Word: 2. Timotheus
Der zweite Brief an Timotheus
Einleitung
In seinem zweiten Briefe an Timotheus, den der Apostel in seiner zweiten Gefangenschaft aus Rom im Jahre 66 oder 67 schrieb, gibt er seiner Sehnsucht nach seinem Schüler Ausdruck; er bittet ihn, doch zu ihm zu kommen, da er so ganz verlassen sei. Er rechnet mit dem sicheren und baldigen Tod als Blutzeuge Christi. Darum mahnt er seinen Lieblingsschüler zu unerschrockenem, eifrigem Wirken in der Gemeinde und zu Wachsamkeit gegen die Irrlehrer. Der Brief ist das geistliche Testament des Völkerapostels, sein letztes Hirtenschreiben aus dem Kerker.
1 Gruß. 1 Paulus, Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes zur Verkündigung des Lebens in Christus Jesus, 2 an Timotheus, seinem geliebten Sohn. Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Herrn! 3 Ich danke Gott, dem ich von den Voreltern her diene mit reinem Gewissen, wenn ich deiner ohne Unterlaß gedenke in meinen Gebeten Tag und Nacht. 4 Ich sehne mich danach, dich zu sehen, eingedenk deiner Tränen, damit ich mit Freude erfüllt werde. 5 Denn ich erinnere mich deines ungeheuchelten Glaubens, der zuerst deine Großmutter Lois und deine Mutter Eunike beseelte und nach meiner Überzeugung auch in dir lebt.
Mahnungen zur Beharrlichkeit und Treue
Unerschrockener Eifer bei Verkündigung des Wortes Gottes. 6 Aus diesem Grunde ermahne ich dich, die Gnade Gottes wieder zu erwecken, welche in dir ist durch die Auflegung meiner Hände. 7 Gab uns ja doch Gott nicht den Geist der Verzagtheit, sondern der Kraft, der Liebe und Besonnenheit. 8 Schäme dich also nicht des Zeugnisses für unseren Herrn noch meiner, des Gefangenen um seinetwillen, sondern dulde mit mir für die Heilsbotschaft vermöge der Kraft Gottes. 9 Er hat uns ja erlöst und berufen durch seinen heiligen Ruf, nicht aufgrund unserer Werke, sondern wegen seiner Vorherbestimmung und der Gnade, welche uns verliehen wurde in Christus Jesus vor ewigen Zeiten. 10 Geoffenbart wurde sie jetzt durch die Erscheinung unseres Heilandes Christus Jesus. Er hat den Tod vernichtet, dagegen unvergängliches Leben ans Licht gebracht durch die Heilsbotschaft, 11 für die ich als Herold, Apostel und Lehrer [der Heiden] bestellt worden bin. 10: Von Ewigkeit her hat Gott beschlossen, uns durch Christus zu begnadigen. Diese Gnade ist durch die Menschwerdung Christi geoffenbart und uns zuteil geworden. 12 Aus diesem Grunde leide ich auch dieses. Aber ich schäme mich nicht; ich weiß ja, wem ich geglaubt habe, und ich bin gewiß, daß er imstande ist, mein ihm anvertrautes Gut bis auf jenen Tag zu bewahren. 13 Halte fest am Vorbild der gesunden Lehren, die du von mir gehört hast, in Glauben und Liebe, wie sie in Christus Jesus wurzeln. 14 Bewahre das dir anvertraute herrliche Gut durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt.
Lob des Onesiphorus. 15 Du weißt ja, daß die in Asien sich alle von mir weggewandt haben, unter ihnen Phygelus und Hermogenes. 16 Barmherzigkeit erweise der Herr dem Hause des Onesiphorus. Denn oftmals hat er mich erquickt und sich meiner Ketten nicht geschämt. 17 Vielmehr suchte er mich, als er nach Rom kam, eifrig und fand mich. 18 Der Herr verleihe ihm, daß er Erbarmung finde bei dem Herrn an jenem Tage! Welche Dienste er [mir] in Ephesus geleistet hat, weißt du am besten.
