 Sie vollführten alles, was deine Hand und dein Ratschluß vorherbestimmt hatten. 29 Und nun, Herr, sieh her auf ihre Drohungen und verleihe deinen Knechten Kraft, mit allem Freimut dein Wort zu predigen. 30 Strecke deine Hand aus, daß Heilungen, Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus. 31 Nach diesem Gebet erbebte der Ort, wo sie versammelt waren, und alle wurden mit dem Heiligen Geiste erfüllt und verkündeten das Wort Gottes mit Freimut.

 

Christliches Gemeindeleben. 32 Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele. Nicht einer nannte etwas von seinem Besitztum sein eigen, sondern sie hatten alles gemeinsam. 33 Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung des Herrn Jesus [Christus], und große Gnade ruhte auf ihnen allen. 34 Es gab ja auch keinen Bedürftigen unter ihnen. Denn, wer Ländereien oder Häuser besaß, verkaufte sie und brachte den Erlös des Verkauften 35 und legte ihn zu Füßen der Apostel. Einem jeden wurde so viel zugeteilt, als er bedurfte. 36 So besaß Joseph, der von den Aposteln den Beinamen Barnabas erhielt, das heißt Sohn des Trostes, ein Levit aus Cypern, einen Acker; 37 diesen verkaufte er, brachte das Geld und legte es zu den Füßen der Apostel. 32-37: Die freiwillige Gütergemeinschaft hob das Eigentumsrecht nicht auf. Die vorbildliche Tat des Barnabas bildet das Gegenstück zur Handlungsweise des Ehepaares Ananias und Saphira.

 

5 Ananias und Saphira. Ein Mann aber namens Ananias verkaufte mit seiner Frau Saphira einen Acker. Mit Wissen seiner Frau unterschlug er etwas von dem Erlös, brachte einen Teil davon und legte ihn zu Füßen der Apostel. Da sprach Petrus: Ananias warum hat der Satan dir das Herz erfüllt, daß du den Heiligen Geist belogest und etwas von dem Erlös aus dem Acker unterschlugest? Blieb er nicht dein, wenn du ihn nicht verkauftest? Und blieb nicht der Erlös nach dem Verkauf zu deiner Verfügung? Warum hast du dir so etwas in den Sinn kommen lassen? Nicht Menschen hast du belogen, sondern Gott! Als Ananias diese Worte hörte, fiel er zu Boden und gab den Geist auf. Und große Furcht kam über alle, die es hörten. Die jungen Männer aber erhoben sich, deckten ihn zu, trugen ihn hinaus und begruben ihn. Nach etwa drei Stunden kam auch seine Frau herein, ohne zu wissen, was geschehen war. Petrus sprach zu ihr: Sag mir, [Frau,] habt ihr den Acker nur um so viel verkauft? Sie sagte: Ja, nur um so viel. Petrus sprach zu ihr: Warum seid ihr miteinander übereingekommen, den Geist des Herrn zu versuchen? Siehe, die Füße derer, die deinen Mann begruben, stehen vor der Tür und werden auch dich hinaustragen. 10 Sogleich fiel sie zu seinen Füßen nieder und gab den Geist auf. Die jungen Männer traten herein, fanden sie tot, trugen sie hinaus und begruben sie neben ihrem Mann. 11 Und große Furcht kam über die ganze Gemeinde und über alle, die es hörten. 1-11: Die schwere Strafe für den Betrug sollte den Geist der Unwahrhaftigkeit aus der Gemeinschaft der Christen fernhalten und allen zeigen, daß die Apostel mit göttlicher Strafgewalt ausgerüstet seien. Christliche Eheleute sollen stets bedenken, daß Gott auch das im geheimen begangene Böse sieht und einmal Rechenschaft darüber fordert.

 

Wundertätigkeit der Apostel. 12 Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder im Volke. Sie waren alle einmütig beisammen in der Halle Salomons. 13 Von den anderen aber wagte niemand, sich ihnen anzuschließen; das Volk jedoch schätzte sie hoch. 14 Mehr und mehr wuchs die Zahl derer, die an den Herrn glaubten, Scharen von Männern und Frauen. 15 Man trug sogar die Kranken auf die Straßen hinaus und legte sie auf Betten und Bahren, damit, wenn Petrus käme, wenigstens sein Schatten auf einen von ihnen fiele [und sie von ihren Krankheiten befreit würden]. 16 Auch das Volk aus den Städten um Jerusalem strömte zusammen, und man brachte Kranke und von unreinen Geistern Geplagte, die alle geheilt wurden. 16: Hier wird die erste Erweiterung der Kirche über die Stadtgrenze Jerusalems hinaus berichtet.

 

Gefangennahme der Apostel. 17 Der Hohepriester und sein ganzer Anhang, die Partei der Sadduzäer, erhoben sich und wurden mit Eifersucht erfüllt. 18 Sie legten Hand an die Apostel und warfen sie in das öffentliche Gefängnis. 19 In der Nacht aber öffnete ein Engel des Herrn die Türen des Gefängnisses, führte sie heraus und sprach: 20 Geht hin und tretet auf und redet im Tempel zum Volke all diese lebenspendenden Worte. 21a Als sie das hörten, gingen sie gegen Tagesanbruch in den Tempel und lehrten. 21b Da kamen der Hohepriester und seine Anhänger, beriefen den Hohen Rat und alle Ältesten der Söhne Israels und schickten zum Gefängnis, um sie vorführen zu lassen. 22 Die Diener kamen hin, fanden sie jedoch nicht in dem Gefängnis. Sie kehrten zurück mit der Meldung: 23 Das Gefängnis fanden wir mit aller Sorgfalt verschlossen und die Wächter an den Türen stehen; als wir aber öffneten, fanden wir niemand darin. 24 Auf diese Meldung wurden der Tempelhauptmann und die Oberpriester ratlos und fragten sich, was daraus werden solle. 25 Da kam einer und meldete ihnen: Wahrhaftig, die Männer, die ihr ins Gefängnis geworfen habt, stehen im Tempel und lehren das Volk. 26 Darauf ging der Hauptmann mit den Dienern hin und holte sie herbei, doch nicht mit Gewalt. Denn sie fürchteten, von dem Volke gesteinigt zu werden. 27 Sie brachten sie also und stellten sie vor den Hohen Rat. Der Hohepriester befragte sie: 28 Wir haben euch doch streng befohlen, nicht in diesem Namen zu lehren! Und seht, nun habt ihr Jerusalem angefüllt mit eurer Lehre und wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen. 28: Die Angst vor dem Wahrwerden der Selbstverfluchung (Mt 27,25) wird wach. 29 Petrus und die Apostel aber erwiderten: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen! 29: Keiner irdischen Macht steht es zu, die Gewissen zu knechten. Gottes Recht bricht Menschenrecht. 30 Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Kreuzesholz gehängt und getötet habt. 31 Diesen hat Gott zum Herrscher und Heiland erhöht durch seine Rechte, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu ermöglichen. 32 Wir sind Zeugen dieser Dinge, ebenso der Heilige Geist, welchen Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen. 33 Als sie das hörten, gerieten sie in Wut und wollten sie töten.

 

Rede Gamaliels. 34 Da erhob sich im Hohen Rat ein Pharisäer namens Gamaliel, ein beim ganzen Volk angesehener Gesetzeslehrer. Er befahl, die Männer für kurze Zeit hinauszuführen. 35 Dann sprach er zu ihnen: Ihr Männer von Israel, überlegt euch wohl, wie ihr mit diesen Leuten verfahren wollt. 36 Denn vor einiger Zeit trat Theudas auf, behauptete, etwas Besonderes zu sein und gewann einen Anhang von etwa vierhundert Männern. Er wurde getötet, und alle seine Anhänger wurden zerstreut und vernichtet. 37 Nach diesem trat Judas, der Galiläer, auf in den Tagen der Schätzung und zog einen Volkshaufen zum Abfall nach sich. Auch er kam um, und alle seine Anhänger wurden zerstreut. 37: Den Anlaß zum Aufstand des Judas aus Gamala gab die römische Verordnung einer Eintragung in die Steuerlisten um das Jahr 7 n. Chr. 38 Und für jetzt sage ich euch: Stehet ab von diesen Leuten und lasset sie frei! Denn, ist dieses Vorhaben oder dieses Werk von Menschen, so wird es zerfallen. 39 Ist es aber von Gott, so könnt ihr sie nicht vernichten; sonst möchtet ihr gar als Widersacher Gottes erfunden werden. Sie stimmten ihm bei. 40 Dann ließen sie die Apostel rufen und geißeln und verboten ihnen, im Namen Jesu zu reden. Darauf ließ man sie frei. 41 Diese aber gingen voll Freude vom Hohen Rate weg, weil sie gewürdigt worden waren, für den Namen [Jesu] Schmach zu leiden. 42 Und sie hörten nicht auf, täglich im Tempel und in den Häusern zu lehren und die frohe Botschaft zu verkünden, Jesus sei der Messias.

Verfolgung der Kirche in Jerusalem

 

6 Wahl und Weihe der Diakonen. In diesen Tagen, da die Zahl der Jünger sich mehrte, entstand ein Murren der Hellenisten wider die Hebräer, weil bei der täglichen Almosenspende ihre Witwen zurückgesetzt wurden. 1: Hellenisten hießen die griechisch redenden Juden und Judenchristen aus der Diaspora; Hebräer nannte man die einheimischen Judenchristen, die sich der hebräisch-aramäischen Muttersprache bedienten. Da beriefen die Zwölf die Gesamtheit der Jünger und sprachen: Es geht nicht an, daß wir das Wort Gottes vernachlässigen und die Tische bedienen. Darum Brüder, seht euch nach sieben Männern von gutem Ruf aus eurer Mitte um, die voll des Heiligen Geistes und der Weisheit sind, die wollen wir zu diesem Dienste bestellen. Wir aber werden eifrig dem Gebete und dem Dienste des Wortes obliegen. Die Rede fand Beifall bei der ganzen Versammlung. Sie wählten Stephanus, einen Mann voll des Glaubens und des Heiligen Geistes, Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochien. Die nun stellten sie den Aposteln vor. Diese beteten und legten ihnen die Hände auf. 2-6: Laienhilfe soll dem Priester jene Lasten abnehmen, die zwar auch Sache der Kirche sind, aber keine priesterliche Weihe oder Lehrvollmacht fordern. Ob hier schon von der höheren Weihe des Diakonats die Rede ist, ist umstritten. Und das Wort Gottes wuchs, und die Zahl der Jünger in Jerusalem vermehrte sich stark. Auch sehr viele Priester unterwarfen sich dem Glauben.

 

Anklage gegen Stephanus. Stephanus aber, voll Gnade und Kraft, wirkte große Wunder und Zeichen unter dem Volke. Einige von den Mitgliedern der sogenannten Synagoge der Libertiner, der Cyrenäer, der Alexandriner und derer aus Cilicien und Asien traten auf und stritten mit Stephanus. 9: Die verschiedenen Landsmannschaften der Diasporajuden hielten auch beim Synagogendienst zusammen. Libertiner hießen die Nachkommen jener Juden, die unter Pompejus 64-63 v. Chr. als Kriegsgefangene aus Palästina fortgeführt, teilweise aber wieder freigelassen worden waren. 10 Sie konnten aber der Weisheit und dem Geiste, womit er redete, nicht widerstehen. 11 Nun stifteten sie Männer an, die sagen sollten: Wir haben ihn Lästerworte wider Moses und Gott reden hören. 12 Sie hetzten also das Volk samt den Ältesten und Schriftgelehrten auf. Dann fielen sie über ihn her, schleppten ihn fort und führten ihn vor den Hohen Rat. 13 Sie stellten falsche Zeugen auf, die sagten: Dieser Mensch hört nicht auf, wider die heilige Stätte und das Gesetz Drohworte auszusprechen. 14 Denn wir haben ihn sagen hören: Jesus, der Nazarener, wird diese Stätte zerstören und die Gebräuche ändern, die uns Moses überliefert hat. 15 Alle, die im Hohen Rate saßen, blickten ihn gespannt an und sahen sein Angesicht wie das Angesicht eines Engels.

 

7 Verteidigungsrede des Stephanus. Der Hohepriester aber fragte: Verhält sich das so? Er sprach: Brüder und Väter, hört! Der Gott der Herrlichkeit erschien unserm Vater Abraham in Mesopotamien, ehe er sich in Haran niederließ, und sprach zu ihm: Zieh hinweg aus deinem Lande und von deiner Verwandtschaft und komm in das Land, das ich dir zeigen werde (1 Mos 12,1). Da zog er aus dem Lande der Chaldäer fort und ließ sich in Haran nieder. Von dort versetzte er ihn nach dem Tode seines Vaters in dieses Land, in dem ihr jetzt wohnt. Er gab ihm kein Erbe darin, auch nicht einen Fuß breit. Wohl aber verhieß er, es ihm und seiner Nachkommenschaft zum Besitz zu geben, obwohl er noch keinen Sohn hatte. Gott sprach also: Deine Nachkommen sollen als Fremdlinge leben in fremdem Lande, man wird sie knechten und mißhandeln vierhundert Jahre lang. Aber das Volk, dem sie dienstbar werden, will ich richten, sprach Gott. Hernach werden sie ausziehen und mir dienen an diesem Ort. Er schloß mit ihm den Bund, dessen Zeichen die Beschneidung war. Und so zeugte er den Isaak und beschnitt ihn am achten Tage, und Isaak den Jakob und Jakob die zwölf Erzväter. Die Erzväter wurden eifersüchtig auf Joseph und verkauften ihn nach Ägypten. Aber Gott war mit ihm. 10 Er rettete ihn aus allen seinen Drangsalen, gab ihm Gnade und Weisheit vor dem Pharao, dem König von Ägypten, und setzte ihn zum Gebieter über Ägypten und sein ganzes Haus. 10: Was Joseph in Ägypten tat, geschah nicht aus eigennütziger Schlauheit, sondern verwirklichte die göttlichen Heilsabsichten und rettete das Volk vor dem Hungertod. 11 Es kam aber eine Hungersnot über ganz Ägypten und Kanaan. Die Not war groß, und unsere Väter fanden keine Nahrung. 12 Als aber Jakob hörte, daß es in Ägypten Getreide gebe, sandte er unsere Väter zum ersten Male hin. 13 Beim zweiten Male gab sich Joseph seinen Brüdern zu erkennen, und sein Geschlecht wurde dem Pharao bekannt. 14 Joseph ließ nun seinen Vater Jakob kommen und seine ganze Verwandtschaft, fünfundsiebzig Seelen. 15 Und Jakob zog hinab nach Ägypten und starb, er und unsere Väter. 16 Sie wurden nach Sichem gebracht und in dem Grabe beigesetzt, das Abraham für eine Geldsumme von den Söhnen des Hemor in Sichem gekauft hatte. 17 Als aber die Zeit der Verheißung nahte, die Gott dem Abraham zugesichert hatte, wuchs das Volk und mehrte sich in Ägypten, 18 bis ein anderer König in Ägypten auftrat, der von Joseph nichts wußte. 19 Dieser war voll Arglist gegen unser Volk, bedrückte unsere Väter und zwang sie, ihre Kinder auszusetzen, damit sie nicht am Leben blieben. 20 Zur selben Zeit wurde Moses geboren. Er war vor Gott angenehm und wurde drei Monate lang im Hause seines Vaters aufgezogen. 21 Als er aber ausgesetzt war, nahm ihn die Tochter des Pharaos auf und erzog ihn als ihren Sohn. 22 Moses wurde in aller Weisheit der Ägypter unterrichtet. Er war mächtig in seinen Worten und Taten. 23 Als er vierzig Jahre alt geworden war, kam es ihm in den Sinn, nach seinen Brüdern, den Israeliten, zu sehen. 24 Und da er sah, wie einem Unrecht geschah, setzte er sich zur Wehr, verschaffte dem Unterdrückten sein Recht und erschlug den Ägypter. 25 Er meinte, seine Brüder würden einsehen, daß ihnen Gott durch ihn Rettung bringe; doch sie begriffen es nicht. 26 Am folgenden Tage kam er zu ihnen, als sie eben stritten. Er wollte sie im Frieden versöhnen und sprach: Männer, ihr seid doch Brüder! Warum tut ihr einander Unrecht? 27 Doch der, welcher seinem Nächsten Unrecht tat, stieß ihn zurück und sagte: Wer hat dich zum Gebieter und Richter über uns gesetzt? 28 Willst du mich etwa umbringen, wie du gestern den Ägypter umgebracht hast? 29 Auf dieses Wort floh Moses. Er lebte als Fremdling im Lande Madian, wo er zwei Söhne bekam. 30 Nach Verlauf von vierzig Jahren erschien ihm in der Wüste beim Berge Sinai ein Engel in der Flamme eines brennenden Dornbusches. 31 Voll Staunen sah Moses die Erscheinung. Als er hinzutrat, sie zu betrachten, erscholl die Stimme des Herrn: 32 Ich bin der Gott deiner Väter, der Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs. Moses aber zitterte und wagte nicht hinzuschauen. 33 Da sprach der Herr zu ihm: Löse die Schuhe von deinen Füßen, denn der Ort, wo du stehst, ist heiliges Land. 34 Ich habe sehr wohl die Mißhandlung meines Volkes in Ägypten gesehen und sein Seufzen gehört, und ich bin herabgekommen, sie zu befreien. Und nun komm, ich will dich nach Ägypten senden.

 

35 Diesen Moses, den sie verleugneten, als sie sprachen: Wer hat dich zum Gebieter und Richter gesetzt? — diesen sandte Gott als Gebieter und Retter durch den Engel, der ihm im Dornbusche erschienen war. 35: Deutlich spielt der Redner auf das ähnliche Verhalten der Juden gegenüber Christus an. 36 Dieser führte sie heraus, tat Wunder und Zeichen im Lande Ägypten, im Roten Meer und in der Wüste vierzig Jahre lang. 37 Dieser Moses ist es, der zu den Söhnen Israels sprach: Einen Propheten wie mich wird euch Gott aus euren Brüdern erwecken, [diesen sollt ihr hören]. 38 Dieser ist es, der bei der Gemeindeversammlung in der Wüste mit dem Engel, der am Berge Sinai zu ihm redete, und mit unsern Vätern verkehrte, er empfing Worte des Lebens, um sie euch mitzuteilen. 39 Ihm wollten unsere Väter nicht gehorchen, vielmehr verwarfen sie ihn und wandten sich im Herzen Ägypten zu. 40 Sie sprachen nämlich zu Aaron: Mach uns Götter, die vor uns hergehen sollen; denn dieser Moses, der uns aus dem Lande Ägypten geführt hat, — wir wissen nicht, was mit ihm geschehen ist. 41 Und sie machten sich in jenen Tagen ein Kalb, brachten dem Götzenbilde Opfer dar und erfreuten sich an den Werken ihrer Hände. 42 Gott aber wandte sich ab und ließ sie in den Dienst des Himmelsheeres versinken, wie geschrieben steht im Buche der Propheten: Habt ihr mir denn Schlachtopfer und Speiseopfer gebracht während der vierzig Jahre in der Wüste, Haus Israel? 43 Nein, ihr habt das Zelt des Moloch, den Stern eures Gottes Remphan umhergetragen, die Bilder, die ihr gemacht, um sie anzubeten. Darum werde ich euch wegführen lassen über Babylon hinaus (Am 5, 25-27). 43: Dem semitischen Sonnengott Moloch und dem Sterngott Remphan oder Rephan haben die Juden auch später wiederholt gedient.

