Den Befehl verweigert

Noch am selben Tag, an dem bei mir das Ernennungsschreiben des Generalvikars eintrifft, setze ich mich telephonisch mit der Mutter Oberin in Verbindung.

Gleicherweise wie ich von der Entscheidung des Erzbischöflichen Ordinariats in Kenntnis gesetzt, geht jene ohne längere Umschweife auf ihr Ziel los mit erhobener Kommandostimme eines Generals, langsam und jedes einzelne Wort betonend: »Und Sie werden in unserem Konvent die Handkommunion austeilen!« Mit solcher Überrumpelung versucht sie meinen Willen zu brechen. Sofort jedoch weise ich ihren »Befehl« zurück: »So sind wir nicht verblieben! Sie kennen die Voraussetzungen und die klare Vereinbarung!«

Mit diesem Schachzug fällt die Klostervorsteherin allen Beteiligten in den Rücken und kappt damit meine Anstellung, was sie ja wohl von allem Anfang an beabsichtigt hatte. Die so entstandene »Hängepartie« versuche ich mit meinem Brief an den Konvent an Pfingsten 1993 zu beenden:

»Ehrwürdige Frau Mutter, ehrwürdige Schwestern Servitinnen,

wie auch ich haben Sie meine oberhirtliche Anweisung als Spiritual in Ihrem Konvent und als Rektor an der Herzogspitalkirche erhalten. Ich habe Ihnen dazu bereits am 6. Mai in Ihrem Sprechzimmer und dann am 29. Mai noch am Telephon dargelegt, daß ich mich keineswegs um diese Stelle beworben oder bemüht habe, daß ich aber dennoch im kirchlichen Gehorsam und mit voller Bereitschaft diesen Dienst zu übernehmen gedenke.

Bei diesen Gesprächen haben Sie mir auch aufgezeigt, was Ihnen die Form der Handkommunion bedeutet, und Ihre Trauer zu erkennen gegeben, sollte ich bei der Konventmesse wirklich nur die Mundkommunion austeilen. Dieser Umstand veranlaßt mich nun, eine nötige Klärung herbeizuführen. Noch vor Stellenantritt muß ich deswegen auf beiliegenden Gewissensentscheid verweisen und nachdrücklich feststellen, daß ich in der Konventmesse in keinem Falle die Handkommunion austeilen würde.

Von dieser Tatsache ist auch das Erzbischöfliche Ordinariat in dieser Personalentscheidung ausgegangen, und darauf berufe ich mich jetzt und auch für die Zukunft.

Werden Sie also diese Gewissensentscheidung innerlich annehmen — oder werden Sie im Herzen ständig im heiligsten Augenblick der Gottesbegegnung aufbegehren? Dieser Problematik bewußt, haben Sie selber nun vorgeschlagen, diese schwere Frage in das besondere Gebet der Pfingstwoche hineinzunehmen, um zu erkennen, was Sie tun sollten; denn noch steht Ihnen ja der Weg zur Diözesanleitung offen; noch habe ich die Stelle nicht angetreten! Wenn Sie sich um das Ihnen zustehende Recht gebracht sehen, dann müssen Sie das in diesem Falle von unserem Erzbischof einfordern, nicht aber von mir!

So hätte ich Verständnis dafür, wenn Sie im Einvernehmen mit der Diözesanleitung zu einem klaren anderen Entschluß kämen; habe ich doch selber dem Stellvertretenden Generalvikar im Brief vom 8. Mai geschrieben: >Es würde mich sehr dauern, wenn die Schwestern neuerdings im Namen des Gehorsams ein disziplinares Wechselbad erdulden müßten! <

Ich bitte Sie, ehrwürdige Mutter, diesen Brief und meinen Gewissensentscheid allen Schwestern zur Kenntnis zu bringen!

Ihnen und dem gesamten Konvent ein gottgesegnetes und geisterfülltes Pfingstfest!

Mit freundlichem Segensgruß!«