Word: Matthäus

 

Die heiligen vier Evangelien

Evangelium bedeutet „Frohbotschaft“. Daß Gott seine Verheißungen erfüllt und in Christus der Welt den Erlöser geschenkt hat, ist die froheste Kunde für die gesamte Menschheit. Diese Botschaft allen Geschöpfen zu bringen, war der Auftrag des scheidenden Erlösers an seine Jünger. Nachdem die Apostel zuerst jahrelang mündlich die Frohbotschaft Jesu Christi verkündet hatten, gingen einzelne Männer daran das Wichtigste davon aufzuschreiben. Aber nur vier aus der größeren Zahl schriftlicher Darstellungen (Lk 1, 1) hat die Kirche als kanonisch, als zur göttlichen Offenbarung gehörend, anerkannt. Die Verfasser sind Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, zwei Apostel und zwei Apostelschüler. Wir besitzen in diesen vier Schriften in jeder Hinsicht glaubwürdige geschichtliche Urkunden, deren einwandfreie Überlieferung wir von den Tagen der Apostel bis heute nachweisen können. Jeder Evangelist hat uns die eine und einzige Frohbotschaft des Heils überliefert, aber jeder unter einem besonderen Gesichtspunkt ausgewählt, geordnet und dargestellt, je nach dem Ziel, das er im Auge hatte, und nach dem Leserkreis, an den er sich wandte. Wie wenn vier tüchtige Maler dieselbe Person nach dem Leben malen und trotz aller Selbständigkeit im Farbton und in der Hervorhebung bestimmter Charakterzüge doch ein wahres Bild der Person schaffen, so hat der Geist Gottes uns durch die Künstlerhand der vier Evangelisten das wahre Christusbild zeichnen lassen. Matthäus schildert Christus als den Messias, an dem sich die Weissagungen des Alten Bundes erfüllt haben; Markus denselben Christus als den großen Wundertäter und Bezwinger der Dämonen; Lukas den barmherzigen Heiland, den Freund der Armen und der reuigen Sünder; Johannes endlich den auf Erden erschienenen eingeborenen Sohn Gottes, aus dessen Fülle wir alle empfangen Gnade um Gnade, Licht und Leben.

Die vier Evangelien sind die Krone der ganzen Bibel. Nie feiert die Kirche das heilige Meßopfer, ohne einen Abschnitt aus einem Evangelium zu verlesen, und sie umgibt diese Lesung mit besonders eindrucksvollen Zeremonien. Sie ehrt das Evangelienbuch wie den gegenwärtigen Christus. In der griechischen Kirche liegt es stets neben der heiligen Eucharistie auf dem Altare. Bei Gott und seinem heiligen Evangelium schwört der gläubige Christ den feierlichen Eid. Darum sollte jeder bestrebt sein, von allen Büchern der Heiligen Schrift die vier Evangelien am eifrigsten zu lesen, zu betrachten und sein Leben danach zu formen.

 

Das Evangelium nach Matthäus

Einleitung:

Der Evangelist Matthäus gehört zum Apostelkollegium. Er hieß auch Levi, Sohn des Alphäus, und wurde bei Kapharnaum von seiner Zollstätte aus zum Apostel berufen. Der verachtete Zöllnerstand war für diese Auszeichnung eines seiner Mitglieder dankbar (Mt 9,9-13). Nach der Himmelfahrt des Herrn wirkte Matthäus zunächst unter seinen Landsleuten in Palästina. Über sein weiteres Leben fehlen uns geschichtliche Zeugnisse. Die Legende hat ihn oft mit Matthias verwechselt. Seine Tätigkeit als Apostel in Äthiopien (Abessinien) erscheint am meisten beglaubigt. Die Kirche feiert sein Fest am 21. September und verehrt seine Gebeine im Dom zu Salerno.

 

Bis in die apostolische Zeit hinauf reichen die Nachrichten, daß Matthäus der Verfasser eines Evangeliums in aramäischer Sprache ist. Es wurde bald in die griechische Weltsprache übersetzt, in der die übrigen Schriften des Neuen Testaments abgefaßt sind, und ist uns nur in dieser Übersetzung erhalten geblieben. Schon die älteste Überlieferung weiß, daß das Matthäusevangelium zunächst für gläubige judenchristliche Leser und gegen ungläubige Juden geschrieben wurde. Der Evangelist weist ihnen nach, daß Jesus Christus der von Gott verheißene Messias und seine Kirche das wahre „Königreich der Himmel“, das messianische Reich ist. Deshalb zitiert er oft Stellen aus dem Alten Testament, die in Christus sich erfüllt haben. Nach kurzer Schilderung der Kindheitsgeschichte (1,1-2,23) und der Vorbereitung des öffentlichen Wirkens (3, 1-4, 11) berichtet Matthäus ausführlicher über die Tätigkeit Jesu in Galiläa (4, 12-18, 35). Daran schließen sich ausgewählte Begebenheiten und Reden auf der Reise nach Jerusalem (19,1-20,34) und in der Hauptstadt (21,1-25,46). Die Darstellung der Leidens‑ und Verklärungsgeschichte bildet den Schlußteil (26, 1-28, 20). Die Einzelheiten sind nicht immer in der strengen geschichtlichen Aufeinanderfolge erzählt, sondern oft nach literarischen und sachlichen Gesichtspunkten gruppiert. Als Zeit der Abfassung kommen wohl noch nicht die vierziger, sondern die fünfziger Jahre in Betracht, als Ort Palästina.

 

Aus der Kindheitsgeschichte Jesu

1 Stammbaum. Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abra­hams. Von Abra­ham stammte Isaak ab, von Isaak Jakob, von Jakob Judas und seine Brüder. Von Judas und der Thamar stammten ab Phares und Zara, von Phares Esron, von Esron Aram. Von Aram stammte Aminadab, von Aminadab Naasson, von Naasson Salmon. Von Salmon und der Rahab stammte Booz, von Booz und der Ruth Obed, von Obed Jesse, von Jesse aber David der König. Von David, dem König, und der, die des Urias Weib gewesen, stammte Salomon. Von Salomon stammte Roboam, von Roboam Abias, von Abias Asa. Von Asa stammte Josaphat, von Josaphat Joram, von Joram Ozias. Von Ozias stammte Joatham, von Joatham Achaz, von Achaz Ezechias. 10 Von Ezechias stammte Manasses, von Manasses Amon, von Amon Josias. 11 Von Josias aber stammten ab Jechonias und seine Brüder um die Zeit der Wegführung nach Babylon.

12 Und nach der Wegführung nach Babylon wurde Jechonias der Stammvater des Salathiel, von Salathiel stammte Zorobabel ab. 13 Von Zorobabel stammte Abiud, von Abiud Eliakim, von Eliakim Azor. 14 Von Azor stammte Sadok, von Sadok Achim, von Achim Eliud. 15 Von Eliud stammte Eleazar, von Eleazar Mathan, von Mathan Jakob. 16 Von Jakob aber stammte ab Joseph, der Mann Mariä, von der geboren wurde Jesus, der Christus genannt wird. 17 So sind es im ganzen von Abra­ham bis auf David vierzehn Geschlechter, von David bis zur babylonischen Gefangenschaft vierzehn Geschlechter und von der babylonischen Gefangenschaft bis auf den Messias vierzehn Geschlechter. 1-17 Der Stammbaum zählt zwar die Ahnen Josephs, des gesetzlichen Vaters Jesu, auf; aber auch die Mutter des Herrn stammte von Abra­ham (Gal 3, 16; 4, 4) und David ab (Lk 1, 27; Röm 1, 3; 2 Tim 2, 8). Nur völlige Mißachtung aller geschichtlichen Zeugnisse kann zu der Behauptung führen, Jesus sei arischer Herkunft. Der Evangelist will durch die nicht lückenlose, schematisch gegliederte Ahnenreihe (V. 17) dartun, daß von Anfang an die gesamte Geschichte Israels auf Christus hingeordnet ist. Von den außer Maria genannten vier Frauen sind drei nur durch Sünde Stammütter des Messias geworden: Thamar, Rahab und die Frau des Urias; die vierte wurde aus dem heidnischen Moabitervolk berufen. Aber nichts von den sündigen Erbanlagen ist auf Jesus übergegangen; denn bei Joseph hört die männliche Reihe auf. Maria aber ist ohne Erbsünde ins Leben getreten und durch ein Wunder ohne Mitwirken eines menschlichen Vaters die Mutter des Gotteskindes geworden, wie der folgende Abschnitt (18-25) zeigt.

 

Geburt Jesu. 18 Mit der Geburt Jesu Christi aber verhielt es sich also: Als seine Mutter Maria mit Joseph verlobt war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, daß sie empfangen hatte vom Heiligen Geiste. 19 Joseph aber, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht in üblen Ruf bringen wollte, gedachte sie heimlich zu entlassen. 20 Während er mit diesem Gedanken umging, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traume und sprach: Joseph, Sohn Davids, scheue dich nicht, Maria, dein Weib, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist vom Heiligen Geiste. 21 Sie wird einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk erlösen von seinen Sünden. 22 Dies alles ist geschehen, damit in Erfüllung gehe, was vom Herrn durch den Propheten gesagt worden: 23 Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und man wird ihm den Namen Emmanuel geben, das heißt: Gott mit uns (Is 7, 14). 24 Joseph stand vom Schlafe auf und tat, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm sein Weib zu sich. 18-24: Aus Bescheidenheit schweigt Maria über das Wunder ihrer jungfräulichen Mutterschaft. Joseph kommt dadurch in peinlichste Verlegenheit. Bei gerichtlicher Anzeige wäre Maria wie eine treulose Braut gesteinigt worden. In schonender Liebe will ihr Joseph ohne viel Aufsehen den Scheidebrief ausstellen. Da greift Gott ein und weiht Joseph in das Geheimnis der Menschwerdung ein. 25 Aber er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar [den Erstgeborenen]. Und er nannte seinen Namen Jesus. 25: Das Wörtchen „bis“ besagt nicht, Maria sei später auf natürliche Weise Mutter anderer Kinder geworden (vgl. 1 Mos 8, 7; 2 Sm 6, 23; Mt 12, 20; 28, 20). Der Zusatz „den Erstgeborenen“ fehlt in den wichtigsten Handschriften des griechischen Textes. Er setzt keine nachgeborenen Kinder voraus, sondern hat rechtlichen Sinn. So nennen wir den Erstgeborenen eines regierenden Fürsten Kronprinz, auch wenn er keine Geschwister hat. .

 

2 Die Weisen. Als Jesus zu Bethlehem in Judäa in den Tagen des Königs Herodes geboren wurde, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenlande nach Jerusalem 1: Die Geburt Jesu fällt etwa 6-7 Jahre früher, als unsere seit dem 6 Jahrhundert übliche „christliche Zeitrechnung“ annimmt, sonst hätte Herodes, der nachweislich um Ostern des Jahres 4 vor Beginn dieser Zeitrechnung starb, nicht mehr das Gotteskind verfolgen können. und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern beim Aufgehen gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten. 2: Die Weisen oder Magier sind keine Könige, sondern sternkundige Männer gewesen. Erst spätere Zeit hat sie im Hinblick auf Is 60, 1-6 und Ps 72, 10-11 (vgl. Epistel und Offertorium der Festmesse am 6. Jan.) zu Königen gemacht und den dreifachen Gaben entsprechend ihre Zahl auf drei festgelegt. Sie sind die ersten Christusverehrer aus der Heidenwelt und deuten an, daß Christi Reich katholisch, d. h. allumfassend sein werde, nicht auf Israel beschränkt. Als der König Herodes dies hörte, erschrak er und ganz Jerusalem mit ihm. Und er versammelte alle Oberpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Messias geboren werden sollte. Sie aber sprachen zu ihm: Zu Bethlehem in Judäa, denn so steht geschrieben beim Propheten: Und du Bethlehem im Lande Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Judas; denn aus dir wird hervorgehen ein Fürst, der mein Volk Israel regieren soll (Mich 5, 2). Nun ließ Herodes die Weisen heimlich zu sich kommen und erforschte von ihnen genau, wann ihnen der Stern erschienen sei. Dann schickte er sie nach Bethlehem und sagte: Gehet hin und forschet genau nach dem Kinde, und wenn ihr es gefunden habt, so zeiget es mir an, damit auch ich komme, es anzubeten. Nachdem sie den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie beim Aufgehen gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Orte, wo das Kind war, ankam und stille stand. 10 Da sie aber den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude. 11 Und sie gingen in das Haus, fanden das Kind mit Maria, seiner Mutter, fielen nieder und beteten es an. Sie taten auch ihre Schätze auf und brachten ihm Geschenke dar: Gold, Weihrauch und Myrrhe. 11: Die Magier fanden das Kind nicht mehr in der Krippe, sondern in dem Hause, in das die Heilige Familie nach der Darstellung Jesu im Tempel übergesiedelt war. 12 In einem Traumgesicht erhielten sie die Weisung, nicht mehr zu Herodes zurückzukehren; darum zogen sie auf einem anderen Weg in ihr Land zurück.

 

Flucht nach Ägypten. 13 Als sie weggezogen waren, siehe, da erscheint ein Engel des Herrn dem Joseph im Traume und spricht: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten und bleibe dort, bis ich es dir sage. Denn Herodes hat im Sinne, das Kind suchen zu lassen um es zu töten. 14 Er stand auf, nahm das Kind und seine Mutter bei Nacht und zog fort nach Ägypten. 15 Und er blieb daselbst bis zum Tode des Herodes. So sollte sich erfüllen, was von dem Herrn durch den Propheten gesagt worden ist: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn berufen (Os 11, 1) 13-15: Joseph ist ein herrliches Vorbild des schweigenden und pünktlichen Gehorsams. Den echten Christen erkennt man weniger am Reden als am Tun.

 

Bethlehemitischer Kindermord. 16 Als Herodes sich von den Weisen hintergangen sah, wurde er sehr zornig und ließ in Bethlehem und der ganzen Umgebung alle Knäblein von zwei Jahren und darunter umbringen, nach der Zeit, die er von den Weisen erforscht hatte. 17 Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremias: 18 Eine Stimme ward gehört zu Rama, großes Weinen und Wehklagen. Rachel beweint ihre Kinder und will sich nicht trösten lassen, weil sie nicht mehr sind (Jer 31,15). 16-18 Wenn in Bethlehem und der Umgebung damals etwa 3000 Menschen lebten; so hat Herodes ungefähr 70-80 Kinder ermorden lassen. Rachels Grab am Wege von Bethlehem nach Jerusalem erinnerte den Evangelisten an die Worte des Propheten.

 

Rückkehr nach Nazareth. 19 Nachdem aber Herodes gestorben war, siehe, da erscheint ein Engel des Herrn im Traume dem Joseph in Ägypten 20 und spricht: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und zieh in das Land Israel; denn die dem Kinde nach dem Leben trachteten, sind gestorben. 21 Da stand er auf, nahm das Kind und seine Mutter und zog in das Land Israel. 22 Als er aber hörte, daß Archelaus an Stelle seines Vaters Herodes in Judäa regiere, fürchtete er sich, dorthin zu ziehen. Und nachdem er im Traume eine Weisung erhalten hatte, begab er sich in die Landschaft Galiläa. 19-22 Joseph dachte zunächst an die Niederlassung in Bethlehem, der Stadt seiner Ahnen.. 23 Dort angekommen, ließ er sich nieder in einer Stadt mit Namen Nazareth, damit erfüllt würde, was durch die Propheten gesagt ist: Er wird ein Nazarener heißen. .

 

Vorbereitung der öffentlichen Wirksamkeit

3 Johannes der Täufer. In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und predigte in der Wüste von Judäa also: Bekehrt euch, denn das Himmelreich ist nahe. 2: Wörtlich: „Denket um, denn das Königreich der Himmel ist herangenaht.“ Aufrichtige Gesinnungsänderung, Abkehr vom Irdischen und Hinkehr zum Ewigen tut not. „Reich der Himmel“ nennt Matthäus mit Vorliebe das messianische Reich Gottes, weil die Juden den Gebrauch des Namens Gottes zu vermeiden suchten. Dieses Reich beginnt hienieden, vollendet sich aber im Jenseits. Dieser ist es, von dem der Prophet Isaias geweissagt hat: Stimme eines Herolds in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht gerade seine Pfade (Is 40, 3). Johannes trug ein Kleid von Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften. Seine Nahrung aber waren Heuschrecken und wilder Honig. Da ging Jerusalem zu ihm hinaus und ganz Judäa, besonders die ganze Gegend am Jordan. Sie ließen sich von ihm taufen im Jordan und bekannten dabei ihre Sünden. Als er aber viele Pharisäer und Sadduzäer zu seiner Taufe kommen sah, sprach er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch gelehrt, dem kommenden Zorne zu entgehen? So bringet denn würdige Früchte der Bekehrung! Maßet euch nicht an, bei euch zu sagen: Wir haben Abra­ham zum Vater; denn ich sage euch: Gott kann dem Abra­ham aus diesen Steinen hier Kinder erwecken. 10 Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt. Ein jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. 11 Ich taufe euch mit Wasser zur Bekehrung; der aber nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin nicht würdig, ihm die Schuhe nachzutragen; dieser wird euch mit dem Heiligen Geiste und mit Feuer taufen. 12 Die Wurfschaufel hat er in seiner Hand und wird seine Tenne reinigen, den Weizen wird er in seine Scheune sammeln, die Spreu aber in unauslöschlichem Feuer verbrennen. 7-12: Der ernste Bußprediger durchschaut die selbstgerechten Pharisäer ebenso wie die freidenkerischen Sadduzäer. Jene pochten auf Rasse und Blut und auf die buchstäbliche Erfüllung des Gesetzes; diese glaubten an kein Fortleben der Seele. So meinten beide Parteien, das künftige Gottesgericht nicht fürchten zu müssen. Der Messias aber wird die Scheidung der Geister herbeiführen und jeden nach den Früchten seines Lebens beurteilen. 1-12: Vgl. Mk 1,2-8; Lk 3,1-18; Jo 1,19-28.

 

Taufe Jesu. 13 Damals kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. 14 Doch Johannes wollte ihn abhalten und sagte: Ich habe nötig, von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir? 15 Jesus antwortete ihm: Laß es nur zu, denn so ziemt es uns, daß wir jegliche Gerechtigkeit erfüllen. Da gab er ihm nach. 16 Als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser herauf; und siehe, der Himmel öffnete sich ihm, und er sah den Geist Gottes herabsteigen wie eine Taube und auf sich zukommen. 17 Und siehe, eine Stimme vom Himmel sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe. 13-17: Vgl. Mk 1,9-11; Lk 3,21-22. Nicht aus Schuldbewußtsein läßt Jesus sich taufen, sondern weil es zur „Gerechtigkeit“, zur vollen Erfüllung des göttlichen Willens gehörte, daß der Messias den Menschen bei allem Guten Vorbild war. Er will nicht unnötige Ausnahmen machen. Bei dieser feierlichen Einführung in sein messianisches Wirken tritt die ganze hochheilige Dreifaltigkeit in Erscheinung.

 

4 Fasten und Versuchung Jesu. Da wurde Jesus vom Geiste in die Wüste geführt, um vom Teufel versucht zu werden. Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn zuletzt. Da trat der Versucher heran und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, daß diese Steine Brot werden. Er antwortete: Es steht geschrieben: Nicht vom Brote allein lebt der Mensch, sondern von jedem Worte, das aus dem Munde Gottes kommt (5 Mos 8, 3). Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so stürze dich hinab; denn es steht geschrieben: Er hat seinen Engeln deinetwegen befohlen, daß sie dich auf den Händen tragen, damit du nicht etwa deinen Fuß an einen Stein stoßest (Ps 91, 11 f). Jesus entgegnete ihm: Es steht auch geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott nicht versuchen (5 Mos 6, 16). Wieder nahm ihn der Teufel mit auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Dies alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. 10 Da sprach Jesus zu ihm: Weiche, Satan! Denn es steht geschrieben: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen (5 Mos 6 13). 11 Alsdann verließ ihn der Teufel, und siehe, Engel traten herzu und bedienten ihn. 1-11 Vgl. Mk 1,12-13, Lk 4,1-13. Nur von außen her konnte Christus versucht werden. Der Teufel will ihn unter geschickter Ausnutzung der irdisch-nationalen Messias­erwartungen der Juden vom opfervollen Weg des Erlöserberufes ablenken. Jesus lehnte jeden Kompromiß mit dem Zeitgeist ab und duldet keinen Mißbrauch der Bibel. Er lehrt uns durch sein Beispiel, wie wir selbst die Versuchung zur Sünde abwehren sollen.

 

Jesus in Galiläa

Jesus in Kapharnaum 12 Als Jesus gehört hatte, daß Johannes eingekerkert sei, zog er sich zurück nach Galiläa. 13 Er verließ [die Stadt] Nazareth und kam nach Kapharnaum am See, im Gebiet von Zabulon und Nephthalim, und nahm dort Wohnung. 14 So sollte sich das Wort des Propheten Isaias erfüllen: 15 Das Land Zabulon und das Land Nephthalim, das zum See hin liegt, jenseits vom Jordan, das heidnische Galiläa, 16 das Volk, das im Finstern sitzt, sah ein großes Licht, und denen, die im Lande des Todesschattens sitzen, ist ein Licht aufgegangen (Is 8, 23; 9, 1. 2). 17 Von dieser Zeit an begann Jesus öffentlich zu lehren mit den Worten: Bekehrt euch, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. 12-17 Kapharnaum wird der Leuchter, von dem das Licht des Messias weit ins dunkle Land hinausstrahlt.

 

Die ersten Jünger. 18 Als Jesus am galiläischen See hinwandelte, sah er zwei Brüder, den Simon, der Petrus genannt wird, und dessen Bruder Andreas, wie sie das Netz in den See auswarfen; denn sie waren Fischer. 19 Er sprach zu ihnen: Folget mir nach, und ich will euch zu Menschenfischern machen. 20 Sie verließen sogleich ihre Netze und folgten ihm. 21 Von da ging er weiter und sah zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes, wie sie im Schifflein mit ihrem Vater Zebedäus die Netze ausbesserten. Und er berief auch sie. 22 Sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten ihm nach. 18-22: Vgl. Mk 1,16-20; Lk 5,1-11.