 

44 Das Bundeszelt hatten unsere Väter in der Wüste, wie ihnen Gott verordnet hatte, da er dem Moses befahl, es nach dem Vorbild dessen anzufertigen, das er gesehen hatte. 45 Dieses übernahmen auch unsere Väter und führten es mit, als sie unter Josua das Land der Heiden besetzten, die Gott vor unseren Vätern vertrieb bis zur Zeit Davids. 46 Dieser fand Gnade vor Gott und bat, daß er eine Wohnung finden möchte für den Gott Jakobs. 47 Doch erst Salomon baute ihm ein Haus. 48 Allein der Höchste wohnt nicht in Gebäuden, von Menschenhand gemacht. Sagt doch der Prophet: 49 Der Himmel ist mein Thron, die Erde aber der Schemel meiner Füße. Was für ein Haus wollt ihr mir bauen, spricht der Herr, oder welcher Ort ist die Stätte meiner Ruhe? 50 Hat nicht meine Hand das alles gemacht? (Is 66,1. 1. 2.) 51 Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herz und Ohren! Ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geiste, wie eure Väter, so auch ihr. 51: Der Redner bricht wegen des Widerspruchs der Hörer den darlegenden Teil ab, um ihnen unverblümt ihren bösen Willen vorzuhalten. Hier vollzieht sich der Bruch zwischen der Synagoge Israels und der Kirche Christi, ein Augenblick von weltgeschichtlicher Bedeutung. 52 Welchen von den Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Sie haben die getötet, die vorausverkündeten das Kommen des Gerechten, dessen Verräter und Mörder ihr nun geworden seid. 53 Habt ihr doch das Gesetz auf Anordnung von Engeln hin empfangen, aber ihr habt es nicht gehalten

 

Der erste Blutzeuge. 54 Als sie dies hörten, ergrimmten sie in ihren Herzen und knirschten mit den Zähnen wider ihn. 55 Er aber, voll des Heiligen Geistes, blickte zum Himmel auf und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen, 1-55: Die meisterhafte, aus dem Stegreif gehaltene, aber wegen der Unterbrechung seitens der Juden nicht zu Ende geführte Verteidigungsrede zeigt, mit welcher Sicherheit der Diakon die Geschichte seines Volkes beherrschte, wie sie das Alte Testament erzählt.

 56 und er rief aus: Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. 57 Sie aber schrien mit lauter Stimme, hielten sich die Ohren zu und stürzten alle miteinander auf ihn los. 58 Dann stießen sie ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Die Zeugen legten ihre Kleider zu den Füßen eines jungen Mannes mit Namen Saulus nieder. 59 Sie steinigten also den Stephanus, der betend ausrief: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! 60 Er fiel auf die Knie und rief mit lauter Stimme: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Nach diesen Worten entschlief er [im Herrn].

 

(8) 1a Saulus aber hatte seiner Ermordung zugestimmt.

 

Das Christentum in Samaria

8 Verfolgung der Kirche. 1b An jenem Tage brach eine große Verfolgung gegen die Kirche zu Jerusalem aus. Alle, mit Ausnahme der Apostel, wurden zerstreut in die Landstriche von Judäa und Samaria. Den Stephanus aber bestatteten gottesfürchtige Männer und hielten eine große Totenklage über ihn. Saulus dagegen verwüstete die Kirche. Er drang in die Häuser ein und schleppte Männer und Frauen weg und überlieferte sie ins Gefängnis. Die so Zerstreuten zogen umher und verkündeten die Heilsbotschaft des Wortes [Gottes]. 1-4: Wider ihren Willen tragen die Verfolger zur Verbreitung der Lehre Christi über die Grenzen Judäas hinaus bei. Von Anfang an waren die Verfolger der Kirche „ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“.

 

Die Tätigkeit des Diakons Philippus in Samaria. Philippus aber zog hinab in die Hauptstadt Samarias und predigte ihnen von dem Messias. Die Scharen waren einmütig darauf bedacht, die Worte zu hören, die er sprach, und die Wunder zu sehen, die er wirkte. Viele von ihnen hatten unreine Geister, die unter lautem Geschrei ausfuhren. Auch viele Gichtbrüchige und Gelähmte wurden geheilt. Daher war eine große Freude in jener Stadt. Schon länger hatte in der Stadt ein Mann namens Simon sich aufgehalten, Zauberei getrieben und die Bevölkerung von Samaria aus der Fassung gebracht, indem er sich für etwas Großes ausgab. 10 Alle hingen ihm an, klein und groß, und sagten: Dieser ist die Kraft Gottes, welche die Große heißt. 11 Sie hielten sich aber an ihn, weil er sie lange mit seinen Zauberkünsten berückt hatte. 12 Als aber Philippus die frohe Botschaft vom Reich Gottes und vom Namen Jesu Christi verkündete, glaubten sie ihm; Männer und Frauen ließen sich taufen. 13 Simon wurde auch selbst gläubig, ließ sich taufen und hielt sich beständig an Philippus. Da er die großen Wunder und Zeichen sah, die da geschahen, konnte er nicht genug staunen.

 

Petrus und Johannes in Samaria. 14 Als aber die Apostel in Jerusalem hörten, daß Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie den Petrus und Johannes zu ihnen. 15 Diese zogen hinab und beteten für sie, daß sie den Heiligen Geist empfangen möchten. 16 Denn er war noch über keinen von ihnen gekommen, sondern sie waren nur getauft auf den Namen des Herrn Jesus. 17 Da legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist. 17: Als Diakon hatte Philippus nicht die Vollmacht, das Sakrament der Firmung zu spenden. Die Urkirche unterschied also bereits Laienapostolat und amtliches Apostolat mit Weihegewalt. 18 Als aber Simon sah, daß durch die Handauflegung der Apostel der [Heilige] Geist verliehen werde, bot er ihnen Geld an 19 mit der Bitte: Gebt auch mir diese Gewalt, daß jeder, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange. 20 Petrus aber erwiderte ihm: Dein Geld fahre samt dir ins Verderben, weil du gemeint hast, die Gabe Gottes für Geld zu erwerben. 21 Du hast keinen Anteil und kein Anrecht darauf, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott. 22 Bekehre dich von dieser deiner Bosheit und bitte Gott, vielleicht wirst du Verzeihung finden für das, was du in deinem Herzen vorhast. 23 Denn, wie ich sehe, bist du voll bitterer Galle und von Bosheit umstrickt. 24 Simon antwortete und sprach: Betet ihr für mich zum Herrn damit nichts von dem über mich komme, was ihr gesagt habt. 18-24: Nach diesem Simon heißt der Versuch, Geistliches um Geldeswert zu erwerben oder weiterzugeben, „Simonie“. 25 Nachdem sie nun Zeugnis gegeben und das Wort des Herrn gepredigt, kehrten sie nach Jerusalem zurück. Dabei verkündeten sie noch vielen Ortschaften der Samariter die frohe Botschaft.

 

Bekehrung des äthiopischen Kämmerers. 26 Ein Engel des Herrn sprach zu Philippus: Mach dich auf und geh nach Süden, auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinab führt, sie ist öde. 27 Da machte er sich auf und ging fort. Und siehe, da war ein Äthiopier, ein Kämmerer (Eunuch), ein Würdenträger der äthiopischen Königin Kandake, der ihren gesamten Schatz zu verwalten hatte. Er war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten. 28 Nun reiste er wieder heim. Er saß auf seinem Reisewagen und las den Propheten Isaias. 28: Schon die Art der Reiselektüre kennzeichnet diesen edlen Wahrheitssucher. 29 Da sprach der Geist zu Philippus: Geh hin und schließe dich diesem Wagen an. 30 Philippus lief hinzu und hörte den Propheten Isaias lesen. Er fragte: Verstehst du wohl auch, was du liesest? 31 Er erwiderte: Wie könnte ich es, wenn mich niemand unterweist? Und er bat den Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen. 31: Zur Bibellesung gehört notwendig Bibelerklärung. 32 Die Schriftstelle, die er las, war folgende: Wie ein Schaf ward er zur Schlachtbank geführt. Und wie ein Lamm vor seinem Scherer stumm ist, so tut er seinen Mund nicht auf. 33 Durch seine Erniedrigung ward sein Strafurteil aufgehoben. Wer mag sein Geschlecht beschreiben? Denn weggenommen von der Erde wird sein Leben (Is 53,7. 8). 34 Der Kämmerer aber wandte sich an Philippus: Ich bitte dich, von wem sagt dies der Prophet? Von sich selbst oder von einem andern? 35 Philippus fing an zu reden, und indem er von dieser Schriftstelle ausging, verkündete er ihm die frohe Botschaft von Jesus. 36 Wie sie des Weges dahinzogen, kamen sie an ein Wasser. Der Kämmerer sprach: Sieh, da ist Wasser. Was hindert, daß ich getauft werde? 37 [Philippus aber sprach: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so darf es geschehen. Er antwortete: Ich glaube, daß Jesus der Sohn Gottes ist.] 37: Dieser Vers fehlt in manchen Textzeugen.

 

38 Er ließ den Wagen halten. Beide stiegen hinab ins Wasser, Philippus und der Kämmerer, und er taufte ihn. 39 Als sie aus dem Wasser herausgestiegen waren, entrückte der Geist des Herrn den Philippus, und der Kämmerer sah ihn nicht mehr. Dann zog er voll Freude auf seinem Wege fort. 40 Philippus aber befand sich in Azot. Auf seiner Wanderung durch das Land verkündete er die Heilsbotschaft in allen Städten, bis er nach Cäsarea gelangte. 40: Azot liegt nördlich von Gaza, Cäsarea nördlich von Azot am Mittelmeer.

 

Bekehrung des Saulus

9 Auf dem Wege nach Damaskus. Saulus schnaubte immer noch Wut und Mordlust gegen die Jünger des Herrn. Er ging zum Hohenpriester und erbat sich von ihm Briefe an die Synagogen von Damaskus. Er wollte alle Anhänger dieser Lehre, die er etwa fände, Männer und Frauen, gebunden nach Jerusalem führen. Schon war er auf seiner Reise in die Nähe von Damaskus gekommen, da umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Er fiel zu Boden und hörte eine Stimme, die ihm zurief: Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich? Er aber fragte: Wer bist du, Herr? Dieser antwortete: Ich bin Jesus, den du verfolgst. [Es ist hart für dich, wider den Stachel auszuschlagen. Zitternd und entsetzt fragte er: Herr, was willst du, das ich tun soll? Der Herr sprach zu ihm:] 5: Jesus und die von Saulus verfolgten Christen sind also eins, der mystische Leib Christi. Wie ein angespanntes Zugtier vergeblich gegen den Stachel des Treibers ausschlägt, so nutzt es Saulus nichts, sich der Gnade Gottes zu widersetzen. Aber steh auf und geh in die Stadt; da wird dir gesagt werden, was du tun sollst. Die Männer, die mit ihm reisten, standen sprachlos da, sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand. Saulus erhob sich vom Boden. Als er aber die Augen aufschlug, sah er nichts. Da nahmen sie ihn an der Hand und führten ihn nach Damaskus hinein. Und er konnte drei Tage nicht sehen, aß und trank nichts. 9: Die Bekehrung des Saulus zum Apostel ist nach der Herabkunft des Heiligen Geistes das wichtigste Ereignis in der Urkirche. Nur als ein Wunder der göttlichen Gnade läßt sich diese plötzliche Wendung des erbittertsten Verfolgers zu Christus hin verstehen. Er selbst hat sie zeitlebens nie anders aufgefaßt.

 

Ananias und Paulus. 10 In Damaskus lebte ein Jünger namens Ananias. Zu diesem sprach der Herr in einem Gesicht: Ananias! Er sagte: Sieh, Herr, hier bin ich! 11 Der Herr aber sprach zu ihm: Steh auf und geh in die Straße, die man die „Gerade“ heißt, und frage im Hause des Judas nach einem Mann namens Saulus aus Tarsus. Denn siehe, er betet; 12 und er sah, wie ein Mann mit Namen Ananias hereinkam und ihm die Hände auflegte, damit er sehend werde. 13 Ananias antwortete: Herr, ich habe von vielen Seiten gehört, wieviel Böses dieser Mann deinen Heiligen in Jerusalem zugefügt hat. 14 Auch hier hat er Vollmacht von den Oberpriestern, alle, die deinen Namen anrufen, in Ketten zu legen.

 

15 Der Herr aber sprach zu ihm: Geh nur hin! Denn dieser Mann ist mir ein auserwähltes Werkzeug, um meinen Namen vor Heiden und Könige und Kinder Israels zu tragen. 16 Ich selber will ihm zeigen, wieviel er um meines Namens willen leiden muß. 17 Da ging Ananias hin. Er kam in das Haus, legte ihm die Hände auf und sprach: Bruder Saulus! Der Herr Jesus, der dir auf dem Wege, auf dem du herkamst, erschienen ist, hat mich zu dir gesandt, damit du wieder sehend und voll des Heiligen Geistes werdest. 18 Sogleich fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er sah wieder, stand auf und wurde getauft. 19 Nun nahm er Speise und kam zu Kräften. Er blieb noch einige Tage bei den Jüngern in Damaskus.

 

Wirksamkeit des Paulus in Damaskus. 20 Und sofort verkündete er in den Synagogen, daß Jesus der Sohn Gottes sei. 21 Alle, die ihn hörten, waren außer sich und sagten: Ist das nicht dergleiche, der in Jerusalem die auszurotten suchte, welche diesen Namen anrufen? Ist er nicht auch hierher gekommen, um sie gefesselt zu den Oberpriestern zu führen? 22 Saulus aber trat nur um so kraftvoller auf und brachte die zu Damaskus wohnenden Juden in Verwirrung durch den Nachweis, daß dieser der Messias sei.

 

Reise nach Jerusalem und Tarsus. 23 Nach geraumer Zeit aber faßten die Juden den Beschluß, ihn zu beseitigen. 24 Doch ihr Anschlag wurde dem Saulus bekannt. Sie bewachten indes Tag und Nacht die Tore, um ihn umzubringen. 25 Aber die Jünger nahmen ihn und ließen ihn bei Nacht in einem Korbe über die Mauer hinab. 26 Als er nach Jerusalem gekommen war, suchte er sich den Jüngern anzuschließen. Aber alle fürchteten sich vor ihm; denn sie konnten nicht glauben, daß er ein Jünger sei. 27 Da nahm Barnabas sich seiner an, führte ihn zu den Aposteln und erzählte ihnen, wie er auf dem Wege den Herrn gesehen, daß dieser mit ihm geredet, und wie er in Damaskus freimütig im Namen Jesu gepredigt habe. 28 So ging er denn bei ihnen ein und aus in Jerusalem und predigte freimütig im Namen des Herrn. 29 Er redete und führte Streitgespräche mit den griechisch redenden Juden. Diese aber suchten ihn zu töten. 30 Da die Brüder dies erfuhren, geleiteten sie ihn nach Cäsarea hinab und sandten ihn weiter nach Tarsus.

 

Grundlegung und Befestigung der Heidenmission

 

Petrus in Lydda und Joppe

31 Die Kirche hatte nun Frieden in ganz Judäa, Galiläa und Samaria. Sie baute sich auf, wandelte in der Furcht des Herrn und mehrte sich durch den Beistand des Heiligen Geistes. 32 Es begab sich aber, als Petrus überall umherzog, daß er auch zu den Heiligen kam, die in Lydda wohnten. 32: Die Bezeichnung „Heilige“ war für alle Christen üblich. Die Reise des Apostelfürsten ist eine oberhirtliche Visitation. 33 Hier fand er einen Mann mit Namen Äneas. Dieser war gelähmt und lag seit acht Jahren zu Bett. 34 Petrus sprach zu ihm: Äneas, [der Herr] Jesus Christus macht dich gesund. Steh auf und mach dir selbst dein Bett! Sogleich stand er auf. 35 Alle Bewohner von Lydda und Saron sahen ihn und bekehrten sich zum Herrn. 36 In Joppe aber lebte eine Jüngerin namens Tabitha, das heißt übersetzt Dorkas (Gazelle). Sie tat viel Gutes und spendete reichliche Almosen. 37 In jenen Tagen aber geschah es, daß sie krank wurde und starb. Man wusch sie und legte sie ins Obergemach. 38 Da aber Lydda nahe bei Joppe ist, sandten die Jünger auf die Kunde, daß Petrus dort sei, zwei Männer zu ihm, mit der Bitte: Säume nicht, zu uns herüber zu kommen. 39 Petrus machte sich auf und ging mit ihnen. Als er angekommen war, führten sie ihn in das Obergemach. Da traten alle Witwen zu ihm heran und zeigten ihm unter Tränen die Unter- und Oberkleider die Dorkas zu verfertigen pflegte, als sie noch unter ihnen weilte. 40 Petrus hieß alle hinausgehen, kniete nieder und betete. Dann wandte er sich zu dem Leichnam und sprach: Tabitha, stehe auf! Da öffnete sie ihre Augen, und als sie Petrus erblickte, richtete sie sich auf. 41 Er gab ihr die Hand und half ihr auf. Dann rief er die Heiligen und Witwen und stellte sie lebend vor. 42 Dies wurde in ganz Joppe bekannt, und viele glaubten an den Herrn. 43 Er blieb aber geraume Zeit in Joppe bei einem gewissen Simon, einem Gerber. 36-43: Tabitha könnte man „die heilige Elisabeth“ der Urkirche nenne. Ihr Vorbild unterstützte wirksam die Predigt der Apostel.

 

Petrus und der Hauptmann Kornelius

10 Gesicht des Heiden Kornelius. In Cäsarea lebte ein Mann mit Namen Kornelius, Hauptmann in der sogenannten italischen Kohorte. 1: Cäsarea war die Residenz des römischen Landpflegers. Dort lagen gewöhnlich fünf Kohorten (= je etwa 500 Mann) Hilfstruppen. Er war samt seinem ganzen Hause fromm und gottesfürchtig, gab dem Volke viel Almosen und betete immerdar zu Gott. Um die neunte Stunde des Tages sah er in einem Gesichte deutlich einen Engel Gottes zu sich herantreten, der ihn anredete: Kornelius! Er sah ihn starr an und fragte erschrocken: Was ist's, Herr? Der antwortete ihm: Deine Gebete und deine Almosen sind emporgestiegen zu Gott, so daß er deiner gedenkt. Sende nun Männer nach Joppe und laß einen gewissen Simon holen, der den Beinamen Petrus führt. Dieser ist zu Gast bei einem gewissen Gerber Simon, der ein Haus am Meere hat. [Dieser wird dir sagen, was du tun sollst.] Als der Engel, der mit ihm geredet, verschwunden war, rief er zwei seiner Diener und einen gottesfürchtigen Soldaten von denen, die bei ihm den Dienst hatten. Diesen erzählte er alles und sandte sie nach Joppe.

 

Gesicht des Petrus. Am folgenden Tage, während jene auf ihrer Wanderung sich der Stadt näherten, stieg Petrus um die sechste Stunde auf das Dach zum Gebete. 10 Da wurde er hungrig und wollte etwas essen. Während man ihm zurichtete, kam über ihn eine Verzückung. 11 Er sah den Himmel offen und ein Behältnis wie ein großes Leintuch herabkommen, das an den vier Enden [vom Himmel] auf die Erde herabgelassen wurde. 12 Darin waren vierfüßige und kriechende Tiere der Erde und Vögel des Himmels aller Art. 13 Eine Stimme rief ihm zu: Steh auf, Petrus, schlachte und iß! 14 Petrus aber erwiderte: Niemals, Herr; noch nie habe ich etwas gegessen, was unrein und unheilig ist. 15 Zum zweiten Male rief ihm eine Stimme zu: Was Gott für rein erklärt hat, darfst du nicht unrein nennen. 16 Dies geschah dreimal, und sofort wurde das Behältnis wieder in den Himmel emporgezogen.

 

Die Boten des Kornelius bei Petrus. 17 Petrus war noch bei sich im Zweifel, was das Gesicht, das er gehabt, bedeute, siehe, da hatten die Boten des Kornelius das Haus des Simon erfragt und standen jetzt am Tore. 17: Die Erscheinung sollte Petrus belehren, das nicht nur die jüdischen Speisegesetze außer Kraft getreten seien, sondern auch die Unterscheidung von reinen Menschen (Juden) und unreinen (Heiden) hinfällig geworden sei. Die Religion des Neuen Bundes sollte nicht mehr an eine bestimmte Rasse gebunden sein, sondern alle Völker umfassen, also katholisch sein. 18 Sie riefen und fragten an, ob Simon mit dem Beinamen Petrus da zu Gaste sei. 19 Während Petrus aber über das Gesicht nachdachte, sprach der Geist zu ihm: Siehe, drei Männer suchen dich. 20 Wohlan, steh auf, steig hinab und geh ohne Bedenken mit ihnen, denn ich habe sie gesandt. 21 Petrus ging hinab zu den Männern und sprach: Seht, ich bin es, den ihr sucht; was ist der Grund, warum ihr gekommen seid? 22 Sie sprachen: Der Hauptmann Kornelius, ein gerechter und gottesfürchtiger Mann, der in hohem Ansehen steht beim ganzen Judenvolk, erhielt Weisung durch einen heiligen Engel, dich in sein Haus holen zu lassen und von dir Weisungen zu vernehmen. 23a Da führte er sie hinein und beherbergte sie. 23b Am folgenden Tag machte er sich auf und reiste mit ihnen; einige der Brüder aus Joppe begleiteten ihn.

