8. Maßregelung derer in unserem Bistum, die über die Hölle lehren

Nur gut, daß in den Evangelien des endenden Kirchenjahres und der beginnenden Adventszeit immer wieder der Herr selber von den >Vier Letzten Dingen< und auch von der Hölle spricht; denn ein Großteil der Prediger meidet nachweislich jede Nähe zu diesem Thema — entweder aus Glaubensunsicherheit oder aus Feigheit! Jede Predigt, in der ich heute in unserer Pfarrei diese Glaubenswahrheiten berühre, muß ich mir quittieren lassen mit hämischen Bemerkungen: >Lieblosigkeit<, >Drohbotschaft<, >Angstmacher<, >Höllenprophet<.

Wegen des Themas >Hölle< bin ich vor einem guten Jahr aus der Schule geflogen; dafür hat in einem schweren Amtsmißbrauch das Schulreferat I Ihres Ordinariats gesorgt!

Sie wundern sich vielleicht, daß ich damals kein großes Lamento erhoben habe; für mich selber gehe ich nicht auf die Straße und ich lasse für mich auch nicht Solidaritätsgruppen marschieren! Auf Ihre Anfrage hin aber gebe ich jetzt unter Protest gegen diesen infamen kirchlichen Willkürakt und diese Ungerechtigkeit den Sachverhalt bekannt!

Die näheren Umstände: In einer dritten Klasse der Boschetsriederschule gab ich Beicht- und Erstkommunionunterricht. Als ich diese Kinder im September 1982 übernahm, mußte ich feststellen, daß sie weder die einfachsten Grundlagen unseres Glaubens kannten, noch das Kreuzzeichen machen oder beten konnten. So versuchte ich diese areligiös aufwachsenden Kinder erst einmal an der Gotteserfahrung anderer teilnehmen zu lassen und damit zu motivieren. So las ich am Anfang einer jeden Religionsstunde einen Abschnitt über die >Kinder von Fatima< vor. Spürbar wuchsen nun von Stunde zu Stunde Freude und Begeisterung der Kinder für ein religiöses Leben und das Beten. Ich brauchte diese Großstadtkinder, die sonst leicht zu Unruhe neigen, in jenem Schuljahr nicht tadeln; dagegen hatte ich viel Anlaß zum Lob für das allgemeine gute Benehmen und für ihren bemerkenswerten Fleiß.

 

Zum Verhängnis wurde mir: An der entsprechenden Stelle trug ich der Klasse auch den Bericht der Seherkinder über ihre Höllenvision vom 13. Juli 1917 vor. Nicht die Kinder, sondern die Eltern, denen sie begeistert erzählten, nahmen an mir Anstoß — sie, die keine Schwierigkeit haben, den Kindern tagtäglich schockierende Fernsehszenen zuzumuten.

Hinzu kam einmal die Frage eines Kindes: >Ist das Nacktbaden mit meinen Eltern an der Isar (in unserer Nähe sind die von der Stadt ausgewiesenen Nacktbadestrande) erlaubt ?< Ich antwortete diesem Kind allein mit der Gegenfrage: >Was würde wohl die Muttergottes den drei Kindern von Fatima dazu sagen ?< Da lachte das Kind auf und meinte: >Jetzt weiß ich auch die Antwort !<

Das war zuviel für unser Stadtviertel! Ungewollt hatte ich durch die Kinder die Eltern, die keinen Sonntag in die Kirche gehen und auch sonst vom Glauben nichts wissen wollen (siehe dazu auch den Kirchenanzeiger unseres Pfarrers von der vergangenen Woche, der einen neutralen Einblick in unsere wirkliche Situation gewährt!) in ihrem Gewissen aufgeschreckt. So wurde sehr schnell gehandelt und entschieden. Als ich Ende Juni 1983 an Exerzitien teilnahm, wurde in meiner Abwesenheit auf einer Elternbeiratsversammlung ein hysterisches Theater veranstaltet, an dem sich auch die Protestanten (Vorsitz im Elternbeirat!) sehr wacker beteiligten, und das Erzbischöfliche Schulreferat I eingeschaltet — jene Stelle, in der, wie schon eingangs beschrieben, Irrlehrer kein geringes Sagen haben! Von den Exerzitien zurückgekehrt, eröffnete mir unser Pfarrer Grabmaier unter Bedauern: >Das Ordinariat hat angeordnet, daß du im nächsten Schuljahr keinen Unterricht mehr zu halten brauchst.<

Bei dem ganzen schrägen Unternehmen gab es für mich keine Möglichkeit der Rechtfertigung oder Verteidigung weder vor dem Elternbeirat noch vor Ihrem Ordinariat!

Angesichts solch merkwürdig anachronistischer Methoden und fataler Entscheidungen frage ich mich heute mit so vielen anderen Priestern: Wo sitzen denn die eigentlichen Feinde des Reiches Gottes? Irrlehrer werden in den Schulen belassen und gefördert; wahre Glaubensverkündigung aber wird unterbunden — dies im Widerspruch zu jeder Chancengleichheit! Hier stoße ich an das Geheimnis des Bösen! Hier beginnt für mich das Wirken Satans — inmitten der Kirche!

 

Hochwürdigster Herr Erzbischof,

ich habe nun Ihrer Aufforderung und Ihrem Wunsch entsprochen und aus Sorge um den wahren Glauben der Kirche und um das Heil derer, die uns anvertraut sind, gegen alle Schönfärberei wirkliche Wunden aufgezeigt, geleitet von der Überzeugung: Nur die Wahrheit allein hilft uns in dieser Stunde weiter! Versichern möchte ich Ihnen nochmals zum Schluß, daß die von mir betreute Gemeinschaft und ich im Gebet und Opfer Sie in Ihrer hohen Verantwortung mittragen. Sie sollen wissen, daß manche von uns, die sich Ihnen nie aufdrängen werden, viele Stunden der eucharistischen Anbetung gerade auch für Sie vor dem Herrn der Kirche knien und Seine Kraft durch das Unbefleckte Herz Seiner Mutter Ihrem Wirken erbitten!

Mit ehrerbietigem Gruß! Wilhelm Schallinger«