 

Jesus als Lehrer und Heiland 23 Jesus zog nun in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen, verkündete die Frohbotschaft vom Reiche und heilte alle Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volke. 24 Und sein Ruf verbreitete sich über ganz Syrien, und man brachte zu ihm alle Leidenden mit allerlei Krankheiten und Plagen. Besessene, Mondsüchtige, Gelähmte, und er heilte sie. 25 Und es begleiteten ihn große Scharen aus Galiläa, aus den Zehn-Städten, aus Jerusalem, aus Judäa und aus der Gegend jenseits des Jordan. 23-25: Vgl. Mk 1, 39; Lk 4, 15. 44 Apg 10, 38. Jesu Lehre ist „Evangelium“, gute Mär, Frohbotschaft vom Gottesreich. Seine Religion fordert viel, gibt aber auch edelste Freude.

 

Die Bergpredigt

5 Die acht Seligkeiten. Als er aber die Volksscharen sah, stieg er auf den Berg. Als er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm. Und er tat seinen Mund auf und lehrte sie also: Selig sind die Armen im Geiste; denn ihrer ist das Himmelreich. Selig sind die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Land besitzen. Selig sind, die Hunger und Durst haben nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Kap. 5-7: Vgl. Lk 6, 20-49. Die Bergpredigt gehört zu den wichtigsten Abschnitten des Neuen Testaments. Matthäus gibt darin in gedrängter Zusammenfassung und Auswahl die Gedanken wieder, die Jesus seinen Jüngern und dem Volke in längeren Ausführungen vorgetragen hat. Einiges hat der Evangelist aus anderem Zusammenhang eingefügt. Selig sind, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott anschauen. Selig sind die Friedensstifter; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 10 Selig sind, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen; denn ihrer ist das Himmelreich. 11 Selig seid ihr, wenn euch die Menschen schmähen und verfolgen und alles Böse fälschlich wider euch aussagen um meinetwillen. 12 Freuet euch und frohlocket, denn euer Lohn ist groß im Himmel. Denn so haben sie auch die Propheten vor euch verfolgt. 1-12: Vgl. Lk 6,20-26.

 

Ermahnungen an die Jünger. 13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz seine Kraft verliert, womit soll man dann salzen? Es taugt zu nichts mehr, als daß es hinausgeworfen und von den Leuten zertreten werde. 14 Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berge liegt, kann nicht verborgen bleiben. 15 Auch zündet man ein Licht nicht an, um es unter den Scheffel zu stellen, sondern auf den Leuchter, damit es allen leuchte im Hause. 16 So leuchte euer Licht vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. 13-16: Vgl. Mk 9,50; 4,21; Lk 14,34-35; 8,16; 11, 33. Christusjünger sollen mit dem Salz übernatürlicher Werte andere vor sittlicher Fäulnis bewahren, ihnen aber nicht das Leben versalzen. Ihr Licht soll leuchten, nicht blenden.

 

Jesus und das alte Gesetz. 17 Glaubet nicht, ich sei gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, aufzuheben, sondern zu erfüllen. 18 Denn wahrlich, ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, wird nicht ein Strichlein oder ein Häkchen vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist. 19 Wer also eins von diesen geringsten Geboten auflöst und so die Menschen lehrt, der wird der Geringste heißen im Himmelreich. Wer aber es befolgt und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich. 20 Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht vollkommener sein wird als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen. 17-20: Vgl. Lk 16, 17. Die alttestamentliche Offenbarung hat im Neuen Testament ihre Geltung nicht verloren, sondern ihre Vollendung gefunden. Wer sie ablehnt, trennt Krone und Stamm von der Wurzel.

 

Vom fünften Gebot. 21 Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll dem Gerichte verfallen sein. 22 Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder zürnt, der wird des Gerichtes schuldig sein. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Dummkopf, wird dem Hohen Rate verfallen sein. Wer jedoch sagt: Du Narr, wird dem höllischen Feuer verfallen sein. 23 Wenn du also deine Gabe zum Altare bringst und dich dort erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, 24 so laß deine Gabe dort vor dem Altare und geh hin und versöhne dich zuvor mit deinem Bruder und dann komm und opfere deine Gabe. 25 Versöhne dich mit deinem Widersacher ohne Verzug, solange du mit ihm auf dem Wege bist, damit dich nicht der Widersacher dem Richter übergebe und der Richter dem Gerichtsdiener, und du in den Kerker geworfen werdest. 26 Wahrlich, ich sage dir: Du wirst von da nicht herauskommen, bis du den letzten Heller bezahlt hast. 21-26: Vgl. Lk 12, 57-59. An sechs Beispielen zeigt Jesus mit gesetzgebender Vollmacht, daß im Neuen Bund das Gottesgesetz in seinem wahren ursprünglichen Sinn zu beobachten ist (21-48). Er fordert eine Religion der Gesinnung und Tat.

 

Vom sechsten Gebot. 27 Ihr habt gehört, daß [zu den Alten] gesagt worden ist: Du sollst nicht ehebrechen. 28 Ich aber sage euch: Jeder, der ein Weib lüstern ansieht, der hat schon Ehebruch mit ihr begangen in seinem Herzen. 29 Wenn dein rechtes Auge dir Ärgernis gibt, so reiß es aus und wirf es von dir; denn es ist besser für dich, daß eines deiner Glieder verlorengehe, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde. 30 Und wenn deine rechte Hand dir Ärgernis gibt, so haue sie ab und wirf sie von dir; denn es ist für dich besser, daß eines deiner Glieder verlorengehe, als daß dein ganzer Leib in die Hölle fahre. 27-30 Wer die schlechte Tat meiden will, muß die Begierde zügeln. Die ungeordnete Begierde reizt zum lüsternen Blick; der lüsterne Blick stachelt zur bösen Tat an. 31 Es ist ferner gesagt worden: Wer sein Weib entlassen will, der soll ihr einen Scheidebrief geben. 32 Ich aber sage euch: Jeder, der sein Weib entläßt, abgesehen vom Fall der Unzucht, macht, daß sie die Ehe bricht; und wer eine Entlassene zur Ehe nimmt, bricht die Ehe. 31-32 Vgl. Lk 16, 18. Die Religion Jesu läßt unter keinen Umständen nach gültig geschlossener und vollzogener Ehe eine Wiederverheiratung zu Lebzeiten beider Ehegatten zu, auch nicht bei Ehebruch. Das ist der wirksamste Schutz der Familie und der Frauenwürde. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es erlaubt werden, daß die Ehegatten voneinander getrennt leben. Das Band ihrer Ehe aber bleibt bestehen. Nur der Tod vermag es zu lösen

 

Vom Eide. 33 Wiederum habt ihr gehört, daß zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht falsch schwören, sondern du sollst dem Herrn halten, was du geschworen hast. 34 Ich aber sage euch: Ihr sollt überhaupt nicht schwören, weder bei dem Himmel, weil er der Thron Gottes ist, 35 noch bei der Erde, weil sie der Schemel seiner Füße ist, noch bei Jerusalem, weil es die Stadt des großen Königs ist. 36 Auch bei deinem Haupte sollst du nicht schwören, weil du nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz machen kannst. 37 Euer Jawort sei vielmehr ein Ja, euer Nein ein Nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen. 33-37 Der Eid bleibt erlaubt. Jesus selber hat vor Gericht geschworen (Mt 26, 63-64). Wo aber die innere und äußere Wahrhaftigkeit herrscht, wie er sie fordert, ist kein Eid mehr nötig.

 

Wiedervergeltung. 38 Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Aug um Aug, Zahn um Zahn. 39 Ich aber sage euch: Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen, sondern wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, so halte ihm auch die andere hin. 40 Und will jemand mit dir vor Gericht streiten und dir deinen Rock nehmen, so laß ihm auch den Mantel. 41 Und wer dich nötigt, eine Meile mitzugehen, mit dem mache einen Weg von zwei. 42 Wer dich um etwas bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, von dem wende dich nicht ab. 38-42 Vgl. Lk 6,29-30. Wir dürfen unser Recht suchen (vgl. Jo 18,22-23) Höher jedoch als kaltes Recht steht die Bruderliebe.

 

Versöhnlichkeit. 43 Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 43-48: Vgl. Lk 6,27-28. 32-36. Das Gebot, den Feind zu hassen, hatten die Gesetzeslehrer widerrechtlich beigefügt. Feindesliebe ist nicht charakterlose Schwäche, sondern heldische Seelenkraft und Nachahmung des göttlichen Vorbildes. 44 Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde; [tut Gutes denen, die euch hassen,] und betet für die, welche euch verfolgen [und verleumden], 45 auf daß ihr Kinder eures Vaters im Himmel seid, der seine Sonne über Gute und Böse aufgehen und über Gerechte und Ungerechte regnen läßt. 46 Wenn ihr nämlich nur die liebet, welche euch lieben, was sollt ihr da für einen Lohn haben? Tun dies nicht auch die Zöllner? 47 Und wenn ihr nur eure Brüder grüßet, was tut ihr da Besonderes? Tun dies nicht auch die Heiden? 48 Ihr also sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist. .

 

6 Almosengeben. Habet acht, daß ihr eure Gerechtigkeit nicht übet vor den Menschen, um von ihnen gesehen zu werden, sonst habt ihr keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel. Wenn du daher Almosen gibst, so laß es nicht vor dir herposaunen wie die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun, damit sie von den Leuten gepriesen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon empfangen. Wenn du aber Almosen gibst, so soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut, damit dein Almosen im Verborgenen bleibe, und dein Vater, der es im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten. 1-4 Stilles Wohltun aus Gottesliebe leistet auf die Dauer am meisten, weil es aus inneren Quellen fließt, nicht aus verkappter Selbstsucht oder Zwang.

 

Vom Gebet. Wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken herumstehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon empfangen. Du aber, wenn du betest, geh in deine Kammer, schließ die Türe und bete zu deinem Vater im Verborgenen, und dein Vater, der es im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten. Wenn ihr aber betet, so sollt ihr nicht plappern wie die Heiden. Denn diese meinen, erhört zu werden, wenn sie viele Worte machen. Macht es also nicht wie sie. Euer Vater weiß ja schon, was ihr brauchet, ehe ihr ihn bittet. Ihr aber sollt also beten: Vater unser, der du bist in dem Himmel! Geheiligt werde dein Name. 10 Zu uns komme dein Reich. Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden. 11 Unser tägliches Brot gib uns heute. 12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. 13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. [Amen.]

 

14 Denn wenn ihr den Menschen ihre Fehler vergebet, so wird euch euer himmlischer Vater auch [eure Sünden] vergeben. 15 Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebet, so wird euch euer Vater eure Sünden auch nicht vergeben. 5-15: Vgl. Lk 11,1-4. Nicht das öffentliche Bekenntnis des Glaubens noch das gemeinsame Beten tadelt Jesus, sondern die eitle Schaustellung. Im Vaterunser hat er uns das herrlichste Gemeinschaftsgebet gelehrt. Wer zu stolz ist, um mit andern zusammen zu Gott zu beten, wird es auch bald nicht mehr in stiller Kammer allein tun.

 

Vom Fasten. 16 Wenn ihr fastet, so sollt ihr nicht trübselig dreinschauen wie die Heuchler. Sie entstellen ihr Angesicht, damit die Leute sehen, daß sie fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon empfangen. 17 Du aber, wenn du fastest, salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht, 18 damit die Leute nicht sehen, daß du fastest, sondern nur dein Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der es im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten. 16-18 Jesus setzt voraus, daß wir fasten; aber wir sollen es in rechter Meinung tun.

 

Vom rechten Schätzesammeln. 19 Sammelt euch keine Schätze auf Erden, wo sie Motte und Rost (Wurm) verzehren, und wo Diebe einbrechen und stehlen, 20 sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo sie weder Motte noch Rost (Wurm) verzehren, und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. 21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 22 Die Leuchte deines Leibes ist dein Auge. Ist dein Auge gesund, so wird dein ganzer Leib licht sein; 23 ist aber dein Auge krank, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun aber das Licht in dir Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein! 19-23: Vgl. Lk 12,33-34; 11,34-36. Was das Auge für den Leib bedeutet, das ist die reine Gesinnung im religiösen Leben.

 

Unnützes Sorgen. 24 Niemand kann zwei Herren dienen; denn er wird den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. 25 Darum sage ich euch: Sorget nicht ängstlich für euer Leben, was ihr essen werdet, noch für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist das Leben nicht mehr als die Speise, und der Leib nicht mehr als die Kleidung? 26 Seht hin auf die Vögel des Himmels; sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in Scheunen, und euer himmlischer Vater ernähret sie. Seid ihr nicht viel mehr als sie? 27 Wer unter euch kann mit seinen Sorgen seiner Lebenslänge auch nur eine Elle zusetzen? 28 Und warum sorget ihr ängstlich für die Kleidung? Betrachtet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen; sie arbeiten nicht und spinnen nicht, 29 und doch sage ich euch: Selbst Salomon in all seiner Pracht war nicht gekleidet wie eine von ihnen. 30 Wenn nun Gott das Gras auf dem Felde, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, also kleidet, wieviel mehr euch, ihr Kleingläubigen? 31 Sorget euch also nicht ängstlich und saget nicht: Was werden wir essen, was werden wir trinken, was werden wir anziehen? 32 Denn nach all dem trachten die Heiden. Euer himmlischer Vater weiß ja doch, daß ihr dies alles brauchet. 33 Suchet also zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dies alles wird euch dazugegeben werden. 34 Sorget darum nicht ängstlich für den morgigen Tag, denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug an seiner Plage. 24-34: Vgl. Lk 16,13; 12,22-31. Jeder ist vor die Entscheidung gestellt, ob er Gott dienen will oder nicht. Geht er im Diesseits auf, so wird das Geld sein Götze. Sorglosigkeit um Irdisches darf aber nicht aus Bequemlichkeit entspringen. Wer sich um sein Fortkommen plagt, als komme alles auf ihn an, dabei aber kindlich auf Gott vertraut, als hänge alles von dessen Hilfe ab, bleibt innerlich frei und froh. .

 

7 Warnung vor freventlichem Urteil. Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn mit dem Urteil, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit dem Maß, mit dem ihr messet, wird euch gemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in dem Auge deines Bruders, und den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? Oder wie magst du zu deinem Bruder sagen: Laß mich den Splitter aus deinem Auge ziehen, und siehe, in deinem Auge ist ein Balken? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge und dann sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest. 1-5: Vgl. Lk 6,37-38. 41-42. Der Pharisäergeist, den Jesus hier geißelt, ist unter Christen doppelt häßlich. Niemand soll glauben, er sei fromm, wenn er lieblos ist im Urteil über andere.

 

Ehrfurcht und Selbstachtung. Gebet das Heilige nicht den Hunden und werfet eure Perlen nicht den Schweinen vor, damit sie nicht etwa mit ihren Füßen sie zertreten, sich umkehren und euch zerreißen. 6: Zur Religion gehört Ehrfurcht und Selbstachtung. Unfähigkeit, das Heilige zu achten, steht oft im Bunde mit Gehässigkeit gegen jede Religion und ihre Vertreter.

 

Vom Beten. Bittet, und es wird euch gegeben werden; suchet, und ihr werdet finden; klopfet an, und es wird euch aufgetan werden. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; wer anklopft, dem wird aufgetan werden. Oder ist wohl ein Mensch unter euch, der seinem Sohne, wenn er um Brot bittet, einen Stein gäbe? 10 Oder, wenn er um einen Fisch bittet, wird er ihm eine Schlange darreichen? 11 Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisset, wieviel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten! 7-11: Vgl. Lk 11,9-13. Wozu die eigene Kraft nicht ausreicht, das sollen wir in demütigem Gebet erflehen. 12 Alles also, was ihr von den Leuten erwartet, das sollt ihr ihnen ebenso tun; denn das ist das Gesetz und die Propheten. 12: Vgl. Lk 6,31. Das ist mehr, als wenn einer dem andern das nicht antut, was ihm selber unangenehm wäre. Diese „goldene Lebensregel“ faßt kurz zusammen, was das Alte Testament von den Pflichten der Nächstenliebe sagt.

 

Von den zwei Wegen. 13 Gehet ein durch die enge Pforte, denn weit ist das Tor und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind es, die da hineingehen. 14 Denn eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und nur wenige sind es, die ihn finden.

 

Falsche Propheten. 15 Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind. 16 An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Sammelt man denn Trauben von Dornen oder Feigen von Disteln? 17 So bringt jeder gute Baum gute Früchte, der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte. 18 Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, und ein schlechter Baum kann nicht gute Früchte bringen. 19 Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. 20 An ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen. 13-20: Vgl. Lk 13,24; 6,43-45. Wer den rechten Weg zum ewigen Glück finden will, darf nicht mit der Masse laufen, die meist opferscheu ist, und darf sich keinen Führern anvertrauen, die anders handeln als reden.

 

Kennzeichen des wahren Christen. 21 Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut [der wird in das Himmelreich eingehen]. 22 Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen prophetisch geredet? Haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder gewirkt? 23 Alsdann werde ich ihnen offen erklären: Niemals habe ich euch gekannt! Weichet von mir, ihr Übeltäter! 24 Jeder also, der diese meine Worte hört und sie befolgt, ist gleich einem weisen Manne, der sein Haus auf einen Felsen gebaut hat. 25 Da fiel der Platzregen, es kamen die Ströme, es bliesen die Winde und stürmten ein auf jenes Haus, aber es fiel nicht zusammen, denn es war auf dem Felsen gegründet. 26 Wer diese meine Worte hört und sie nicht befolgt, der gleicht einem törichten Manne, der sein Haus auf den Sand gebaut hat. 27 Da fiel der Platzregen, es kamen die Ströme, es bliesen die Winde und stießen an jenes Haus, und es stürzte ein, und sein Fall war groß.

28 Und es geschah, als Jesus diese Reden vollendet hatte, da staunten die Volksscharen über seine Lehre; 29 denn er lehrte sie wie einer, der Macht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten [und Pharisäer]. 21-29: Vgl. Lk 6,46-49; 13,26-27. Nicht aufs fromme Reden kommt es an, sondern auf das Leben nach Gottes Gebot. Ohne dies nutzt einem sogar die Wunderkraft nichts.

 

Jesus, der große Wundertäter

8 Heilung des Aussätzigen. Als Jesus vom Berge herabstieg, folgten ihm große Volksmassen. Und siehe, ein Aussätziger kam, fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen. Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will, werde rein! Und sogleich wurde sein Aussatz rein. Jesus sprach zu ihm: Sieh zu, daß du es niemandem sagest; geh vielmehr hin, zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Moses befohlen hat, ihnen zum Zeugnisse (3 Mos 14, 2). 1-4: Vgl. Mk 1,40-44, Lk 5,12-14.

 

Heilung des kranken Knechtes. Als er aber in Kapharnaum eingezogen war, trat ein Hauptmann zu ihm und bat ihn: Herr, mein Knecht liegt zu Hause gelähmt und leidet arge Schmerzen. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete: O Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehest unter mein Dach aber sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Wenn ich auch nur ein Mensch und der Obrigkeit unterworfen bin, so habe ich doch Soldaten unter mir. Und sage ich zu einem: Geh, so geht er, und zu einem andern: Komm, so kommt er, und zu meinem Knechte: Tu das, so tut er's. 10 Da Jesus das hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm folgten: Wahrlich, ich sage euch, solch großen Glauben habe ich in Israel bei niemand gefunden. 11 Ich sage euch aber: Viele werden vom Osten und Westen kommen und mit Abra­ham, Isaak und Jakob im Himmelreiche zu Tische sitzen; 12 die Kinder des Reiches aber werden hinausgeworfen in die Finsternis draußen; da wird Heulen und Zähneknirschen sein. 13 Dann sprach Jesus zu dem Hauptmann: Gehe hin, wie du geglaubt hast, so soll dir geschehen. Und zur selben Stunde ward der Knecht gesund. 5-13: Vgl. Lk 7,1-10. Der heidnische Hauptmann findet in demütigem Glauben den Weg zum Gottesreich, die auf ihre Rassenvorzüge pochenden Juden dagegen werden ausgeschlossen. Die Sorge um seinen Knecht und das Verhältnis zu seinen Untergebenen sind vorbildlich.

 

Heilung der Schwiegermutter des Petrus. 14 Als Jesus in das Haus des Petrus kam, sah er dessen Schwiegermutter fieberkrank darniederliegen. 15 Er nahm sie bei der Hand, und das Fieber verließ sie, sie stand auf und bediente ihn. 16 Als es aber Abend geworden war, brachte man zu ihm viele Besessene, und er trieb die Geister aus durch sein Wort und machte alle Kranken gesund. 17 So sollte in Erfüllung gehen, was durch den Propheten Isaias gesagt ist: Er hat unsere Gebrechen auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen (Is 53, 4). 14-17: Vgl. Mk 1,29-34 Lk 4,38-41.

 

Erfordernisse der Nachfolge Christi. 18 Als Jesus viel Volk um sich her sah, befahl er, ans andere Ufer zu fahren. 19 Da trat ein Schriftgelehrter hinzu und sprach zu ihm: Meister, ich will dir nachfolgen, wohin du auch gehst. 20 Jesus erwiderte ihm: Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wohin er sein Haupt lege. 21 Ein anderer, einer seiner Jünger, sprach zu ihm: Herr, laß mich zuvor hingehen und meinen Vater begraben. 22 Jesus entgegnete ihm: Folge mir nach und laß die Toten ihre Toten begraben. 18-22: Vgl. Lk 9,57-62. Die Nachfolge Christi fordert Heldensinnn. Weichliche und unentschlossene Charaktere taugen nicht dazu.

 

Der Sturm auf dem Meere. 23 Als er in das Schifflein stieg, folgten ihm seine Jünger. 24 Und siehe, es erhob sich ein großer Sturm auf dem See, so daß das Schifflein von den Wellen bedeckt wurde. Er aber schlief. 25 Da traten sie zu ihm, weckten ihn und riefen: Herr, rette uns, wir gehen zugrunde! 26 Jesus sprach zu ihnen: Was seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf, gebot den Winden und dem See, und es ward große Windstille. 27 Die Leute aber staunten und sprachen: Wer ist doch dieser, daß ihm sogar die Winde und das Meer gehorchen? 23-27: Vgl. Mk 4,35-41; Lk 8,22-25.