 

Ankunft des Petrus. 24 Des andern Tages kam er in Cäsarea an. Kornelius erwartete sie und hatte seine Verwandten und nächsten Freunde zusammengerufen. 25 Als Petrus im Begriffe stand einzutreten, kam ihm Kornelius entgegen, fiel vor ihm nieder und bezeugte seine Verehrung. 26 Petrus hob ihn auf mit den Worten: Steh auf, auch ich bin ein Mensch! 27 Im Gespräch mit ihm trat er ein. Er fand da viele versammelt 28 und sprach zu ihnen: Ihr wißt, daß es einem Juden nicht erlaubt ist, mit einem Heiden zu verkehren und sich ihm zu nahen. Mir aber hat Gott gezeigt, daß man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf. 29 Darum bin ich ohne Bedenken gekommen, als man mich holte. So frage ich denn: Aus welchem Grunde ließt ihr mich rufen? 30 Kornelius antwortete: Vor vier Tagen, von dieser Stunde an gerechnet, betete ich um die neunte Stunde in meinem Hause. Und siehe, ein Mann stand vor mir in leuchtendem Gewande 31 und sprach: Kornelius, dein Gebet ist erhört, und deiner Almosen ward gedacht vor Gott. 32 Darum schick nach Joppe und laß den Simon holen, der den Beinamen Petrus führt. Er ist zu Gast im Hause eines Gerbers Simon am Meere. 33 So sandte ich denn sogleich zu dir, und du hast wohlgetan, daß du gekommen bist. Nun stehen wir alle vor Gott hier, alles zu hören, was dir vom Herrn aufgetragen worden ist.

 

Rede des Petrus. 34 Da öffnete Petrus den Mund und sprach: Nun weiß ich gewiß, daß Gott nicht auf die Person sieht, 35 sondern in jedem Volke ist ihm angenehm, wer ihn fürchtet und Gerechtigkeit übt. 36 Das Wort, das Gott den Kindern Israels gesandt hat, indem er ihnen die Frohbotschaft vom Frieden durch Jesus Christus verkünden ließ (ist euch bekannt). Dieser ist aller Herr. 37 Ihr wißt, welches Ereignis sich zugetragen hat im ganzen Judenland, angefangen von Galiläa nach der Taufe, die Johannes predigte, 38 wie Gott ihn, Jesus von Nazareth, salbte mit Heiligem Geiste und Kraft, wie er umherzog, Wohltaten spendete und alle vom Teufel Überwältigten heilte. Denn Gott war mit ihm. 39 Wir sind Zeugen von allem, was er getan im Lande der Juden und zu Jerusalem. Ihn haben sie getötet, indem sie ihn ans Kreuzesholz hängten. 40 Diesen erweckte Gott am dritten Tag und ließ ihn erscheinen, 41 nicht dem ganzen Volk, sondern den von Gott vorherbestimmten Zeugen, uns, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben nach seiner Auferstehung von den Toten. 42 Er hat uns geboten, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, daß er der von Gott bestimmte Richter der Lebendigen und der Toten ist. 43 Für ihn legen Zeugnis ab alle Propheten, daß jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen Vergebung der Sünden erlange.

 

Taufe des Kornelius und seiner Angehörigen. 44 Während Petrus noch diese Worte sprach, kam der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. 45 Die Gläubigen aus der Beschneidung, die mit Petrus gekommen waren, waren außer sich darüber, daß auch über die Heiden die Gnade des Heiligen Geistes ausgegossen wurde. 45: Gläubige aus der Beschneidung sind Christen jüdischer Herkunft. 46 Denn sie hörten sie in (fremden) Sprachen reden und Gott lobpreisen. Da sagte Petrus: 47 Kann nun noch jemand das Wasser der Taufe denen versagen, die den Heiligen Geist empfangen haben wie wir? 48 Und er befahl, sie zu taufen im Namen [des Herrn] Jesus Christus. Darauf baten sie ihn, einige Tage bei ihnen zu bleiben.

 

11 Petrus rechtfertigt sein Verhalten gegen die Heiden. Die Apostel und die Brüder in Judäa hörten, daß auch die Heiden das Wort Gottes angenommen hatten. Als nun Petrus nach Jerusalem hinaufgekommen war, machten ihm die aus der Beschneidung Vorwürfe und sagten: Du bist bei Unbeschnittenen eingekehrt und hast mit ihnen gegessen.

 

Petrus aber fing an, ihnen den Hergang der Reihe nach auseinanderzusetzen: Ich war in der Stadt Joppe und betete. Da schaute ich in der Verzückung ein Gesicht: Ein Behältnis wie ein großes Leintuch kam herunter, an den vier Enden vom Himmel herabgelassen, und kam bis zu mir. Ich schaute genau hinein und sah die vierfüßigen Tiere der Erde, die wilden und die kriechenden Tiere und die Vögel des Himmels. Auch hörte ich eine Stimme, die mir zurief: Steh auf, Petrus, schlachte und iß! Ich erwiderte: Niemals, Herr; denn Gemeines oder Unreines ist noch nie in meinen Mund gekommen. Aber die Stimme antwortete zum zweitenmal vom Himmel: Was Gott für rein erklärt hat, darfst du nicht unrein nennen. 10 Dies geschah dreimal. Dann wurde alles wieder in den Himmel emporgezogen. 11 Doch sieh da standen schon drei Männer vor dem Hause, wo wir weilten, von Cäsarea zu mir gesandt. 12 Der Geist aber hieß mich ohne Bedenken mit ihnen gehen. Auch diese sechs Brüder gingen mit mir, und wir traten in das Haus des Mannes. 13 Da erzählte er uns, wie er in seinem Haus den Engel habe stehen sehen, der ihm gebot: Schick nach Joppe und laß den Simon holen, der den Beinamen Petrus führt. 14 Der wird Worte zu dir sprechen, durch die du gerettet werden wirst, du und dein ganzes Haus. 15 Kaum hatte ich zu reden begonnen, da kam der Heilige Geist auf sie, so wie auch auf uns am Anfang. 16 Da erinnerte ich mich des Wortes des Herrn, wie er sagte: Johannes taufte mit Wasser, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden (Apg 1,5). 17 Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gnade verliehen wie auch uns, die wir den Glauben an den Herrn Jesus Christus angenommen haben, — wer war ich denn, daß ich hätte Gott hindern können? 18 Als sie dies hörten, beruhigten sie sich, priesen Gott und sprachen: Also auch den Heiden hat Gott die Sinnesänderung verliehen, die zum Leben führt! 2-18: Es kennzeichnet den Auserwähltenstolz und die Überheblichkeit dieser Kreise, daß sie den obersten Leiter der Kirche zur Rechenschaft ziehen, weil er etwas tat, was ihnen nicht paßte. Petrus läßt die Tatsachen sprechen und macht den Judaisten klar, daß sie sich mit ihren Vorwürfen gegen Gott selber wenden.

 

Die erste heidenchristliche Gemeinde in Antiochien

Die Christen in Antiochien. 19 Aus Anlaß der Verfolgung, die wegen des Stephanus ausgebrochen war, hatten sich manche zerstreut und waren bis nach Phönizien, Cypern und Antiochien gekommen. Doch verkündeten sie das Wort [Gottes] nur den Juden. 20 Unter ihnen waren einige Männer aus Cypern und Cyrene; als diese nach Antiochien kamen, sprachen sie auch zu den Heiden und verkündeten ihnen die frohe Botschaft vom Herrn Jesus. 21 Die Hand des Herrn war mit ihnen, und eine große Zahl wurde gläubig und bekehrte sich zum Herrn. 22 Die Kunde davon drang zu den Ohren der Gemeinde zu Jerusalem, und sie sandten den Barnabas nach Antiochien. 23 Als dieser hinkam und die Gnade Gottes sah, freute er sich und ermahnte alle, mit entschlossenem Herzen beim Herrn auszuharren. 24 Denn er war ein trefflicher Mann und voll des Heiligen Geistes und des Glaubens. Eine große Schar wurde für den Herrn hinzugewonnen. 25 Er reiste dann nach Tarsus, um den Saulus aufzusuchen. 26 Er fand ihn und brachte ihn nach Antiochien. Es war ihnen vergönnt, ein volles Jahr in der Gemeinde zusammenzusein und eine so große Menge zu unterweisen, daß in Antiochien die Jünger zuerst „Christen“ genannt wurden. 26: Mit dem Namen „Christen“ unterschieden zuerst die Heiden die neue Religionsgemeinschaft von den Juden. Vielleicht war es anfangs ein Spottname, den aber die Christen als Ehrennamen aufgriffen, während sie bis dahin sich als Heilige, Brüder, Jünger oder Gläubige bezeichneten und von den Juden „Nazarener“ genannt wurden.

 

27 In diesen Tagen kamen Propheten von Jerusalem nach Antiochien hinab. 28 Einer von ihnen, namens Agabus, stand auf und weissagte durch den Geist, daß eine große Hungersnot über den ganzen Erdkreis kommen werde, die dann auch unter Klaudius eintrat. 29 Da beschlossen die Jünger, ein jeder solle nach seinem Vermögen den Brüdern in Judäa etwas zur Unterstützung senden. 30 Das taten sie denn auch und schickten die Summe durch Barnabas und Saulus an die Ältesten.

 

Neue Verfolgung in Jerusalem

12 Hinrichtung des älteren Jakobus. Um jene Zeit legte König Herodes Hand an einige aus der Gemeinde, um sie zu mißhandeln. 1: Gemeint ist Herodes Agrippa I., ein Enkel des Kindermörders von Bethlehem, ein wahrer Abenteurer. Er wurde 37 n. Chr. von seinem Freund, dem Kaiser Kaligula, zum König ernannt und vereinigte vorübergehend (41-44) fast das ganze Reich seines Großvaters in seiner Hand. Die Hinrichtung des Apostels Jakobus geschah um 42. Es ist das erste Eingreifen der Staatsgewalt in die Rechte der Kirche. Die Antwort der Christen ist Gebet und Gottvertrauen. Er ließ den Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwerte töten.

 

Gefangennahme und Befreiung des Petrus. Da er sah, daß dies den Juden gefiel, ließ er auch den Petrus ergreifen. Es waren die Tage der ungesäuerten Brote. Er ließ ihn also festnehmen, ins Gefängnis werfen und durch eine vierfache Wache von je vier Soldaten bewachen. Nach Ostern wollte er ihn dem Volke vorführen. 4: Je vier Soldaten lösten sich viermal, d. h. alle drei Stunden ab. Petrus wurde nun im Gefängnis bewacht. Die Gemeinde aber betete ohne Unterlaß für ihn zu Gott.

 

In der Nacht, bevor Herodes den Petrus vorführen wollte, schlief dieser zwischen zwei Soldaten, mit zwei Ketten gefesselt. Posten vor der Türe bewachten das Gefängnis. Und siehe, ein Engel des Herrn trat heran, und Licht erhellte die Zelle. Er stieß den Petrus in die Seite, weckte ihn und sprach: Steh eilends auf! Und die Ketten fielen ihm von den Händen. Der Engel sprach zu ihm: Gürte dich und binde deine Sandalen unter! Er tat also. Er gebot ihm weiter: Wirf deinen Mantel um und folge mir! Er ging hinaus, ihm nach. Noch wußte er nicht, daß es Wirklichkeit war, was durch den Engel geschah; vielmehr glaubte er, ein Gesicht zu sehen. 10 Sie gingen nun an der ersten und der zweiten Wache vorbei und kamen an das eiserne Tor, das in die Stadt führte. Dieses öffnete sich ihnen von selbst. Sie traten hinaus, gingen eine Straße weiter, und plötzlich verließ ihn der Engel. 11 Jetzt kam Petrus zu sich und sagte: Nun weiß ich wirklich, daß der Herr seinen Engel gesandt und mich errettet hat aus der Hand des Herodes und aus aller Erwartung des Volkes der Juden.

 

12 Nachdem er sich klargeworden war, ging er zum Hause der Maria, der Mutter des Johannes mit dem Zunamen Markus, wo viele versammelt waren und beteten. 13 Er klopfte an der Türe des Hoftores. Da kam eine Magd namens Rhode heraus, um zu horchen. 12-13. Maria besaß also noch ihr Haus und Dienstpersonal. Mithin hatte der „Kommunismus“ der Urkirche das Privateigentum nicht beseitigt. 14 Sie erkannte die Stimme des Petrus, öffnete aber vor Freude das Tor nicht, sondern lief hinein und meldete, Petrus stehe vor dem Tore. 15 Sie sagten zu ihr: Du bist nicht recht bei Sinnen! Doch sie bestand darauf, daß es also sei. Da sagten sie: Es ist sein Engel. 15: Sie waren also überzeugt, daß der Einzelmensch einen Schutzengel habe. 16 Petrus aber fuhr fort zu klopfen. Da machten Sie auf, sahen ihn und waren außer sich. 17 Er winkte ihnen mit der Hand, sie möchten schweigen. Dann erzählte er ihnen, wie der Herr ihn aus dem Gefängnis befreit habe. Er fügte hinzu: Meldet dies dem Jakobus und den Brüdern! Dann machte er sich auf und zog an einen andern Ort. 17: Jakobus der Jüngere, der „Bruder des Herrn“, war der Leiter der Christengemeinde zu Jerusalem. Wohin Petrus sich begab, wissen wir nicht. Beim Apostelkonzil (um 50) war er wieder in Jerusalem, Manche nehmen an, er sei jetzt schon nach Rom gegangen. Doch warum hätte Lukas das verheimlichen sollen? 18 Als es Tag wurde, entstand nicht geringe Aufregung bei den Soldaten, was wohl aus Petrus geworden sei.

 

Schreckliches Ende des Herodes. 19a Herodes ließ nach ihm suchen, fand ihn aber nicht. Er verhörte die Wächter und ließ sie [zur Hinrichtung] abführen. 19b Er selbst begab sich von Judäa nach Cäsarea und hielt sich daselbst auf. 20 Gegen die Bewohner von Tyrus und Sidon war er heftig aufgebracht. Sie aber fanden sich einmütig bei ihm ein, gewannen den königlichen Kämmerer Blastus und baten um Frieden. Denn ihr Land bezog aus dem Gebiet des Königs Lebensmittel. 21 Am festgesetzten Tage legte Herodes das königliche Prachtgewand an, nahm auf der Tribüne Platz und hielt eine Rede an sie. 22 Das Volk rief ihm zu: Eines Gottes Stimme und nicht eines Menschen! 23 Sogleich schlug ihn der Engel des Herrn, weil er nicht Gott die Ehre gegeben hatte. Von Würmern zerfressen, gab er seinen Geist auf. 24 Das Wort des Herrn aber wuchs und mehrte sich. 25 Nach Erledigung ihres Auftrags aber kehrten Barnabas und Saulus von Jerusalem zurück. Sie nahmen den Johannes mit dem Zunamen Markus mit.

 

Erste Missionsreise des hl. Paulus

13 Aussendung und Abreise des Paulus und Barnabas. In der zu Antiochien bestehenden Gemeinde waren Propheten und Lehrer: Barnabas, Simon, mit dem Beinamen Niger, Lucius aus Cyrene, Manahen, der mit dem Vierfürsten Herodes erzogen worden war, und Saulus. Während sie dem Herrn den heiligen Dienst verrichteten und fasteten, sprach der Heilige Geist. Sondert mir den Saulus und Barnabas zu dem Werke aus, zu dem ich sie berufen habe. Alsdann fasteten und beteten sie, legten ihnen die Hände auf und entließen sie. 3: Da eine Gemeinde keine Weihe erteilen kann, ist von einer feierlichen Aussendung zur Heidenmission die Rede.

 

Wirksamkeit auf Cypern. Ausgesandt vom Heiligen Geist, gingen sie nach Seleucia hinab und fuhren von da nach Cypern. Sie kamen nach Salamis und predigten dort das Wort Gottes in den Synagogen der Juden. Auch den Johannes Markus hatten sie als Gehilfen bei sich. Nachdem sie die ganze Insel bis Paphus durchwandert hatten, fanden sie einen jüdischen Zauberer und Lügenpropheten namens Barjesu. Er lebte am Hofe des Statthalters Sergius Paulus, eines verständigen Mannes. Dieser ließ Barnabas und Saulus kommen und verlangte, das Wort Gottes zu hören. Aber der Zauberer Elymas — so lautet sein Name übersetzt — widerstand ihnen und suchte den Statthalter vom Glauben abzuhalten. Saulus aber, der auch Paulus heißt, erfüllt vom Heiligen Geiste, blickte ihn fest an 9: Nach damaliger Sitte hatte Saulus wahrscheinlich von jeher zwei Namen, den jüdischen Saulus = Saul zu Ehren des Königs Saul aus seinem Stamm, dazu den römischen Paulus. Mit letzterem wird er fortan ausschließlich benannt. 10 und sprach: Du, voll alles Trugs und aller Bosheit, Kind des Teufels und Feind aller Gerechtigkeit, hörst du nicht auf, die geraden Wege des Herrn krumm zu machen? 11 Siehe, die Hand des Herrn kommt über dich, du wirst blind sein und die Sonne nicht sehen eine Zeitlang. Sogleich befiel ihn Dunkel und Finsternis; er tappte umher und suchte einen, der ihn an der Hand führe. 12 Als der Statthalter sah, was geschehen, wurde er gläubig, voll Staunen über die Lehre des Herrn.

 

Wirksamkeit des Paulus und Barnabas in Antiochien. 13 Von Paphus segelten Paulus und seine Gefährten nach Perge in Pamphylien. Johannes jedoch trennte sich von ihnen und kehrte nach Jerusalem zurück. 14 Sie selbst aber zogen weiter von Perge und gelangten nach Antiochien in Pisidien. Dort gingen sie am Sabbat in die Synagoge und setzten sich. 15 Nach der Vorlesung aus dem Gesetze und den Propheten ließen ihnen die Synagogenvorsteher sagen: Liebe Brüder, wenn ihr ein Wort der Ermunterung an das Volk habt, so redet!

 

Rede des Paulus. 16 Da stand Paulus auf, winkte mit der Hand und sprach: Männer aus Israel und ihr Gottesfürchtigen, hört! 16: Die „Gottesfürchtigen“ aus den Heiden verehrten zwar den wahren Gott Israels, traten aber nicht durch die Beschneidung in den Volksverband Israels ein, wie es die Proselyten taten. 17 Der Gott dieses Volkes Israel erwählte unsere Väter und erhöhte das Volk, da sie Fremdlinge waren im Lande Ägypten, und führte sie heraus mit erhobenem Arme. 18 Vierzig Jahre hindurch ertrug er sie geduldig in der Wüste. 19 Sieben Völker vernichtete er im Lande Kanaan und gab ihnen deren Land als Erbbesitz 20 für ungefähr vierhundertundfünfzig Jahre. Danach gab er ihnen Richter bis auf Samuel, den Propheten. 21 Von da an forderten sie einen König. Gott gab ihnen Saul, den Sohn des Kis, aus dem Stamme Benjamin, vierzig Jahre lang. 22 Nachdem er diesen verworfen hatte, erweckte er ihnen David zum König. Diesem gab er das Zeugnis: Ich habe David, den Sohn des Jesse, als einen Mann nach meinem Herzen gefunden; er wird in allem meinen Willen tun (1 Sm 13,14). 23 Aus dessen Nachkommen ließ Gott nach der Verheißung Jesus als Retter für Israel hervorgehen. 24 Vor seinem Auftreten predigte Johannes dem ganzen Volke Israel eine Bußtaufe. 25 Als aber Johannes seinen Lauf vollendete, sprach er: Der, für den ihr mich haltet, bin ich nicht; aber seht, nach mir kommt einer, dem ich nicht würdig bin, die Schuhe von den Füßen zu lösen. 26 Werte Brüder, Söhne Abrahams und die unter euch Gott fürchten! An uns ist diese Heilsbotschaft ergangen. 27 Denn die Bewohner von Jerusalem und ihre Obern haben diesen nicht erkannt und durch ihren Richterspruch die Worte des Propheten, die jeden Sabbat vorgelesen werden, erfüllt. 28 Obwohl sie keine Todesschuld an ihm fanden, forderten sie von Pilatus seinen Tod. 29 Als sie dann alles vollbracht hatten, was von ihm geschrieben steht, nahmen sie ihn vom Kreuzesholz ab und legten ihn ins Grab. 30 Gott aber erweckte ihn [am dritten Tage] von den Toten. 31 Er erschien viele Tage hindurch denen, welche mit ihm von Galiläa nach Jerusalem hinaufgezogen waren, und diese sind nunmehr seine Zeugen vor dem Volke. 32 Und wir verkünden euch die frohe Botschaft von der an die Väter ergangenen Verheißung. 33 Denn diese hat Gott an uns, ihren Kindern, durch die Auferweckung Jesu erfüllt. So heißt es ja auch im zweiten Psalm: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt (Ps 2,7). 34 Daß er ihn aber von den Toten auferweckt hat, damit er nicht mehr der Verwesung anheimfalle, darüber sprach er also: Ich will euch geben die Heilsgüter Davids, die zuverlässigen (Is 55,3). 35 Darum sagt er auch anderswo: Du wirst deinen Heiligen nicht die Verwesung schauen lassen (Ps 16,10). 36 Denn David ist entschlafen, nachdem er zu seiner Zeit dem Willen Gottes gedient hatte, er wurde zu seinen Vätern versammelt und hat also die Verwesung gesehen. 37 Den aber Gott [von den Toten] erweckt hat, der hat die Verwesung nicht gesehen. 38 So sei euch denn kund, liebe Brüder, daß durch diesen euch Vergebung der Sünden verkündet wird. 39 Durch ihn wird jeder, der da glaubt, gerechtfertigt von allem, wovon ihr im Gesetze des Moses keine Rechtfertigung erhalten konntet. 40 Darum sehet wohl zu, daß euch nicht treffe das Wort des Propheten: 41 Sehet, ihr Verächter, staunet und vergehet! Denn ich vollbringe ein Werk in euren Tagen, ein Werk, das ihr nicht glauben würdet, wenn es euch jemand erzählte (Hab 1,5).

