Word: Philemon

 

Der Brief an Philemon

Einleitung

Onesimus, ein heidnischer Sklave des reichen Philemon in Kolossä, war seinem Herrn entlaufen und zu Paulus nach Rom gekommen, der ihn zum Christentum bekehrte. Der Apostel sandte den Flüchtling zurück und gab ihm einen kurzen Brief mit, worin er den Heimkehrenden seinem Herrn empfiehlt: Onesimus ist wohl noch sein Sklave, aber er ist jetzt auch sein Bruder in Christus und deshalb mit echter Liebe zu behandeln. Der Brief ist gegen Ende der ersten römischen Gefangenschaft (wohl im Frühjahr 63) geschrieben und zugleich mit dem Kolosserbrief durch Tychikus und Onesimus nach Kolossä gebracht worden. Wenn auch an Umfang der kleinste Paulusbrief, so ist er doch ein wahres Meisterwerk der Briefliteratur und zeugt von der feinen Herzensbildung und echt religiösen Gemütstiefe des Apostels. Auch über die Stellung der jungen Kirche zur Sklavenfrage, der eigentlichen sozialen Frage jener Zeit, gibt er uns wertvolle Aufschlüsse, nicht in blasser Theorie, sondern durch das Leben.

 

Paulus, Gefangener Christi Jesu, und Timotheus, der Bruder, an Philemon unsern Geliebten und Mitarbeiter, an Apphia, die [vielgeliebte] Schwester, und an Archippus, unsern Mitstreiter, sowie an die Gemeinde in deinem Hause. Gnade euch und Friede von Gott unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. 1-3: Apphia ist die Gattin Philemons. Ob Archippus, der den abwesenden Bischof vertrat (Kol 4,17), der Sohn beider war, steht nicht fest.

 

Danksagung. Ich danke meinem Gott allemal, wenn ich deiner gedenke in meinen Gebeten. Ich höre nämlich, welchen Glauben und welche Liebe du dem Herrn Jesus gegenüber und an allen Heiligen bewährst. Möge dein gläubiger Gemeinsinn (darum bete ich) sich kraftvoll auswirken in rechter Erkenntnis all des Guten, das unter uns ist in der Hinordnung auf Christus. Denn ich hatte viel Freude und Tröstung wegen deiner Liebe, weil die Herzen der Heiligen erquickt wurden durch dich, lieber Bruder.

 

Fürbitte für Onesimus. Obwohl ich in Christus durchaus die Berechtigung hätte, dir zu gebieten, was sich geziemt, so ziehe ich doch um der Liebe willen vor, dich zu bitten, ganz wie ich bin: Ich, Paulus, ein alter Mann und jetzt obendrein ein Gefangener um Christi willen, 10 ich bitte dich für meinen Sohn, dem ich das Leben gab in meinen Banden, für Onesimus. 11 Einst war er dir unnütz, jetzt aber dir und mir sehr nützlich. 11: Anspielung auf den Namen Onesimus = „Nutzbringender“. 12 Ich schicke ihn dir jetzt zurück, ihn, das heißt, mein eigenes Herz. 13 Gerne hätte ich ihn bei mir behalten, damit er mir in den Banden, die ich um der Heilsverkündigung willen trage, diene statt deiner. 14 Aber ohne deine Einwilligung wollte ich nichts tun, damit deine Wohltat nicht wie aus Zwang geschehe, sondern aus freiem Willen. 15 Vielleicht ist er deswegen auf kurze Zeit von dir genommen worden, damit du ihn für immer wieder bekämest, 16 und zwar nicht mehr als Sklaven, sondern als etwas weit Höheres nämlich als lieben Bruder, was er mir im höchsten Maße ist, viel mehr aber dir, sowohl als Leibeigener wie auch im Herrn. 17 Wenn du mich demnach zum Mitgenossen hast, so nimm ihn auf wie mich. 18 Hat er dir aber Schaden zugefügt, oder ist er dir etwas schuldig, so rechne es mir an. 19 Ich, Paulus, gebe es dir schriftlich mit eigener Hand. Ich werde es bezahlen. Fast hätte ich gesagt: Dir (setze es auf die Rechnung); denn du bist mir noch mehr schuldig, nämlich dich selber. 19: Er schuldet dem Paulus sich selbst, alles, was er als Christ ist, weil dieser ihn zum Christen gemacht hat. Der von Paulus eigenhändig ausgestellte Schuldschein ist also längst beglichen, und dem Schuldner bleibt noch als „Haben“ der gesamte Gegenwert von Philemons werter Person. Ein köstlicher Humor. 20 Ja, Bruder, ich möchte von dir Nutzen haben im Herrn: Erquicke mein Herz in Christus. 21 Im Vertrauen auf deine Bereitwilligkeit schreibe ich dir, ich weiß, daß du mehr tun wirst, als ich sage. 21: Paulus rechnet damit, daß Philemon dem Sklaven nicht nur verzeiht, sondern ihm auch die Freiheit schenkt. 22 Zugleich bereite mir auch eine Herberge. Ich hoffe, daß ich durch euer Gebet euch wiedergeschenkt werde. 22: Er hofft auf baldige Freisprechung und will dann Philemon besuchen. 23 Es grüßt dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus, 24 Markus, Aristarchus, Demas und Lukas, meine Mitarbeiter. 25 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geiste! [Amen.]