Die Besessenen. 28 Als er über den See in das Gebiet der Gerasener gekommen war, liefen ihm zwei Besessene entgegen, die kamen aus den Grabhöhlen und waren überaus wild, so daß niemand auf jenem Wege vorbeigehen konnte. 29 Und siehe, sie schrien: [Jesus,] Sohn Gottes, was willst du von uns? Bist du hierher gekommen, uns vor der Zeit zu quälen? 30 Es war aber nicht weit von ihnen eine große Schweineherde auf der Weide. 31 Und die bösen Geister baten ihn: Wenn du uns von da austreibst, so laß uns in die Schweineherde fahren. 32 Er antwortete ihnen: Fahret hin! Sie fuhren aus und fuhren in die Schweine und siehe, die ganze Herde stürmte den Abhang hinab in den See und kam im Wasser um. 33 Die Hirten aber flohen und erzählten in der Stadt alles, auch das, was sich mit den Besessenen zugetragen hatte. 34 Und siehe, die ganze Stadt zog hinaus, Jesus entgegen; und als sie ihn sahen, baten sie ihn, er möge sich entfernen aus ihrem Gebiet. 34: Die Heilung ihrer Mitbürger hätte den Gerasenern den Verlust der Schweineherde aufwiegen und sie zum Glauben führen müssen; aber dem Diesseitsmenschen sind ein paar Schweine mehr wert als die Güter der Übernatur. 28-34: Vgl. Mk 5,1-20; Lk 8,26-39. Besessenheit ist keine Nervenkrankheit, sondern Besitzergreifung der physischen und psychischen Kräfte eines Menschen durch den Teufel, so daß der Teufel wie ein zweites Ich von den Organen und Fähigkeiten des Besessenen auch gegen dessen Willen Gebrauch macht oder ihre normalen Funktionen stört. Sie ist an und für sich unabhängig vom sittlichen Zustand des Menschen. Zur Zeit Jesu trat diese Erscheinung häufiger auf, kommt aber auch heute noch vor. Die Macht Jesu über die bösen Geister war ein besonders wirksamer Beweis seiner göttlichen Sendung (Mt 12, 28).

 

9 Heilung eines Gelähmten. Hierauf stieg er in das Schifflein, fuhr über und kam in seine Stadt. Siehe, da brachte man zu ihm einen Gelähmten, der auf einem Bette lag. Da Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Sei getrost, mein Kind, deine Sünden sind dir vergeben. Siehe, einige der Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: Der lästert Gott. Da Jesus ihre Gedanken durchschaute, sprach er: Warum denket ihr Böses in euren Herzen? Was ist leichter zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben, oder zu sagen: Steh auf und wandle? 5: Beides mit Erfolg zu sagen, erfordert göttliche Macht, aber bei dem einen läßt sich die Wirkung kontrollieren. Damit ihr aber wißt, daß der Menschensohn Macht hat, auf Erden Sünden zu vergeben — da sprach er zu dem Gelähmten: Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause. Und er stand auf und ging nach Hause. Als aber die Volksscharen dies sahen, wurden sie von der Furcht ergriffen und priesen Gott, der solche Macht den Menschen gegeben. 1-8: Vgl. Mk 2,1-12, Lk 5,17-26.

 

Berufung des Matthäus. Als Jesus von da wegging, sah er einen Mann an der Zollstätte sitzen, mit Namen Matthäus. Er sprach zu ihm: Folge mir nach! Da stand dieser auf und folgte ihm. 10 Und es begab sich, als er im Hause zu Tische saß, siehe, da kamen viele Zöllner und Sünder und setzten sich mit Jesus und seinen Jüngern zu Tische. 11 Da die Pharisäer dies sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Warum ißt euer Meister mit den Zöllnern und Sündern? 12 Jesus, der dies hörte, sprach: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. 13 Gehet hin und lernet, was das heißt: Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer; denn ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder. 13: Ohne barmherzige Liebe sind Opfer wertlos. Die Gerechten bedürfen keiner besonderen Einladung. 9-13: Vgl. Mk 2,13-17; Lk 5,27-32.

 

Fasten. 14 Hierauf traten die Jünger des Johannes zu ihm und sprachen: Warum fasten wir und die Pharisäer [so viel], deine Jünger aber fasten nicht? 15 Jesus antwortete ihnen: Können denn die Hochzeitsleute trauern, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da der Bräutigam von ihnen genommen wird, alsdann werden sie fasten. 16 Niemand aber setzt einen Lappen aus ungewalktem Tuch auf ein altes Kleid. Denn der Fleck reißt vom Kleide ab, und der Riß wird schlimmer. 17 Auch gießt man nicht neuen Wein in alte Schläuche, sonst zerreißen die Schläuche, und der Wein läuft aus, und die Schläuche gehen zugrunde. Vielmehr füllt man neuen Wein in neue Schläuche, dann bleibt beides erhalten. 14-17: Vgl. Mk 2,18-22; Lk 5,33-39. Das neue Tuch und der neue Wein bedeuten die Lehre des Erlösers, das alte Kleid und die alten Schläuche bedeuten die pharisäischen Gesetzesauslegungen, die mit der neuen Lehre nicht mehr vereinbar sind. Daß Jesus nicht das Fasten als solches verurteilt, beweist sein eigenes Fasten. Echte Frömmigkeit schafft zwischen Christus und den Gläubigen ein Verhältnis beglückender Liebe und Freude wie zwischen Bräutigam und Braut.

 

Heilung der Blutflüssigen und Erweckung der Tochter des Jairus. 18 Während er so zu ihnen redete, siehe, da trat ein Vorsteher herzu, fiel ihm zu Füßen und sprach: [Herr,] meine Tochter ist eben zum Sterben gekommen. Aber komme doch, leg ihr die Hand auf, so wird sie leben. 19 Jesus erhob sich und folgte ihm mit seinen Jüngern. 20 Und siehe, eine Frau, die seit zwölf Jahren am Blutflusse litt, trat von hinten hinzu und berührte die Quaste seines Gewandes. 21 Denn sie dachte: Wenn ich nur sein Gewand berühre, so werde ich gesund. 22 Jesus aber wandte sich um, sah sie und sprach: Tochter sei getrost, dein Glaube hat dir geholfen! Und die Frau ward gesund von jener Stunde an. 23 Als Jesus in das Haus des Vorstehers kam und dort die Flötenspieler und die lärmende Menge sah, 23: Lärmende Totenklage galt als Zeichen großer Trauer. 24 sprach er: Geht fort! Denn das Mädchen ist nicht tot, sondern schläft. Da verlachten sie ihn. 25 Nachdem die Menge hinausgeschafft war, trat er ein, nahm es bei der Hand, und das Mädchen stand auf. 26 Die Kunde hiervon verbreitete sich in jener ganzen Gegend. 18-26: Vgl. Mk 5, 21-43; Lk 8,40-56. Mit Demut und Vertrauen bittet der Vater für sein einziges Kind.

 

Heilung zweier Blinden und eines Besessenen. 27 Als Jesus von da weiterging, folgten ihm zwei Blinde, die schrien: Erbarme dich unser, Sohn Davids! 28 Da er in das Haus gekommen war, traten die Blinden zu ihm, und Jesus sprach zu ihnen: Glaubet ihr, daß ich dies tun kann? Sie sprachen zu ihm: Ja, Herr! 28 „Sohn Davids“ ist einer der gebräuchlichsten Titel für den Messias. 29 Da berührte er ihre Augen und sprach: Nach eurem Glauben geschehe euch! 30 Und ihre Augen öffneten sich. Jesus aber gebot ihnen strenge: Sehet zu, daß es niemand erfahre! 30 Jesus hat nie Wert darauf gelegt, auf die Massen Eindruck zu machen. 31 Sie aber gingen hinaus und verbreiteten die Kunde von ihm in jener ganzen Gegend. 32 Nachdem sie fort waren, siehe, da brachte man zu ihm einen Stummen, der besessen war. 33 Und da der böse Geist ausgetrieben war, redete der Stumme. Die Volksscharen riefen voll Staunen: Noch nie ist so etwas vorgekommen in Israel! 34 Die Pharisäer aber sagten: Durch den obersten der Teufel treibt er die Teufel aus!

 

Rückblick auf Jesu Wirken. 35 Und Jesus zog umher durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, verkündete die Frohbotschaft vom Reiche und heilte alle Krankheiten und Gebrechen. 36 Als er aber die Volksscharen sah, empfand er Mitleid mit ihnen. Denn sie waren abgehetzt und ganz verwahrlost, wie Schafe, die keinen Hirten haben. 37 Dann sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist zwar groß, aber der Arbeiter sind wenige. 38 Bittet daher den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende).

 

Aussendung der Apostel 10 Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Gewalt, die unreinen Geister auszutreiben und jede Krankheit und jedes Gebrechen zu heilen. Die Namen der zwölf Apostel aber sind: Der erste Simon, der Petrus genannt wird, und sein Bruder Andreas; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes; 2: Petrus ist bereits der Führer des Jüngerkreises Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus; Simon der Eiferer, und Judas Iskariot, der sein Verräter wurde. Diese zwölf sandte Jesus aus mit dem Auftrag: Auf einen Weg zu den Heiden gehet nicht und eine Samariterstadt betretet nicht. Vielmehr gehet zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. 5-6: Später hat Jesus die Heidenmission ausdrücklich befohlen (Mt 28, 19). Zunächst sollte den Israeliten das Heil angeboten werden. Gehet hin und predigt: Das Himmelreich ist nahe! Heilet Kranke, wecket Tote auf, macht Aussätzige rein, treibet böse Geister aus. Umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebet! Verschafft euch nicht Gold noch Silber noch Kupfergeld in eure Gürtel, 10 auch keine Reisetasche, keine zwei Röcke, keine Schuhe, keinen Stab, denn der Arbeiter ist seiner Nahrung wert. 10: Während hier und Lk 9,3 der Stab verboten ist, ist die Mitnahme nach Mk 6,8 ausdrücklich erlaubt. Der gewöhnliche Wanderstab zum Schutz und zur Stütze war erlaubt, aber nicht der vielfach übliche überflüssige Zierstab. 11 Wenn ihr in eine Stadt oder in ein Dorf kommet, so fraget, wer darin würdig sei; dort bleibet, bis ihr weiter geht. 12 Wenn ihr aber das Haus betretet, grüßet es [mit den Worten: Friede diesem Hause]! 13 Und ist das Haus würdig, so wird euer Friede darauf kommen; ist es aber nicht würdig, so wird euer Friede auf euch zurückkehren. 14 Wo man euch nicht aufnimmt und auf eure Worte nicht hört, da gehet hinaus aus dem Hause oder der Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen. 15 Wahrlich, ich sage euch: Es wird dem Lande Sodoma und Gomorrha am Tage des Gerichtes erträglicher ergehen als einer solchen Stadt. 1-15: Vgl. Mk 3,13-19; Lk 6,12-16; Mk 6,7-13; Lk 9,1-6.

 

Voraussage der Verfolgung. 16 Sehet, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. Seid daher klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben! 17 Nehmet euch in acht vor den Menschen. Denn sie werden euch den Gerichten ausliefern und in ihren Synagogen euch geißeln. 18 Und vor Statthalter und Könige werdet ihr geführt werden um meinet willen, um vor ihnen und den Heiden Zeugnis zu geben. 19 Wenn sie euch ausliefern, so macht euch keine Sorge, wie oder was ihr reden sollt; denn es wird euch in jener Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt. 20 Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern der Geist eures Vaters redet durch euch. 19-20: Vgl. Mk 13 11, Lk 12, 11-12. 21 Es wird aber der Bruder den Bruder in den Tod liefern und der Vater das Kind; und Kinder werden sich auflehnen gegen die Eltern und sie in den Tod bringen. 22 Ihr werdet gehaßt sein von allen um meines Namens willen. Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. 23 Wenn man euch verfolgt in dieser Stadt, fliehet in eine andere. Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet noch nicht fertig sein mit den Städten Israels, bis der Menschensohn kommt. 24 Der Jünger steht nicht über dem Meister und der Knecht nicht über seinem Herrn. 25 Der Jünger muß zufrieden sein, wenn er wird wie sein Meister, und der Knecht, wenn er wird wie sein Herr. Haben sie den Hausvater Beelzebul geheißen, wieviel mehr seine Hausgenossen! 16-25: Vgl. Mt 24,9-14; Mk 13,9-13; Lk 21,12-19. Die Zugehörigkeit zu Christus fordert Bekennermut.

 

Vertrauen und Ausdauer. 26 Fürchtet sie also nicht! Denn nichts ist verborgen, das nicht offenbar, und nichts geheim, das nicht bekannt werden wird. 27 Was ich euch im Finstern sage, das saget im Lichte, und was euch ins Ohr geflüstert wird, das verkündet auf den Dächern. 27: Auf den flachen Dächern wurden Neuigkeiten verkündet. 28 Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, aber die Seele nicht töten können. Fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib in der Hölle zu verderben vermag. 29 Verkauft man denn nicht zwei Sperlinge um ein paar Pfennige? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne euren Vater. 30 Bei euch aber sind sogar alle Haare des Hauptes gezählt. 31 Darum fürchtet euch nicht. Ihr seid mehr wert als viele Sperlinge. 32 Jeder nun, der sich zu mir bekennt vor den Menschen, zu dem werde auch ich mich bekennen vor meinem Vater im Himmel. 33 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den will ich auch verleugnen vor meinem Vater im Himmel. 24-33 Vgl. Lk 6, 40: 12, 1-9 34 Glaubet nicht, daß ich gekommen bin, Frieden auf die Erde zu bringen! 35 Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert! Ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater, die Tochter mit ihrer Mutter, die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. 36 Und die Feinde des Menschen werden seine Hausgenossen sein. 37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. 38 Und wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert. 39 Wer sein Leben findet, wird es verlieren; und wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. 40 Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat. 41 Wer einen Propheten aufnimmt, weil er Prophet ist, wird Prophetenlohn empfangen; und wer einen Gerechten aufnimmt wegen seiner Gerechtigkeit, wird den Lohn eines Gerechten empfangen. 42 Und wer einem von diesen Kleinen nur einen Becher frischen Wassers zu trinken reicht wegen seines Jüngernamens, wahrlich, ich sage euch: Er wird seinen Lohn nicht verlieren. 34-42: Vgl., Lk 12,51-53; 14,25-27; 10, 16; Mk 9,41. Jesus fordert seine Jünger auf, den Frieden mit Gott und der Kirche höher zu stellen als den Frieden mit den Anverwandten, seine Nachfolge höher als die Furcht vor Schmerz und Tod, das Leben der Seele höher als das des Leibes. Er will keinen Unfrieden in die Familie bringen, der aus Lieblosigkeit und Eigennutz entsteht; er will aber auch keinen faulen Frieden unter Verletzung der Gewissenspflicht.

 

Widerspruch gegen Jesus

11 Jesus und der Täufer. Als Jesus die Unterweisung an seine zwölf Jünger vollendet hatte, ging er von da weg, um in ihren (der Galiläer) Städten zu lehren und zu predigen. Johannes aber hörte im Gefängnis von den Taten des Messias und sandte [zwei] von seinen Jüngern und ließ ihn fragen: Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten? Jesus antwortete ihnen: Gehet hin und meldet dem Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird die Heilsbotschaft verkündet (Is 35, 5. 6; 61, 1. 2). Und selig ist, wer an mir nicht Anstoß nimmt.

 

Während sie aber weggingen, fing Jesus an, zu den Volksscharen über Johannes zu reden: Was seid ihr in die Wüste hinausgegangen zu sehen? Ein Rohr, vom Winde hin und her bewegt? Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Menschen in weichlichen Kleidern? Sehet, die weichliche Kleider tragen, findet man in den Palästen der Könige. Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Propheten? Ja, ich sage euch: Er ist noch mehr als ein Prophet. 10 Denn dieser ist's, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesichte her, der deinen Weg vor dir bereiten soll (Mal 3, 1). 11 Wahrlich, ich sage euch: Unter denen, die von Weibern geboren wurden, ist kein Größerer aufgestanden als Johannes der Täufer. Aber der Geringste im Himmelreiche ist größer als er. 12 Seit den Tagen Johannes des Täufers bis jetzt leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt gebrauchen, reißen es an sich. 13 Denn alle Propheten und das Gesetz bis auf Johannes haben es geweissagt, 14 und wenn ihr es annehmen wollet: Er ist Elias, der da kommen soll. 15 Wer Ohren hat, der höre.

 

16 Womit aber soll ich dieses Geschlecht vergleichen? Es ist den Kindern gleich, die auf dem Markte sitzen und ihren Gespielen zurufen: 17 Wir haben euch aufgespielt, aber ihr habt nicht getanzt. Wir haben Klagelieder gesungen, aber ihr habt nicht an die Brust geschlagen. 18 Denn es kam Johannes, der aß und trank nicht, und sie sagen: Er hat einen bösen Geist. 19 Es kam der Menschensohn, er ißt und trinkt, und sie sagen: Seht, ein Schlemmer und Weintrinker, ein Freund von Zöllnern und Sündern. Aber die Weisheit hat ihre Rechtfertigung gefunden in ihren Taten. 2-19: Vgl. Lk 7,18-35. Jesus stellt den charaktervollen Vorläufer seinen Hörern als Vorbild hin. Sie sind wie eigensinnige Kinder, denen es niemand recht machen kann. V. 12 kann bedeuten: Nur mit Anstrengung und Kampf kommt einer ins Himmelreich; oder aber: Das Reich des Messias wird von seinen Feinden bekämpft und vergewaltigt. V. 19 lautet am Schluß in manchen Textzeugen: „Aber die Weisheit ward als gerecht erkannt von ihren Kindern.“

 

Wehe über die Städte. 20 Darauf begann er die Strafrede an die Städte, in denen seine meisten Wunder geschehen waren, weil sie sich nicht bekehrt hatten. 21 Wehe dir, Korozain, wehe dir, Bethsaida! Denn wenn zu Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind, längst hätten sie in Sack und Asche Buße getan. 22 Doch ich sage euch: Tyrus und Sidon wird es erträglicher gehen am Tage des Gerichtes als euch. 23 Und du, Kapharnaum, wirst du etwa bis in den Himmel erhoben werden? Du wirst bis in die Hölle hinunterfahren. Denn wenn zu Sodoma die Wunder geschehen wären, die in dir geschehen sind, es stünde noch bis heute. 24 Doch ich sage euch: Dem Lande Sodoma wird es am Tage des Gerichtes erträglicher gehen als dir. 20-24: Vgl. Lk 10,13-16. Große Gnaden erhöhen die Verantwortung.

 

Lobgebet Jesu. 25 In jener Zeit hub Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß du dieses vor Weisen und Klugen verborgen, Kleinen aber geoffenbart hast. 26 Ja, Vater, denn also ist es wohlgefällig gewesen vor dir. 27 Alles ist mir von meinem Vater übergeben; und niemand kennt den Sohn als der Vater; und auch den Vater kennt niemand als der Sohn, und wem es der Sohn offenbaren will. 28 Kommet zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken. 29 Nehmet mein Joch auf euch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen. 30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Bürde ist leicht. 25-30: Vgl. Lk 10,21-23. Dieses herrliche Selbstzeugnis widerlegt die Behauptung, in den älteren Evangelien spreche Jesus nicht von seiner göttlichen Würde.

 

12 Der Sabbat. Zu jener Zeit ging Jesus am Sabbat durch die Saaten. Seine Jünger aber waren hungrig und fingen an, Ähren abzupflücken und zu essen. Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu ihm: Siehe, deine Jünger tun, was am Sabbat zu tun nicht erlaubt ist. Er entgegnete ihnen: Habt ihr nicht gelesen, was David getan, als ihn und seine Gefährten hungerte? (1 Sm 4 21, 6). Wie er in das Haus Gottes ging und sie die Schaubrote aßen, die ihm und seinen Gefährten zu essen nicht erlaubt war, sondern nur den Priestern? (3 Mos 24, 9.) Oder habt ihr nicht gelesen im Gesetze, daß die Priester am Sabbat im Tempel den Sabbat brechen und doch ohne Schuld sind? (4 Mos 28, 9.) Ich sage euch aber: Hier ist ein Größerer als der Tempel. Hättet ihr erkannt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer, niemals hättet ihr die Schuldlosen verurteilt. Denn Herr ist der Menschensohn [auch] über den Sabbat. 1-8: Vgl. Mk 2,23-28; Lk 6,1-5. Solches Abpflücken war nach 5 Mos 23, 26 jedem Volksgenossen erlaubt. Die Pharisäer sahen darin einen Verstoß gegen das Gebot der Sabbatruhe.

 

Heilung am Sabbat. Er ging weiter von da und kam in ihre Synagoge. 10 Und siehe, da war ein Mann mit einer verdorrten Hand. Sie fragten ihn: Darf man auch am Sabbat heilen? Sie wollten ihn nämlich verklagen. 11 Er sprach zu ihnen: Wenn einer von euch ein einziges Schaf hat und es fällt am Sabbat in eine Grube, wird er es nicht ergreifen und herausziehen? 12 Wieviel mehr als ein Schaf ist ein Mensch wert! Also ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun. 13 Dann sprach er zu dem Manne: Strecke deine Hand aus! Er streckte sie aus, und sie ward hergestellt und gesund wie die andere. 14 Die Pharisäer aber gingen hinaus und hielten Rat wider ihn, wie sie ihn umbringen könnten. 9-14: Vgl. Mk 3,1-6; Lk 6,6-11. 15 Jesus aber merkte dies und entfernte sich von dort; viele folgten ihm, und er machte sie alle gesund. 16 Er gebot ihnen strenge, von ihm nicht öffentlich zu reden. 17 So sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Isaias gesagt worden ist: 18 Siehe, das ist mein Knecht, den ich erwählt habe, mein Liebling, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich will meinen Geist auf ihn legen und er wird den Völkern das Recht verkünden. 19 Er wird nicht zanken noch schreien, noch wird jemand seine Stimme auf den Gassen hören. 20 Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen, bis er das Recht zum Siege gebracht hat. 21 Und die Völker werden auf seinen Namen hoffen. (Is 42,1-4).