 

Erfolge und Widerstände. 42 Als sie fortgingen, bat man sie, am folgenden Sabbat wieder von diesen Dingen zu reden. 43 Als die Versammlung sich aufgelöst hatte, folgten viele von den Juden und den gottesfürchtigen Proselyten dem Paulus und Barnabas. Diese redeten ihnen eindringlich zu, in der Gnade Gottes zu verharren. 44 Am folgenden Sabbat versammelte sich fast die ganze Stadt, um das Wort Gottes zu hören. 45 Beim Anblick dieser Menge wurden die Juden voll Eifersucht, widersprachen den Worten des Paulus und stießen Schmähungen aus. 45: Ihre vermeintlichen Rasseprivilegien vor Gott gehen ihnen über alles (vgl. Lk 11,52). Niemand wird ärmer an Wahrheit und Liebe, wenn er weitherzig anderen davon mitgibt. Es ist kein Teilen, sondern Vervielfachen. 46 Da erklärten Paulus und Barnabas freimütig: Euch mußte zuerst das Wort Gottes gepredigt werden. Weil ihr es aber von euch weiset und euch selbst des ewigen Lebens nicht wert erachtet, wenden wir uns jetzt zu den Heiden. 47 Denn also hat uns der Herr geboten: Ich hab dich zum Lichte der Heiden gesetzt, damit du ihnen zum Heile seiest bis ans Ende der Erde (Is 49,6). 48 Die Heiden hörten dies voll Freude und priesen das Wort des Herrn; und es wurden gläubig, so viele ihrer zum ewigen Leben bestimmt waren. 48: Die Berufung zum Christentum führte sie auf den sichersten Weg zum ewigen Leben, eine Gnade, die Gott ihnen schenkte, weil er ihre Mitwirkung voraussah. 49 Das Wort des Herrn aber verbreitete sich in der ganzen Gegend. 50 Doch die Juden hetzten die gottesfürchtigen Frauen aus vornehmem Stand und die Oberen der Stadt auf, erregten eine Verfolgung gegen Paulus und Barnabas und vertrieben sie aus ihrem Gebiet. 51 Diese schüttelten den Staub von ihren Füßen, zum Zeugnis gegen sie, und kamen nach Ikonium. 52 Die Jünger aber wurden mit Freude und Heiligem Geist erfüllt.

 

14 Aufenthalt in Ikonium. Auch in Ikonium gingen sie in gleicher Weise in die Synagoge der Juden und predigten, so daß eine große Zahl Juden und Heiden den Glauben annahm. Die Juden aber, die ungläubig blieben, reizten und verhetzten die Gemüter der Heiden wider die Brüder. Trotzdem blieben sie geraume Zeit daselbst und redeten freimütig im Herrn, der dem Worte seiner Gnade die Bestätigung verlieh durch die Zeichen und Wunder, die er durch ihre Hände geschehen ließ. Da entstand aber eine Spaltung unter dem Volke der Stadt; einige hielten es mit den Juden, andere mit den Aposteln. Die Heiden und Juden samt ihren Obern wollten sie mißhandeln und steinigen. Sie wurden dies gewahr und flohen in die Städte Lykaoniens, nach Lystra und Derbe und in die ganze Umgegend; dort verkündeten sie die Heilsbotschaft.

 

In Lystra und Derbe. In Lystra saß ein Mann, der ohne Kraft in den Füßen von Geburt an lahm war und niemals hatte gehen können. Dieser hörte den Paulus predigen. Der blickte ihn an und erkannte, daß er Vertrauen habe, Heilung zu finden. 10 Dann sprach er mit lauter Stimme: Stelle dich aufrecht auf deine Füße! Da sprang er auf und ging umher. 11 Als die Scharen sahen, was Paulus getan, erhoben sie ihre Stimme und riefen auf lykaonisch: Götter in Menschengestalt sind zu uns herabgekommen! 11: In dieser Gegend waren einst nach der Göttersage Jupiter und Merkur oder Zeus und Hermes in Menschengestalt bei dem frommen Ehepaar Philemon und Baucis eingekehrt. 12 Den Barnabas nannten sie Zeus, den Paulus aber Hermes, weil er Wortführer war. 13 Der Priester (am Tempel) des Zeus vor der Stadt brachte Stiere und Kränze an das Tor und wollte opfern samt dem Volke. 14 Da die Apostel Barnabas und Paulus das hörten, zerrissen sie ihre Kleider, sprangen unter das Volk und riefen: 15 Ihr Leute, was tut ihr da? Auch wir sind sterbliche Menschen wie ihr. Wir verkünden euch die Heilsbotschaft, daß ihr euch von diesen nichtigen Götzen zum lebendigen Gott bekehren sollt, der Himmel und Erde und das Meer gemacht hat und alles, was darin ist. 16 Er ließ in den vergangenen Zeiten alle Völker ihre eigenen Wege gehen. 17 Und doch hat er sich nicht unbezeugt gelassen als Wohltäter, da er vom Himmel her Regen spendete und fruchtbare Zeiten und eure Herzen mit Speise und Wonne erfüllte. 18 Durch diese Worte konnten sie nur mit Mühe die Scharen abhalten, ihnen zu opfern. 19 Von Antiochien und Ikonium kamen aber einige Juden herbei und wiegelten das Volk auf. Sie steinigten den Paulus und schleppten ihn zur Stadt hinaus, in der Annahme, er sei tot. 20 Als aber die Jünger um ihn herumstanden, erhob er sich und ging in die Stadt hinein. Am andern Tag reiste er mit Barnabas nach Derbe.

 

Rückkehr nach Antiochien. 21 Dieser Stadt verkündeten sie die frohe Botschaft und gewannen viele Jünger. Dann kehrten sie nach Lystra, Ikonium und Antiochien zurück. 22 Sie bestärkten die Jünger, ermahnten sie zur Beharrlichkeit im Glauben und legten dar, daß wir durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müssen. 23 In jeder Gemeinde bestellten sie unter Gebet und Fasten Presbyter und empfahlen sie dem Herrn, an den sie glaubten. 24 Sie zogen über Pisidien nach Pamphylien 25 und verkündeten das Wort [des Herrn] in Perge. Von da gingen sie hinab nach Attalia 26 und fuhren von dort nach Antiochien, von wo aus sie der Gnade Gottes für das Werk, das sie nun glücklich vollendet hatten, empfohlen worden waren. 27 Nach ihrer Ankunft versammelten sie die Gemeinde und erzählten, welch große Dinge Gott durch sie getan, und daß er den Heiden die Türe zum Glauben geöffnet habe. 28 Sie verweilten dann geraume Zeit bei den Jüngern.

 

Das Apostelkonzil

15 Veranlassung. Von Judäa kamen einige herab und lehrten die Brüder: Wenn ihr euch nicht beschneiden laßt nach dem Brauch des Moses, so könnt ihr nicht selig werden. 1: Diese Judaisten spielen sich als Beauftragte der Mutterkirche auf (15,24) und stellen die Beschneidung als notwendiges Mittel zur Seligkeit hin. Der Weg zum Christentum müsse also über das Judentum gehen. Daher die begreifliche Erregung bei den Heiden. Da entstand ein heftiger Aufruhr und Streit zwischen Paulus und Barnabas und ihnen. Darum beschloß man, Paulus und Barnabas sowie einige andere aus ihrer Mitte sollten zu den Aposteln und Ältesten in Jerusalem hinaufziehen wegen dieser Streitfrage. Von der Gemeinde wurden sie eine Strecke weit begleitet. Sie zogen durch Phönizien und Samaria, erzählten von der Bekehrung der Heiden und bereiteten dadurch allen Brüdern große Freude. Bei ihrer Ankunft in Jerusalem wurden sie von der Gemeinde und von den Aposteln und den Ältesten empfangen. Sie berichteten, welch große Dinge Gott im Bunde mit ihnen getan habe. Einige aus der Partei der Pharisäer, die gläubig geworden waren, standen auf und erklärten: Man muß sie beschneiden und ihnen gebieten, das Gesetz des Moses zu halten.

 

Rede des Petrus. Da versammelten sich die Apostel und Ältesten, um diese Frage zu untersuchen. Nach langem Hin- und Herreden erhob sich Petrus und sprach zu ihnen: Liebe Brüder! Ihr wißt, daß Gott vor langer Zeit aus eurer Mitte mich auserwählt hat, daß die Heiden durch meinen Mund das Wort der Heilsbotschaft hören und glauben sollten. Gott, der Herzenskenner, legte für sie Zeugnis ab, indem er ihnen den Heiligen Geist gab wie auch uns. Er hat keinen Unterschied gemacht zwischen uns und ihnen, da er durch den Glauben ihre Herzen gereinigt hat. 7-9: Petrus weist auf die Bekehrung des Hauptmanns Kornelius hin. 10 Warum versucht ihr jetzt Gott, indem ihr dem Nacken der Jünger ein Joch auferlegt, das weder unsere Väter noch wir zu tragen vermochten? 11 Vielmehr glauben wir, durch die Gnade des Herrn Jesus [Christus] das Heil zu erlangen gleich wie auch sie. 11: Nicht mehr auf Rasse und Blut wie im Alten Testament baut sich die wahre Religion auf, sondern nur auf die Gnade der Erlösung. 12 Da schwieg die ganze Versammlung, und sie hörten zu, wie Paulus und Barnabas erzählten, welch große Zeichen und Wunder Gott durch sie unter den Heiden getan hatte.

 

Rede des Jakobus. 13 Als diese damit zu Ende gekommen waren, ergriff Jakobus das Wort und sprach: Hört nun mich, liebe Brüder! 14 Simon hat erzählt, wie Gott zuerst dafür Sorge trug, daß er aus den Heiden ein Volk gewänne für seinen Namen. 15 Damit stimmen die Worte der Propheten überein, wie geschrieben steht: 16 Danach will ich wiederkommen und das Zelt Davids, das zerfallene, wiederaufbauen und seine Trümmer wiederherstellen und es wiederaufrichten, 17 damit auch die übrigen Menschen den Herrn suchen und alle Völker, über die mein Name genannt worden ist. So spricht der Herr, der solches bekanntmacht 18 von Ewigkeit her (Am 9,11. 12). 19 Darum geht meine Meinung dahin: Man soll denen, die sich aus den Heiden zu Gott bekehren, keine Lasten aufbürden, 20 sondern ihnen vorschreiben, daß sie sich enthalten von der Befleckung durch die Götzen, von der Unzucht, vom Erstickten und vom Blut. 20: Diese nachher zum Beschluß erhobenen „Jakobusklauseln“ sollten das friedliche Zusammenleben von Judenchristen und Heidenchristen erleichtern; sie waren aber örtlich und zeitlich bedingt. 21 Denn Moses hat von alten Zeiten her in allen Städten seine Verkündiger, da er in den Synagogen jeden Sabbat vorgelesen wird.

 

Beschluß des Konzils. 22 Darauf beschlossen die Apostel und Ältesten samt der ganzen Gemeinde, Männer aus ihrer Mitte zu wählen und mit Paulus und Barnabas nach Antiochien zu senden, nämlich Judas mit dem Zunamen Barsabas und Silas, Männer, die zu den angesehensten unter den Brüdern gehörten. 23 Man gab ihnen das folgende Schreiben mit: Die Apostel und Ältesten entbieten als Brüder den Brüdern aus dem Heidentum in Antiochien, Syrien und Cilicien ihren Gruß! 24 Wir haben gehört, daß einige aus unserer Mitte zu euch gekommen sind und euch mit ihren Reden beunruhigt und eure Gemüter verwirrt haben, Leute, denen wir keinen Auftrag gegeben hatten. 25 Darum haben wir, einmütig versammelt, beschlossen, Männer auszuwählen und zu euch zu senden mit unseren geliebten Barnabas und Paulus; 26 das sind Männer, die ihr Leben eingesetzt haben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus. 27 So haben wir nun Judas und Silas gesandt, die euch dasselbe auch mündlich verkünden sollen. 28 Es hat nämlich dem Heiligen Geiste und uns gefallen, euch weiter keine Last aufzulegen, außer folgenden notwendigen Stücken: 29 Ihr sollt euch enthalten von den Götzenopfern, vom Blut, vom Erstickten und von der Unzucht. Wenn ihr euch davor bewahrt, wird es euch wohlergehen. Lebt wohl! 30 Also wurden sie entlassen und zogen nach Antiochien hinab. Dort versammelten sie die ganze Gemeinde und übergaben das Schreiben. 31 Als diese es gelesen hatten, freuten sie sich der Beruhigung. 32 Judas und Silas, die selbst Propheten waren, trösteten gleichfalls die Brüder mit vielen Worten und stärkten sie. 33 Nach längerer Zeit wurden sie von den Brüdern mit Friedensgrüßen entlassen zu denen, die sie abgesandt hatten. 34 [Silas jedoch fand für gut, daselbst zu bleiben. So ging Judas allein nach Jerusalem.]

 

Paulus auf dem Höhepunkt der Heidenmission

 

Zweite Missionsreise

Paulus und Barnabas. 35 Paulus und Barnabas blieben in Antiochien. Sie lehrten und verkündeten mit vielen andern die frohe Botschaft des Wortes des Herrn. 36 Nach einigen Tagen sprach Paulus zu Barnabas: Laß uns wieder hingehen und sehen, wie es um die Brüder steht in all den Städten, wo wir das Wort des Herrn gepredigt haben. 37 Da wollte Barnabas auch den Johannes, der den Zunamen Markus hat, mitnehmen. 38 Paulus aber verlangte, daß sie den nicht mitnähmen, der in Pamphylien sich von ihnen getrennt hatte und nicht mit ihnen ans Werk gegangen war. 39 So kam es zu einem Zerwürfnis, so daß sie sich voneinander trennten. Barnabas nahm den Markus zu sich und fuhr nach Cypern. 37-39: Der Streit störte nicht lange das Einvernehmen unter den Missionaren, wie aus 1 Kor 9,6; Kol 4,10; Phlm 2 und 2 Tim 4,11 hervorgeht. Auch zwischen Heiligen gibt es Meinungsverschiedenheiten. 40 Paulus aber wählte den Silas und reiste ab, von den Brüdern der Gnade Gottes empfohlen. Er zog durch Syrien und Cilicien, ermutigte die Gemeinden [und befahl ihnen, die Gebote der Apostel und Ältesten zu halten].

 

16 Paulus in Kleinasien. Er kam auch nach Derbe und Lystra. Und siehe, dort war ein Jünger namens Timotheus, Sohn einer gläubigen Jüdin und eines heidnischen Vaters. Diesem gaben die Brüder in Lystra und Ikonium ein gutes Zeugnis. Ihn wollte Paulus als Begleiter mitnehmen. Er nahm ihn also zu sich und ließ ihn beschneiden aus Rücksicht auf die in jenen Orten wohnenden Juden. Denn alle wußten, daß sein Vater ein Heide war. Sie durchzogen die Städte und übergaben ihnen die von den Aposteln und Ältesten in Jerusalem gefaßten Beschlüsse zur Beobachtung. Die Gemeinden wurden bestärkt im Glauben und nahmen täglich zu an Zahl. Sie durchwanderten dann Phrygien und die Landschaft von Galatien, da ihnen vom Heiligen Geiste verwehrt wurde, das Wort [Gottes] in (der Provinz) Asien zu predigen. 6: Asien ist nicht der Erdteil, sondern die römische Provinz dieses Namens an der Westküste Kleinasiens. Als sie gegen Mysien kamen, versuchten sie nach sie Bithynien zu gelangen. Aber der Geist Jesu gestattete es ihnen nicht. Sie zogen an Mysien vorbei und gingen hinab nach Troas. Da hatte Paulus in der Nacht ein Gesicht, ein Mazedonier stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! 10 Nach dieser Erscheinung suchten wir alsbald nach Mazedonien zu reisen, weil wir daraus schlossen, daß uns Gott gerufen, ihnen die Heilsbotschaft zu verkünden. 9-10: Trotz aller griechischen Kultur und römischen Kriegskunst vermochte Europa sich nicht mehr zu helfen. Christus mußte auch ihm Erlöser werden. In Troas schließt sich Lukas an, so daß er in erster Person Selbsterlebtes berichten kann.

 

Paulus in Philippi. 11 Wir segelten von Troas ab und fuhren geradewegs nach Samothrake und am folgenden Tag nach Neapolis 12 und von da nach Philippi, der ersten Stadt des Bezirks von Mazedonien, einer Kolonie. In dieser Stadt hielten wir uns einige Tage auf [und hatten Unterredungen]. 13 Am Sabbat gingen wir vor das Tor hinaus an den Fluß, wo ein Bethaus zu sein schien. Dort setzten wir uns nieder und redeten zu den Frauen, die da zusammengekommen waren. 14 Eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, namens Lydia, eine gottesfürchtige Frau, hörte zu. Der Herr schloß ihr das Herz auf, so daß sie der Predigt des Paulus Gehör schenkte. 15 Als aber sie und ihr Haus getauft waren, sprach sie die Bitte aus: Wenn ihr mich für eine Gläubige des Herrn erachtet, so kommt in mein Haus und bleibt da. So nötigte sie uns. 15: Lydia ist die erste uns bekannte Christin Europas, ihr Haus die erste christliche Kultstätte des Abendlandes.

 

Paulus treibt einen bösen Geist aus. 16 Es geschah aber, als wir zur Gebetsstätte gingen, daß uns eine Magd begegnete, die einen Wahrsagegeist hatte und ihrer Herrschaft durch ihr Wahrsagen großen Gewinn brachte. 17 Diese folgte dem Paulus und uns nach und schrie: Diese Männer sind Diener des höchsten Gottes; sie verkünden euch den Weg des Heils. 18 So tat sie viele Tage lang. Unwillig wandte sich Paulus um und sprach zu dem Geist: Ich gebiete dir im Namen Jesu Christi, von ihr auszufahren! Und in derselben Stunde fuhr er aus.