2 Mahnung zur Ausdauer im Leiden. 1 Du also, mein Sohn, zeige dich stark durch die Gnade, die in Christus Jesus ist. 2 Was du von mir gehört hast im Beisein vieler Zeugen, das vertraue treuen Menschen an, die tauglich sein werden, auch andere zu lehren. 2: Diese Worte sind ein vollgültiger Beweis für die katholische Lehre von der mündlichen Überlieferung. Die christliche Lehre wird fortgepflanzt durch das lebendige mündliche Wort von den Aposteln auf deren Gehilfen und Nachfolger und von diesen wieder an ausgewählte zuverlässige Männer, denen der Heilige Geist erteilt wird zur getreuen Bewahrung und Überlieferung der Lehre. 3 Leide mit als ein guter Kriegsmann Christi Jesu. 4 Keiner, der Kriegsdienst tut, verwickelt sich in Erwerbsgeschäfte; er will ja seinem Kriegsherrn gefallen. 5 Denn auch wer im Wettkampf streitet, wird nicht gekrönt, wenn er nicht ordnungsgemäß gekämpft hat. 6 Der Landmann, der sich abmüht, darf zuerst von den Früchten genießen. 7 Verstehe wohl, was ich sage! Der Herr wird dir in allem Einsicht geben. 8 Denke daran, daß [der Herr] Jesus Christus von den Toten auferstanden ist, er, der aus dem Samen Davids stammt. Das ist meine Heilsbotschaft, 9 dafür erdulde ich Leiden, ja Fesseln wie ein Verbrecher. Aber das Wort Gottes ist nicht gefesselt. 10 Darum ertrage ich alles um der Auserwählten willen, damit auch sie das Heil in Christus Jesus erlangen samt ewiger Herrlichkeit. 11 Wahrhaftig ist das Wort: Wenn wir mitgestorben sind, werden wir auch mitleben. 12 Wenn wir geduldig ausharren, werden wir auch mitherrschen. Wenn wir ihn verleugnen, wird auch er uns verleugnen. 13 Sind wir treulos, er bleibt treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen. 12-13: Auch diese Sätze dürften einem urchristlichen Hymnus entnommen sein.
Verhalten gegen die Irrlehrer
Warnung vor Irrlehren. 14 Dies bringe in Erinnerung und beschwöre (dabei die Gläubigen) vor dem Angesichte Gottes: Führt doch nicht Streit um Worte, denn es nützt nichts, es bringt nur denen Verderben, die es hören. 15 Sei eifrig bemüht, dich selbst vor Gott zu bewähren als unerschrockenen Arbeiter, der das Wort der Wahrheit recht darbietet. 16 Verwerfliches und leeres Gerede meide. Denn sie kommen immer weiter in der Gottlosigkeit. 17 Ihre Lehre frißt um sich wie ein Krebsgeschwür. Zu diesen Leuten gehören auch Hymenäus und Philetus, 18 welche von der Wahrheit abgefallen sind. Sie behaupten nämlich, die Auferstehung sei schon erfolgt. So zerstören sie bei manch einem den Glauben. 18: Diese beiden Irrlehrer behaupten, die geistige Wiedergeburt sei die Auferstehung, eine leibliche zukünftige Auferstehung leugneten sie. 19 Doch der feste Grundbau Gottes bleibt bestehen. Er trägt das Siegel: Es kennt der Herr die Seinen (4 Mos 16,5) und: Es lasse ab von Ungerechtigkeit ein jeder, der den Namen des Herrn nennt (vgl. Is 52,11). 20 In einem großen Haushalt gibt es aber nicht nur goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene; die einen zu ehrenvollem, die andern zu niedrigem Gebrauch. 21 Wenn nun jemand sich gereinigt hat von diesen Dingen, so wird er ein Gefäß zur Ehre, geheiligt, brauchbar für den Herrn, zu jedem guten Werk bereit. 22 Fliehe die Gelüste der Jugend! Strebe nach Gerechtigkeit, nach Glauben und Liebe, nach Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen. 23 Die törichten und ungehörigen Streitfragen meide! Du weißt ja, daß sie nur Streitigkeiten erregen. 24 Ein Diener des Herrn soll aber nicht streiten, sondern liebreich sein gegen alle, zum Unterricht geschickt, geduldig. 25 Er soll mit Milde zurechtweisen die, welche [der Wahrheit] widerstreben, vielleicht, daß Gott ihnen Sinnesänderung verleiht zur Erkenntnis der Wahrheit, 26 daß sie wieder zu sich kommen, heraus aus den Schlingen des Teufels, von dem sie gefangengehalten werden nach seinem Willen. 23-26: Es ist auffallend, wie der greise Apostel immer wieder auf die Warnung vor religiösen Streitfragen zurückkommt. Nicht vom endlosen Disputieren erwartet er die Gewinnung der Irrenden, sondern, abgesehen von Gottes Gnade, von ruhiger und sachlicher Darbietung der übernatürlichen Offenbarungswerte.
3 Schilderung der bevorstehenden schweren Zeiten. 1 Das aber bedenke wohl, daß für die letzten Tage schwere Zeiten bevorstehen. 1: Der Apostel redet von jenen Zeiten, die der Wiederkunft des Herrn vorangehen. 2 Die Menschen werden selbstsüchtig sein, geldgierig, prahlerisch, übermütig, schmähsüchtig, den Eltern ungehorsam, undankbar, gottlos, 3 lieblos, friedlos, verleumderisch, unenthaltsam, grausam, schonungslos, 4 verräterisch, frech, aufgeblasen, werden die Lüste mehr lieben als Gott. 5 Sie tragen zwar den Schein der Frömmigkeit an sich, verleugnen aber ihre Kraft. Solche sollst du meiden! 6 Zu ihnen gehören die, welche sich in die Häuser schleichen, leichtfertige Weiber betören, die, mit Sünden beladen und von mancherlei Leidenschaften getrieben, 7 immer Neues lernen wollen und doch nie zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. 7: Paulus teilte also nicht die Ansicht, das ständige Suchen nach der Wahrheit sei wichtiger als die Erkenntnis der Wahrheit. 8 Wie Jannes und Mambres dem Moses widerstanden, so widerstehen auch diese der Wahrheit — Menschen verdorbenen Sinnes, ohne Bewährung im Glauben. 8: Jannes und Mambres waren ägyptische Zauberer zur Zeit des Moses. 9 Sie werden aber nicht weit damit kommen, denn ihre Torheit wird allen offenbar werden, wie es auch bei jenen der Fall war.