 

Heilung eines Besessenen. 22 Da brachte man zu ihm einen Besessenen, der blind und stumm war. Und er heilte ihn, so daß der Stumme redete und sah. 23 Und alle Volksscharen gerieten außer sich und sprachen: Ist dieser nicht am Ende der Sohn Davids? 24 Da es aber die Pharisäer hörten, sprachen sie: Dieser treibt die Teufel bloß aus durch Beelzebul, den obersten der Teufel! 25 Jesus kannte ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Jedes Reich, das in sich gespalten ist, wird verwüstet werden, und jede Stadt oder jedes Haus, das in sich gespalten ist, wird nicht bestehen. 26 Wenn nun der Satan den Satan austreibt, so ist er wider sich selbst entzweit. Wie wird aber dann sein Reich bestehen? 27 Und wenn ich durch Beelzebul die Teufel austreibe, durch wen treiben dann eure Söhne sie aus? Also sind sie selbst eure Richter. 28 Wenn ich aber durch den Geist Gottes die Teufel austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen! 29 Oder wie kann jemand in das Haus des Starken eingehen und seine Habe rauben, wenn er nicht vorher den Starken gebunden hat? Dann erst kann er sein Haus plündern. 30 Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. 22-30: Vgl. Mk 3,23-27; Lk 11,14-23. Die Macht Jesu über die Dämonen konnten die Gegner nicht leugnen. Die widersinnige Erklärung sollte den starken Eindruck seiner Wunder auf das Volk verhüten. 31 Darum sage ich euch: Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben, aber die Lästerung wider den Geist wird nicht vergeben werden. 32 Wer ein Wort redet wider den Menschensohn, dem wird vergeben werden, wer aber wider den Heiligen Geist redet, dem wird weder in dieser noch in der künftigen Welt vergeben werden. 33 Entweder lasset den Baum gut sein, dann ist auch seine Frucht gut, oder lasset den Baum schlecht sein, dann ist auch seine Frucht schlecht. Denn an der Frucht erkennt man den Baum. 34 Ihr Schlangenbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund. 35 Der gute Mensch bringt aus seinem guten Schatze Gutes hervor, der böse Mensch bringt aus seinem bösen Schatze Böses hervor. 36 Ich sage euch aber: Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, werden sie am Tage des Gerichtes Rechenschaft geben müssen. 37 Denn auf Grund deiner Worte wirst du freigesprochen werden, und auf Grund deiner Worte wirst du verdammt werden. 31-37 Vgl. Mk 3,28-30; Lk 12,10. Nicht nur seine Taten, auch seine Reden hat der Mensch zu verantworten. Die Lästerreden der Pharisäer verraten solche Verstocktheit, daß die Voraussetzung der Verzeihung, die Reue, unmöglich wird. Die Stelle dient als Beweis für die ewige Hölle und das Fegefeuer.

 

Zeichenforderung. 38 Da entgegneten ihm einige von den Schriftgelehrten und Pharisäern: Meister, wir möchten ein Zeichen von dir sehen. 39 Er antwortete ihnen: Das böse und ehebrecherische Geschlecht verlangt ein Zeichen. Aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jonas (Jon 2,1). 40 Gleichwie nämlich Jonas drei Tage und drei Nächte im Bauche des Seeungeheuers gewesen, also wird auch der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoße der Erde sein. 41 Die Männer von Ninive werden am Gerichtstage gegen dieses Geschlecht auftreten und es verdammen. Denn sie haben auf die Predigt des Jonas Buße getan. Und siehe, hier ist mehr als Jonas! 42 Die Königin des Südens wird am Gerichtstage gegen dieses Geschlecht auftreten und es verdammen. Denn sie kam von den Enden der Erde, um die Weisheit Salomons zu hören. Und siehe, hier ist mehr als Salomon (3 Kg 10, 1)! 38-42: Vgl. Lk 11,29-32. Jesus lag zwar nur zwei Nächte im Grab; dennoch durfte er nach den damaligen Regeln der Zählung und Schriftdeutung die vorhergehende Zeitangabe wörtlich wiederholen.

 

In der Gewalt des Satans. 43 Wenn aber der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, wandert er durch dürre Orte, sucht Ruhe und findet sie nicht. 44 Alsdann spricht er: Ich will in mein Haus zurückkehren, von wo ich ausgegangen bin. Und er kommt, findet es leer, mit Besen gereinigt und geschmückt. 45 Dann geht er hin, nimmt sieben andere Geister zu sich, die ärger sind als er selbst, und sie fahren ein und wohnen darin. Und die letzten Dinge dieses Menschen werden ärger als die ersten. Ebenso wird es auch diesem boshaften Geschlechte ergehen. 43-45: Vgl. Lk. 11,24-26.

 

Die Verwandten Jesu. 46 Als er noch zu den Volksscharen sprach, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen und suchten ihn zu sprechen. 47 Da sagte einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen dich sprechen. 48 Er antwortete dem, der es ihm sagte: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder? 49 Und er streckte die Hand nach seinen Jüngern hin aus und sprach: Siehe da meine Mutter und meine Brüder! 50 Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters erfüllt, der ist mir Bruder, Schwester und Mutter. 46-50: Vgl. Mk 3,31-35, Lk 8,19-21. Die mehrfach genannten „Brüder“ Jesu, ebenso seine „Schwestern“ (Mt 13,56; Mk 6,3), sind nicht leibliche Geschwister oder Stiefgeschwister, sondern Vettern und Basen. Als Eltern werden nämlich Kleophas und seine Frau Maria angegeben. Der Ausdruck „Bruder“ und „Schwester“ für nahe Verwandte findet sich auch sonst in der Bibel (vgl. 1 Mos 13,8; 14,14-16; 29,13-15; 1 Chr 23,21-22; Job 42,11). Tob 3,15 (griechischer Text) ist sogar von einem „nahen Bruder“ = einem nahen Verwandten die Rede. Jesus hat seine Mutter nicht verleugnet, sondern das Beispiel gänzlichen Aufgehens im Dienste Gottes gegeben. Ein Sohn, der ganz im Dienste des Allerhöchsten steht, darf nicht seine Berufspflichten hinter der Rücksicht auf die Verwandten zurücktreten lassen.

 

Sieben Gleichnisse vom Himmelreich

13 Das Gleichnis vom Sämann. An jenem Tage ging Jesus aus dem Hause und setzte sich an den See. Es sammelten sich um ihn große Volksmassen. Darum stieg er in ein Schifflein und setzte sich. Die ganze Menge stand am Ufer. Er redete vieles zu ihnen in Gleichnissen. Er sprach: Siehe, ein Sämann ging aus, zu säen. Als er säte, fiel einiges auf den Weg, und die Vögel [des Himmels] kamen und pickten es auf. Anderes fiel auf steinigen Grund, wo es nicht viel Boden hatte, und es ging rasch auf, weil es keinen tiefen Grund hatte. Als aber die Sonne aufgegangen war, wurde es versengt und verdorrte, weil es keine Wurzel hatte. Anderes aber fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen mit auf und erstickten es. Anderes endlich fiel auf gutes Erdreich und brachte Frucht, einiges hundertfältige, anderes sechzigfältige, anderes dreißigfältige. Wer Ohren hat, der höre! 10 Da traten die Jünger heran und fragten ihn: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen? 11 Er antwortete: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreiches zu verstehen, ihnen aber ist es nicht gegeben. 12 Denn wer hat, dem wird gegeben werden, und er wird im Überfluß haben. Wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat. 13 Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht hören und nicht verstehen. 14 Und so erfüllt sich an ihnen die Weissagung des Isaias: Hören werdet ihr und nicht verstehen; sehen werdet ihr und doch nicht sehen. 15 Denn verstockt ward das Herz dieses Volkes, und mit ihren Ohren hörten sie schwer, und ihre Augen schlossen sie, damit sie nicht etwa sehen mit den Augen und hören mit den Ohren und verstehen mit dem Herzen und sich bekehren, und ich sie heile (Is 6, 16 9.10). 16 Selig aber sind eure Augen, daß sie sehen, und eure Ohren, daß sie hören. 17 Denn wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr sehet, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr höret, und haben es nicht gehört. 18 So höret also ihr das Gleichnis vom Sämann: 19 Bei jedem, der das Wort vom Reiche hört und nicht versteht, kommt der Böse und raubt, was in sein Herz gesät ward. Bei dem ist der Samen auf den Weg gesät worden. 20 Bei wem aber auf steinigem Grund gesät ward, das ist der, welcher das Wort hört und es sogleich mit Freuden aufnimmt. 21 Er hat aber keine Wurzel in sich, sondern ist ein wetterwendischer Mensch. Und wenn um des Wortes willen Trübsal und Verfolgung entstehen, so kommt er gleich zu Fall. 22 Bei wem unter die Dornen gesät ward, das ist jener, der das Wort hört, aber die Sorge dieser Welt und der Trug des Reichtums ersticken das Wort, und es bleibt ohne Frucht. 23 Was aber in das gute Erdreich gesät ward, das ist der, welcher das Wort hört und versteht, der bringt dann auch Frucht und trägt teils hundertfältig, teils sechzigfältig, teils dreißigfältig. 1-23: Vgl. Mk 4, 1-20; Lk 8, 4-15. Äcker von der Beschaffenheit, wie das Gleichnis sie voraussetzt, sieht man in Palästina heute noch.

 

Das Gleichnis vom Unkraut. 24 Er trug ihnen ein anderes Gleichnis vor: Das Himmelreich ist gleich geworden einem Manne der guten Samen auf seinen Acker säte. 25 Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut mitten unter den Weizen und ging davon. 26 Als nun die Saat aufsproß und Frucht ansetzte, kam auch das Unkraut zum Vorschein. 27 Da traten die Knechte des Hausvaters herzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut? 28 Er sprach zu ihnen: Das hat ein Feind getan. Die Knechte aber sagten zu ihm: Willst du, daß wir hingehen und es zusammenlesen? 29 Er antwortete: Nein, ihr möchtet sonst beim Sammeln des Unkrautes zugleich mit diesem den Weizen ausreißen. 30 Lasset beides zusammen wachsen bis zur Ernte; und zur Zeit der Ernte will ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Büschel zum Verbrennen, den Weizen aber sammelt in meine Scheune. 24-30: Jesus selber hat also gelehrt, daß es in seiner Kirche auf Erden nicht nur gute Christen geben werde. Die große Scheidung kommt am Ende.

 

Das Gleichnis vom Senfkorn. 31 Er legte ihnen ein anderes Gleichnis vor: Das Himmelreich ist gleich einem Senfkorn, das ein Mann nahm und auf seinen Acker säte. 32 Dieses ist zwar das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber herangewachsen ist, so ist es das größte unter allen Gartengewächsen. Es wird ein Baum, so daß die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen wohnen.

 

Das Gleichnis vom Sauerteig. 33 Ein anderes Gleichnis sprach er zu ihnen: Das Himmelreich ist gleich einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis die gesamte Teigmasse durchsäuert war.

 

34 Alles dieses redete Jesus in Gleichnissen zu den Volksscharen und ohne Gleichnis redete er nicht zu ihnen. 35 So sollte sich das Wort des Propheten erfüllen: Ich will meinen Mund auftun in Gleichnissen und kundmachen, was seit Erschaffung der Welt verborgen war (Ps 78, 2). 31-35: Vgl. Mk 4,30-32, Lk 13,18-21. Das Gleichnis vom Senfkorn veranschaulicht das äußere Wachstum der Kirche, jenes vom Sauerteig ihre innere Umgestaltungskraft. Ersteres zu fördern, ist vor allem Aufgabe des Mannes, bei letzterer hat die Frau besonderen Anteil. Das Sauerteiggleichnis verrät, wie teilnehmend Jesus das häusliche Wirken der Hausfrau beobachtete. Es gehörte zu ihren Pflichten, täglich das Mehl zu mahlen und das Brot zu backen für den Bedarf der Familie.

 

Erklärung des Gleichnisses vom Unkraut. 36 Dann entließ er die Volksscharen und ging nach Hause. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker. 37 Er antwortete ihnen: Der den guten Samen aussät, ist der Menschensohn. 38 Der Acker ist die Welt, der gute Samen aber, das sind die Kinder des Reiches; und das Unkraut, das sind die Kinder des Bösen. 39 Der Feind, der es gesät hat, das ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt, und die Schnitter sind die Engel. 40 Gleichwie man nun das Unkraut sammelt und im Feuer verbrennt, so wird es auch am Ende der Welt gehen. 41 Der Menschensohn wird seine Engel aussenden. Diese werden aus seinem Reiche alle Verführer und Übeltäter sammeln 42 und werden sie in den Feuerofen werfen. Da wird Heulen und Zähneknirschen sein. 43 Alsdann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne im Reiche ihres Vaters. Wer Ohren hat, der höre!

 

Die drei Gleichnisse vom Schatz im Acker, von der Perle und vom Fischnetze. 44 Das Himmelreich ist gleich einem Schatze, der im Acker verborgen ist. Den findet ein Mensch und verbirgt ihn. In seiner Freude geht er hin, verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker. 45 Wiederum ist es mit dem Himmelreich, wie wenn der Kaufmann schöne Perlen sucht. 46 Hat er eine einzige kostbare Perle gefunden, dann geht er hin, verkauft all seinen Besitz, um sie dafür zu kaufen. 47 Ferner ist das Himmelreich gleich einem Netze, das ins Meer geworfen wurde und Fische aller Art aufnahm. 48 Als es voll war, zog man es heraus, setzte sich ans Ufer und sammelte die guten in Gefäße, die schlechten aber warf man weg. 49 So wird es auch am Ende der Welt gehen. Die Engel werden ausziehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten absondern 50 und sie in den Feuerofen werfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

 

51 Habt ihr alles verstanden? Sie antworteten ihm: Ja. 52 Und er sprach zu ihnen: Darum ist jeder Schriftgelehrte, der die Schule des Himmelreiches durchgemacht hat, gleich einem Hausvater, der Neues und Altes aus seinem Schatze hervorholt. 44-52 Wer alles für die Sache Gottes opfert, hat den besten Tausch gemacht. Das Bild des Fischnetzgleichnisses war am See Genesareth häufig zu sehen. Es hat ähnlichen Sinn wie das Unkrautgleichnis.

 

Letzte Wanderung durch Galiläa

Jesus in Nazareth. 53 Und es begab sich, als Jesus diese Gleichnisse beendet hatte, ging er von da weg. 54 Er kam in seine Vaterstadt und lehrte sie in ihrer Synagoge, so daß sie verwundert fragten: Woher hat der da diese Weisheit und die Wunderkräfte? 55 Ist er nicht des Zimmermanns Sohn? Heißt nicht seine Mutter Maria und seine Brüder Jakobus, Joseph, Simon und Judas? 56 Sind nicht auch seine Schwestern alle bei uns? Woher hat er denn dies alles? 57 Und sie nahmen Anstoß an ihm. Jesus aber sprach zu ihnen: Nirgends findet ein Prophet weniger Anerkennung als in seiner Vaterstadt und in seinem Hause. 58 Und er wirkte daselbst nicht viele Wunder wegen ihres Unglaubens. 35-58 Vgl. Mk 6,1-6. Über die Brüder und Schwestern Jesu vgl. die Anmerkung zu Mt 12,46-30.

 

14 Die Enthauptung des Täufers. In jener Zeit hörte der Vierfürst Herodes die Kunde von Jesus. Er sagte zu seinen Leuten: Das ist Johannes der Täufer. Der ist von den Toten auferstanden, und darum wirken die Wunderkräfte in ihm. Herodes hatte nämlich den Johannes ergreifen, binden und ins Gefängnis werfen lassen wegen der Herodias, der Frau seines Bruders Philippus. Denn Johannes hatte ihm gesagt: Es ist dir nicht erlaubt, sie zur Frau zu nehmen. Er hätte ihn gern töten lassen, aber er fürchtete das Volk, weil man ihn für einen Propheten hielt. Am Geburtstage des Herodes aber tanzte die Tochter der Herodias inmitten des Saales und gefiel dem Herodes. Deshalb versprach er mit einem Eide, ihr alles zu geben, was sie von ihm verlangen würde. Angestiftet von ihrer Mutter, sprach sie: Gib mir hier auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers. Da wurde der König bestürzt; allein wegen des Eides und wegen der Tischgenossen befahl er, es zu geben, sandte hin 10 und ließ den Johannes im Gefängnis enthaupten. 11 Man brachte das Haupt auf einer Schüssel und gab es dem Mädchen, und sie brachte es ihrer Mutter. 12 Da holten seine Jünger den Leichnam und begruben ihn. Dann gingen sie hin und berichteten es Jesus. 13 Als Jesus dies vernahm, zog er sich von dort in einem Schifflein zurück in eine einsame Gegend abseits. Da die Volksscharen davon hörten, folgten sie ihm zu Fuß aus den Städten. 1-13: Vgl. Mk 6,14-29; Lk 9,7-9; 3,19-20. Gemeint ist Herodes Antipas, ein Sohn Herodes d. Gr. Er war von 4 v. Chr. bis 39 n. Chr. Vierfürst von Galiläa und Peräa. Herodias wurde ihrem Manne untreu, weil sie gern Königin geworden wäre; aber Antipas erlangte nie die Königswürde. Die Ehebrecherin scheute nicht davor zurück, ihr Kind in die Blutschuld hineinzuziehen, um sich an Johannes rächen zu können.

 

Erste Brotvermehrung. 14 Als er landete und viel Volk sah, empfand er Mitleid mit ihnen und heilte ihre Kranken. 15 Als es Abend geworden war, traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Die Gegend ist öde, und die Stunde des Essens ist vorbei. Entlaß die Volksscharen, sie sollen in die Flecken gehen und sich Speise kaufen. 16 Jesus entgegnete ihnen: Sie brauchen nicht wegzugehen; gebet ihr ihnen zu essen. 17 Sie antworteten: Wir haben hier nur fünf Brote und zwei Fische. 18 Er aber sprach zu ihnen: Bringet sie mir her. 19 Nachdem er den Scharen befohlen hatte, sich aufs Gras niederzulassen, nahm er die fünf Brote und die zwei Fische, sah auf gen Himmel, segnete, brach und gab den Jüngern die Brote; die Jünger gaben sie den Volksscharen. 20 Sie aßen alle und wurden satt. Und sie hoben die Reste auf, zwölf Körbe voll Stücklein. 21 Die Zahl derer aber, die gegessen hatten, betrug etwa fünftausend Männer, ohne Frauen und Kinder.

 

Jesus wandelt auf dem Meere. 22 Und sogleich nötigte Jesus seine Jünger, in das Schifflein zu steigen und vor ihm an das andere Ufer zu fahren, bis er die Scharen entlassen hätte. 23 Als er die Scharen entlassen hatte, stieg er auf den Berg, ganz allein um zu beten; und da es Abend geworden, war er allein dort. 24 Das Schifflein aber war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen, denn es war Gegenwind. 25 Um die vierte Nachtwache aber kam er zu ihnen, auf dem See wandelnd. 26 Als die Jünger ihn auf dem See wandeln sahen, riefen sie voll Schrecken: Es ist ein Gespenst! 27 Sogleich redete Jesus sie an: Seid getrost, ich bin's, fürchtet euch nicht! 28 Da antwortete ihm Petrus: Herr, wenn du es bist, so heiß mich zu dir kommen auf dem Wasser. 29 Er sprach: Komm! und Petrus stieg aus dem Schifflein und wandelte über das Wasser, um zu Jesus zu kommen. 30 Als er aber den heftigen Wind merkte, bekam er Angst, fing an zu sinken und rief laut: Herr, rette mich! 31 Sogleich streckte Jesus seine Hand aus, faßte ihn an und sprach: Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? 31: Nicht den Wagemut des Apostels tadelt Jesus, sondern den mangelnden Glauben. 32 Als sie in das Schifflein gestiegen waren, legte sich der Wind. 33 Die im Schifflein waren, warfen sich vor ihm nieder und sprachen: Wahrlich, du bist Gottes Sohn! 34 Sie fuhren nun hinüber und kamen in die Landschaft Genesareth. 34 Genesar heißt die fruchtbare Ebene am westlichen Ufer des Sees Genesareth zwischen Magdala und Tabgha. 35 Als die Leute jener Gegend ihn erkannten, schickten sie in die ganze Umgegend, brachten alle Kranken zu ihm 36 und baten ihn, nur die Quaste seines Mantels berühren zu dürfen. Und alle, die sie berührten, wurden gesund. 14-35: Vgl. Mk 6,32-56, Lk 9,l0-17; Jo 6,1-26. Die Wunder der Brotvermehrung und des Wandelns auf dem See stehen in innerer Beziehung zur Verheißung der heiligen Eucharistie, die Johannes danach berichtet.