 

Vor Gericht und im Kerker. 19 Da nun ihre Herrschaft sah, daß die Hoffnung auf Gewinn ihnen genommen war, ergriffen sie den Paulus und Silas und schleppten sie auf den Marktplatz vor die Obrigkeit. 20 Sie führten dieselben den Prätoren vor mit der Anklage: Diese Leute versetzen unsere Stadt in Unruhe, da sie Juden sind. 21 Sie verkünden Gebräuche, die wir als Römer nicht annehmen und üben dürfen. 22 Da erhob auch das Volk sich gegen sie. Die Prätoren ließen ihnen die Kleider vom Leibe reißen und befahlen, sie mit Ruten zu schlagen. 23 Sie warfen sie dann nach einer scharfen Geißelung ins Gefängnis mit der Weisung an den Gefängniswärter, sie sicher zu verwahren. 24 Auf diese Weisung hin legte er sie in das innerste Gefängnis und schloß ihre Füße in den Block.

 

25 Um Mitternacht beteten Paulus und Silas und lobten Gott; die Gefangenen hörten ihnen zu. 26 Da entstand plötzlich ein starkes Erdbeben, so daß die Grundmauern des Kerkers erschüttert wurden. Sogleich öffneten sich alle Türen, und die Fesseln aller wurden gelöst. 27 Als der Gefängniswärter erwachte und die Türen des Kerkers offen sah, zog er das Schwert und wollte sich töten, in der Meinung, die Gefangenen seien entflohen. 28 Paulus aber rief mit lauter Stimme: Tu dir kein Leid an, denn wir sind alle noch hier. 29 Da forderte er Licht und trat hinein. Zitternd fiel er dem Paulus und Silas zu Füßen. 30 Dann führte er sie hinaus und fragte: Ihr Herren, was muß ich tun, um selig zu werden? 31 Sie antworteten: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du selig werden, du und dein Haus. 32 Dann verkündeten sie ihm und allen, die in seinem Hause waren, das Wort des Herrn. 33 Noch in derselben Stunde der Nacht nahm er sie zu sich und wusch ihre Striemen. Sogleich ließ er sich mit all den Seinigen taufen. 34 Nachher führte er sie in seine Wohnung und ließ ihnen ein Mahl bereiten. Er frohlockte, daß er mit seinem ganzen Hause den Glauben an Gott erlangt hatte. 35 Bei Tagesanbruch sandten die Prätoren die Amtsdiener und ließen sagen: Laß diese Leute frei! 36 Der Gefängniswärter berichtete dies dem Paulus: Die Prätoren haben hergeschickt, man solle euch freilassen. So geht nun hinaus und zieht in Frieden! 37 Paulus aber ließ ihnen sagen: Ohne Untersuchung hat man uns, römische Bürger, öffentlich schlagen und ins Gefängnis werfen lassen; und jetzt will man uns heimlich fortschicken? Nein, sie sollen nur selbst kommen und uns hinausführen. 38 Die Amtsdiener überbrachten den Prätoren diese Antwort. Diese gerieten in Furcht, als sie hörten, daß es Römer seien. 35-38 Paulus zeigt um der Sache Christi willen männliches Selbstbewußtsein. Niemand soll sagen, das Christentum sei von ehrlosen, landfremden Menschen nach Philippi gebracht worden. Er fordert öffentliche Genugtuung. 39 Sie gingen hin, redeten ihnen zu und führten sie hinaus mit der Bitte, sie möchten die Stadt verlassen. 40 Sie gingen nun aus dem Gefängnis und begaben sich zu Lydia. Dort trafen sie die Brüder, ermahnten sie und zogen weiter.

 

17 Paulus in Thessalonich. Auf dem Wege über Amphipolis und Apollonia kamen sie nach Thessalonich, wo die Juden eine Synagoge hatten. 1: Thessalonich ist das heutige Saloniki. Paulus besuchte sie nach seiner Gewohnheit und besprach sich an drei Sabbaten mit ihnen auf Grund der Schriften. Er gab ihnen Aufschluß und wies nach, daß der Messias leiden und von den Toten auferstehen mußte, und — dieser Messias ist Jesus, den ich euch verkünde. Einige von ihnen ließen sich auch überzeugen und schlossen sich an Paulus und Silas an, sowie auch von den gottesfürchtigen Heiden eine große Menge und nicht wenige vornehme Frauen. Die Juden wurden eifersüchtig und holten einige schlechte Leute vom Pöbel herbei, veranlaßten einen Auflauf und brachten die Stadt in Aufruhr. Sie erschienen vor Jasons Haus, in der Absicht, sie der Volksversammlung vorzuführen. Aber sie fanden sie nicht. Darum schleppten sie den Jason und etliche Brüder vor die Stadtobern und schrien: Diese Leute, welche die ganze Welt in Aufruhr gebracht haben, sind jetzt auch hier. Jason hat sie aufgenommen. Sie alle handeln gegen die Verordnungen des Kaisers, da sie sagen, ein anderer sei König, nämlich Jesus. Sie brachten die Menge und die Stadtobern, die dies hörten, in Unruhe. Diese ließen sich von Jason und den übrigen Bürgschaft stellen und gaben sie dann frei.

 

In Beröa. 10 Die Brüder sandten alsbald bei Nacht den Paulus und Silas fort nach Beröa. Hier gingen sie nach ihrer Ankunft in die Synagoge der Juden. 11 Diese waren edler als die in Thessalonich. Sie nahmen das Wort mit aller Bereitwilligkeit auf und forschten täglich in den Schriften, ob es sich also verhalte. 12 Viele von ihnen wurden gläubig, wie auch nicht wenige von den vornehmen heidnischen Frauen und Männern. 13 Als aber die Juden in Thessalonich erfuhren, daß auch in Beröa von Paulus das Wort Gottes verkündet werde, kamen sie dahin und brachten die Massen in Aufregung und Unruhe. 14 Da sandten die Brüder den Paulus alsbald weg, damit er bis ans Meer wandere; Silas aber und Timotheus blieben daselbst zurück. 15 Die den Paulus begleiteten, führten ihn nach Athen. Sie erhielten von ihm den Auftrag an Silas und Timotheus, sie sollten so schnell wie möglich nachkommen. Dann reisten sie ab.

 

In Athen. 16 Während Paulus in Athen auf sie wartete, wurde er innerlich tief erregt, da er die Stadt ganz in Abgötterei versunken sah. 17 Er redete in der Synagoge zu den Juden und den Gottesfürchtigen und auf dem Markte jeden Tag zu denen, die gerade sich einfanden. 18 Einige aber von den epikureischen und stoischen Philosophen stritten mit ihm; etliche sagten: Was will denn dieser Schwätzer sagen? Andere: Er scheint ein Verkündiger fremder Götter zu sein, weil er ihnen nämlich die Heilsbotschaft von Jesus und der Auferstehung verkündete. 18: Epikureische Genußsucht und stoischer Tugendstolz sind ungeeignete Voraussetzungen für die Lehre Christi, die sich nur den Demütigen erschließt. 19 Sie führten ihn nun zum Areopag und sprachen: Können wir erfahren, was das für eine neue Lehre ist, die du vorträgst? 19: Areopag hieß die oberste Behörde Athens, benannt nach dem „Areshügel“ zwischen dem Töpfermarkt und der Akropolis. Dort pflegte sich „die gebildete Welt“ Athens zu treffen. 20 Denn du gibst uns seltsame Dinge zu hören, und wir möchten wissen, was dies sein mag. 21 Alle Athener nämlich und die dort weilenden Fremden hatten für nichts anderes Zeit, als etwas Neues zu reden und zu hören. 22 Paulus trat in die Mitte des Areopags und sprach: Ihr Männer von Athen! Ich finde euch in jeder Hinsicht überaus religiös. 23 Denn da ich umherging und eure Heiligtümer betrachtete, fand ich auch einen Altar mit der Inschrift: Dem unbekannten Gott. Nun, was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch! 23: Ein Altar mit ähnlicher Inschrift ist 1909 in Pergamon ausgegraben worden. 24 Gott, der die Welt gemacht hat, und alles, was in ihr ist er, der Herr des Himmels und der Erde — er wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhänden gemacht sind. 25 Er läßt sich auch nicht von Menschenhänden bedienen, als bedürfe er etwas, da er selbst allem Leben gibt und Odem und alles. 26 Er hat auch bewirkt, daß von einem einzigen her alle Völker der Menschen über die gesamte Oberfläche der Erde hin wohnen. Er hat bestimmte Zeiten und Grenzen ihres Aufenthaltes festgesetzt. 27 Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn herausfühlen und finden möchten, da er ja nicht ferne ist einem jeden aus uns. 28 Denn in ihm leben wir und bewegen wir uns und sind wir. Haben doch einige von euren Dichtern gesagt: Auch wir sind ja von seinem Geschlecht. 28: Gott gab uns das Dasein und erhält es. Wir sind nach seinem Ebenbild geschaffen. Das Zitat stammt aus den Dichtungen des Aratus (270 v. Chr.) und Kleanthes (260 v. Chr.). 29 Da wir vom Geschlechte Gottes sind, so dürfen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich dem Gold oder Silber oder Stein, den Gebilden menschlicher Kunst und Erfindung. 30 Zwar hat Gott über die Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen. Aber nun läßt er den Menschen verkünden, daß sie überall Buße tun sollen; 31 denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er die Welt richten will in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestellt und durch seine Auferweckung von den Toten bei allen beglaubigt hat.

 

32 Als sie aber von der Auferstehung der Toten hörten, spotteten einige. Andere dagegen sagten: Wir wollen dich darüber ein andermal hören. 33 So ging Paulus aus ihrer Mitte weg. 34 Einige Männer jedoch schlossen sich ihm an und wurden gläubig. Unter diesen war auch Dionysius, Mitglied des Areopags, und eine Frau namens Damaris und noch einige andere.

 

18 Paulus in Korinth. Hierauf schied Paulus von Athen und kam nach Korinth. Dort traf er einen Juden namens Aquila, der aus Pontus stammte und kurz zuvor aus Italien hergekommen war, und dessen Frau Priscilla. Klaudius hatte nämlich angeordnet, daß alle Juden Rom verlassen müßten. Diesen schloß er sich an. Da er dasselbe Handwerk trieb, blieb er bei ihnen und arbeitete. Sie waren nämlich Zeltmacher von Beruf. Jeden Sabbat sprach er in der Synagoge; [er ließ den Namen des Herrn Jesus mit einfließen] und suchte Juden und Heiden zu überzeugen. 2-4: Das Ehepaar Aquila und Priska gehört zu den eifrigsten Laienaposteln der Urkirche. Nach dem Eintreffen des Silas und Timotheus aus Mazedonien aber ging Paulus völlig auf in der Verkündigung des Wortes und bezeugte den Juden, daß Jesus der Messias sei. Da sie aber sich dagegen auflehnten und lästerten, schüttelte er seine Kleider ab und sprach zu ihnen: Euer Blut komme über euer Haupt! Ich habe keine Schuld. Von nun an werde ich zu den Heiden gehen. Und er ging von da weg und begab sich in das Haus eines gottesfürchtigen Mannes namens Titus Justus, dessen Haus an die Synagoge stieß. Der Synagogenvorsteher Crispus aber nahm mit seinem ganzen Hause den Glauben an den Herrn an. Auch viele Korinther, die zuhörten, glaubten und ließen sich taufen. Der Herr aber sprach des Nachts in einer Erscheinung zu Paulus: Fürchte dich nicht, lehre weiter und schweige nicht! 10 Ich bin mit dir, und niemand wird dich angreifen und dir ein Leid zufügen; denn ich habe viel Volk in dieser Stadt. 11 Er blieb also ein Jahr und sechs Monate dort und predigte bei ihnen das Wort Gottes.

 

Paulus vor Gallio. 12 Als aber Gallio Statthalter von Achaja war, traten die Juden einmütig gegen Paulus auf, führten ihn vor den Richterstuhl 13 und sprachen: Dieser verleitet die Leute, Gott anders zu verehren, als das Gesetz befiehlt. 14 Als Paulus erwidern wollte, sprach Gallio zu den Juden: Wenn es sich um ein Unrecht oder ein Verbrechen handelt, ihr Juden, so müßte ich euch nach dem Rechte annehmen. 15 Wenn es sich aber um Streitigkeiten über Lehre und Namen und euer Gesetz handelt, so mögt ihr selbst zusehen. Darüber will ich nicht Richter sein. 16 Damit wies er sie von seinem Richterstuhle weg. 17 Nun fielen alle über den Synagogenvorsteher Sosthenes her und verprügelten ihn vor dem Richterstuhle. Gallio aber kümmerte sich nicht darum. 12-17: Gallio war der Bruder des Philosophen Seneka. Durch eine Inschrift aus Delphi ist seine Statthalterschaft für das Jahr 51-52 oder 52-53 in Korinth bezeugt.

 

Rückkehr nach Jerusalem und Antiochien. 18 Nach längerem Aufenthalt nahm Paulus Abschied von den Brüdern und fuhr nach Syrien, und zwar mit Priscilla und Aquila. Zu Kenchreä hatte er sich das Haupt scheren lassen, weil er ein Gelübde gemacht hatte. 19 Sie gelangten nach Ephesus. Dort verließ er sie. Er selbst ging in die Synagoge und besprach sich mit den Juden. 20 Auf ihre Bitte, längere Zeit zu bleiben, ging er nicht ein. 21 Vielmehr nahm er von ihnen Abschied mit den Worten: Ich werde, so Gott will, wieder zu euch kommen. Dann fuhr er fort von Ephesus 22 nach Cäsarea. Von dort ging er hinauf nach Jerusalem, begrüßte die Gemeinde und zog dann nach Antiochien hinab.

 

Dritte Missionsreise

23 Nach kürzerem Aufenthalt daselbst setzte er seine Reise fort. Er durchwanderte nacheinander die Landschaft Galatien und Phrygien und bestärkte alle Jünger.

 

Der Alexandriner Apollos in Ephesus. 24 Unterdessen kam nach Ephesus ein Jude namens Apollos, aus Alexandrien gebürtig, ein beredter und in der Schrift wohl bewanderter Mann. 25 Dieser war unterrichtet über den Weg des Herrn. Er redete mit glühender Begeisterung und lehrte genau über Jesus, obwohl er nur die Taufe des Johannes kannte. 26 Mit Freimut begann er in der Synagoge aufzutreten. Priscilla und Aquila hörten ihn, nahmen ihn zu sich und erklärten ihm den Weg Gottes noch genauer. 26: Priscilla, die mehrfach vor ihrem Mann genannt wird, muß eine hochgebildete Laienhelferin gewesen sein, da sie dem gelehrten Apollos Ergänzungsunterricht erteilte. 27 Als er nach Achaja reisen wollte, ermunterten ihn die Brüder und schrieben an die dortigen Jünger, sie möchten ihn freundlich aufnehmen. Nach seiner Ankunft erwies er den dortigen Gläubigen gute Dienste durch seine Begabung. 28 Denn schlagend widerlegte er die Juden öffentlich und bewies aus der Schrift, daß Jesus der Messias sei.

 

19 Wirksamkeit des Apostels Paulus in Ephesus. Während Apollos in Korinth war, zog Paulus durch die höher gelegenen Gegenden und kam nach Ephesus. Dort traf er einige Jünger. Er fragte sie: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet? Sie antworteten ihm: Nein, wir haben nicht einmal gehört, ob der Heilige Geist [bereits] da ist. Da fragte er weiter: Welche Taufe habt ihr denn empfangen? Die Taufe des Johannes, erwiderten sie. Paulus erklärte: Johannes hat eine Bußtaufe gespendet und dem Volke gesagt, sie sollten an den, der nach ihm komme, glauben, nämlich an Jesus. Da sie dies hörten, ließen sie sich taufen auf den Namen des Herrn Jesus. Und als Paulus ihnen die Hände auflegte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Zungen und sprachen prophetisch. 6: Das Sakrament der Firmung wurde gleich nach der Taufe gespendet. Es waren im ganzen ungefähr zwölf Männer.

 

Er ging in die Synagoge, trat dort drei Monate hindurch mit Freimut auf, indem er sich besprach und sie für das Reich Gottes zu gewinnen suchte. Einige aber waren hartnäckig, verweigerten den Glauben und lästerten die Lehre [des Herrn] vor dem Volke. Darum trennte er sich von ihnen, sonderte die Jünger ab und lehrte täglich im Hörsaal eines gewissen Tyrannus. 10 Das dauerte zwei Jahre lang, so daß alle Bewohner der Provinz Asien, Juden wie Heiden, das Wort des Herrn hörten.

 

Wunder des Paulus. 11 Auch wirkte Gott ungewöhnliche Wunder durch die Hände des Paulus. 12 Sogar die Schweißtücher und Schürzen von seinem Leibe legte man den Kranken auf; die Krankheiten wichen dann von ihnen, und die bösen Geister fuhren aus. 13 Einige herumziehende jüdische Beschwörer versuchten über die von bösen Geistern Besessenen den Namen des Herrn Jesus anzurufen und sagten: Ich beschwöre euch bei Jesus, den Paulus verkündet. 14 Sieben Söhne eines jüdischen Oberpriesters Skeuas taten dies. 15 Aber der böse Geist antwortete ihnen: Jesus kenne ich; auch Paulus ist mir bekannt; ihr aber, wer seid ihr? 16 Dann stürzte sich der Mensch, in dem der böse Geist war, auf sie, überwältigte alle und richtete sie so zu, daß sie nackt und verwundet aus jenem Hause entflohen. 17 Dies wurde allen Einwohnern von Ephesus, Juden und Heiden, bekannt. Furcht kam über alle, und der Name des Herrn Jesus wurde hochgepriesen. 18 Viele Gläubige kamen und bekannten und offenbarten das, was sie getan hatten. 19 Viele von denen, die abergläubische Dinge getrieben hatten, brachten die Bücher zusammen und verbrannten sie vor aller Augen; man berechnete den Wert, und es ergaben sich fünfzigtausend (Drachmen). 19: Die hohe Summe von etwa 36 000 Mark zeigt nicht nur, wie verbreitet die Zauberei war, sondern auch, wie stark bereits die Christengemeinde in Ephesus gewesen sein muß.

 

20 So wuchs das Wort durch die Kraft des Herrn und erstarkte. 21 Nach diesen Ereignissen nahm sich Paulus vor, über Mazedonien und Achaja nach Jerusalem zu reisen. Er sagte sich: Wenn ich dort gewesen bin, muß ich auch Rom sehen. 22 Zwei seiner Gehilfen, Timotheus und Erastus, sandte er nach Mazedonien. Er selbst blieb noch einige Zeit in Asien.

 

Aufstand des Demetrius. 23 Um diese Zeit entstand ein großer Aufruhr wegen der Lehre [des Herrn]. 24 Ein Silberschmied nämlich namens Demetrius, der silberne Tempelchen der Artemis verfertigte, verschaffte den Handwerkern nicht geringen Verdienst. 25 Diese und andere mit derartigen Arbeiten Beschäftigte rief er zusammen und sprach: Ihr Männer, ihr wißt, daß wir dieser Arbeit unsern Wohlstand verdanken. 26 Nun seht und hört ihr, daß dieser Paulus nicht nur zu Ephesus, sondern fast in ganz Asien viel Volk überredet und abwendig gemacht hat, indem er behauptet: Das sind keine Götter, die von Menschenhänden verfertigt werden. 27 Nicht allein dieses unser Geschäft kommt in Mißkredit, sondern auch der Tempel der großen Göttin Artemis läuft Gefahr, in völlige Verachtung zu geraten, ihre ganze Majestät wird geradezu vernichtet werden, die doch ganz Asien und die ganze Welt verehrt. 28 Da sie dies hörten, wurden sie voll Zorn und schrien: Groß ist die Artemis von Ephesus! 29 Die ganze Stadt kam in Bewegung. Alle stürmten einmütig ins Theater und schleppten die Mazedonier Gajus und Aristarch, Gefährten des Paulus, mit fort. 30 Paulus wollte unter das Volk gehen, aber die Jünger ließen es nicht zu. 31 Auch einige ihm befreundete Asiarchen ließen ihn bitten, sich nicht ins Theater zu begeben. 3l: Asiarchen hießen die Abgeordneten des Provinziallandtages der Provinz Asien. 32 Die einen schrien dies, die andern das. Die Versammlung war nämlich ein Durcheinander, und die meisten wußten nicht einmal, weshalb sie zusammengekommen waren. 33 Aus der Menge drängte man einen Alexander heraus, den die Juden vorschoben. Alexander winkte mit der Hand Stillschweigen und wollte sich vor dem Volke verantworten. 33: Schlau versuchen die Juden, die entfesselte Volkswut von sich abzulenken, aber der Judenhaß der Menge läßt den Sprecher nicht zu Wort kommen. Nur der Stadtschreiber behält ruhige Nerven. 34 Als man aber erkannte, daß er ein Jude war, erhob sich ein Ruf aus aller Munde, und sie schrien fast zwei Stunden lang: Groß ist die Artemis von Ephesus! 35 Der Stadtschreiber aber beschwichtigte die Menge und sprach: Ihr Epheser! Wo ist ein Mensch, der nicht weiß, daß die Stadt Ephesus Tempelhüterin der großen Artemis und ihres vom Himmel gefallenen Bildes ist? 36 Da man das also nicht bestreiten kann, so müßt ihr euch ruhig verhalten und nicht unbesonnen handeln. 37 Denn ihr habt diese Männer hergeführt, die weder Tempelräuber noch Lästerer unserer Göttin sind. 38 Wenn nur Demetrius und die mit ihm verbundenen Handwerker eine Klage gegen jemand haben, so gibt es ja Gerichtstage und Statthalter; dort mag man einander anklagen! 39 Habt ihr aber noch eine andere Beschwerde, so kann man sie in der ordentlichen Volksversammlung erledigen. 40 Wir laufen allesamt Gefahr, wegen des heutigen Aufruhrs angeklagt zu werden; denn es ist kein Grund vorhanden, mit dem wir uns wegen dieser Zusammenrottung rechtfertigen können. Nach diesen Worten entließ er die Versammlung. 23-40: Das Heiligtum der Artemis war ein weltberühmter Wallfahrtsort. Die Pilger kauften gerne kleine Nachbildungen als Andenken. Der ganze Abschnitt ist ein klassisches Beispiel für die abstoßende Verquickung von Religion und Geschäft, von Massenpsychose und sinnloser Verhetzung. Die meisten Teilnehmer an der Kundgebung gegen die Christen wußten nicht einmal, worum es sich handelt. (V. 32).