Mahnung zur Ausdauer. 10 Du aber bist mir gefolgt in der Lehre, im Wandel, im Streben, im Glauben, in der Langmut, der Liebe und Geduld, 11 in den Verfolgungen, in den Leiden, wie sie mir widerfuhren in Antiochien, Ikonium und Lystra. Diese Verfolgungen habe ich ertragen, und aus allen hat mich der Herr errettet. 12 Und alle, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, werden Verfolgung leiden. 13 Böse Menschen und Betrüger werden immer ärger werden, sie irren und führen in Irrtum. 14 Du aber bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir zur Gewißheit geworden ist. Du weißt ja, von wem du es gelernt hast. 15 Von Kindheit an kennst du die Heiligen Schriften, die dich unterweisen können zum Heile durch den Glauben in Christus Jesus. 16 Jede von Gott eingegebene Schrift ist nützlich zur Belehrung, zur Widerlegung, zur Besserung und zur Erziehung in der Gerechtigkeit. 17 So wird der Mensch Gottes vollkommen, ausgerüstet zu jedem guten Werke. 15-17: Die hohe Bedeutung der Bibel für die Gestaltung des christlichen Lebens, für die Bildung des Geistes und des Willens und des ganzen Menschen tritt in diesen Worten klar zutage. Es dürfte deshalb nicht sein, daß jemand eine ganze Reihe „frommer Bücher“ besitzt, aber nicht das „Buch der Bücher“, worin Gott selber zum Menschen spricht.
4 Mahnung zu treuer Amtsführung. 1 Ich beschwöre dich vor Gott und Christus Jesus, der die Lebendigen und die Toten richten wird, bei seiner Wiederkunft und seinem Reiche: 2 Predige das Wort, tritt dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen, überführe, rüge, ermahne in aller Geduld und Belehrung. 3 Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen. Sie werden nach eigenen Gelüsten Lehrer um Lehrer suchen, die sagen, was den Ohren schmeichelt; 4 von der Wahrheit werden sie das Ohr abwenden und sich zu den Fabeln hinwenden. 5 Du aber sei bei allem besonnen, ertrage die Mühseligkeiten, vollbringe das Werk eines Evangelisten, gehe ganz auf in deinem Dienst.
Letzte Wünsche
Das Ende naht. 6 Denn ich bin schon daran, geopfert zu werden und die Zeit meiner Auflösung ist nahe. 7 Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. 7: Der demütige Apostel sieht es als Gnade an, daß er bis zum Ende treu am Glauben festgehalten hat. 8 Nunmehr ist mir die Krone der Gerechtigkeit hinterlegt, die mir an jenem Tage der Herr, der gerechte Richter, verleihen wird; aber nicht allein mir, sondern allen denen, welche seine Ankunft in Liebe ersehnt haben.
Aufträge an Timotheus. 9 Beeile dich, bald zu mir zu kommen. 10 Denn Demas hat mich verlassen aus Liebe zu dieser Welt und ist nach Thessalonich gezogen, Kreszenz nach Galatien, Titus nach Dalmatien, 11 Lukas ist allein bei mir. Hole Markus und bring ihn mit, er kann mir gute Dienste leisten. 12 Den Tychikus habe ich nach Ephesus geschickt. 13 Den Mantel, den ich in Troas bei Karpus gelassen, bringe mit, wenn du kommst, auch die Bücher, besonders die Pergamentrollen. 14 Alexander, der Schmied, hat mir viel Böses erwiesen; der Herr wird ihm vergelten nach seinen Werken. 15 Nimm auch du dich vor ihm in acht; er hat unseren Worten großen Widerstand entgegengesetzt. 16 Bei meiner ersten Verteidigung ist mir niemand beigestanden, sondern alle haben mich verlassen. Möge es ihnen nicht angerechnet werden! 17 Doch der Herr stand mir bei und stärkte mich, damit durch mich die Verkündigung vollzogen werde und alle Heiden sie zu hören bekämen. Und ich wurde befreit aus dem Rachen des Löwen. 18 Der Herr wird mich auch ferner befreien von allem, was mir Schlimmes widerfährt, und wird mir verhelfen in sein himmlisches Reich. Ihm sei Preis in alle Ewigkeit. Amen!
Gruß. 19 Grüße die Priska, den Aquila und das Haus des Onesiphorus. 20 Erastus ist in Korinth geblieben. Den Trophimus ließ ich krank in Milet zurück. 21 Beeile dich, vor dem Winter zu kommen. Es grüßen dich Eubulus, Pudens, Linus, Klaudia und alle Brüder. 22 Der Herr Jesus [Christus] sei mit deinem Geiste. Die Gnade sei mit euch! [Amen.]