 

15 Jesu Lehren im Gegensatz zu denen der Pharisäer. Da kamen Schriftgelehrte und Pharisäer aus Jerusalem zu Jesus und sprachen: Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Alten? Waschen sie doch die Hände nicht, wenn sie Brot essen. Er aber antwortete ihnen: Warum übertretet ihr selbst das Gebot Gottes um eurer Überlieferung willen? Denn Gott hat geboten: Du sollst Vater und Mutter ehren, und: Wer Vater oder Mutter flucht, soll des Todes sterben (5 Mos 5, 16). Ihr aber saget: Wenn einer zu Vater oder Mutter spricht: Opfergabe soll sein, was ich dir zu leisten hätte, so braucht er seinen Vater und seine Mutter nicht zu ehren. Damit habt ihr Gottes Gebot aufgehoben um eurer Überlieferung willen. Ihr Heuchler, treffend hat Isaias von euch geweissagt: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit von mir. Vergeblich aber ehren sie mich, indem sie Lehren und Satzungen von Menschen vortragen (Is 29, 13). 10 Dann rief er die Menge zu sich und sprach zu ihnen: Höret und verstehet wohl! 11 Nicht, was zum Munde eingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was vom Munde ausgeht, das verunreinigt den Menschen. 12 Darauf traten seine Jünger hinzu und sprachen zu ihm: Weißt du, daß die Pharisäer Anstoß genommen haben, als sie das Wort hörten? 13 Er antwortete: Jede Pflanzung, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden. 14 Lasset sie! Blinde Blindenführer sind sie. Wenn aber ein Blinder einen Blinden führt, so fallen beide in die Grube. 15 Petrus antwortete ihm: Erkläre uns dieses Gleichnis! 16 Er sprach: Seid auch ihr immer noch ohne Einsicht? 17 Sehet ihr nicht, daß alles, was zu dem Munde eingeht, in den Magen kommt und seinen natürlichen Ausgang nimmt? 18 Was aber aus dem Munde herausgeht, kommt aus dem Herzen, und das verunreinigt den Menschen. 19 Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Gotteslästerung. 20 Das ist's, was den Menschen verunreinigt. Aber essen, ohne die Hände zu waschen, verunreinigt den Menschen nicht. 16-20: Die Speisen gelangen gar nicht bis zum Herzen, d. h. bis zur Seele, können sie also auch nicht verunreinigen. Ist aber das Herz unrein, so ist die Quelle unrein und somit alles, was aus ihr hervorkommt 1-20: Vgl. Mk 7,1-23; Lk 6,39. „Überlieferungen der Alten“ hießen die Deutungen und Zusätze der Schriftgelehrten zum Gesetz des Moses. Sie verkehrten oft den Sinn des Gesetzes, wurden aber von manchen strenger befolgt als das ursprüngliche Gesetz. Besonders kleinlich waren die Vorschriften über Waschungen sowie über Rein und Unrein.

 

Die kanaanäische Frau. 21 Jesus ging weg von da und zog sich in die Gegend von Tyrus und Sidon zurück. 22 Siehe, da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend und rief ihm zu: Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids! Meine Tochter wird arg von einem bösen Geiste geplagt. 23 Er aber antwortete ihr kein Wort. Da traten seine Jünger hinzu und baten ihn: Schick sie fort; denn sie schreit hinter uns her. 24 Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. 25 Sie aber kam, warf sich vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! 26 Er entgegnete: Es ist nicht recht, den Kindern das Brot zu nehmen und es den Hündlein vorzuwerfen. 27 Sie aber sprach: Jawohl, Herr! Denn auch die Hündlein essen von den Brosamen, die vom Tische ihrer Herren fallen. 28 Da antwortete Jesus: O Frau, dein Glaube ist groß, dir geschehe, wie du willst. Und von jener Stunde an ward ihre Tochter gesund. 21-28 Vgl. Mk 7,24-30. In Demut und Beharrlichkeit besteht die Mutter glänzend die schwere Glaubensprobe beim Hilfesuchen für ihr Kind.

 

Weitere Heilungen. 29 Von dort weg begab sich Jesus an den See von Galiläa, stieg auf den Berg und setzte sich dort. 30 Da kamen große Volksscharen zu ihm. Sie hatten Lahme, Krüppel, Blinde, Stumme und viele andere bei sich. Diese legten sie zu seinen Füßen nieder, und er heilte sie, 31 so daß die Volksscharen staunten, da sie sahen, daß Stumme redeten, Krüppel gesund wurden, Lahme wandelten und Blinde sehend wurden. Und sie priesen den Gott Israels.

 

Zweite Brotvermehrung. 32 Jesus rief seine Jünger zu sich und sprach: Mich erbarmet des Volkes. Denn sie harren schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen, und ich will sie nicht ungespeist entlassen, sie möchten sonst auf dem Wege verschmachten. 33 Da entgegneten ihm seine Jünger: Woher nehmen wir in der Wüste so viele Brote, um eine so große Menge zu sättigen? 34 Jesus fragte sie: Wieviel Brote habt ihr? Sie sagten: Sieben und wenige Fischlein. 35 Er befahl der Menge, sich auf der Erde zu lagern. 36 Dann nahm er die sieben Brote und die Fische, dankte, brach sie, gab sie seinen Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volke. 37 Und alle aßen und wurden satt. Von den Stücken aber, die übriggeblieben waren, hoben sie sieben Körbe voll auf. 38 Derer aber, die gegessen hatten, waren viertausend Männer, ohne Frauen und Kinder. 39 Alsdann entließ er das Volk, stieg in das Schifflein und fuhr in das Gebiet von Magedan. 39: Die Zahl der Männer kennzeichnet am besten die Größe der Volksmenge. Frauen und Kinder sind also nicht aus Geringschätzung nicht mitgezählt. Die Lage des Ortes ist umstritten. 32-39 Vgl. Mk 8,1-10.

 

16 Warnung vor den Lehren der Pharisäer. Da kamen die Pharisäer und Sadduzäer zu ihm, um ihn zu versuchen. Und sie baten ihn, er möchte sie ein Wunderzeichen vom Himmel sehen lassen. Er antwortete ihnen: Wenn es Abend geworden, sagt ihr: Es wird schön Wetter, denn der Himmel ist rot. Und am Morgen: Heute wird stürmisches Wetter sein, denn der Himmel rötet sich trübe. Das Aussehen des Himmels also wißt ihr zu deuten, aber in die Zeichen der Zeit könnt ihr euch nicht finden? Das böse und ehebrecherische Geschlecht verlangt ein Zeichen, aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als das Zeichen des [Propheten] Jonas. Dann ließ er sie stehen und ging weg. 4: Ehebrecherisch werden die Juden genannt, weil sie Gott die Treue brachen, der einen Bund mit ihnen eingegangen war.

 

Sauerteig der Pharisäer. Als nun seine Jünger an das andere Ufer gekommen waren, da hatten sie vergessen, Brot mit sich zu nehmen. Er sprach zu ihnen: Sehet wohl zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer. Da überlegten sie untereinander und sagten: Wir haben kein Brot mitgenommen. Jesus merkte dies und sprach: Was macht ihr euch Gedanken darüber, ihr Kleingläubigen, daß ihr kein Brot habt? Begreift ihr noch nicht? Denkt ihr nicht mehr an die fünf Brote für die fünftausend Mann, und wieviel Körbe ihr aufgehoben habt? 10 Auch nicht an die sieben Brote für die viertausend Mann, und wie viele Körbe ihr aufgehoben habt? 11 Warum begreift ihr nicht, daß ich nicht von Brot zu euch redete? Hütet euch aber vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer! 12 Da verstanden sie, daß er nicht gemeint hatte, sie sollten sich vor dem Sauerteig des Brotes hüten, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer. 1-12: Vgl. Mk 8,11-21

 

Bekenntnis und Vorrang des Petrus. 13 Jesus kam in das Gebiet der Stadt Cäsarea Philippi. Da fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn? 14 Sie sprachen: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elias, wieder andere für Jeremias oder einen aus den Propheten. 15 Da sprach er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? 16 Da antwortete Simon Petrus: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. 17 Jesus erwiderte ihm: Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas. Denn Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel. 18 Und ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. 19 [Und] dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. Was immer du binden wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gebunden sein. Und was immer du lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gelöst sein. 20 Dann gebot er seinen Jüngern, sie sollten niemand sagen, daß er der Messias sei. 20: Das Volk war wegen seiner falschen Messias­erwartungen noch nicht reif dafür. 13-20: Vgl. Mk 8,27-30; Lk 9,18-21. Wer die Geschichtlichkeit dieses Abschnittes leugnet, muß das ganze Evangelium als ungeschichtlich ablehnen. Jesus erklärt den Apostel Petrus zum Fundament der Kirche und verheißt ihm den Primat, die oberste Leitung der sichtbaren Kirche auf Erden. Jo 21,15-17 erfolgt die Einsetzung. Das Papsttum ist also von Christus selber eingesetzt.

 

Leidensverkündigung und Belehrung

Leidensweissagung. 21 Von da an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten, von den Oberpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden, getötet werden, aber am dritten Tage auferstehen. 22 Da nahm ihn Petrus beiseite und fing an, es ihm zu verweisen: Das sei ferne von dir, Herr, das darf dir nicht widerfahren! 22: Die Schärfe des Ausdrucks lehrt, wie treu Jesus am Willen Gottes festhält, der ihm den Weg des Leidens weist, während Petrus in unerleuchtetem Eifer den Meister von diesem Wege ablenken will und so zum Helfer Satans wird, der ähnliche Versuche in der Wüste gemacht hatte. Wer einen anderen Weg zum ewigen Heile weist, ist ein „falscher Prophet“. 23 Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Weg von mir, Satan! Ein Ärgernis bist du mir. Denn du hast nicht Sinn für die Sache Gottes, sondern für die Sache der Menschen.

 

Jesus fordert Selbstverleugnung. 24 Dann sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn jemand mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. 25 Denn wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren. Wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden. 26 Was nützte es nämlich dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, an seiner Seele aber Schaden litte? Oder was kann der Mensch wohl geben als Entgelt für seine Seele? 27 Denn der Menschensohn wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln kommen und dann einem jeden vergelten nach seinen Werken. 28 Wahrlich, ich sage euch: Einige von denen, die hier stehen, werden den Tod nicht kosten, bis sie den Menschensohn in seinem Reiche kommen sehen. 21-28: Vgl. Mk 8,31-9, 1; Lk 9,22-27.

 

17 Jesu Verklärung. Nach sechs Tagen nahm Jesus den Petrus, Jakobus und Johannes, dessen Bruder, mit und führte sie auf einen hohen Berg, abseits. Da ward er vor ihnen verklärt, sein Angesicht glänzte wie die Sonne, seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, es erschienen ihnen Moses und Elias, die mit ihm redeten. Petrus nahm das Wort und sprach zu Jesus: Herr, es ist ein Glück für uns, hier zu sein. Willst du, so werde ich hier drei Hütten bauen, dir eine, dem Moses eine und dem Elias eine. Während er noch redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und eine Stimme aus der Wolke sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe, auf ihn sollt ihr hören! Da die Jünger dies hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus hinzu, rührte sie an und sprach: Stehet auf und fürchtet euch nicht! Als sie aber ihre Augen erhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. Während sie von dem Berge herabstiegen, befahl ihnen Jesus: Saget niemanden von dieser Erscheinung, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist. 1-9: Dieselben drei Apostel sollten Zeugen der Verklärung und der Todesangst im Ölgarten sein. Vorzeitiges Bekanntwerden hätte falschen Erwartungen Vorschub geleistet. 10 Und die Jünger fragten ihn: Warum sagen denn die Schriftgelehrten, Elias müsse zuvor kommen? (Mal 4, 6.). 11 Er antwortete ihnen: Freilich wird Elias kommen und alles wiederherstellen. 12 Ich sage euch aber, Elias ist schon gekommen, aber sie haben ihn nicht erkannt, sondern mit ihm gemacht, was sie nur wollten. So wird auch der Menschensohn von ihnen zu leiden haben. 13 Da verstanden die Jünger, daß er von Johannes dem Täufer zu ihnen geredet habe.

 

Heilung eines Mondsüchtigen. 14 Da sie nun zu dem Volke gekommen waren, trat ein Mann zu ihm, fiel vor ihm auf die Knie nieder 15 und sprach: Herr, erbarme dich meines Sohnes! Er ist mondsüchtig und muß arg leiden, denn er fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser. 16 Ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht, doch sie konnten ihn nicht heilen. 17 Jesus antwortete: O ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringet ihn her zu mir! 18 Jesus drohte ihm, und der böse Geist fuhr von ihm aus, und der Knabe ward geheilt von jener Stunde an. 19 Alsdann traten die Jünger allein zu Jesus und sprachen: Warum konnten wir ihn nicht austreiben? 20 Jesus antwortete ihnen: Wegen eures Kleinglaubens. Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr einen Glauben habt wie ein Senfkörnlein, so könnt ihr zu diesem Berge sagen: Rücke von hier weg, dorthin — und er wird wegrücken, und nichts wird euch unmöglich sein. 19-20: Hätten die Jünger auch nur ein wenig vom vollkommenen Glauben, so könnten sie Übermenschliches leisten (vgl. Mt 21, 20-22; Mk 11, 20-25). 21 Diese Art aber wird nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben.

 

Zweite Leidensweissagung. 22 Als sie sich nun in Galiläa beisammen aufhielten, sprach Jesus zu ihnen: Der Menschensohn muß den Händen der Menschen überliefert werden. 1-22: Vgl. Mk 9,2-32, Lk 9,28-45. Von Mt 17,15-26 sind die Verszahlen im lateinischen Text um eine Stelle niedriger. 23 Sie werden ihn töten. Aber am dritten Tag wird er auferstehen. Da wurden sie sehr betrübt.

 

Tempelsteuer. 24 Als sie aber nach Kapharnaum kamen, traten die Einnehmer der Doppeldrachme zu Petrus und sprachen: Bezahlt euer Meister die Doppeldrachme nicht? (2 Mos 30,13.) 24: Jeder freie Israelit mußte jährlich einen halben Schekel oder eine Doppeldrachme (etwa 1,50 Mk.) als Steuer für den Tempel entrichten. 25 Er sagte: Doch! Als er nach Hause gekommen war, kam ihm Jesus zuvor und sprach: Was meinst du, Simon, von wem nehmen die Könige der Erde Abgaben oder Steuer? Von ihren Kindern oder von den Untertanen? 26 Jener erwiderte: Von den Untertanen. Da sagte Jesus zu ihm: Also sind die Kinder frei. 27 Damit wir sie aber nicht ärgern, so geh hin an den See, wirf die Angel aus und nimm den Fisch, der zuerst herauskommt. Und wenn du sein Maul öffnest, so wirst du ein Vierdrachmenstück finden. Das nimm und gib ihnen für mich und dich.

 

18 Lehren über Demut und Ärgernis. In jener Stunde traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wer ist wohl der größte im Himmelreich? Da rief Jesus ein Kind herbei, stellte es mitten unter sie und sprach: Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr euch nicht bekehret und nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen. Wer also sich verdemütigt wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf. Wer aber einem aus diesen Kleinen, die an mich glauben, Anlaß zur Sünde gibt, dem wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ins tiefe Meer versenkt würde. Wehe der Welt um der Ärgernisse willen! Es müssen zwar Ärgernisse kommen, wehe aber dem Menschen, durch den das Ärgernis kommt. Wenn deine Hand oder dein Fuß dir Anlaß zur Sünde gibt, so haue sie ab und wirf sie von dir. Es ist für dich besser, daß du verstümmelt oder hinkend in das Leben eingehst, als daß du mit zwei Händen oder zwei Füßen in das ewige Feuer geworfen werdest. Und wenn dir dein Auge Anlaß zur Sünde gibt, so reiß es aus und wirf es von dir. Es ist für dich besser, daß du mit einem Auge in das Leben eingehest, als daß du mit zwei Augen in das höllische Feuer geworfen werdest. 10 Sehet zu, daß ihr keines dieser Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel schauen im Himmel immerfort das Angesicht meines Vaters, der im Himmel ist. 11 Denn der Menschensohn ist gekommen, zu retten, was verloren war.

 

12 Was meint ihr? Wenn einer hundert Schafe hat und ein einziges von ihnen sich verirrt, läßt er nicht die neun­undneun­zig auf den Bergen und geht hin und sucht das verirrte? 13 Und wenn es ihm glückt, es zu finden, wahrlich, ich sage euch: Er freut sich mehr über dieses als über die neun­undneun­zig, die nicht irregegangen sind. 14 So ist es nicht der Wille eures Vaters im Himmel, daß eines von diesen Kleinen verlorengehe. 1-14: Vgl. Mk 9,33-49; Lk 9,46-48; 17,1-2. Das von Christus verkündete Kinderschutzgesetz zeigt den Wert jeder Menschenseele. Um sie zu retten, ist kein Opfer zu groß.

 

Mahnung zur Versöhnlichkeit. 15 Hat dein Bruder wider dich gefehlt, so gehe hin und verweise es ihm unter vier Augen. 16 Gibt er dir Gehör, so hast du deinen Bruder gewonnen. Gibt er dir aber kein Gehör, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit alles auf der Aussage zweier oder dreier Zeugen feststehe (5 Mos 19,15). 17 Hört er diese nicht, so sage es der Kirche. Wenn er aber die Kirche nicht hört, so sei er dir wie ein Heide und ein Zöllner. 18 Wahrlich, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein. 19 Abermals sage ich euch: Wenn zwei aus euch auf Erden einmütig um etwas bitten wollen, so wird es ihnen von meinem himmlischen Vater gegeben werden. 20 Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. 15-20: Vgl. Lk 17,3-4. Die kirchliche Obrigkeit hat die Vollmacht, schwere Vergehen mit dem Ausschluß aus der Gemeinschaft der Gläubigen zu bestrafen. Dieses Strafurteil wird von Gott anerkannt.

 

Das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht. 21 Alsdann trat Petrus zu ihm und sprach: Herr, wie oft muß ich meinem Bruder vergeben, wenn er wider mich sündigt? Bis siebenmal? 22 Jesus antwortete ihm: Ich sage dir: Nicht bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal. 23 Darum ist das Himmelreich einem Könige gleich, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. 24 Als er damit anfing, brachte man ihm einen, der ihm zehntausend Talente schuldig war. 24: Nach unserer Währung sind zehntausend Talente etwa 52 Millionen Goldmark, hundert Denare dagegen 87 Goldmark. Die Pflicht des Verzeihens ist überaus ernst. 25 Da er nichts hatte, um zu bezahlen, befahl sein Herr, ihn und sein Weib und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und zu bezahlen. 26 Da warf sich der Knecht vor ihm nieder und bat ihn: Habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen. 27 Voll Mitleid mit diesem Knecht ließ der Herr ihn frei und schenkte ihm die Schuld. 28 Beim Hinausgehen aber traf dieser Knecht einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war. Er packte ihn, würgte ihn und sprach: Bezahle, was du schuldig bist! 29 Da warf sich sein Mitknecht vor ihm nieder und bat ihn: Habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen. 30 Der aber wollte nicht, sondern ging hin und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt hätte. 31 Da nun seine Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden sie sehr betrübt. Sie gingen hin und meldeten ihrem Herrn alles, was sich zugetragen hatte. 32 Sein Herr ließ ihn rufen und sagte zu ihm: Du böser Knecht! Die ganze Schuld habe ich dir nachgelassen, weil du mich gebeten hast. 33 Hättest du nicht auch deines Mitknechtes dich erbarmen müssen, wie auch ich mich deiner erbarmt habe? 34 Voll Zorn übergab ihn sein Herr den Folterknechten, bis er die ganze Schuld bezahlt hätte. 35 So wird auch mein himmlischer Vater mit euch verfahren, wenn ihr nicht, ein jeder seinem Bruder, von Herzen verzeiht. 21-35: Wahre Liebe fragt nicht nach den Grenzen der Pflicht, sondern verzeiht, sooft sie Gelegenheit hat. Im engen Kreis der Familie bietet sich solche Gelegenheit an jedem Tage.

 

Die Reise nach Jerusalem

19 Ehescheidung und Ehelosigkeit. Und es begab sich, als Jesus diese Reden beendet hatte, zog er weg aus Galiläa und kam in das Gebiet von Judäa, jenseits des Jordans. Es folgten ihm große Volksscharen nach; und er heilte sie daselbst. Da traten die Pharisäer zu ihm, um ihn zu versuchen, und sprachen: Ist es einem Manne erlaubt, seine Frau aus jedem Grunde zu entlassen? Er antwortete ihnen: Habt ihr nicht gelesen, daß der Schöpfer von Anfang an die Menschen als Mann und Weib geschaffen und gesagt hat: Deshalb wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein (1 Mos 2, 24). So sind sie also nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. Sie sagten zu ihm: Warum hat dann Moses geboten, den Scheidebrief zu geben und sie zu entlassen? (5 Mos 24, 1.) Er erwiderte ihnen: Moses hat euch um eurer harten Herzen willen erlaubt, eure Frauen zu entlassen. Im Anfang war es nicht so. Ich aber sage euch: Wer immer seine Frau entläßt, außer wegen Unzucht, und eine andere nimmt, der bricht die Ehe. Und wer eine Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe. 9: Auch das Vergehen der Unzucht seitens der Frau gibt nicht das Recht, das Eheband zu lösen und eine neue Ehe einzugehen. Der zweite Evangelist formuliert den Ausspruch Jesu ganz allgemein (Mk 10,11-12). 10 Da sprachen seine Jünger zu ihm: Wenn die Sache zwischen Mann und Frau so steht, dann empfiehlt es sich nicht, zu heiraten. 11 Er sprach zu ihnen: Nicht alle fassen dieses Wort sondern nur die, denen es gegeben ist. 12 Denn es gibt Ehe-Unfähige, die vom Mutterschoß her zur Ehe unfähig sind; und es gibt solche, die von Menschen zur Ehe unfähig gemacht worden sind und es gibt solche, die sich selbst zur Ehe unfähig gemacht haben um des Himmelreiches willen. Wer es fassen kann, der fasse es! 10-12: Die Apostel erschrecken vor einer unauflöslichen Ehe. Jesus stellt den freiwilligen Verzicht auf die Ehe aus Liebe zu Gott als höheres Lebensideal hin. Dadurch hat er aber die Eheleute nicht als minder vollkommene Christen hinstellen wollen. Das Maß der Vollkommenheit hängt nicht von dem Ehestand oder dem jungfräulichen Stande allein ab, sondern von der Liebe und Treue, mit der einer seine Standespflichten erfüllt. Vers 11 besagt, daß auch zu einer unlösbaren Ehe Gottes Gnade erforderlich ist. 1-12: Vgl. Mk 10, 1-12. Die Pharisäer suchten den Herrn in den Streit ihrer Schulen über die Gründe zur Ehescheidung hineinzuziehen. Die Schule Schammais forderte einen ernsten Verstoß der Frau gegen Sitte und Anstand. Die Schule Hillels dagegen erlaubte die Entlassung der Frau aus dem geringfügigsten Anlaß. Jesus aber geht auf ihre Spitzfindigkeiten gar nicht ein, sondern bringt den ursprünglichen Willen des Schöpfers in der unauflöslichen Ehe zwischen einem einzigen Manne und einer einzigen Frau zur Geltung. Das Recht, die Frau durch den Scheidebrief zu entlassen, gilt im Christentum nicht mehr.