 

20 Paulus in Mazedonien und Griechenland. Reise nach Troas. Als der Aufruhr sich gelegt hatte, rief Paulus die Jünger zu sich und ermahnte sie. Dann nahm er Abschied und reiste nach Mazedonien. Als er jene Gegenden durchzogen und mit vielen Worten die Gläubigen ermahnt hatte, kam er nach Griechenland. Hier brachte er drei Monate zu. Als er sich dann nach Syrien einschiffen wollte, versuchten die Juden einen Anschlag gegen ihn. Darum kam er zum Entschluß, den Rückweg über Mazedonien zu nehmen. Es begleiteten ihn bis nach Asien Sopater, der Sohn des Pyrrhus, aus Beröa; aus Thessalonich Aristarch und Sekundus; ferner Gajus aus Derbe und Timotheus; aus Asien Tychikus und Trophimus. Diese reisten voraus und warteten auf uns in Troas. 5: In Philippi schloß sich wieder der Verfasser der Apostelgeschichte an; daher die Erzählung in erster Person.

 

Abschiedsfeier in Troas. Wir selber aber fuhren nach den Tagen der ungesäuerten Brote von Philippi ab und kamen in fünf Tagen zu ihnen nach Troas; dort blieben wir sieben Tage. Als wir am ersten Tage der Woche zum Brotbrechen zusammengekommen waren, redete Paulus zu ihnen und dehnte seine Ansprache bis Mitternacht aus, weil er am folgenden Tag abreisen wollte. Es brannten viele Lampen in dem Obergemach, wo wir versammelt waren. Ein Jüngling namens Eutychus saß auf der Fensterbank. Er sank in tiefen Schlaf, da Paulus lange redete. Vom Schlaf überwältigt, fiel er vom dritten Stockwerk hinunter und wurde tot aufgehoben. 10 Paulus stieg hinab, beugte sich über ihn, umfaßte ihn und sprach: Beruhigt euch; denn sein Leben ist in ihm. 11 Dann ging er wieder hinauf, brach das Brot und aß und sprach noch lange weiter bis Tagesanbruch; alsdann reiste er ab. 12 Den Jüngling brachten sie lebendig herbei und empfanden nicht geringen Trost.

 

Paulus in Milet. 13 Wir aber waren auf das Schiff vorausgegangen und fuhren nach Assos, wo wir den Paulus aufnehmen wollten. Denn so hatte er es angeordnet, da er selbst zu Lande hinreisen wollte. 14 In Assos traf er mit uns zusammen. Wir nahmen ihn an Bord und kamen nach Mitylene. 15 Von da fuhren wir am folgenden Tage ab und gelangten auf die Höhe von Chios. Des andern Tages legten wir bei Samos an, und am nächsten Tage kamen wir nach Milet. 16 Paulus hatte sich nämlich entschlossen an Ephesus vorbeizufahren, um nicht in Asien Zeit zu verlieren. Denn er hatte es eilig, um womöglich das Pfingstfest in Jerusalem zu feiern.

 

Abschied von den Ältesten aus Ephesus. 17 Von Milet sandte er nach Ephesus und berief die Ältesten der Gemeinde zu sich. 18 Als sie dann beisammen waren, sprach er zu ihnen: Ihr wißt, wie ich die ganze Zeit hindurch, vom ersten Tage an, da ich Asien betrat, bei euch zugebracht habe. 19 In aller Demut, unter Tränen und Prüfungen, die mir durch die Nachstellungen der Juden widerfuhren, habe ich dem Herrn gedient. 20 Nichts, was euch nützlich sein konnte, habe ich euch vorenthalten, sondern alles habe ich euch verkündet, öffentlich und in den Häusern. 6-20: „Tage der ungesäuerten Brote“ hieß die Osterfestwoche. Der „erste Tag der Woche ist der Sonntag. Der Abschnitt zeigt also, daß die Christen zwar das Osterfest nach jüdischem Brauch feierten; aber auch schon den Sonntagsgottesdienst hielten an Stelle der Sabbatfeier. 21 Vor Juden und Heiden habe ich die Bekehrung zu Gott und den Glauben an unsern Herrn Jesus [Christus] feierlich bezeugt. 22 Und nun seht, durch den Geist gebunden, ziehe ich nach Jerusalem, ohne zu wissen, was mir dort begegnen wird. 23 Nur das bezeugt mir der Heilige Geist von Stadt zu Stadt, daß Bande und Trübsal meiner warten. 24 Doch [all dies fürchte ich nicht; und sogar] mein Leben sehe ich für ganz wertlos an, wenn ich nur meine Laufbahn vollende und die Aufgabe erfülle, die ich von dem Herrn Jesus erhalten habe, nämlich Zeuge der Frohbotschaft von der Gnade Gottes zu sein. 25 Und nun seht, ich weiß, daß ihr mein Angesicht nicht mehr sehen werdet, ihr alle, unter denen ich als Verkündiger des Reiches [Gottes] wandelte. 26 Darum beteure ich euch feierlich am heutigen Tage, daß ich rein bin vom Blute aller. 27 Denn ich habe es nicht unterlassen, euch den ganzen Ratschluß Gottes zu verkünden. 28 Habet acht auf euch und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist zu Bischöfen eingesetzt hat, die Kirche Gottes zu hüten, die er mit seinem Blute sich erworben. 28: Die Begriffe „Älteste“ (Presbyter) und Bischöfe waren damals noch nicht genau abgegrenzt, so daß Paulus dieselben Männer hier als Bischöfe bezeichnet, die vorher (V. 17) „Älteste“ genannt worden sind. 29 Denn ich weiß, daß nach meinem Weggang reißende Wölfe unter euch eindringen und die Herde nicht schonen werden. 30 Aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die Verkehrtes reden, um die Jünger zu sich hinüberzuziehen. 31 Seid darum wachsam und denkt stets daran, daß ich drei Jahre lang, Tag und Nacht, unaufhörlich unter Tränen einen jeden von euch ermahnte. 32 Nun empfehle ich euch Gott und dem Worte seiner Gnade, ihm, das fähig ist, aufzubauen und das Erbe zu verleihen unter allen Geheiligten. 33 Silber und Gold oder Kleider habe ich von niemand begehrt, wie ihr selbst wißt. 34 Denn für meine und meiner Gefährten Bedürfnisse haben diese Hände gesorgt. 35 In allem habe ich euch gezeigt, wie man so durch Arbeit sich der Schwachen annehmen muß, eingedenk des Wortes des Herrn Jesus, der ja selber sagte: Seliger ist Geben als Nehmen. 35: Das Wort findet sich in keinem geschriebenen Evangelium, bildet also ein gutes Einzelzeugnis für die mündliche Überlieferung der Lehre Jesu. 36 Nach diesen Worten kniete er nieder und betete mit ihnen allen. 37 Da brachen alle in lautes Weinen aus. Sie fielen dem Paulus um den Hals und küßten ihn. 38 Am meisten betrübte sie sein Wort, daß sie sein Angesicht nicht mehr sehen sollten. Dann gaben sie ihm das Geleite an das Schiff.

 

21 Weiterreise bis Tyrus. Als wir uns von ihnen getrennt hatten und abgefahren waren, kamen wir geradenwegs nach Kos, am nächsten Tag nach Rhodus, von dort nach Patara. Und da wir ein Schiff fanden, das nach Phönizien fuhr, stiegen wir ein und segelten ab. Als wir Cypern zu Gesicht bekamen, ließen wir es zur Linken liegen, fuhren gegen Syrien und landeten in Tyrus; da sollte nämlich das Schiff seine Fracht ausladen. Daselbst fanden wir Jünger und blieben deshalb sieben Tage, diese, vom Geiste erleuchtet, rieten dem Paulus, er solle nicht nach Jerusalem hinaufgehen. Nach Ablauf dieser Tage schickten wir uns zur Abreise an. Alle, mit Frauen und Kindern, gaben uns das Geleite bis vor die Stadt hinaus. Am Strande knieten wir nieder und beteten. Dann nahmen wir Abschied voneinander; wir stiegen ins Schiff, sie dagegen gingen wieder heim.

 

Reise nach Jerusalem. Wir machten den letzten Teil der Fahrt von Tyrus nach Ptolemais, begrüßten die Brüder und blieben einen Tag bei ihnen. Des andern Tages reisten wir ab und kamen nach Cäsarea. Wir gingen in das Haus des Evangelisten Philippus, der einer von den Sieben war, und blieben bei ihm. Dieser hatte vier Töchter, Jungfrauen, die prophetisch begabt waren. 9: Diese vier Jungfrauen waren mit einer besonderen Gabe des Heiligen Geistes, der Prophetengabe, ausgestattet und standen mit ihrem Vater im Dienste der kirchlichen Gemeinde (vgl. 1 Kor 14). Hier liegen die apostolischen Anfänge klosterähnlichen Gemeinschaftslebens jungfräulicher Christinnen, zunächst noch in der eigenen Familie. 10 Während wir einige Tage dort waren, kam noch ein Prophet von Judäa herab namens Agabus. 11 Dieser besuchte uns, nahm den Gürtel des Paulus, band sich Hände und Füße und sagte: So spricht der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden zu Jerusalem also binden und in die Hände der Heiden ausliefern.

 

12 Da wir dies hörten, baten wir und die Einheimischen den Paulus dringend, er solle nicht nach Jerusalem hinaufgehen. 13 Paulus entgegnete: Warum weint ihr und macht mir das Herz schwer? Ich bin bereit, nicht nur mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben in Jerusalem für den Namen des Herrn Jesus. 14 Da wir ihn nicht umstimmen konnten, drangen wir nicht weiter in ihn und sprachen: Des Herrn Wille geschehe! 15 Nach Verlauf dieser Tage machten wir uns reisefertig und zogen hinauf nach Jerusalem. 16 Mit uns zogen auch einige von den Jüngern aus Cäsarea; sie brachten uns zu einem gewissen Mnason aus Cypern, einem alten Jünger, bei dem wir Wohnung nehmen sollten.

 

Paulus in der Gefangenschaft

In Jerusalem

Aufnahme in Jerusalem. 17 Bei unserer Ankunft in Jerusalem nahmen uns die Brüder mit Freuden auf. 18 Am folgenden Tage ging Paulus mit uns zu Jakobus, und alle Ältesten fanden sich ein. 19 Er begrüßte sie und erzählte alles im einzelnen, was Gott unter den Heiden durch seinen Dienst getan. 20 Da sie dies gehört hatten, priesen sie Gott und sprachen zu ihm: Du siehst, Bruder, wie viele Tausende unter den Juden gläubig geworden und doch alle Eiferer sind für das Gesetz. 21 Nun ist ihnen über dich berichtet worden, daß du alle Juden, die unter den Heiden wohnen, den Abfall von Moses lehrest und sie anweisest, sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden und nicht nach den Satzungen leben. 22 Was ist nun zu tun? Jedenfalls [wird eine Menge zusammenkommen; denn] sie werden erfahren, daß du angekommen bist. 23 Tu darum, was wir dir sagen: Hier bei uns sind vier Männer, die ein Gelübde auf sich genommen haben. 23: Es handelt sich um das Gelübde des Nasiräats. Auf bestimmte Zeit oder auf immer enthielten sich die Nasiräer freiwillig von allen Erzeugnissen des Weinstocks und allen berauschenden Getränken. Das äußere Zeichen des Gelübdes war ungeschorenes Haupthaar. Bei Ablauf der gelobten Zeit waren bestimmte Opfer vorgeschrieben. Das Haupthaar wurde dann im Opferfeuer verbrannt. Der Anschluß des Apostels an diese Nasiräer und die Übernahme der Opferkosten widerlegte am besten die Verdächtigung der Gegner. 24 Diese nimm zu dir, weihe dich mit ihnen und bezahle für sie, damit sie sich das Haupt scheren lassen können. Dann werden alle erkennen, daß an dem, was man über dich berichtet hat, nichts ist, sondern daß auch du selbst das Gesetz treu beobachtest. 25 Was aber die gläubig gewordenen Heiden betrifft, so haben wir beschlossen und ihnen mitgeteilt, sie sollen sich enthalten vom Götzenopfer, vom Blut, von Ersticktem und von Unzucht. 26 Da nahm Paulus die Männer zu sich, reinigte sich mit ihnen am folgenden Tag, ging in den Tempel und zeigte den Ablauf der Reinigungszeit an, damit für jeden einzelnen von ihnen das Opfer dargebracht würde.

 

Gefangennahme des Paulus. 27 Als die sieben Tage zu Ende gingen und die Juden aus Asien ihn im Tempel sahen, brachten sie das ganze Volk in Aufruhr, legten Hand an ihn 28 und schrien: Männer aus Israel, helft! Das ist der Mensch, der gegen das Volk, das Gesetz und diese Stätte allenthalben jedermann lehrt; außerdem führte er auch Heiden in den Tempel und hat so diesen heiligen Ort entweiht. 29 Sie hatten nämlich vorher den Trophimus aus Ephesus bei ihm in der Stadt gesehen und meinten, Paulus habe ihn in den Tempel geführt. 30 Die ganze Stadt kam in Bewegung. Es entstand ein Volksauflauf. Sie ergriffen den Paulus, schleppten ihn aus dem Tempel, und sogleich wurden die Tore geschlossen. 31 Schon wollten sie ihn töten, da wurde dem Obersten der Kohorte gemeldet, ganz Jerusalem sei in Aufruhr. 31: Auf großen Warnungstafeln an den Schranken der inneren Vorhöfe stand in griechischer Sprache zu lesen: „Kein Nichtjude darf den Raum innerhalb der um den Tempel gezogenen Schranke und Ummauerung betreten; wird jemand dabei ertappt, so hat er selbst die Schuld daran, daß sofort die Todesstrafe verhängt wird.“ Eine solche Warnungstafel ist uns erhalten geblieben. 32 Dieser eilte sogleich mit Soldaten und Hauptleuten hinab zu ihnen. Da sie den Obersten und die Soldaten sahen, ließen sie ab, Paulus zu schlagen. 33 Der Oberst trat hinzu, ergriff ihn und ließ ihn mit zwei Ketten fesseln. Dann fragte er, wer er sei und was er getan habe. 34 Die einen in der Menge riefen dies, die andern jenes. Weil er wegen des Lärms nichts Gewisses erfahren konnte, ließ er ihn auf die Burg bringen. 34: Es ist die Burg Antonia an der Nordwestecke des Tempelplatzes. Dort war die Kaserne der römischen Besatzung. 35 Als er an die Treppe gekommen war, mußte er von den Soldaten getragen werden wegen des Volksgedränges. 36 Denn die Menge folgte ihm nach und schrie: Weg mit ihm! 37 Als Paulus in die Burg hineingeführt werden sollte, sagte er zu dem Obersten: Darf ich etwas mit dir reden? Der entgegnete: Du verstehst Griechisch? 38 Bist du also nicht der Ägypter, der vor einiger Zeit Aufruhr erregte und viertausend Sikarier in die Wüste führte? 38: Sikarier = Dolchträger hießen die Mitglieder einer radikal-nationalistischen Partei unter den Juden. 39 Paulus antwortete ihm: Ich bin ein Jude aus Tarsus. Bürger einer nicht unansehnlichen Stadt Ciliciens. Ich bitte dich, erlaube mir, zum Volk zu reden. 40 Dieser gestattete es. Nun trat Paulus auf die Treppe und winkte dem Volke mit der Hand. Es entstand eine große Stille, und er hielt auf hebräisch folgende Rede: 40: Hebräisch bezeichnet hier nicht das Schrifthebräisch, sondern die aramäische Sprache der damaligen Hebräer.

 

22 Verteidigung des Paulus. Ihr Brüder und Väter! Hört die Verteidigung, die ich nun an euch richte! Da sie hörten, daß er in hebräischer Sprache zu ihnen redete, wurden sie noch stiller. Er fuhr fort: Ich bin ein Jude, zu Tarsus in Cilicien geboren, aber in dieser Stadt erzogen, zu den Füßen Gamaliels nach der Strenge des väterlichen Gesetzes unterrichtet. Ich war ein Eiferer für Gott, so wie ihr alle es heute seid. Als solcher habe ich diese Lehre verfolgt bis auf den Tod; Männer und Frauen fesselte ich und überlieferte sie ins Gefängnis. Das wird mir der Hohepriester bezeugen und der gesamte Ältestenrat. Von ihnen erhielt ich sogar Empfehlungsbriefe an die Brüder und reiste nach Damaskus, um die dortigen [Christen] gefesselt zur Bestrafung nach Jerusalem zu führen. Als ich nun auf dem Wege war und mich Damaskus näherte, da geschah es, daß mich plötzlich um die Mittagsstunde vom Himmel her ein großes Licht umstrahlte. Ich fiel zu Boden und hörte eine Stimme, die zu mir sprach: Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich? Ich fragte: Herr, wer bist du? Er sprach zu mir: Ich bin Jesus von Nazareth, den du verfolgst. Meine Begleiter sahen wohl das Licht, verstanden aber nicht die Stimme dessen, der zu mir sprach. 10 Ich sagte: Was soll ich tun, Herr? Der Herr antwortete mir: Steh auf und geh nach Damaskus. Dort wird dir alles gesagt werden, was du tun sollst. 11 Da ich nun, durch jenen Lichtglanz geblendet, nichts sehen konnte, wurde ich von meinen Gefährten an der Hand geführt und kam nach Damaskus. 12 Dort besuchte mich ein gewisser Ananias, ein frommer Mann nach dem Gesetz, der gutes Zeugnis hatte von allen dortigen Juden. 13 Er trat herzu und sprach zu mir: Bruder Saulus, werde wieder sehend! Und ich konnte zur selben Stunde ihn wieder anschauen. 14 Er sprach: Der Gott unserer Väter hat dich dazu bestimmt, seinen Willen zu erkennen, den Gerechten zu sehen und die Stimme aus seinem Munde zu hören. 15 Denn du sollst ihm Zeuge sein vor allen Menschen von dem, was du gesehen und gehört hast. 16 Und nun, was zögerst du? Steh auf, laß dich taufen und deine Sünden abwaschen, indem du seinen Namen anrufst. 17 Als ich dann nach Jerusalem zurückgekehrt war und im Tempel betete, da geschah es, daß ich in Verzückung geriet. 18 Ich sah ihn, und er sprach zu mir: Eile und verlaß geschwind Jerusalem; denn dein Zeugnis über mich werden sie nicht annehmen. 19 Ich erwiderte: Herr, sie Wissen es doch selbst, daß ich es war, der deine Gläubigen ins Gefängnis werfen und in den Synagogen geißeln ließ. 20 Und als das Blut deines Zeugen Stephanus vergossen wurde, stand ich dabei, billigte es und verwahrte die Kleider seiner Mörder. 21 Er sprach zu mir: Zieh hin, denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden. 22 Bis zu diesem Wort hörten sie ihn an. Dann erhoben sie ein lautes Geschrei: Weg von der Erde mit einem solchen Menschen; er darf nicht länger leben! 1-22: Die ganze Rede beweist, daß Paulus nicht aus eigener Überlegung, erst recht nicht aus schlauer Berechnung zum Anhänger und Verkünder Christi geworden ist, sondern durch Gottes Gnadenwahl. 23 Als sie so schrien und ihre Kleider wegwarfen und Staub in die Luft schleuderten, 24 ließ ihn der Oberst auf die Burg führen und befahl, ihn zu geißeln und zu verhören, um herauszubringen, warum sie so wider ihn schrien. 25 Als sie ihn zur Geißelung angebunden hatten, sagte Paulus zu dem dabeistehenden Hauptmann: Ist es euch erlaubt, einen Mann, der römischer Bürger ist, sogar ohne Urteil zu geißeln? 25: Darauf stand schwere Strafe. Um seinen Fehler gutzumachen, zeigt der Oberst fortan besonderes Entgegenkommen. 26 Da der Hauptmann dies hörte, ging er zum Obersten und machte die Meldung: Was willst du tun? Dieser Mann ist ja ein römischer Bürger. 27 Da kam der Oberst herbei und fragte ihn: Sag mir, bist du ein Römer? 28 Ja, antwortete er. Der Oberst entgegnete: Ich habe mir dies Bürgerrecht um viel Geld erworben. Paulus versetzte: Ich habe es schon von Geburt. 29 Sogleich ließen jene, die ihn foltern wollten, von ihm ab. Der Oberst aber geriet in Furcht, da er erfuhr, daß er ein römischer Bürger sei und er ihn hatte fesseln lassen.

