Erste Kommunionandacht

Siehe, wie schön Du bist, wie holdselig; o ziehe mich zu Dir!

 

Vorbereitung

Mit Sulamit, der Braut des Hohenliedes, welche jede Seele, die nach der Vereinigung mit Dir, o mein Heiland, verlangt, sinnbildet, spreche ich: „Siehe, wie schön Du bist, mein Geliebter, wie holdselig! Lieblicher ist Deine Minne, als Wein!“ O Schönheit Jesu, wer hat Dich je in tiefgehender Betrachtung genugsam erfasst, wer hat es verstanden, Dich seiner Seele so tief einzuprägen, um ihr einen Deiner würdigen Abglanz zu verleihen, um Dein teures Bild mit all seinen schönen Zügen in seiner Seele widerstrahlen zu lassen? Was kein Maler auf der Leinwand anschaulich zu machen, kein Bildner in Marmor zu meißeln, kein Dichter im Liede zu besingen, kein Heiliger in Worte genügend zu schildern im Stande war, das ist zu teil geworden zuerst Deiner heiligen Mutter, dem großen Nachbilde Deiner Worte, Deiner Lehren und Deiner Taten! Ihr gelang es, in tiefgehender Betrachtung Dein Leben zu erfassen; sie hat ihrer Seele den Glanz Deiner Tugenden zu verleihen gewusst; ihr schönes Leben strahlt wider ihr schönes, göttliches Ideal. Auch mich, o mein teuerster Heiland, hast Du berufen zu dem Glück Deiner hohen Liebe. Durch die Mitteilung Deines heiligen Sakramentes strahlt Dein teures, liebes Bild auch in meiner Seele in all seiner himmlischen Schönheit wider, in seiner Gnadenpracht und seinem Tugendglanze. Mit Sehnsucht verlange ich nach der sakramentalen Vereinigung mit Dir; Dein Herz ist die Heimat und Zuflucht der Liebe der Kirche; es ist die Quelle, aus welcher alle Kinder Gottes mit dem Freudenweine des Sakramentes genährt und beglückt werden.

Wie duftender Balsam ist Dein Name, deshalb haben Jungfrauen Dich lieb; o ziehe mich nach Dir, so will ich eilen dem Dufte Deiner Salben nach! Der Laut Deines süßen Namens weckt in mir die seligsten Empfindungen und erfüllt mich mit entzückender Fröhlichkeit; er verbreitet seinen milden Glanz und süßen Wohlgeruch über die ganze Welt! Ziehe mich zu Dir! Die Erfüllung dieses Wunsches, Dir, geliebter Heiland, folgen zu dürfen, war bedingt durch Deinen Ruf; denn nicht Sache menschlicher Willkür ist es, Dir zu folgen, einzig Deine Erbarmung und Liebe zieht die an sich hilflose Seele; Dein Geist richtet unsere Schwachheit auf; durch den Zug Deiner Gnade eilt die Seele zur ersehnten vollkommenen Einigung, um dereinst zur ersehnten Anschauung und zum Genusse der göttlichen Glorie zu gelangen und in die unaussprechlichen Tiefen göttlicher Geheimnisse versenkt zu werden.

Eingeführt hast Du mich in Deine Gemächer, o mein Heiland, und erlaubst mir, in das innerste Heiligtum Deines königlichen Hauses einzutreten. Während der alte Bund nur die Vorbilder des Heiligtums Deines heiligsten Altargeheimnisses schaute, versenkt sich nun die von Dir erlöste Seele in die mystische Pracht Deiner eucharistischen Wunder. O lass mich Dich doch aufrichtig lieben und gib mir die Gnade nur der reinsten Liebe, welche sich mit Ausschluss alles übrigen nur allein bestrebt, Gott zu gefallen, und deren Ziel all ihres Leidens und Tuns nur Deine Verherrlichung ist!

Schwarz war ich vor Dir, einst dunkel durch Sündenschuld, nun Dir liebewert durch die Gnade. Welt und Hölle mit ihren Gefahren drohen die Schönheit, welche die Gnade uns verleiht, doch noch zu trüben; aber Du, o guter Heiland, stärkest uns durch die Himmelspeise Deines hochheiligen Sakramentes. Deinem höheren Rufe und Lichte will ich folgen, um Dich, o Herr, zu gewinnen, um mich nur allein zu erfreuen in der Einzigkeit und Innigkeit meiner ganz hingebenden Liebe an Dich. Deine Liebe, o mein Heiland, will ich als teuerstes Gut still in der Tiefe meines Gemütes verbergen. Deine Gnadengeschenke will ich erwidern, indem ich Dir das Opfer des Glaubens und der Liebe, des Gebetes und der Abtötung ununterbrochen als Pfand der Gegenliebe darbringe.