 

Jesus segnet die Kinder. 13 Hierauf brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflege und bete. Allein die Jünger fuhren sie hart an. 14 Jesus aber sprach zu ihnen: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret es ihnen nicht. Denn für solche ist das Himmelreich. 15 Und er legte ihnen die Hände auf und zog von dort weiter.

 

Der reiche Jüngling und Wert des Reichtums. 16 Da trat einer hinzu und sprach zu ihm: [Guter] Meister, was muß ich Gutes tun, um das ewige Leben zu erlangen? 17 Er sprach zu ihm: Was fragst du mich über das Gute? Einer ist der Gute [Gott]. Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote. 18 Er sagte zu ihm: Welche? Jesus antwortete: Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst kein falsches Zeugnis geben; 19 ehre deinen Vater und deine Mutter; liebe deinen Nächsten wie dich selbst. 20 Der Jüngling erwiderte ihm: Dies alles habe ich [von meiner Jugend an] beobachtet. Was fehlt mir noch? 21 Jesus antwortete ihm: Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe alles, was du hast und gib den Erlös den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach. 22 Als der Jüngling dies hörte, ging er traurig davon. Denn er besaß viele Güter.

 

Warnung vor Reichtum. 23 Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wahrlich, ich sage euch: Es ist schwer, daß ein Reicher in das Himmelreich eingehe. 24 Ja, ich sage es euch noch einmal: Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Himmelreich. 24: Der starke Vergleich soll die große Schwierigkeit kennzeichnen, den Gefahren des Reichtums zu entgehen. 25 Da die Jünger dies hörten, sprachen sie bestürzt: Wer kann denn dann gerettet werden? 26 Jesus blickte sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist das unmöglich, bei Gott aber ist alles möglich. 27 Da erwiderte Petrus: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was wird uns also dafür zuteil werden? 28 Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der Welterneuerung, wenn der Menschensohn auf seinem herrlichen Throne sitzen wird, auch auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stamme Israels richten. 29 Und jeder, der Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder Äcker um meines Namens willen verlassen hat, der wird Hundertfältiges dafür erhalten und das ewige Leben erben. 30 Viele Erste aber werden Letzte und Letzte Erste sein. 13-30: Vgl. Mk 10,13-31; Lk 18,15-30. 13-15: Das Kind hat ein heiliges Recht darauf, durch religiöse Unterweisung zu Christus geführt zu werden. Den Eltern und Erziehern obliegt die strenge Pflicht, für diese Unterweisung Sorge zu tragen. Niemand darf sie daran hindern.

 

20 Das Gleichnis von den Arbeitern. Das Himmelreich ist gleich einem Hausherrn, der am frühesten Morgen ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg zu dingen. Als er sich mit den Arbeitern auf einen Taglohn von einem Denar geeinigt hatte, schickte er sie in seinen Weinberg. Um die dritte Stunde ging er aus, sah andere auf dem Markte müßig stehen und sagte zu ihnen: Gehet auch ihr in meinen Weinberg, und was recht ist, will ich euch geben. Sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und neunte Stunde und machte es ebenso. Als er um die elfte Stunde ausging, fand er andere dastehen und sagte zu ihnen: Warum steht ihr hier den ganzen Tag müßig? Sie antworteten ihm: Es hat uns niemand gedungen. Er sagte zu ihnen: Gehet auch ihr in meinen Weinberg. Am Abend aber sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Rufe die Arbeiter und zahle ihnen den Lohn aus, von den letzten angefangen bis zu den ersten. Es kamen also die, welche um die elfte Stunde eingetreten waren, und es erhielt jeder einen Denar. 10 Als die ersten kamen, meinten sie, mehr zu empfangen. Aber auch von ihnen erhielt jeder einen Denar. 11 Da sie ihn empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn mit den Worten: 12 Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleich gehalten, die wir die Last und Hitze des Tages getragen haben. 13 Er aber antwortete einem von ihnen: Freund, ich tue dir kein Unrecht. Bist du nicht um einen Denar mit mir übereingekommen? 14 Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem letzten auch geben wie dir. 15 Oder darf ich mit meinem Eigentum nicht tun, was ich will? Ist dein Auge böse, weil ich gut bin? 16 Also werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein. [Denn viele sind berufen, wenige aber sind auserwählt.] 16: Der Satz: “Denn viele sind berufen, wenige aber sind auserwählt“, fehlt in den meisten griechischen Handschriften. Er bedeutet nicht, die Mehrzahl der Menschen komme in die Hölle. Aus den berufenen Juden fanden nur wenige das Heil. 1-16 Wir dürfen uns des ewigen Lohnes für unsere guten Werke freuen, aber Gott ist unabhängig in der Bemessung.

 

Dritte Leidensweissagung. 17 Als Jesus vorhatte, nach Jerusalem hinaufzugehen, nahm er die Zwölf beiseite und sprach unterwegs zu ihnen: 18 Sehet, wir ziehen hinauf nach Jerusalem, und der Menschensohn wird den Oberpriestern und Schriftgelehrten überliefert werden, und sie werden ihn zum Tode verurteilen. 19 Sie werden ihn den Heiden übergeben zur Verspottung, Geißelung und Kreuzigung. Doch am dritten Tage wird er auferstehen. 17-19: Vgl. Mk 10,32-34, Lk 18,31-34.

 

Die Söhne des Zebedäus. 20 Da trat die Mutter der Söhne des Zebedäus mit ihren Söhnen zu ihm, fiel vor ihm nieder, um ihm eine Bitte vorzutragen. 21 Er sprach zu ihr: Was willst du? Sie antwortete ihm: Sprich, daß diese meine zwei Söhne in deinem Reiche einer zu deiner Rechten, der andere zu deiner Linken sitzen sollen. 22 Jesus antwortete: Ihr wisset nicht, um was ihr bittet! Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde? Sie sprachen zu ihm: Wir können es. 23 Da sprach er: Meinen Kelch werdet ihr zwar trinken; das Sitzen aber zu meiner Rechten oder Linken habe nicht ich zu verleihen, sondern das gebührt denen, welchen es bereitet ist von meinem Vater. 24 Als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über die zwei Brüder. 25 Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wisset, daß die Fürsten der Völker sich als Herren über sie gebärden und die Großen sie vergewaltigen. 26 Nicht so soll es unter euch sein, sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener. 27 Wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht. 28 Ist doch auch der Menschensohn nicht gekommen, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösepreis für viele. 20-28: Vgl. Mk 10,35-45. Die Mutter heißt Salome, ihre Söhne sind die Apostel Johannes und Jakobus der Ältere.

 

Blindenheilung. 29 Als sie aus Jericho hinausgingen, folgte ihm eine große Volksmenge. 30 Und siehe, zwei Blinde, die am Wege saßen, hörten, daß Jesus vorübergehe. Und sie schrien: Herr, erbarme dich unser, du Sohn Davids! 31 Das Volk fuhr sie an, daß sie schweigen sollten. Da schrien sie nur noch lauter: Herr, erbarme dich unser, du Sohn Davids! 32 Jesus blieb stehen, rief sie herbei und sprach: Was wollt ihr, daß ich euch tue? 33 Sie antworteten ihm: Herr, daß unsere Augen geöffnet werden! 34 Voll Mitleid berührte Jesus ihre Augen, und sogleich sahen sie und folgten ihm. 29-34: Vgl. Mk 10,46-52; Lk 18,35-43. Nach Lukas geschieht das Wunder, „als Jesus sich Jericho näherte“, nach Matthäus und Markus, „als sie aus Jericho fortgingen“. Alt-Jericho und Neu-Jericho lagen eine halbe Stunde auseinander in der Richtung des Weges Jesu. Matthäus und Markus denken an Alt-Jericho, Lukas meint Neu-Jericho.

 

Tage der Entscheidung

Einzug in Jerusalem 21 Als sie sich Jerusalem näherten und nach Bethphage am Ölberge kamen, da sandte Jesus zwei Jünger ab und sprach zu ihnen: Gehet in das Dorf, das vor euch liegt, und sogleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr. Bindet sie los und führt sie zu mir. Und wenn jemand etwas zu euch sagt, so sprechet: Der Herr braucht sie; er wird sie aber bald zurückschicken. Das ist aber geschehen, damit erfüllt würde das Wort des Propheten, der da spricht: Saget der Tochter Sion: Siehe, dein König kommt zu dir, sanftmütig, reitend auf einem Esel, und zwar auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttieres (Is 62,11; Zach 9, 9). Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte. Sie brachten die Eselin mit dem Füllen legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf. Die gewaltige Menge aber breitete ihre Kleider auf den Weg. Andere brachen Zweige von den Bäumen ab und streuten sie auf den Weg. Die Volksscharen, die vorausgingen und nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohne Davids! Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe! (Ps 118, 25. 26.) 10 Bei seinem Einzug in Jerusalem kam die ganze Stadt in Aufregung und sprach: Wer ist dieser? 11 Die Volksscharen aber sagten: Dies ist Jesus, der Prophet von Nazareth in Galiläa. 1-11: Vgl. Mk 11,1-11, Lk 19,29-44; Jo 12,12-19. Vor seinem Leiden duldet Jesus die öffentliche Huldigung, der er früher auswich. Alle sollen wissen, daß er der Messias ist.

 

Im Tempel. 12 Und Jesus ging in den Tempel, trieb hinaus, die im Tempel kauften und verkauften, stieß die Tische der Wechsler und die Stände der Taubenhändler um 13 und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus soll ein Bethaus heißen; ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht (Is 56). 14 Es kamen zu ihm Blinde und Lahme im Tempel, und er machte sie gesund. 15 Da nun die Oberpriester und Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er wirkte, und die Kinder, die im Tempel riefen: Hosanna dem Sohne Davids! — wurden sie unwillig 16 und sprachen zu ihm: Hörst du, was diese sagen? Jesus aber sprach zu ihnen: Ja freilich! Habt ihr denn niemals gelesen: Aus dem Munde von Unmündigen und Säuglingen hast du dir Lob bereitet? (Ps. 8, 3.) 17 Er ließ sie stehen und ging zur Stadt hinaus nach Bethanien und blieb daselbst über Nacht. 12-17 Vgl. Mk 11,15-19; Lk 19, 45-49; To 2,13-22. Ob Jesus zweimal den Tempel reinigte, ist umstritten. Vielleicht geschah es, wie Johannes erzählt, nur beim ersten Osterfest. Die Synoptiker holen den Bericht nach, weil sie nur von diesem einen Besuch Jesu in Jerusalem ausführlicher melden.

 

Der unfruchtbare Feigenbaum. 18 Als er aber des Morgen in die Stadt zurückkehrte, hungerte ihn. 19 Und er sah einen Feigenbaum am Wege, ging hin und fand nichts an ihm als nur Blätter. Da sprach er zu ihm: Nie mehr soll Frucht auf dir wachsen in Ewigkeit! Und sogleich verdorrte der Feigenbaum. 20 Als die Jünger dies sahen, wunderten sie sich und sprachen: Wie ist der Feigenbaum so plötzlich verdorrt! 21 Jesus antwortete ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt, so könnt ihr nicht nur das tun, was an dem Feigenbaum geschah, sondern, wenn ihr zu diesem Berge sagt: Hebe dich fort und stürze dich ins Meer, so wird es geschehen. 22 Und alles, was ihr im Gebete gläubig verlanget, das werdet ihr empfangen. 18-22: Vgl. Mk 11,12-14. 20-25. Das einzige Wunder dieser Art wirkt Jesus, um seine Strafgewalt zu offenbaren und die künftige Verwerfung

 

Streitreden mit den Juden

Vollmachtsfrage. 23 Als er in den Tempel gekommen war und eben lehrte, traten die Oberpriester und Ältesten des Volkes zu ihm und fragten: In welcher Vollmacht tust du dies? Wer hat dir die Vollmacht dazu gegeben? 24 Jesus erwiderte ihnen: Auch ich will euch eine Frage vorlegen; wenn ihr mir diese beantwortet, dann will auch ich euch sagen, in welcher Vollmacht ich diese Dinge tue. 25 Woher war die Taufe des Johannes? Vom Himmel oder von Menschen? Sie überlegten untereinander: Sagen wir „vom Himmel“, so wird er uns erwidern: Warum habt ihr ihm also nicht geglaubt? 26 Sagen wir aber „von Menschen“, so haben wir das Volk zu fürchten. Denn alle halten den Johannes für einen Propheten. 27 Sie antworteten also Jesus: Wir wissen es nicht. Da sprach er zu ihnen: Nun, so sage ich euch auch nicht, in welcher Vollmacht ich dies tue. 23-27: Vgl. Mk 11,27-33; Lk 20,1-8.

 

Die ungleichen Söhne. 28 Was meint ihr aber davon: Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg. 29 Der antwortete: Jawohl, Herr, ging aber nicht hin. 30 Dann ging er zum zweiten und sprach ebenso. Der entgegnete: Ich mag nicht! Nachher aber reute es ihn, und er ging doch hin. 31 Wer von beiden hat den Willen des Vaters erfüllt? Sie sagten: Der letzte. Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und die Buhlerinnen kommen vor euch in das Reich Gottes. 32 Denn Johannes kam zu euch auf dem Weg der Gerechtigkeit, und ihr habt ihm nicht geglaubt; die Zöllner und Buhlerinnen aber haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen, und gleichwohl seid ihr hernach nicht in euch gegangen, so daß ihr ihm geglaubt hättet. 28-32: Besser ist es, einen bewußten Fehler reumütig zu sühnen, als frommes Getue mit innerer Unwahrhaftigkeit zu verbinden.

 

Das Gleichnis von den bösen Winzern. 33 Höret ein anderes Gleichnis! Es war ein Hausherr, der pflanzte einen Weinberg, umgab ihn mit einem Zaune, grub darin eine Kelter, baute einen Turm, verpachtete ihn an Winzer und verreiste. 34 Als die Zeit der Früchte gekommen war, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seine Früchte in Empfang zu nehmen. 35 Die Winzer aber ergriffen seine Knechte; den einen schlugen sie, den andern töteten sie, den dritten steinigten sie. 36 Abermals schickte er andere Knechte, und zwar mehr als zuvor; sie machten es ihnen ebenso. 37 Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen und sprach: Vor meinem Sohne werden sie sich scheuen. 38 Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie untereinander: Das ist der Erbe, kommt, wir wollen ihn umbringen, und unser wird sein Erbe sein. 39 Und sie ergriffen ihn, warfen ihn zum Weinberg hinaus und töteten ihn. 40 Wenn der Herr des Weinbergs kommt, was wird er wohl diesen Winzern tun? 41 Sie sagten zu ihm: Er wird die Elenden elend umbringen und seinen Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm zur rechten Zeit den Ertrag abliefern. 41: Sie ahnen noch nicht, daß sie ihr eigenes Verdammungsurteil sprechen. 42 Da sprach Jesus zu ihnen: Habt ihr niemals in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist das geschehen, und es ist wunderbar in unsern Augen? (Ps 118,22.23.) 43 Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volke gegeben werden, das seine Früchte bringt. 44 Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschmettert werden; und auf wen er fällt, den zermalmt er. 45 Als nun die Oberpriester und Pharisäer seine Gleichnisse hörten, merkten sie, daß er sie meinte. 46 Sie suchten daher Gelegenheit, ihn zu ergreifen, aber sie fürchteten die Volksmassen, weil sie ihn für einen Propheten hielten. 33-46: Vgl. Mk 12,1-12; Lk; 20,9-19.

 

22 Das Gleichnis vom Hochzeitsmahl. Jesus fing abermals an, in Gleichnissen zu ihnen zu reden und sprach: Das Himmelreich ist einem Könige gleich, der seinem Sohne Hochzeit hielt. Er sandte seine Knechte aus, um die zur Hochzeit Geladenen zu rufen; aber sie wollten nicht kommen. Wiederum sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Geladenen: Sehet mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit! Sie aber achteten nicht darauf und gingen ihre Wege, der eine auf seinen Meierhof, der andere zu seinem Geschäft. Die übrigen aber ergriffen seine Knechte, behandelten sie schmählich und töteten sie. Da geriet der König in Zorn, schickte seine Heere aus, ließ jene Mörder umbringen und ihre Stadt in Brand stecken. Dann sprach er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereitet, aber die Geladenen waren nicht würdig. Geht also hinaus an die Straßenecken und ladet zur Hochzeit, wen immer ihr findet. 10 Seine Knechte gingen hinaus auf die Straßen und brachten alle zusammen, die sie fanden, Böse und Gute, und der Hochzeitssaal füllte sich mit Gästen. 11 Da ging der König hinein, um sich die Gäste anzusehen, und sah daselbst einen Menschen, der kein hochzeitliches Kleid anhatte. 12 Und er sprach zu ihm: Freund, wie bist du da hereingekommen, da du kein hochzeitliches Kleid anhast? Dieser aber verstummte. 13 Da sprach der König zu den Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn hinaus in die Finsternis draußen; da wird Heulen und Zähneknirschen sein. 14 Denn viele sind berufen, wenige aber auserwählt. 1-14: Vgl. Lk 14,15-24. Auch dieses Gleichnis weist wie die zwei vorhergehenden auf die Verwerfung Israels und die Berufung der Heiden hin. Die wahre Religion ist nicht mehr an Blut und Rasse der Juden gebunden.

 

Die Steuerfrage. 15 Darauf gingen die Pharisäer hin und hielten Rat, wie sie ihn in einer Rede fangen könnten. 16 Und sie schickten ihre Jünger mit den Herodianern zu ihm und ließen sagen: Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist und den Weg Gottes nach der Wahrheit lehrst und dich um niemand kümmerst; denn du siehst nicht auf die Person der Menschen. 17 Sag uns nun: Was meinst du, ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen oder nicht? 18 Jesus erkannte ihre Bosheit und sprach: Was versucht ihr mich, ihr Heuchler? 19 Zeigt mir die Steuermünze! Sie reichten ihm einen Denar hin. 20 Da sprach Jesus zu ihnen: Wessen ist dieses Bild und die Aufschrift? 21 Sie antworteten ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: Gebt also dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! 22 Als sie dies hörten, verwunderten sie sich, verließen ihn und gingen davon.

 

Die Sadduzäer und die Auferstehung. 23 Am gleichen Tage kamen Sadduzäer zu ihm, die behaupten, es gebe keine Auferstehung. Und sie fragten ihn: 24 Meister, Moses hat gesagt: Wenn einer stirbt, ohne ein Kind zu hinterlassen, so soll sein Bruder dessen Weib nehmen und seinem Bruder Nachkommenschaft erwecken (5 Mos 25, 5). 25 Nun waren bei uns sieben Brüder. Der erste nahm ein Weib und starb. Und weil er keine Kinder hatte, hinterließ er sein Weib seinem Bruder. 26 Desgleichen tat auch der zweite und der dritte bis zum siebten. 27 Zuletzt von allen starb auch das Weib. 28 Nun, wem aus diesen sieben wird bei der Auferstehung das Weib angehören? Denn alle haben sie gehabt. 29 Jesus antwortete ihnen: Ihr seid im Irrtum und versteht weder die Schrift noch die Macht Gottes. 30 Denn in der Auferstehung werden sie weder heiraten noch verheiratet werden, sondern sie sind wie die Engel Gottes im Himmel. 31 Was die Auferstehung der Toten betrifft, habt ihr nicht gelesen, was Gott gesagt hat, da er zu euch spricht: 32 Ich bin der Gott Abra­hams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? (2 Mos 3, 6.) Gott ist doch kein Gott der Toten, sondern der Lebendigen. 23-32 Durch die gebotene Schwagerehe oder Leviratsehe sollte das Aussterben der Familie verhindert und die Witwe versorgt werden. Die Sadduzäer wollen mit dem Beispiel den Auferstehungsglauben lächerlich machen. 33 Da dies die Volksscharen hörten, staunten sie über seine Lehre. 15-33 Vgl. Mk 12,13-27; Lk 20,20-40.

 

Die Frage der Pharisäer über das Hauptgebot. 34 Als die Pharisäer erfuhren, daß er die Sadduzäer zum Schweigen gebracht habe, kamen sie zusammen. 35 Und einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, stellte ihn auf die Probe mit der Frage: 36 Welches Gebot ist das größte im Gesetz? 37 Er aber sprach zu ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Vernunft (5 Mos 6, 5). 38 Dies ist das größte und erste Gebot. 39 Das andere aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (3 Mos 19, 18). 40 An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten. 34-40 Vgl. Mk 12,28-34 (Lk 10,25-28). Beide Gebote sind gleich, zwei Seiten des einen Gebotes, weil die Nächstenliebe sichtbar gewordene Gottesliebe ist.

 

Die Frage Jesu an die Pharisäer über den Messias. 41 Da nun die Pharisäer versammelt waren, fragte sie Jesus: 42 Was haltet ihr vom Messias, wessen Sohn ist er? Sie sprachen zu ihm: Davids. 43 Da erwiderte er ihnen: Wie nennt ihn aber David im Geiste „Herr“, da er spricht: 44 Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege? (Ps 110, 1.) 45 Wenn nun David ihn Herr nennt, wie ist er dann sein Sohn? 46 Und niemand konnte ihm ein Wort erwidern, noch wagte es einer von jenem Tage an, ihn weiter zu fragen. 41-46 Vgl. Mk 12,35-37; Lk 20,41-44. Jesus offenbart seine Gottessohnschaft.