 

Paulus vor dem Hohen Rat. 30 Weil er aber genau erfahren wollte, wessen er von den Juden beschuldigt wurde, ließ er ihm am folgenden Tag die Fesseln abnehmen, ordnete eine Sitzung der Oberpriester und des ganzen Hohen Rates an, ließ Paulus hineinführen und vor sie stellen.

 

23 Paulus sah festen Blickes auf den Hohen Rat und sprach: Brüder! Mit ganz gutem Gewissen bin ich vor Gott gewandelt bis auf den heutigen Tag. Da befahl der Hohepriester Ananias den neben ihm Stehenden, ihn auf den Mund zu schlagen. Paulus sprach zu ihm: Dich wird Gott schlagen, du übertünchte Wand! Du sitzest da, um mich zu richten nach dem Gesetz, und wider das Gesetz läßt du mich schlagen? Die Dabeistehenden aber sagten: Den Hohenpriester Gottes lästerst du? Paulus antwortete: Brüder, ich wußte nicht, daß es der Hohepriester ist. Denn es steht geschrieben: Den Obersten deines Volkes sollst du nicht lästern (2 Mos 22,27). 2-5: Paulus hatte entweder nicht gemerkt, wer den Befehl gegeben hatte, oder der Hohepriester war ihm bisher persönlich unbekannt geblieben, da ja der Apostel seit mehreren Jahren nicht mehr in Jerusalem gewesen war. Eine unwahre oder spöttische Ausrede liegt also nicht in der Antwort. Weil Paulus wußte, daß der eine Teil Sadduzäer und der andere Teil Pharisäer waren, rief er laut im Hohen Rat: Brüder! Ich bin ein Pharisäer, ein Sohn von Pharisäern. Wegen der Hoffnung und der Auferstehung der Toten stehe ich vor Gericht. 6: Vgl. Apg. 4,1-3. Paulus nutzt sehr geschickt die inneren Gegensätze in den Reihen seiner Feinde aus. Sobald er dies gesagt hatte, entstand Streit zwischen den Pharisäern und Sadduzäern, und die Versammlung spaltete sich. Die Sadduzäer leugnen nämlich die Auferstehung, Engel und Geister, die Pharisäer dagegen nehmen beides an. Es erhob sich nun ein großes Geschrei. Einige von den Schriftgelehrten aus der Pharisäerpartei standen auf, stritten und sprachen: Wir finden nichts Böses an diesem Manne; wie, wenn ein Geist oder ein Engel mit ihm gesprochen hätte? 10 Da aber der Streit heftig wurde, fürchtete der Oberst, Paulus möchte von ihnen zerrissen werden. Darum ließ er Soldaten herabkommen, ihn aus ihrer Mitte reißen und in die Burg führen.

 

Verschwörung gegen Paulus. 11 In der folgenden Nacht trat de Herr zu ihm und sprach: Sei getrost! Denn wie du in Jerusalem Zeugnis von mir ablegtest, so mußt du auch in Rom Zeugnis geben. 12 Als es Tag geworden war, rotteten sich die Juden zusammen und verschworen sich, weder zu essen noch zu trinken, bis sie Paulus getötet hätten. 13 Es waren mehr als vierzig Männer, die sich so verschworen hatten. 14 Diese gingen zu den Oberpriestern und Ältesten und sprachen: Wir haben uns unter Selbstverfluchung verschworen, nichts zu genießen, bis wir Paulus getötet haben. 15 Laßt also ihr samt dem Hohen Rat den Obersten wissen, er solle ihn euch vorführen, als ob ihr die Sache genauer untersuchen wolltet; wir aber stehen bereit, ihn zu töten, bevor er in eure Nähe kommt. 16 Der Schwestersohn des Paulus hörte von diesem Anschlag, ging hin und trat in die Burg ein und meldete es dem Paulus. 17 Da rief Paulus einen der Hauptleute zu sich und sprach: Führe diesen Jüngling zum Obersten, er hat ihm etwas zu melden. 18 Dieser nahm ihn mit, führte ihn zum Obersten und sprach: Der gefangene Paulus hat mich rufen lassen und gebeten, diesen jungen Mann zu dir zu führen, da er dir etwas zu sagen hat. 19 Der Oberst nahm ihn bei der Hand, ging mit ihm beiseite und fragte ihn: Was ist's, das du mir zu sagen hast? 20 Er antwortete: Die Juden haben sich verabredet, dich zu ersuchen, daß du morgen Paulus vor den Hohen Rat führen lassest, als wollten sie seine Sache genauer untersuchen. 21 Traue du ihnen aber nicht! Denn mehr als vierzig Männer aus ihnen lauern ihm auf; sie haben sich verschworen, weder zu essen noch zu trinken, bis sie ihn umgebracht haben. Schon sind sie bereit und warten auf deine Zusage. 22 Da entließ der Oberst den Jüngling mit der Warnung, niemand zu sagen, daß er ihm diese Anzeige gemacht habe.

 

Zweijährige Gefangenschaft in Cäsarea

Überführung nach Cäsarea. 23 Hierauf rief er zwei Hauptleute und sprach zu ihnen: Haltet zweihundert Soldaten bereit zum Marsche nach Cäsarea, auch siebzig Reiter und zweihundert Lanzenträger, von der dritten Stunde der Nacht an. 24 Auch haltet Reittiere bereit, daß man den Paulus darauf setze und ihn wohlbehalten zum Landpfleger Felix bringe. [Der Oberst fürchtete nämlich, die Juden möchten ihn mit Gewalt entführen und töten, er selbst aber in den Verdacht kommen, als habe er Geld annehmen wollen.] 25 Auch schrieb er einen Brief folgenden Wortlauts: 26 Klaudius Lysias entbietet dem erlauchten Landpfleger Felix seinen Gruß! 27 Diesen Mann haben die Juden ergriffen, und es war nahe daran, daß sie ihn töteten. Da kam ich mit der Truppe herbei und rettete ihn, weil ich erfahren hatte, daß er ein römischer Bürger ist. 27: Von der ungesetzlichen Fesselung und der von ihm befohlenen Geißelung meldet Lysias wohlweislich nichts. Er stellt die Sache so dar, als habe er sich ein Verdienst um einen römischen Bürger erworben. Ein köstliches Zeugnis, wie in einer amtlichen Verlautbarung der wahre Sachverhalt verschleiert werden kann. 28 Weil ich feststellen wollte, aus welchem Grunde die ihn beschuldigten, führte ich ihn vor ihren Hohen Rat. 29 Da fand ich, daß er wegen Streitfragen ihres Gesetzes angeklagt, aber keines Verbrechens schuldig sei, das Tod oder Fesseln verdient. 30 Es wurde mir aber angezeigt, daß ein Anschlag gegen den Mann geplant sei. Darum habe ich ihn sofort zu dir gesandt und die Ankläger beschieden, die Klage gegen ihn vor dir anzubringen. Lebe wohl!

 

31 Dem Befehl gemäß nahmen die Soldaten den Paulus und führten ihn bei Nacht nach Antipatris. 32 Am andern Tag ließen sie die Reiter mit ihm weiterziehen und kehrten in die Burg zurück. 33 Jene kamen nach Cäsarea, übergaben dem Landpfleger den Brief und stellten ihm auch den Paulus vor. 34 Er las das Schreiben und fragte, aus welcher Provinz er sei. Als er erfuhr, daß er aus Cilicien sei, 35 sprach er: Ich werde dich verhören, wenn auch deine Ankläger angekommen sind. Dann befahl er, ihn im Palaste des Herodes in Haft zu halten.

 

24 Verhandlung vor Felix. Nach fünf Tagen kam der Hohepriester Ananias herab mit einigen Ältesten und einem Anwalt Tertullus, und sie traten als Ankläger gegen Paulus vor dem Landpfleger auf. Paulus wurde gerufen. Dann begann Tertullus die Klage und sprach: Erlauchter Felix! Durch dich leben wir in tiefem Frieden, und durch deine Fürsorge sind viele Verbesserungen für dieses Volk getroffen worden. 2: Tacitus gibt ein anderes Urteil über den Landpfleger Felix: „Er übte voll Grausamkeit und Habgier Königsrechte mit Sklavengesinnung aus.“ Die Juden selber zeigten ihn bald danach wegen seiner Verbrechen beim Kaiser an. Das erkennen wir immer und überall mit aller Dankbarkeit. Um dich aber nicht länger hinzuhalten, bitte ich dich, in Kürze uns gütigst anzuhören. Diesen Mann haben wir als eine Pest kennengelernt, als Unruhestifter unter allen Juden in der ganzen Welt und als Rädelsführer der Sekte der Nazarener. Er hat sogar versucht, den Tempel zu entweihen. Wir nahmen ihn fest [6b und wollten ihn nach unserem Gesetze richten. Aber der Oberst Lysias kam hinzu und entriß ihn mit aller Gewalt unseren Händen. 6-7: Der eingeklammerte Text fehlt in den besten Handschriften. 8a Er befahl, seine Ankläger sollten vor dich kommen]. 8b Du kannst ihn selbst verhören und dich vergewissern über alle unsere Klagen gegen ihn. Auch die Juden schlossen sich dem an und versicherten, daß es sich so verhalte.

 

Verteidigung des Paulus. 10 Der Landpfleger gab dem Paulus einen Wink, daß er reden solle. Da sprach er: Da ich weiß, daß du seit vielen Jahren Richter über dieses Volk bist, so verteidige ich guten Mutes meine Sache. 11 Du kannst feststellen, daß es nicht mehr als zwölf Tage sind, seitdem ich nach Jerusalem hinaufzog, um anzubeten. 12 Weder im Tempel noch in den Synagogen, noch in der Stadt hat man mich betroffen, daß ich mit jemand gestritten oder einen Volksauflauf erregt hätte. 13 Auch können sie dir nichts von dem beweisen, wessen sie mich jetzt beschuldigen. 14 Das aber gestehe ich dir ein, daß ich nach der Lehre, die sie eine Ketzerei nennen, dem Gott meiner Väter also diene, daß ich alles glaube, was im Gesetz und in den Propheten geschrieben steht. 15 Auch habe ich die Hoffnung zu Gott, die auch diese selbst hegen, daß es eine Auferstehung der Gerechten und Ungerechten geben wird. 16 Darum befleißige ich mich auch selbst, mein Gewissen allzeit unverletzt zu bewahren vor Gott und den Menschen. 17 Nach mehreren Jahren bin ich gekommen, Almosen zu bringen für mein Volk und Opfer [und Gelübde]. 18 Hierbei fanden sie mich im Tempel, als ich mich der Reinigung unterzog, jedoch ohne Volksauflauf und Aufruhr. 19 Es waren aber einige Juden aus Asien da. Diese hätten vor dir erscheinen und Klage erheben müssen, wenn sie etwas wider mich hätten. 20 Oder diese selbst hier mögen aussagen, ob sie irgendein Verbrechen an mir gefunden, als ich vor dem Hohen Rate stand; 21 es müßte nur wegen dieses einen Wortes sein, das ich in ihrer Mitte laut ausrief: Wegen der Auferstehung der Toten werde ich heute vor euch gerichtet.

 

22 Felix wußte ganz genau Bescheid über diese Lehre. Er vertagte aber doch die Sache und sprach: Wenn der Oberst Lysias herabkommt, will ich eure Sache entscheiden. 23 Er gab dem Hauptmann die Weisung, den Paulus in Haft zu halten jedoch milde zu behandeln und niemand von den Seinigen zu hindern, ihm Dienste zu leisten.

 

Paulus wieder vor Felix. 24 Nach einigen Tagen kam Felix mit seiner Gemahlin Drusilla, einer Jüdin, beschied den Paulus zu sich und hörte ihn an über den Glauben an Jesus Christus. 25 Als er aber von der Gerechtigkeit, der Enthaltsamkeit und dem künftigen Gerichte sprach, erschrak Felix und sagte: Für diesmal magst du gehen; zu einer gelegenen Zeit will ich dich rufen lassen. 26 Zugleich hoffte er, Paulus würde ihm Geld geben. Darum rief er ihn oft zu sich und unterhielt sich mit ihm. 26: Der vom Sklaven zum Statthalter emporgestiegene Römer hielt wohl den Apostel wegen der Bemerkung über die Almosengelder (24,17) für einen vermögenden Mann, aus dem etwas herauszuschlagen sei. Drusilla, die Tochter des Agrippas I., war seine dritte Frau aus königlichen Familien. Sie hatte, um Felix heiraten zu können, ihren Gatten, den König von Emesa, verlassen. 27 Nach Ablauf von zwei Jahren erhielt Felix den Porcius Festus als Nachfolger. Felix wollte sich den Juden gefällig zeigen; darum ließ er Paulus als Gefangenen zurück.

 

25 Verhandlung vor dem Landpfleger Festus. Drei Tage nach seiner Ankunft in der Provinz begab sich Festus von Cäsarea hinauf nach Jerusalem. Die Hohenpriester und die Vornehmsten der Juden erschienen vor ihm und erhoben Klage gegen Paulus. Sie ersuchten ihn um die gegen ihn gerichtete Vergünstigung, daß er ihn wieder nach Jerusalem überführen lasse; denn sie planten einen Anschlag auf ihn, um ihn unterwegs umzubringen. Festus gab zur Antwort, Paulus werde in Cäsarea verwahrt,er selbst aber wolle in Bälde abreisen. Dann mögen eure Bevollmächtigten — sprach er — mit hinabkommen und ihn anklagen, wenn der Mann ein Verbrecher ist. Er blieb nur acht bis zehn Tage bei ihnen und ging dann hinab nach Cäsarea. Am folgenden Tag hielt er Gerichtstag und ließ Paulus vorführen. Als dieser erschienen war, standen die Juden, die von Jerusalem herabgekommen waren, rings um ihn her und brachten viele und schwere Anklagen gegen ihn vor, die sie aber nicht beweisen konnten. Paulus sprach zu seiner Verteidigung: Weder gegen das Gesetz der Juden noch gegen den Tempel, noch gegen den Kaiser habe ich mich irgendwie verfehlt. Festus aber wollte sich den Juden gefällig erweisen und stellte deshalb an Paulus die Frage: Willst du nach Jerusalem hinaufgehen und dich dort hierüber vor mir richten lassen? 10 Paulus erwiderte: Ich stehe vor dem Richterstuhl des Kaisers, da muß ich gerichtet werden. Den Juden habe ich kein Leid getan, wie du recht gut weißt. 11 Bin ich im Unrecht und habe ich etwas Todeswürdiges verübt, so weigere ich mich nicht zu sterben. Ist aber nichts an den Anklagen, die diese gegen mich vorbringen, so kann mich niemand ihnen ausliefern. Ich lege Berufung an den Kaiser ein. 11: Als römischer Bürger durfte Paulus an den Kaiser appellieren. Damit hörte die Gerichtsbarkeit des Landpflegers über ihn auf, und der Angeklagte mußte nach Rom überführt werden. 12 Da besprach sich Festus mit den Räten und gab den Bescheid: Den Kaiser hast du angerufen; zum Kaiser sollst du gehen!

 

Der König Agrippa zu Cäsarea. 13 Nach einigen Tagen trafen der König Agrippa und Bernike in Cäsarea zur Begrüßung des Festus ein. 13: Agrippa II., Bernike und Drusilla waren Geschwister, Bernike, die Heldin vieler Romane, war ebenso berühmt wegen ihrer Schönheit wie berüchtigt wegen ihrer Sittenlosigkeit. Auch von dem Zusammenleben mit ihrem Bruder erzählte sich das Volk wenig Gutes. 14 Da sie sich mehrere Tage dort aufhielten, legte Festus dem König die Sache des Paulus vor und sprach: Es ist ein Mann von Felix als Gefangener zurückgelassen worden. 15 Als ich nach Jerusalem kam, erhoben die Oberpriester und Ältesten über ihn Klage bei mir und forderten seine Verurteilung. 16 Ich antwortete ihnen: Es ist nicht Brauch bei Römern, einen Menschen auszuliefern, ehe der Beklagte den Klägern gegenübergestellt wurde und Gelegenheit gehabt hat, sich zu verteidigen und sich von der Beschuldigung zu reinigen. 17 Als sie dann mit mir hierher kamen, habe ich ohne Verzug am folgenden Tage mich zu Gericht gesetzt und den Mann vorführen lassen. 18 Die Kläger traten gegen ihn auf, brachten aber nichts Schlimmes gegen ihn vor, wie ich vermutete. 19 Ihre Klage wider ihn betraf einige Streitfragen über ihre Religion und über einen gewissen verstorbenen Jesus, von dem Paulus behauptete, er lebe. 20 Da ich nun in der Untersuchung solcher Dinge in Verlegenheit war, fragte ich ihn, ob er nach Jerusalem gehen und dort sich darüber richten lassen wolle. 21 Da aber Paulus Berufung einlegte und bis zur Entscheidung Seiner Majestät in Gewahrsam verbleiben wollte, so ließ ich ihn in Haft halten, bis ich ihn zum Kaiser schicken kann. 22 Agrippa sagte zu Festus: Ich möchte auch selbst den Mann hören. Morgen, erwiderte er, sollst du ihn hören.

 

Verhandlung vor Agrippa. 23 Am Tage darauf erschienen Agrippa und Bernike mit größtem Gepränge und begaben sich in den Empfangssaal mit den Kriegsobersten und den Vornehmsten der Stadt. Auf Befehl des Festus wurde Paulus vorgeführt. 24 Festus sprach: König Agrippa und ihr alle, die ihr mit uns anwesend seid! Da seht ihr den Mann, dessentwegen das ganze Judenvolk in Jerusalem und hier mit Geschrei mich angegangen hat, er dürfe nicht mehr leben. 25 Ich fand jedoch nichts Todeswürdiges an ihm. Doch da er selbst Berufung an Seine Majestät einlegte, so beschloß ich, ihn dahin zu senden. 26 Nun weiß ich aber nichts Zuverlässiges über ihn, dem (kaiserlichen) Herrn, zu schreiben. Darum ließ ich ihn euch, und besonders dir, König Agrippa, vorführen, damit ich nach erfolgtem Verhör weiß, was ich zu schreiben habe. 27 Denn es scheint mir unvernünftig, einen Gefangenen hinzusenden, ohne die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen anzugeben.

