Erste Sandstürme in der Wüste

Die Feierlichkeiten — Bischofsweihe und Amtseinführung — sind bald vorüber. Ein Kurskollege bemerkt etwas doppelsinnig: »Es ist Zeit, daß der viele >Weihrauch< in Flaschen abgefüllt wird für schlechtere Zeiten!«

Es beginnt der Alltag für den Hirten und die Herde. Es holen den Bischof ein die Fragen der Seelsorge und der Verwaltung, Personalangelegenheiten — und die »Leichen im Keller«, die ihm sein Vorgänger hinterlassen hat! Er wird die Probleme nicht »aussitzen«; mit schneller Hand greift er ein im progressiven wie auch im konservativen Lager.

Auch mir bläst nun der Wind voll ins Gesicht! Von seiner Erhebung zum Kardinal aus Rom zurückgekehrt, erhalte ich zu meinem Bericht über eine massive Störaktion in meiner hl. Messe von ihm ein Antwortschreiben vom 13. Juli 1977, dessen vierter Punkt hier dokumentiert wird:

»Sehr geehrter Herr Kaplan!

Wegen meiner Romfahrt kann ich auf Ihren Brief vom 16. Juni 1977 erst heute antworten. Ich möchte dazu folgendes feststellen:

4. Ich muß deshalb auch Ihren Starrsinn in Sachen Handkommunion mit allem Nachdruck zurückweisen. Die ganze Väterzeit hat bis ins 8. Jahrhundert diese Form geübt mit ergreifenden Zeugnissen tiefster Ehrfurcht; Belege finden Sie bei Jungmann, Missarum sollemnia II 469f Anm. 33. Ich zitiere nur die wunderbare Stelle aus Cyrill von Jerusalem, mystagogische Katechesen V,21: >Wenn du nun hingehst, so gehe nicht hin so, daß du die flachen Hände ausstreckst oder die Finger auseinanderspreizest, sondern mache die linke Hand zu einem Thron für die rechte, die den König empfangen soll und dann mache die flache Hand hohl und nimm den Leib Christi in Empfang und sage das Amen dazu. Dann heilige mit aller Sorgfalt deine Augen durch die Berührung des heiligen Leibes und empfange ihn. Gib aber acht, daß dir nicht etwas davon wegfällt; denn was dir wegfiele, das wäre dir wie von den eigenen Gliedern verloren gegangen ...< Ich habe schon ehrfurchtslose Kommunionausteilung und ehrfurchtslosen Kommunionempfang bei der Mundkommunion ebenso wie bei der Handkommunion erlebt; wer bei der Handkommunion bereit ist, die Hostie zu mißbrauchen, kommt dazu nicht erst durch die Form der Kommunionausteilung. Im übrigen kann durch eine entsprechende Ordnung des Kommunionempfangs derlei hier so gut wie bei der anderen Form verhindert werden. Entscheidend ist die durchgehende Erziehung zur Ehrfurcht und die Gesamtform der heiligen Handlung, die der Priester wesentlich mitbestimmt. Auch hier kann Eigensinn nur Ehrfurcht zerstören, nicht bauen.

Ich würde Ihnen, sehr geehrter Herr Kaplan, nicht so ausführlich schreiben, wenn mir Ihre Sache gleichgültig sein würde und wenn mir die ehrfürchtige Feier der Eucharistie nicht oberster Auftrag wäre. Ich muß Sie aber gerade deshalb als Hirte des Bistums gegen einen Starrsinn und eine Rechthaberei verwarnen, die dem priesterlichen Dienst widersprechen und die Kirche nicht aufbauen können. In diesem Sinn grüße ich Sie freundlich.

Ihr

Joseph Cardinal Ratzinger«