 

Mahnungen und Warnungen 23 Danach richtete Jesus an die Volksscharen und an seine Jünger folgende Rede: Auf dem Stuhle des Moses sitzen die Schriftgelehrten und Pharisäer. 3: Jesus unterscheidet das Amt vom Amtsträger. Die Unwürdigkeit eines Amtsträgers entbindet den Untergebenen nicht von der Gehorsamspflicht. Darum haltet und tut alles, was sie euch sagen. Nach ihren Werken aber sollt ihr nicht tun; denn sie sagen es wohl, tun es aber nicht. Sie binden schwere und unerträgliche Lasten und legen sie auf die Schultern der Menschen, wollen sie aber selber mit keinem Finger heben. 4: Die Lasten sind die kleinlichen Vorschriften, die das religiöse Leben zur Qual machten (vgl. Apg 15, 10). Alle ihre Werke tun sie, um von den Leuten gesehen zu werden. Sie machen ihre Gebetsriemen breit und ihre Quasten lang. 5: Mit dem Gebetsriemen (Tefilla) wurde beim Beten eine würfelförmige Kapsel, in der vier Bibelstellen, auf Pergament geschrieben, enthalten waren (2 Mos 13,1-10; 13,11-16; 5 Mos 6,4-9; 11, 13-21), auf der Stirn und am linken Oberarm festgebunden (vgl. 5 Mos 6,8). Die Quasten (Zizit) waren an den vier Zipfeln des Obergewandes angebracht (vgl. 4 Mos 15,38f.; Mt 9,20; 14, 36). Sie haben gern die ersten Plätze bei den Gastmählern und die ersten Sitze in den Synagogen. Sie lassen sich gern auf dem Markte grüßen und von den Leuten Meister nennen. Ihr aber sollt euch nicht Meister nennen lassen. Denn einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr keinen von euch auf Erden Vater nennen. Denn einer ist euer Vater, der im Himmel. 10 Und laßt euch nicht Lehrer nennen. Denn einer ist euer Lehrer, der Messias. 11 Wer der Größte unter euch ist, der soll euer Diener sein. 12 Wer sich aber selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. 8-10: Nicht Titel und Rangordnung verbietet Jesus, sondern eitle Titelsucht, die Gott hinter dem Menschen zurücktreten läßt.

 

Weherufe über die Pharisäer. 13 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verschließt das Himmelreich vor den Menschen. Ihr selbst geht nicht hinein, und ihr laßt auch jene nicht hinein, die hinein wollen. 14 [Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verpraßt die Häuser der Witwen, indes ihr lange Gebete hersagt. Darum wird ein strenges Gericht über euch kommen.] 15 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr durchzieht Meer und Land, um einen einzigen zum Glaubensgenossen zu machen. und wenn er es geworden, dann macht ihr ihn zum Kind der Hölle, doppelt so schlimm als ihr. 15: Daher der Ausdruck „Proselytenmacherei“. 16 Wehe euch, ihr blinden Wegweiser. Ihr sagt: Wenn jemand beim Tempel schwört, das ist nichts. Wer aber beim Golde des Tempels schwört, der ist gebunden. 17 Ihr Toren und Verblendeten! Was ist denn mehr, das Gold oder der Tempel, der das Gold heiligt? 18 Weiter: Wenn jemand beim Altare schwört, das ist nichts. Wer aber bei der Gabe schwört, die darauf liegt, der ist gebunden. 19 Ihr Verblendeten! Was ist denn größer, die Gabe oder der Altar, der die Gabe heiligt? 20 Wer also beim Altare schwört, der schwört bei diesem und bei allem, was darauf liegt. 21 Und wer beim Tempel schwört, der schwört bei diesem und bei dem, der darin wohnt. 22 Und wer beim Himmel schwört, der schwört beim Throne Gottes und bei dem, der darauf sitzt. 23 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gebt den Zehnten von Pfefferminze, Dill und Kümmel. Was aber das Wichtigste ist vom Gesetz, die Gerechtigkeit, die Barmherzigkeit und die Treue, vernachlässigt ihr. Dieses sollte man tun und jenes nicht lassen! 24 Ihr blinden Wegweiser! Ihr seihet die Mücke, das Kamel aber verschluckt ihr. 25 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Den Becher und die Schüssel reinigt ihr von außen, inwendig aber sind sie voll Raub und Gier. 26 Du blinder Pharisäer! Mache zuerst das Innere des Bechers und der Schüssel rein, damit auch das Äußere rein werde. 27 Wehe euch ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gleicht übertünchten Gräbern, von außen [vor den Leuten] fallen sie zwar schön in die Augen, inwendig aber sind sie voll Totengebein und allem Unrat. 27: Durch das Tünchen wurden die Grabstätten weithin sichtbar gemacht, damit niemand sie betrete und unrein werde. 28 Geradeso erscheint auch ihr von außen zwar gerecht vor den Menschen, inwendig aber seid ihr voll Heuchelei und Ungerechtigkeit. 29 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr baut die Gräber der Propheten und ziert die Denkmäler der Gerechten 30 und sagt: Hätten wir in den Tagen unserer Väter gelebt, wir wären an dem Blute der Propheten nicht mitschuldig geworden. 31 So gebt ihr euch selbst das Zeugnis, daß ihr Söhne der Prophetenmörder seid. 32 Macht es nur voll, das Maß eurer Väter! 33 Ihr Schlangen- und Natterngezücht! Wie werdet ihr der Verurteilung zur Hölle entrinnen? 34 Darum seht, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte. Einige aus ihnen werdet ihr töten und kreuzigen, andere von ihnen werdet ihr geißeln in euren Synagogen und von Stadt zu Stadt verfolgen, 35 damit über euch komme alles gerechte Blut, das auf Erden vergossen ward vom Blute des gerechten Abel an bis zum Blute des Zacharias, des Sohnes des Barachias, den ihr zwischen dem Tempel und dem Altar umgebracht habt (1 Mos 4, 8; 2 Chron 24, 20-22). 36 Wahrlich, ich sage euch: Dies alles wird über dieses Geschlecht kommen. 1-36 Vgl. Mk 12,38-40; Lk 11,37-54; 20,45-47. Vor allem Volk reißt Jesus seinen Feinden die Heuchlermaske vom Gesicht. Diese Weherufe sind ein schauerliches Gegenstück zu den acht Seligpreisungen in der Bergpredigt.

 

Weheruf über Jerusalem. 37 Jerusalem, Jerusalem, das du die Propheten mordest und steinigst, die zu dir gesandt worden. Wie oft wollte ich deine Kinder versammeln, wie eine Henne ihre Küch­lein unter ihre Flügel sammelt, aber ihr habt nicht gewollt! 38 Sehet, euer Haus wird euch verödet überlassen werden. 39 Denn ich sage euch: Von nun an werdet ihr mich nicht mehr sehen, bis ihr sprechet: Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! 37-39: Vgl. Lk 13,34-35. Mit dieser ergreifenden Klage schließt die öffentliche Lehrtätigkeit Jesu ab. Bei der Wiederkehr zum Gericht werden die bekehrten Juden ihn freudig als Messias begrüßen.

 

24 Allgemeine Vorzeichen. Jesus verließ den Tempel und ging fort. Da traten seine Jünger zu ihm, um ihn auf die Bauwerke des Tempels hinzuweisen. Er aber antwortete ihnen: Seht ihr dies alles? Wahrlich, ich sage euch, kein Stein wird hier auf dem andern gelassen werden, der nicht zerstört wird. Als er sich auf dem Ölberg gesetzt hatte, da traten die Jünger allein zu ihm und sprachen: Sag uns, wann wird das geschehen? Und was wird das Zeichen deiner Wiederkunft und des Endes der Welt sein? Jesus antwortete ihnen: Sehet zu, daß euch niemand verführe. Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: Ich bin der Messias! Und sie werden viele verführen. Ihr werdet von Kriegen und Kriegszügen hören sehet zu, daß ihr euch nicht verwirren lasset, denn alles dieses muß geschehen, aber es ist noch nicht das Ende. Denn es wird Volk wider Volk und Reich wider Reich aufstehen, und es wird hier und dort Pest, Hunger und Erdbeben geben. Dies alles aber ist nur ein Anfang der Wehen. Alsdann werden sie euch der Drangsal überliefern und euch töten, und ihr werdet verhaßt sein bei allen Völkern um meines Namens willen. 10 Dann werden viele Ärgernis nehmen und einander verraten und einander hassen. 11 Es werden viele falsche Propheten aufstehen und viele verführen. 12 Und weil die Ungerechtigkeit überhand nimmt, wird die Liebe der meisten erkalten. 13 Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. 14 Und es wird diese Frohbotschaft vom Reiche in der ganzen Welt allen Völkern zum Zeugnisse verkündet werden; alsdann wird das Ende kommen.

 

Vorzeichen der Zerstörung Jerusalems. 15 Wenn ihr nun die grauenhafte Verwüstung, wie sie von dem Propheten Daniel vorhergesagt worden, am heiligen Orte walten sehet, — wer das liest, der merke es wohl (Dan 9, 27)! — 16 dann fliehe, wer in Judäa ist, auf die Berge, 17 wer auf dem Dache ist, der steige nicht herab, um die Sachen aus seinem Hause zu holen: 18 und wer auf dem Felde ist, kehre nicht zurück, um seinen Rock zu holen. 19 Wehe aber den Frauen, die in jenen Tagen ein Kind unter dem Herzen oder an der Brust tragen. 19: Die hoffenden und stillenden Mütter werden besonders schwer unter den Drangsalen zu leiden haben. 20 Betet aber, daß eure Flucht nicht im Winter oder am Sabbat geschehe.

 

Vorzeichen der Wiederkunft Christi. 21 Denn hierauf wird es eine große Trübsal geben, wie es von Anfang der Welt bis jetzt keine gegeben hat, noch je geben wird. 22 Und wenn jene Tage nicht abgekürzt wären, so würde kein Mensch gerettet werden; aber um der Auserwählten willen werden jene Tage abgekürzt werden. 23 Wenn dann jemand zu euch sagt: Sehet, hier ist der Messias oder: dort! so glaubt es nicht. 24 Denn es werden falsche Messiasse und falsche Propheten auftreten; und sie werden große Zeichen und Wunder tun, um auch die Auserwählten, wenn es möglich wäre, irrezuführen. 24: Diese Scheinwunder werden mit Hilfe Satans gewirkt. 25 Sehet, ich habe es euch vorhergesagt! 26 Wenn man euch also sagt: Sehet, er ist in der Wüste, so geht nicht hinaus; sehet, er ist in den Kammern, so glaubt es nicht. 27 Denn wie der Blitz vom Osten ausgeht und bis zum Westen leuchtet, ebenso wird es auch mit der Ankunft des Menschensohnes sein. 27: Unerwartet, aber allen sichtbar wird der Weltenrichter erscheinen. 28 Wo das Aas ist, da sammeln sich die Geier. 28. Es bedarf keiner Einladung. Jeder wird schnell und sicher an der Richtstätte sein, wie Vögel, die von weitem Beute wittern.

 

Wiederkunft Christi. 29 Sogleich nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, der Mond wird seinen Schein nicht mehr geben, die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden (Is 13, 10). 30 Hierauf wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, dann werden alle Geschlechter der Erde weheklagen, und sie werden den Menschensohn kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit. 31 Er wird seine Engel senden mit mächtigem Posaunenschall; und sie werden seine Auserwählten von den vier Winden, von einem Ende des Himmels bis zum andern, zusammenbringen.

 

Das Gleichnis vom Feigenbaum. 32 Vom Feigenbaum aber lernet das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon zart wird und die Blätter hervorsprossen, wißt ihr, daß der Sommer nahe ist. 33 So sollt ihr auch, wenn ihr dies alles sehet, merken, daß es nahe vor der Tür ist. 34 Wahrlich, ich sage euch. Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht. 35 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. 36 Von jenem Tag aber und jener Stunde hat niemand Kenntnis, auch die Engel des Himmels nicht, nur der Vater allein.

 

Mahnworte. 37 Denn wie in den Tagen des Noe, so wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. 38 Wie sie nämlich in den Tagen vor der Sintflut aßen und tranken, heirateten und verheirateten, bis zu dem Tage, da Noe in die Arche ging, 39 und nichts merkten, bis die Sintflut kam und alles wegraffte, also wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. 40 Sind dann zwei auf dem Felde, so wird der eine aufgenommen, der andere zurückgelassen werden. 41 Mahlen zwei auf einer Mühle, so wird die eine aufgenommen, die andere zurückgelassen werden. 40-41: Jeder muß mit innerer Bereitschaft gerüstet sein. Weder gleiches Geschlecht noch gleicher Beruf geben den Ausschlag. Das Mehl auf der Handmühle zu mahlen, war Sache der Frauen. 42 Darum wachet! Denn ihr wißt nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. 42: Immer wieder mahnt der Herr zur Wachsamkeit. Die folgenden Gleichnisse dienen demselben Zweck.

 

Der wachsame Hausvater. 43 Das aber seht ihr ein: Wenn der Hausvater wüßte, zu welcher Nachtstunde der Dieb kommt, so würde er sicherlich wach bleiben und nicht in sein Haus einbrechen lassen. 44 Darum seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr es nicht vermutet. 45 Wer ist wohl der getreue und kluge Knecht, den sein Herr über sein Hausgesinde gesetzt hat, daß er ihnen die Speise gebe zur rechten Zeit? 46 Selig ist jener Knecht, den sein Herr bei seiner Ankunft also handeln findet. 47 Wahrlich, ich sage euch: Über alle seine Güter wird er ihn setzen. 48 Wenn aber der böse Knecht bei sich spricht: Mein Herr kommt noch lange nicht, 49 und anfängt, seine Mitknechte zu schlagen und mit den Trunkenbolden zu essen und zu trinken, 50 so wird der Herr dieses Knechtes kommen an einem Tage, da er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt, 51 und wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Teil bei den Heuchlern geben; da wird Heulen und Zähneknirschen sein. 1-51: Vgl. Mk 13,1-37, Lk 21,5-36; 12,25-48; 17,26-35. Diese Rede ist dadurch schwierig zu verstehen, weil manches sich auf das Ende der Welt, anderes auf den Untergang Jerusalems bezieht.

 

25 Das Gleichnis von den Jungfrauen. Dann wird das Himmelreich gleich sein zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam [und der Braut] entgegengingen. Fünf von ihnen waren töricht und fünf klug. Die fünf törichten nahmen zwar ihre Lampen, aber kein Öl mit sich. Die klugen dagegen nahmen mit den Lampen auch Öl in ihren Gefäßen mit. Als der Bräutigam länger ausblieb, wurden alle schläfrig und schliefen ein. Um Mitternacht erhob sich der Ruf: Der Bräutigam kommt! Hinaus, ihm entgegen! Da standen alle diese Jungfrauen auf und richteten ihre Lampen her. Die törichten sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl; denn unsere Lampen erlöschen. Die klugen antworteten: Es möchte nicht genügen für uns und euch. Geht lieber zu den Krämern und kauft euch. 10 Während sie nun hingingen, um zu kaufen, kam der Bräutigam. Die bereit waren, gingen mit ihm zur Hochzeitsfeier hinein, und die Türe ward verschlossen. 11 Endlich kamen auch die andern Jungfrauen und sagten: Herr, Herr, tu uns auf! 12 Er aber antwortete: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht! 13 Wachet also! Denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde. 1-13: Die Jungfrauen sind Freundinnen der Braut. Den törichten wird ihre Sorglosigkeit zum Verhängnis. Jeder muß selber sein Heil sichern.

 

Das Gleichnis von den Talenten. 14 Denn es wird da gehen wie mit einem Manne, der in die Fremde zog, seine Knechte zu sich rief und ihnen seine Güter übergab. 15 Einem gab er fünf Talente, dem andern zwei, dem dritten aber eines, einem jeden nach seiner Fähigkeit; dann reiste er ab. 16 Sofort ging nun der, welcher die fünf Talente empfangen hatte, hin und handelte damit und gewann andere fünf dazu. 17 Desgleichen gewann auch der, der die zwei erhalten hatte, andere zwei. 18 Der aber eines empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn. 19 Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und hielt Abrechnung mit ihnen. 20 Es kam der, welcher die fünf Talente empfangen hatte, brachte fünf andere Talente und sprach: Herr, fünf Talente hast du mir übergeben, siehe ich habe noch fünf andere dazugewonnen. 21 Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du guter und getreuer Knecht! Weil du über weniges treu gewesen bist, so will ich dich über vieles setzen. Geh ein in die Freude deines Herrn! 22 Es kam auch der, welcher die zwei Talente empfangen hatte, und sprach: Herr zwei Talente hast du mir übergeben; siehe, ich habe noch zwei andere dazugewonnen. 23 Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du guter und getreuer Knecht! Weil du über weniges treu gewesen bist, so will ich dich über vieles setzen. Geh ein in die Freude deines Herrn! 24 Es kam aber auch der, welcher das eine Talent empfangen hatte, und sprach: Herr, ich weiß, daß du ein harter Mann bist. Du erntest, wo du nicht gesät, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast. 25 Aus Angst ging ich hin und verbarg dein Talent in der Erde. Siehe, da hast du, was dein ist! 26 Da antwortete ihm sein Herr: Du böser und fauler Knecht! Du wußtest, daß ich ernte, wo ich nicht gesät, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. 27 Du hättest also mein Talent auf die Wechselbank bringen sollen, und ich hätte bei meiner Ankunft das Meinige mit Zinsen wiedererhalten. 28 Nehmt ihm also das Talent, und gebt es dem, der die zehn Talente hat. 29 Denn jedem, der da hat, wird gegeben, daß er im Überfluß habe. Wer aber nicht hat, dem wird auch das, was er hat, genommen werden. 30 Den unnützen Knecht aber werft hinaus in die Finsternis draußen. Da wird Heulen und Zähneknirschen sein. 14-30: Vgl. 19,11-27. Gott fordert gewissenhafte Berufsarbeit von allen. Nicht die bessere oder geringere Begabung ist entscheidend für den Lohn, sondern die Treue in der Ausnutzung des Empfangenen. Auch Nichtstun ist Sünde.

 

Das Weltgericht. 31 Wenn nun der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle seine Engel mit ihm, dann wird er sich auf seinen herrlichen Thron setzen. 32 Alle Völker werden vor ihm versammelt werden; und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. 33 Die Schafe wird er zu seiner Rechten, die Böcke aber zu seiner Linken stellen. 34 Alsdann wird der König zu denen auf seiner Rechten sagen: Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, nehmt Besitz von dem Reich, das euch seit Grundlegung der Welt bereitet ist! 35 Denn ich war hungrig, und ihr habt mich gespeist; ich war durstig, und ihr habt mich getränkt; ich war ein Fremdling, und ihr habt mich beherbergt; 36 (ich war) nackt, und ihr habt mich bekleidet; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen. 37 Dann werden ihm die Gerechten entgegnen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dich gespeist, oder durstig und dich getränkt? 38 Wann haben wir dich als Fremdling gesehen und dich beherbergt, oder nackt und dich bekleidet? 39 Oder wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? 40 Der König wird ihnen antworten: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan! 41 Dann wird er auch zu denen auf der Linken sprechen: Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet worden ist! 42 Denn ich war hungrig, und ihr habt mich nicht gespeist; ich war durstig, und ihr habt mich nicht getränkt; 43 ich war ein Fremdling, und ihr habt mich nicht beherbergt; nackt, und ihr habt mich nicht bekleidet; krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht. 44 Dann werden auch sie ihm entgegnen: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder als Fremdling oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht gedient? 45 Dann wird er ihnen antworten: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan! 46 Diese werden eingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben. 32-46: Die Schuld der Verdammten ist, daß sie nichts Gutes taten. Auch wegen anderer Sünden kann sich jemand die Hölle verdienen, wie die Werke der leiblichen Barmherzigkeit allein nicht zur Seligkeit genügen.

 

Jesu Leiden und Tod

 

Das letzte Abendmahl

26 Sitzung des Hohen Rates. Nachdem Jesus alle diese Reden beendet hatte, sprach er zu seinen Jüngern: Ihr wißt, daß nach zwei Tagen Ostern ist; dann wird der Menschensohn ausgeliefert zur Kreuzigung. Damals versammelten sich die Oberpriester und die Ältesten des Volkes im Palast des Hohenpriesters, der Kaiphas hieß. Und sie faßten den Beschluß, Jesus mit List zu ergreifen und zu töten. Sie sagten aber: Nur nicht am Festtage, damit kein Aufruhr unter dem Volke entsteht. 1-5: Vgl. Mk 14,1-2, Lk 22,1-2

 

Die Salbung in Bethanien. Als aber Jesus zu Bethanien, im Hause Simons, des Aussätzigen war, trat eine Frau zu ihm mit einem Gefäß aus Alabaster voll köstlichen Salböls und goß es über sein Haupt aus, da er zu Tische saß. Als das die Jünger sahen, wurden sie unwillig und sprachen: Wozu diese Verschwendung? Denn das hätte man teuer verkaufen und den Armen geben können. 10 Jesus aber merkte es und sprach zu ihnen: Warum kränkt ihr diese Frau? Sie hat ein gutes Werk an mir getan! 11 Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit. 12 Wenn sie diese Salbe über meinen Leib ausgoß, hat sie es für mein Begräbnis getan. 13 Wahrlich, ich sage euch: Wo immer man in der ganzen Welt diese Frohbotschaft verkünden wird, da wird man auch zu ihrem Andenken sagen, was sie getan hat. 6-13: Vgl. Mk 14,3-9; Jo 12,1-8. Simon der Aussätzige ist vielleicht der Vater der Geschwister Martha, Maria und Lazarus gewesen. Er ist nicht mit dem Pharisäer Simon (Lk 7,36-50) zu verwechseln; Maria ist nicht die Sünderin, die Jesus im Hause dieses Pharisäers salbte.

 

Verrat des Judas. 14 Hierauf ging einer von den Zwölfen, der Judas Iskariot hieß, zu den Oberpriestern 15 und sprach: Was wollt ihr mir geben, wenn ich ihn euch in die Hände liefere? Sie bestimmten ihm dreißig Silberlinge. 16 Von da an suchte er eine Gelegenheit, ihn zu verraten. 14-16: Vgl. Mk 14,10-11; Lk 22,3-6. Der Judaslohn, nach unserem Geld etwa 80 Mk., entsprach der Sühne für die Tötung eines Sklaven.

 

Die Abendmahlsfeier. 17 Am ersten Tage der ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wo willst du, daß wir für dich das Osterlamm bereiten? 18 Jesus aber sprach: Geht in die Stadt zu einem gewissen Mann und sagt ihm: Der Meister spricht: Meine Zeit ist nahe; bei dir will ich mit meinen Jüngern Ostern halten. 19 Die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Ostermahl. 17-19: Vgl. Mk 14,12-16; Lk 22,7-13.