 

26 Verteidigungsrede des Paulus vor Agrippa. Darauf sagte Agrippa zu Paulus: Es wird dir jetzt gestattet, dich zu verteidigen. Da streckte Paulus die Hand aus und begann seine Verteidigungsrede: König Agrippa! Ich schätze mich glücklich, daß ich wegen all der Anklagen der Juden gegen mich heute vor dir mich verteidigen darf. Du bist ja ein ausgezeichneter Kenner aller jüdischen Sitten und Streitfragen. Darum bitte ich dich, mich mit Geduld anzuhören. Meinen Lebenswandel von Jugend auf, wie ich ihn von Anfang an unter meinem Volke und in Jerusalem führte, kennen alle Juden. Sie kennen mich von früher her, wenn sie Zeugnis dafür ablegen wollen, daß ich ehedem nach der strengsten Richtung unserer Religion als Pharisäer gelebt habe. Und nun stehe ich vor Gericht wegen der Hoffnung auf die Verheißung, die von Gott an unsere Väter ergangen ist. Zu ihr hoffen unsere zwölf Stämme zu gelangen, Tag und Nacht Gott dienend. Wegen dieser Hoffnung, o König, werde ich angeklagt von Juden! Wie? Gilt es bei euch für unglaublich, daß Gott Tote erwecke? Nun hatte ich mir eingebildet, ich müsse viel Feindseliges verüben wider den Namen Jesu, des Nazareners. 10 Das tat ich denn auch in Jerusalem. Viele der Heiligen ließ ich in die Gefängnisse werfen, wozu ich von den Oberpriestern Vollmacht hatte. Und wenn sie hingerichtet wurden, stimmte ich dafür. 11 In allen Synagogen suchte ich sie oft durch Bestrafung zur Lästerung zu zwingen, und in meiner maßlosen Wut verfolgte ich sie selbst bis in die auswärtigen Städte. 12 So ging ich nach Damaskus mit Vollmacht und Auftrag der Oberpriester. 13 Da sah ich am Mittag auf dem Wege, o König, vom Himmel her ein Licht, glänzender als die Sonne, das mich und meine Gefährten umstrahlte. 14 Wir stürzten alle zu Boden. Dann hörte ich eine Stimme in hebräischer Sprache zu mir sagen: Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich? Schwer ist es dir, gegen den Stachel auszuschlagen. 15 Ich aber fragte: Herr, wer bist du? Der Herr antwortete: Ich bin Jesus, den du verfolgst. 16 Doch steh auf und stell dich auf deine Füße. Denn dazu bin ich dir erschienen, dich zu bestellen zum Diener und Zeugen dessen, was du gesehen hast und was ich dir noch offenbaren werde. 17 Ich errette dich aus dem Volke und den Heiden, zu denen ich dich sende. 18 Du sollst ihnen die Augen öffnen, daß sie sich bekehren aus der Finsternis zum Lichte, von der Macht Satans zu Gott. So sollen sie Sündenvergebung empfangen und Erbteil unter denen, die geheiligt sind durch den Glauben an mich. 12-18: Auch dieser eigene Bericht des Apostels beweist, daß ihm Christus vor Damaskus in Wahrheit erschienen ist und daß der Vorgang nicht eine Vorspiegelung überreizter Nerven war. 19 Darum, König Agrippa, blieb ich nicht ungehorsam gegen die himmlische Erscheinung; 20 vielmehr predigte ich zuerst denen in Damaskus und Jerusalem und im ganzen Land Judäa, dann den Heiden, daß sie Buße tun, sich zu Gott bekehren und würdige Werke der Bekehrung vollbringen sollen. 21 Deshalb ergriffen mich die Juden im Tempel und suchten mich zu töten. 22 Aber durch Gottes Hilfe beschützt, stehe ich da bis auf den heutigen Tag. Ich lege Zeugnis ab vor klein und groß; ich sage nichts anderes, als was die Propheten und Moses geweissagt haben, 23 daß nämlich der Messias leiden müsse und als erster aus der Auferstehung der Toten Licht verkünden werde (meinem) Volke und den Heiden. 1-23: Paulus nimmt die damals übliche Haltung eines Redners an. Er freut sich um der Sache Christi willen über diese Gelegenheit zur Verteidigung. Mit starker Überzeugungskraft legt er seine Stellung zum Judentum (2-8) und Christentum (9-18) dar, um dann sein Wirken als Apostel zu rechtfertigen (19-23).

 

Eindruck der Rede. 24 Als er sich also verteidigte, rief Festus laut: Du bist von Sinnen, Paulus! Das viele Studieren bringt dich um den gesunden Verstand. 25 Paulus entgegnete: Erlauchter Festus, ich bin nicht von Sinnen, was ich rede, ist wahr und wohlüberlegt. 26 Mit diesen Dingen ist ja der König, zu dem ich auch mit Freimut spreche, vertraut. Denn ich kann nicht glauben, daß ihm etwas davon unbekannt ist; ist doch nichts von diesen Dingen in einem Winkel geschehen. 27 König Agrippa! Glaubst du den Propheten? Ich weiß, daß du glaubst. 28 Agrippa erwiderte dem Paulus: Beinahe könntest du mich bereden, ein Christ zu werden. 29 Wollte Gott, entgegnete Paulus, daß nicht nur beinahe, sondern völlig, nicht allein du, sondern auch alle, die mich heute hören, so würden, wie ich bin, ausgenommen diese Fesseln. 30 Da erhoben sich der König und der Landpfleger sowie Bernike und die übrigen Anwesenden. 31 Sie zogen sich zurück und redeten miteinander: Dieser Mann tut nichts, was Tod oder Fesseln verdient. 32 Agrippa aber sagte zu Festus: Man könnte diesen Mann freilassen, wenn er nicht Berufung an den Kaiser eingelegt hätte. 24-32: Mit bewundernswerter Schlagfertigkeit weiß Paulus unerschrockenen Seeleneifer zu verbinden. Der Wucht seiner Beweisführung vermag Agrippa sich nur durch Aufhebung der Versammlung zu entziehen.

 

Die Fahrt nach Rom

27 Fahrt bis Kreta. Als unsere Abfahrt nach Italien beschlossen war, übergab man den Paulus und einige andere Gefangene einem Hauptmann von einer kaiserlichen Kohorte namens Julius. Wir bestiegen ein Schiff aus Adrumet, das die Küstenplätze von Asien anlaufen sollte, und lichteten die Anker. Bei uns war noch der Mazedonier Aristarchus aus Thessalonich. Am folgenden Tage kamen wir nach Sidon. Julius behandelte den Paulus menschenfreundlich und erlaubte ihm, zu seinen Freunden zu gehen und sich mit dem Nötigen versorgen zu lassen. Von da segelten wir ab und fuhren unter Cypern hin, weil wir Gegenwind hatten. Dann durchfuhren wir das Meer längs Cilicien und Pamphylien und kamen nach Myra in Lycien. Hier traf der Hauptmann ein alexandrinisches Schiff, das auf der Fahrt nach Italien war; dorthin brachte er uns an Bord. Wir hatten aber viele Tage langsame Fahrt und gelangten nur mit Mühe in die Nähe von Knidus. Weil uns aber der Wind nicht heranließ, fuhren wir unter Kreta hin in die Gegend von Salmone. Mühsam fuhren wir der Küste entlang und kamen an einen Ort, „Schönhafen“ genannt, in dessen Nähe die Stadt Lasäa lag.

 

Verhandlungen wegen der Überwinterung. Geraume Zeit war bereits verflossen, und die Schiffahrt war schon gefährlich; denn der Fasttag war schon vorüber. Darum warnte sie Paulus: 9: Unter Fastenzeit ist hier das Fasten am großen Versöhnungsfest gemeint, das Ende September oder Anfang Oktober gefeiert wurde. Von Ende Oktober bis Anfang März ruhte wegen häufiger Stürme die Hauptschiffahrt. 10 Männer, ich sehe, daß die Fahrt schlimm und sehr gefährlich zu werden anfängt, nicht nur für die Ladung und das Schiff, sondern auch für unser Leben. 11 Doch der Hauptmann glaubte dem Steuermann und dem Schiffsherrn mehr als den Worten des Paulus. 12 Da der Hafen zum Überwintern nicht geeignet war, beschloß die Mehrheit, von da abzufahren, um womöglich zum Überwintern bis Phönike, einem Hafen von Kreta, zu gelangen, der nach Südwest und Nordwest offen ist.

 

Der Sturm. 13 Da nun leichter Südwind einsetzte, glaubten sie, ihr Vorhaben sicher ausführen zu können, lichteten die Anker und fuhren ganz nahe an Kreta entlang. 14 Aber nach kurzer Zeit brach ein Wirbelwind, der sogenannte Ost-Nordost, von der Insel her los. 15 Das Schiff wurde mit fortgerissen und konnte dem Sturm nicht standhalten; so gaben wir es preis und ließen uns forttreiben. 16 Wir liefen unter einem Inselchen namens Klauda hin, wo wir uns kaum des Rettungsbootes bemächtigen konnten. 17 Dieses zogen sie empor und suchten das Schiff zu schützen, indem sie es (mit Tauen) unterbanden. In der Furcht, in die Syrte zu geraten, zogen sie die Segel ein und ließen sich so dahintreiben. 17: Die große Syrte an der nordafrikanischen Küste war wegen ihrer Sandbänke besonders gefährlich. 18 Da wir aber vom Sturme gewaltig hin und her geworfen wurden, warfen wir am folgenden Tage Fracht über Bord. 19 Am dritten Tage warfen sie eigenhändig das Schiffsgerät hinaus. 20 Mehrere Tage sah man weder Sonne noch Sterne. Der Sturm tobte heftig weiter. Alle Hoffnung auf Rettung war uns abgeschnitten. 21 Da große Appetitlosigkeit (Seekrankheit) herrschte, trat Paulus mitten unter sie und sprach: Ihr Männer! Man hätte mir folgen und nicht von Kreta abfahren sollen: dann hätte man dies Ungemach und diesen Schaden sparen können. 22 Und jetzt ermahne ich euch, guten Mutes zu sein. Kein einziges Menschenleben wird aus euch verloren gehen, nur das Schiff. 23 Denn diese Nacht erschien mir ein Engel Gottes, dem ich gehöre und auch diene. 24 Der sprach: Fürchte dich nicht, Paulus! Du mußt dem Kaiser vorgestellt werden. Siehe, Gott hat dir alle deine Schiffsgenossen geschenkt. 25 Seid darum guten Mutes, ihr Männer! Denn ich vertraue auf Gott, daß es so kommen wird, wie mir gesagt worden ist. 26 Wir müssen jedoch auf irgendeine Insel verschlagen werden.

 

Schiffbruch. 27 Als wir die vierzehnte Nacht im Adriatischen Meer umhergetrieben wurden, vermuteten die Schiffsleute um Mitternacht Land in der Nähe. 28 Sie warfen das Senkblei und fanden zwanzig Klafter Tiefe, ein wenig weiter davon fanden sie fünfzehn Klafter. 28: Ein Klafter oder Faden = 1,85 Meter. 29 Aus Furcht, wir möchten irgendwo auf Klippen stoßen, warfen sie vom Hinterdeck vier Anker aus und warteten mit Sehnsucht auf den Anbruch des Tages. 30 Die Schiffsleute aber wollten aus dem Schiff entfliehen und ließen das Rettungsboot ins Meer, unter dem Vorwand, auch vom Vorderteil Anker auszuwerfen. 31 Da sprach Paulus zu dem Hauptmann und den Soldaten: Wenn diese nicht im Schiff bleiben, so könnt ihr nicht gerettet werden. 32 Da hieben die Soldaten die Taue des Bootes ab und ließen es ins Meer fallen.

 

33 Bis es aber Tag zu werden begann, ermahnte Paulus alle, Nahrung zu sich zu nehmen, und sagte: Vierzehn Tage sind es heute, daß ihr ohne Nahrung ängstlich zuwartet und nichts zu euch nehmet. 34 Deswegen ermahne ich euch, etwas zu genießen; denn dies gereicht euch zur Rettung. Es wird keinem von euch ein Haar vom Haupte verlorengehen. 35 Hierauf nahm er Brot, dankte Gott in Gegenwart aller, brach es und begann zu essen. 36 Nun faßten alle wieder Mut und nahmen ebenfalls Speise zu sich. 37 Wir waren auf dem Schiffe im ganzen zweihundertsechsundsiebzig Seelen. 37: Die alexandrinischen Handelsschiffe gehörten zu den größten jener Zeit, so daß die Zahl von 276 Personen außer der Getreideladung nicht unwahrscheinlich ist. 38 Nachdem sie sich satt gegessen hatten, erleichterten sie das Schiff und warfen das Getreide ins Meer.

 

39 Als es Tag geworden war, erkannten sie das Land nicht. Sie bemerkten aber eine Bucht mit einem flachen Strande. Auf diese wollten sie womöglich das Schiff auflaufen lassen. 40 Sie machten die Anker los und ließen sie ins Meer fallen, lösten die Riemen der Steuerruder, zogen das Vordersegel auf gegen den Wind und steuerten auf das Land zu. 41 Da wir auf eine Landzunge gerieten, ließ man das Schiff auflaufen. Das Vorderteil blieb unbeweglich stecken, das Hinterteil aber barst durch die Gewalt der Wellen. 42 Die Soldaten hatten vor, die Gefangenen zu töten, damit keiner durch Hinausschwimmen entkomme. 43 Allein der Hauptmann, welcher den Paulus retten wollte, ließ es nicht zu, sondern befahl, wer schwimmen könne, solle zuerst hinabspringen und das Land zu erreichen suchen. 44 Die anderen ließ er ans Land bringen, teils auf Brettern, teils auf sonstigen Schiffstrümmern. So war es möglich, daß alle sich ans Land retteten. 44: Der Vers kann auch übersetzt werden „Die andern (ließ er ans Land schaffen) teils auf Planken, teils auf dem Rücken von Schiffsleuten.“ 1-44: Die Schilderung der Überführung des Gefangenen nach Rom durch den Augenzeugen Lukas gehört zu den wertvollsten Urkunden über Seefahrten im Altertum.

 

28 Aufenthalt auf Malta. Als wir gerettet waren, erfuhren wir, daß die Insel Malta heiße. Die Eingeborenen erwiesen uns ungewöhnliche Menschenfreundlichkeit. Sie zündeten einen Holzstoß an wegen des eingetretenen Regens und wegen der Kälte und holten uns alle herbei. Als nun Paulus einen Haufen Reisig zusammenraffte und auf das Feuer legte, schnellte infolge der Hitze eine Otter hervor und biß sich in seine Hand fest. Die Eingeborenen sahen das Tier an seiner Hand hangen und sagten zueinander: Dieser Mensch ist gewiß ein Mörder, den die (Göttin der) Strafgerechtigkeit nicht leben läßt, obschon er dem Meer entkommen ist. Doch er schleuderte das Tier ins Feuer, ohne den geringsten Schaden zu nehmen. Die Leute aber erwarteten, er werde anschwellen oder plötzlich tot niederfallen. Da sie nach langem Warten sahen, daß er keinerlei Schaden genommen, kamen sie zu anderen Gedanken und sagten, er sei ein Gott. In der Umgegend des Ortes besaß der Vornehmste der Insel namens Publius Landgüter. Dieser nahm uns auf und beherbergte uns freundschaftlich drei Tage lang. Der Vater des Publius lag eben am Fieber und an der Ruhr darnieder. Paulus besuchte ihn, betete, legte ihm die Hände auf und machte ihn gesund. Daraufhin kamen auch die andern, die auf der Insel Krankheiten hatten, herbei und wurden geheilt. 10 Sie erwiesen uns auch viele Ehren und brachten uns bei der Abfahrt alles Nötige an Bord.

 

Auf der Fahrt nach Rom. 11 Nach drei Monaten fuhren wir auf einem alexandrinischen Schiffe ab, das auf der Insel überwintert hatte und das Zeichen der Dioskuren führte. 11: Die Dioskuren sind die Zwillingsbrüder Kastor und Pollux. Sie waren Söhne des Zeus und wurden als Schutzgötter der Schiffahrt verehrt. Das Schiff trug ihr Bild als Wappen. 12 Wir landeten in Syrakus und blieben dort drei Tage. 13 Von da fuhren wir im Bogen herum und gelangten nach Rhegium. Da tags darauf Südwind war, kamen wir nach zwei Tagen nach Puteoli. 14 Dort fanden wir Brüder, die uns baten, sieben Tatge bei ihnen zu bleiben. Und so kamen wir nach Rom.

 

15 Die Brüder hatten dort von uns gehört und kamen uns entgegen bis Forum Appii und Tres Tabernä. Als Paulus sie sah dankte er Gott und schöpfte neuen Mut. 15: Forum Apii liegt an der Via Appia, etwa 60 Kilometer von Rom. Ungefähr zwei Stunden von dort in der Richtung auf Rom liegt Tres Tabernä = „Drei Wirtschaften“ = „Drei Zabern“.

 

In Rom

16 Nach unserer Ankunft in Rom wurde dem Paulus erlaubt, zusammen mit dem Soldaten, der ihn bewachte, eine eigene Wohnung zu beziehen.

 

Ansprache des Apostels an die Juden in Rom. 17 Nach drei Tagen rief Paulus die Vornehmsten der Juden zu sich. Als sie zusammengekommen waren, sprach er zu ihnen: Werte Brüder! Ich habe nichts getan gegen das Volk oder die väterlichen Gebräuche, wurde aber doch als Gefangener aus Jerusalem in die Hände der Römer überliefert. 18 Diese verhörten mich und wollten mich freilassen, weil kein todeswürdiges Vergehen bei ihr vorlag. 19 Da die Juden Einspruch erhoben, war ich genötigt, Berufung an den Kaiser einzulegen. Doch wollte ich damit keineswegs mein Volk verklagen. 20 Deshalb habe ich euch zu mir gebeten, um euch zu sehen und zu sprechen. Denn um der Hoffnung Israels willen trage ich diese Fesseln. 17-20: Paulus will allem Gerede den Boden entziehen, indem er den wahren Grund seiner Gefangenschaft und der Berufung an das kaiserliche Gericht darlegt. 21 Sie erwiderten ihm: Wir haben aus Judäa weder Briefe über dich erhalten, noch ist einer von den Brüdern gekommen und hat etwas Schlimmes über dich berichtet oder erzählt. 22 Wir wünschen aber von dir zu hören, welcher Meinung du bist; denn von dieser Sekte ist uns bekannt, daß sie überall Widerspruch findet. 22: „Daß sie überall Widerspruch findet“, ist von jeher das Schicksal der Religion Jesu gewesen, nicht anders als bei Jesus selbst (vgl. Lk 2,34).

 

Missionstätigkeit. 23 Sie bestimmten ihm einen Tag und kamen dann in noch größerer Zahl zu ihm in seine Wohnung. Diesen erklärte und bezeugte er das Reich Gottes. Er suchte sie vom frühen Morgen bis zum späten Abend für Jesus zu gewinnen, wobei er von dem Gesetz des Moses und von den Propheten ausging. 24 Die einen glaubten seinen Worten, die andern blieben ungläubig. 25 Untereinander uneins, gingen sie weg. Paulus sagte ihnen noch das eine Wort: Treffend hat der Heilige Geist durch den Propheten Isaias zu euren Vätern gesprochen: 26 Geh zu diesem Volke und sprich: Hören werdet ihr und nicht verstehen; sehen werdet ihr und doch nicht wahrnehmen. 27 Denn verstockt ward das Herz dieses Volkes, und mit ihren Ohren hörten sie schwer, und ihre Augen schlossen sie, damit sie nicht etwa sehen mit den Augen und hören mit den Ohren und verstehen mit dem Herzen und sich bekehren, und ich sie heile (Is 6,9. 10). 28 So sei euch denn kundgetan, daß dieses Heil Gottes den Heiden gesandt worden ist; diese werden ihm Gehör schenken. 29 [Auf diese Worte gingen die Juden weg und stritten heftig miteinander.] 30 Er blieb volle zwei Jahre in eigener Mietwohnung und nahm alle auf, die zu ihm kamen. 31 Mit allem Freimut und ungehindert verkündete er das Reich Gottes und die Lehre von dem Herrn Jesus Christus. 31: Den Ausgang des Prozesses und die weiteren Schicksale des Apostels berichtet Lukas nicht mehr, weil er die Schrift vor der Freisprechung abschloß. Der letzte Teil sollte wohl auch dem Gericht näheren Aufschluß über den Gefangenen geben.