 

Entlarvung des Verräters. 20 Als es Abend geworden war, setzte er sich mit seinen zwölf Jüngern zu Tische. 21 Und da sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten! 22 Da wurden sie sehr betrübt, und einer um den andern fing an zu fragen: Ich bin es doch nicht etwa, Herr? 23 Er antwortete: Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten. 24 Der Menschensohn geht zwar hin, wie von ihm geschrieben steht. Wehe aber dem Menschen, durch welchen der Menschensohn verraten wird! Jenem Menschen wäre es besser, wenn er nicht geboren wäre. 25 Da sprach Judas, der ihn verriet: Ich bin es doch nicht etwa, Meister? Er antwortete ihm: Du hast's gesagt! 20-25: Vgl. Mk 14,17-21; Lk 22,14-18. 21-23; Jo 13,21-32. Der Verräter Judas hat schon vor der Einsetzung des Allerheiligsten Altarssakramentes den Saal verlassen, hat also nicht mehr die heilige Kommunion und Priesterweihe empfangen.

 

Einsetzung des Allerheiligsten Altarssakramentes. 26 Während des Mahles nahm Jesus Brot, segnete und brach es, gab es seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin (und) esset; das ist mein Leib. 27 Und er nahm einen Kelch, dankte, gab ihn ihnen und sprach: Trinket alle daraus, 28 denn dies ist mein Blut des [Neuen] Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. 29 Ich sage euch aber: Ich werde von nun an nicht mehr trinken von diesem Gewächse des Weinstocks, bis zu jenem Tage, da ich es neu mit euch im Reiche meines Vaters trinken werde. 26-29: Vgl. Mk 14,22-24; Lk 22,19-20, 1 Kor 11,23-26. Der natürliche Sinn der Worte Jesu kann nur von der wirklichen Verwandlung von Brot und Wein in sein gottmenschliches Fleisch und Blut verstanden werden.

 

Voraussage der Verleugnung. 30 Dann stimmten sie den Lobgesang an und gingen hinaus an den Ölberg. 31 Da sagte Jesus zu ihnen: In dieser Nacht werdet ihr alle an mir Anstoß nehmen. Denn es steht geschrieben: Ich will den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden (Zach 13,7). 32 Aber nach meiner Auferstehung werde ich euch vorausgehen nach Galiläa. 33 Da antwortete ihm Petrus: Wenn auch alle an dir Anstoß nehmen, so werde ich niemals Anstoß nehmen. 34 Jesus sagte zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen! 35 Da sprach Petrus zu ihm: Wenn ich auch mit dir sterben müßte, werde ich dich doch nicht verleugnen. In gleicher Weise sprachen alle Jünger. 30-35: Vgl. Mk 14,27-31; Lk 22,31-34; Jo 13,36-38.

 

Jesus am Ölberg

Jesu Todesangst. 36 Dann kam Jesus mit ihnen in einen Meierhof, Gethsemani genannt, und sprach zu seinen Jüngern: Setzet euch hier, während ich dorthin gehe und bete. 37 Und er nahm den Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus mit und fing an, sich zu betrüben und zu zagen. 38 Dann sprach er zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis in den Tod. Bleibet hier und wachet mit mir. 39 Und er ging ein wenig vorwärts, fiel auf sein Angesicht, betete und sprach: Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber. Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst. 40 Er kam zu seinen Jüngern, fand sie schlafend und sprach zu Petrus: So habt ihr nicht eine Stunde mit mir wachen können? 41 Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet! Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach. 42 Wieder ging er hin, zum zweiten Male, betete und sprach: Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht vorübergehen kann, ohne daß ich ihn trinke, so geschehe dein Wille. 43 Und er kam abermals und fand sie schlafend. Denn ihre Augen waren schwer geworden. 44 Da verließ er sie wieder, ging hin und betete zum dritten Male, indem er die nämlichen Worte sprach. 45 Dann kam er zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen: 46 Ihr schlaft und ruht euch aus! Seht, die Stunde ist da, und der Menschensohn wird in die Hände der Sünder überliefert. Stehet auf, lasset uns gehen! Sehet, mein Verräter naht. 36-46: Vgl. Mk 14,32-42; Lk 22,40-46.

 

Gefangennahme Jesu. 47 Und da er noch redete, siehe, da kam Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm ein großer Haufe mit Schwertern und Prügeln, [abgeschickt] von den Oberpriestern und Ältesten des Volkes. 48 Sein Verräter hatte ihnen aber ein Zeichen gegeben und gesagt: Den ich küssen werde, der ist's, den ergreifet! 49 Und sogleich trat er zu Jesus und sprach: Sei gegrüßt, Meister! Und er küßte ihn. 50 Jesus aber sprach zu ihm: Freund, dazu bist du also gekommen? Dann traten sie hinzu, legten Hand an Jesus und ergriffen ihn. 47-50: Vgl. Mk 14,43-52; Lk 22,47-53; Jo 18,2-12. Jesus beweist, daß er ganz frei das Todesleiden auf sich nimmt. 51 Und siehe, einer von denen, welche mit Jesus waren, streckte die Hand aus, zog sein Schwert und schlug auf den Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das Ohr ab. 52 Da sprach Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert, wohin es gehört. Denn alle, die das Schwert ergreifen, kommen durch das Schwert um. 53 Oder meinst du, daß ich meinen Vater nicht bitten könnte, und er würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel zu Hilfe schicken? 54 Wie würde dann aber die Schrift erfüllt werden, daß es so geschehen muß? 55 In jener Stunde sagte Jesus zu den Scharen: Wie gegen einen Räuber seid ihr ausgezogen, mit Schwertern und Prügeln, um mich zu ergreifen. Täglich saß ich im Tempel und lehrte, und ihr habt mich nicht ergriffen. 56 Dies alles aber ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt würden. Da verließen ihn alle Jünger und flohen.

 

Jesus vor seinen Richtern

Jesus vor dem Hohen Rat. 57 Jene aber ergriffen Jesus und führten ihn zu Kaiphas, dem Hohenpriester, wo die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten. 58 Petrus aber folgte ihm von ferne bis zum Palast des Hohenpriesters, ging hinein und setzte sich zu den Dienern, um den Ausgang zu sehen. 59 Die Oberpriester aber und der ganze Rat suchten falsches Zeugnis wider Jesus, um ihn dem Tode zu überliefern. 60 Doch sie fanden keines, obwohl viele falsche Zeugen aufgetreten waren. Zuletzt aber kamen zwei [falsche Zeugen] 61 und sprachen: Dieser hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes niederreißen und ihn in drei Tagen wieder aufbauen. 62 Da stand der Hohepriester auf und sprach zu ihm: Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich aussagen? 63 Jesus aber schwieg. Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du uns sagest, ob du der Messias bist, der Sohn Gottes. 64 Jesus antwortete ihm: Du hast es gesagt! Ich sage euch aber: Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten der Macht sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen. 65 Da zerriß der Hohepriester seine Kleider mit den Worten: Er hat Gott gelästert! Was haben wir noch Zeugen nötig? Sehet, nun habt ihr die Lästerung gehört. 66 Was dünket euch? Sie antworteten: Er ist des Todes schuldig! 67 Dann spien sie in sein Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten, andere aber gaben ihm Backenstreiche 68 und sprachen: Weissage uns, wer ist's, der dich geschlagen hat? 57-68: Vgl. Mk 14,53-65; Lk 22,54. 63-71, Jo 18,24. Das Urteil stand von vornherein fest.

 

Verleugnung des Petrus. 69 Petrus aber saß draußen im Hofe; da trat eine Magd zu ihm und sprach: Du warst auch bei Jesus, dem Galiläer. 70 Er aber leugnete vor allen und sprach: Ich verstehe nicht, was du sagst. 71 Als er zur Torhalle hinausging, sah ihn eine andere Magd und sprach zu denen, die da waren: Auch dieser war bei Jesus, dem Nazarener. 72 Und er leugnete abermals mit einem Schwure: Ich kenne den Menschen nicht. 73 Nach einer kleinen Weile traten die Umstehenden herzu und sagten zu Petrus: Wahrlich, du bist auch einer von jenen; denn auch deine Sprache verrät dich. 74 Da fing er an zu fluchen und zu schwören, daß er diesen Menschen nicht kenne. Und alsbald krähte ein Hahn. 75 Da erinnerte sich Petrus des Wortes Jesu, der gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich. 69-75: Mk 14,66-72; Lk 22,55-62; Jo 18, 15-18. 25-27

 

27 Auslieferung an Pilatus. In der Morgenfrühe faßten alle Oberpriester und Ältesten des Volkes den Beschluß wider Jesus, ihn dem Tode zu überliefern. Sie führten ihn gebunden fort und übergaben ihn dem Landpfleger [Pontius] Pilatus. 1-2: Vgl. Mk 15,1; Lk 23,1; Jo 18,28. Die jüdische Behörde durfte kein Todesurteil ohne Bestätigung des römischen Landpflegers vollstrecken lassen.

 

Das Ende des Judas. Als nun Judas, der ihn verraten hatte, sah, daß er zum Tode verurteilt war, brachte er, von Reue ergriffen, die dreißig Silberlinge den Oberpriestern und Ältesten zurück und sprach: Ich habe gesündigt, weil ich unschuldiges Blut verraten habe. Sie aber sagten: Was geht das uns an? Siehe du zu! Da warf er die Silberlinge in den Tempel, entfernte sich, ging hin und erhängte sich [mit einem Stricke]. Die Oberpriester nahmen die Silberlinge und sprachen: Es ist nicht erlaubt, sie in den Tempelschatz zu legen, denn es ist Blutgeld. Sie hielten nun Rat und kauften dafür den Töpferacker zum Begräbnis für die Fremden. Deswegen heißt dieser Acker [Hakeldama, das heißt] Blutacker bis auf den heutigen Tag. Da erfüllte sich das Wort des Propheten Jeremias: Sie nahmen die dreißig Silberlinge, den Preis, um den die Söhne Israels den Hochgeschätzten eingeschätzt haben, 10 und gaben sie für den Töpferacker, wie mir der Herr aufgetragen hat (Jer 32, 6-9; Zach 11,12.13). 3-10: Vgl. Apg. 1,15-20. Das Geständnis des Verräters hätte sie von der Unschuld Jesu überzeugen müssen. Die Reue des Judas ging nur aus natürlichen Beweggründen hervor; darum führte sie nicht, wie bei Petrus, zur Verzeihung, sondern zum Selbstmord.

 

Jesus vor Pilatus. 11 Jesus aber wurde vor den Landpfleger gestellt, und der Landpfleger fragte ihn: Bist du der König der Juden? Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. 12 Da ihn die Oberpriester und Ältesten anklagten, antwortete er nichts. 13 Hierauf sprach Pilatus zu ihm: Hörst du nicht, welch schwere Anklagen sie gegen dich vorbringen? 14 Aber er antwortete ihm auf keine einzige Frage, so daß der Landpfleger sich sehr verwunderte. 15 Es war aber gebräuchlich, daß der Landpfleger auf den hohen Festtag einen Gefangenen losgab, den das Volk wollte. 16 Nun hatte man damals einen berüchtigten Gefangenen, der Barabbas hieß. 17 Da sie also versammelt waren, sprach Pilatus: Welchen soll ich euch losgeben, den Barabbas oder Jesus, der Christus genannt wird? 18 Denn er wußte, daß sie ihn aus Neid überantwortet hatten. 19 Während er auf dem Richterstuhle saß, ließ ihm seine Frau sagen: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten, denn ich habe heute seinetwegen im Traume viel gelitten. 20 Allein die Oberpriester und Ältesten beredeten die Volksmassen, den Barabbas loszubitten, Jesus aber töten zu lassen. 21 Der Landpfleger entgegnete ihnen: Welchen von beiden wollt ihr frei für euch haben? Sie sagten: Den Barabbas! 22 Pilatus fragte sie: Was soll ich denn mit Jesus machen, der Christus genannt wird? Da riefen alle: Er soll gekreuzigt werden! 23 Er aber sagte: Was hat er denn Böses getan? Sie aber schrien noch lauter: Er soll gekreuzigt werden! 24 Da nun Pilatus sah, daß er nichts ausrichte und der Lärm noch größer werde, nahm er Wasser, wusch seine Hände vor dem Volke und sprach: Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten; sehet ihr zu! 25 Das ganze Volk antwortete und schrie: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! 25: Die entsetzliche Selbstverfluchung zeigt, wohin ein Volk kommen kann, wenn es gewissenlosen Hetzern sein Ohr leiht. 11-25: Vgl. Mk 15,2-14; Lk 23,2-5. 13--23; Jo 18,28-19, 16.

 

Geißelung und Dornenkrönung. 26 Alsdann gab er ihnen den Barabbas los. Jesus aber ließ er geißeln und lieferte ihn aus zur Kreuzigung. 27 Darauf nahmen die Soldaten des Landpflegers Jesus zu sich in das Richthaus und versammelten um ihn die ganze Abteilung. 28 Sie zogen ihn aus und legten ihm einen scharlachroten Mantel um, 29 flochten eine Krone aus Dornen, setzten sie auf sein Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine rechte Hand. Sie beugten das Knie vor ihm und verspotteten ihn mit den Worten: Heil dir, König der Juden! 30 Sie spien ihn an, nahmen das Rohr und schlugen ihn auf das Haupt. 31a Nachdem sie ihn so verspottet hatten, nahmen sie ihm den Mantel ab, zogen ihm seine Kleider an 31b und führten ihn fort, um ihn zu kreuzigen. 26-31: Vgl. Mk 15,15-20; Jo 19,1-5.

 

Jesus auf Golgotha

Kreuzigung. 32 Als sie hinauszogen, trafen sie einen Mann von Cyrene, mit Namen Simon. Diesen nötigten sie, sein Kreuz zu tragen. 33 Sie kamen an den Ort, welcher Golgotha, das ist Schädelstätte, heißt. 34 Da gaben sie ihm Wein, mit „Galle“ vermischt, zu trinken. Und nachdem er davon gekostet hatte, wollte er nicht trinken. 35 Nachdem sie ihn gekreuzigt hatten, teilten sie seine Kleider und warfen das Los darüber. [So sollte das Wort des Propheten in Erfüllung gehen: Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und über mein Gewand das Los geworfen (Ps 22 19).] 36 Und sie setzten sich und bewachten ihn. 37 Über sein Haupt hefteten sie eine Inschrift mit der Angabe seiner Schuld: Dieser ist Jesus, der König der Juden. 38 Dann wurden mit ihm zwei Räuber gekreuzigt, einer zur Rechten und der andere zur Linken.

 

Verspottung Jesu am Kreuze. 39 Die Vorübergehenden aber lästerten und schüttelten ihre Köpfe 40 und sagten: Ei, der du den Tempel Gottes zerstörst und ihn in drei Tagen wieder aufbaust, hilf dir selbst! Wenn du der Sohn Gottes bist, steig herab vom Kreuze! 41 Gleicherweise spotteten auch die Oberpriester samt den Schriftgelehrten und Ältesten und sagten: 42 Andern hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen! Ist er König von Israel, so steige er jetzt herab vom Kreuze; dann werden wir an ihn glauben. 43 Er hat Gott vertraut, der erlöse ihn nun, wenn er Wohlgefallen an ihm hat. Denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn (Ps 22, 9). 44 Ebenso schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm zusammen gekreuzigt waren. 32-44: Vgl. Mk 15,21-32; Lk 23,26-4; Jo 19,17-27. Jesus kostete ein wenig von dem Wein, um seinen Dank für die gute Absicht der Schmerzenslinderung zu bekunden, aber er wollte ihn nicht trinken, um bei vollem Bewußtsein für uns zu leiden. „Galle“ bedeutet hier bittere Gewürze (vgl. Mk 15,23), wodurch die betäubende Wirkung erhöht wurde. Es war ein Vorrecht edler Frauen, einem Verurteilten diesen Liebesdienst zu erweisen und den Betäubungstrunk zu reichen.

 

Jesu Tod

Seine letzten Worte. 45 Von der sechsten bis zur neunten Stunde aber kam eine Finsternis über das ganze Land. 46 Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eli, Eli, lema sabakthani, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Ps 22, 2.) 47 Einige, die dastanden und dies hörten, sprachen: Dieser ruft den Elias. 48 Und alsbald lief einer von ihnen hin, nahm einen Schwamm, füllte ihn mit Essig, steckte ihn an ein Rohr und gab ihm zu trinken. 49 Die übrigen aber sagten: Halt, wir wollen sehen, ob Elias kommt, ihn zu retten. 50 Jesus aber rief abermals mit lauter Stimme und gab den Geist auf. 45-50: Vgl. Mk 15,33-37; Lk 23,44-46; Jo 19,28-30. Das Gefühl der Gottverlassenheit war für die Menschennatur Jesu der furchtbarste Schmerz.

 

Wunder beim Tode Jesu. 51 Und siehe, der Vorhang des Tempels zerriß von oben bis unten in zwei Stücke, die Erde bebte, und die Felsen spalteten sich. 52 Die Gräber öffneten sich, und viele Leiber der Heiligen, die entschlafen waren, standen auf, gingen aus den Gräbern hervor 53 und kamen nach seiner Auferstehung in die heilige Stadt und erschienen vielen. 54 Als der Hauptmann und seine Leute, die Jesus bewachten, das Erdbeben und das, was vorging, sahen, erschraken sie sehr und sagten: Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn! 55 Es standen dort aber auch viele Frauen von ferne, welche Jesus aus Galiläa gefolgt waren, um ihm zu dienen. 56 Unter diesen war Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus und Joseph, und die Mutter der Söhne des Zebedäus. 51-56: Vgl. 15,38-41; Lk 23,45-49.

 

Jesu Begräbnis. 57 Als es nun Abend geworden war, kam ein reicher Mann aus Arimathäa mit Namen Joseph, der auch selbst ein Jünger Jesu war. 58 Dieser ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus, daß man den Leichnam ausliefere. 59 Und Joseph nahm den Leichnam, wickelte ihn in reine Leinwand 60 und legte ihn in sein neues Grab, das er in einem Felsen hatte aushauen lassen. Vor den Eingang des Grabes wälzte er einen großen Stein und ging weg. 61 Maria Magdalena aber und die andere Maria blieben da und saßen dem Grabe gegenüber. 57-61: Vgl. Mk 15,42-47: Lk 23,50-56; Jo 19,38-42.

 

Die Wache am Grabe. 62 Des andern Tages nun, der auf den Rüsttag folgte, versammelten sich die Oberpriester und Pharisäer bei Pilatus 63 und sprachen: Herr, wir haben uns erinnert, daß jener Verführer, als er noch lebte, gesagt hat: Nach drei Tagen werde ich auferstehen. 64 Befiehl also, das Grab bis auf den dritten Tag sicher zu bewachen. Sonst könnten seine Jünger kommen, ihn stehlen und dem Volke sagen: Er ist von den Toten auferstanden. So würde der letzte Betrug ärger als der erste. 65 Pilatus sprach zu ihnen: Ihr sollt eine Wache haben! Gehet, sorget für Sicherheit nach eurem Gutdünken. 66 Sie aber gingen hin und sicherten das Grab, indem sie den Stein versiegelten im Beisein der Wache. 62-66: Gegen ihren Willen sind die Feinde Jesu zu Kronzeugen der wahren Auferstehung des Gekreuzigten geworden.

 

Die Auferstehung

28 Die Frauen am Grabe. Nach dem Sabbat aber, als am ersten Tage der Woche der Morgen anbrach, kam Maria Magdalena und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. Und siehe, es entstand ein großes Erdbeben. Denn ein Engel des Herrn stieg vom Himmel nieder, trat hinzu, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Sein Anblick aber war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee. Die Wächter erbebten aus Furcht vor ihm und wurden wie tot. Der Engel aber nahm das Wort und sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, daß ihr Jesus, den Gekreuzigten, suchet. Er ist nicht hier. Er ist nämlich auferstanden, wie er gesagt hat. Kommet und sehet den Ort, wo er gelegen hat. Nun geht eilends und saget seinen Jüngern, daß er auferstanden ist. Sehet, er geht euch voraus nach Galiläa, daselbst werdet ihr ihn sehen. Sehet, ich habe es euch gesagt. Sie gingen eilends mit Furcht und großer Freude von dem Grab hinweg und liefen, um es seinen Jüngern zu verkünden. Und siehe, Jesus begegnete ihnen und sprach: Seid gegrüßt! Sie aber traten hinzu und umfaßten seine Füße und beteten ihn an. 10 Jesus sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Gehet hin und verkündet es meinen Brüdern, daß sie nach Galiläa gehen; dort werden sie mich sehen. 1-10: Vgl. Mk 16,1-11; Lk 24,1-11; Jo 20,1-18. „Die andere Maria“ ist die Frau des Kleophas, die Mutter der „Brüder Jesu“.

 

Die Wächter bestochen. 11 Als diese nun hingegangen waren, da kamen einige von der Wache in die Stadt und meldeten den Oberpriestern alles, was sich zugetragen hatte. 12 Diese versammelten sich mit den Ältesten, hielten Rat, gaben den Soldaten viel Geld 13 und sprachen: Saget: Seine Jünger sind in der Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, da wir schliefen. 14 Und wenn dieses dem Landpfleger zu Ohren kommen sollte, so wollen wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, daß ihr nichts zu befürchten braucht. 15 Sie nahmen das Geld und taten, wie man sie angewiesen hatte; und es verbreitete sich dieses Gerede unter den Juden bis auf den heutigen Tag. 11-15: Die teure Bestechung hätten sie sich erspart, wenn sie anders die Tatsache der Auferstehung hätten widerlegen können.

 

Jesus erscheint den Aposteln. 16 Die elf Jünger aber gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin sie Jesus beschieden hatte. 17 Und da sie ihn sahen, beteten sie ihn an; einige aber zweifelten. 18 Jesus trat hinzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. 19 Darum gehet hin und machet alle Völker zu Jüngern und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes 20 und lehret sie alles halten, was ich euch befohlen habe. Und sehet, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt. 16-20: Vgl. Mk 16,15-18. Im Bewußtsein göttlicher Vollmacht überträgt Christus seinen Aposteln und ihren Nachfolgern bis zum Weltende das Lehramt, Priesteramt und Hirtenamt.