Ein Myrrhenbüschlein bist Du, mein Geliebter, mir, welches an meinem Herzen ruht. Sowie ununterbrochen Dein Leiden dem Herzen der Kirche gegenwärtig ist, als das süßeste Andenken, so wünsche auch ich an Deinem Leiden teilzunehmen durch Demut, Geduld und Abtötung: es sei mir der mystische Balsam des steten Wohlgeruches vor Dir, mein teuerster Erlöser!

Wie schön bist Du, mein Geliebter, wie holdselig; o ziehe mich zu Dir! Von allen irdischen Dingen hinweg und über jede andere, noch so liebliche Erscheinung der Welt hinaus will ich stets den Blick auf Dich, mein Heiland, richten, der Du in Deiner tiefsten Selbstentäußerung auf Golgatha mir so schön erscheinst, hier auf dem Glorienthrone Deines Tabernakels so holdselig, wo ich Dich in der Fülle Deiner erlösenden Liebe anbeten und bewundern darf; o ziehe mich zu Dir, über alle Gebilde der erschaffenen Welt hinaus; in Deiner beglückenden Liebe will ich selig ruhen!

Wie schön bist Du, wie holdselig, o mein Heiland, in Deinem allerheiligsten Altargeheimnisse! Deine Zunge ist imstande, Deine Glorie zu preisen; denn keines Menschen Herz kann es empfinden in seiner ganzen Fülle, was die göttliche Freigebigkeit den Gotteskindern aufbewahrt hat. Dich, heiliges Geheimnis, erfüllt die Herrlichkeit des dreifaltigen Gottes, Dich erhellt die Glorie des Lammes; Du sprudelst über von reiner Freude und wonniglichster Seligkeit! Von Dir geht der Hauch Gottes aus; aus Dir quillt die goldige Flut, die Himmel und Erde verklärend erneuert; Erlösung und Leben, Gnade und Glorie brechen aus Dir, o heiliges Sakrament, hervor und ergießen sich durch alle Regionen der Schöpfung. O möchten Deine Liebespulse auch in meinem Herzen pochen; o ziehe mich zu Dir! Möchtest Du, o holdseliger Heiland, mir wie Deiner Braut im hohen Liede die auserlesensten Morgengaben: wunderbare Reinheit, himmlische Erleuchtungen, seraphische Liebesgluten durch Dein heiliges Geheimnis spenden! Lass mich jetzt die leuchtenden Züge Deiner Tugendschönheit tragen: Deine Sanftmut, Demut, Reinheit, Geduld und Treue, damit mein Name dereinst im Buche des Lammes golden prange. Ach, die Heiligen bekennen sich unvermögend, Dich, o heiliges Sakrament, würdig zu preisen; aber mit ihnen sind all meines Heiles und Entzückens Quellen in Dir, Du Tabernakel meines minniglichen Bräutigams; so ziehe mich zu Dir. Du, heiliges Geheimnis, versüßest hienieden unsere Verbannung, linderst das Heimweh der Pilgrimschaft; Dich überschattet das unsterbliche Wohlwollen Gottes, Dich überflutet die Herrlichkeit, die Würde und Wonne des höchsten und schönsten Gutes!

Wahrlich, o Herr, welche Dich im heiligen Sakrament aufnehmen, empfangen reichen Segen. Der Leib wird gestärkt zur glorreichen Unsterblichkeit; die Leidenschaften werden durch diese Engelspeise gesänftigt; dieselbe gießt himmlischen Tau in die Glut der Begierlichkeit; sie nimmt, was des Fleisches ist, und gibt, was des Geistes ist. Dieses Engelsbrot mehrt das Gnadenleben; es verleiht uns die köstliche Fülle himmlischer Gedanken, glühender Empfindungen und seliger Herzenswonne. Daher hatten heilige, reine Seelen stets heftiges Verlangen nach diesem Manna. O süßer Heiland, o ziehe mich zu Dir! Sei mir jetzt bei Deiner liebevollen Einkehr viel tausendmal gegrüßt! Alle Kräfte meines Wesens sollen Dir Dank sagen, Deine Güte loben, Deine Erhabenheit preisen, weil ich nun so glücklich bin, Dich zu empfangen. Mein Verstand weihe Dir Akte des Glaubens und der Bewunderung; mein Wille lodere mächtig auf in zärtlichster Minne; mein Gedächtnis erneuere das Andenken an Dein bitteres Leiden; jeder Sinn bringe Dir eine Huldigung dar; alles in mir diene Dir und verherrliche Dich! O süßer Jesu, ziehe mich zu Dir!

O Herr, Du bist gut und barmherzig, Deine Rechte sah auf die Tiefe meines Todes und zog aus dem Abgrunde meines Herzens den Abgrund des Verderbens heraus. Ich bete Dich an in diesem göttlichen Geheimnisse; ich glaube an Dich, o Jesus, ziehe in lebendigem Glauben meine Seele zu Dir! Ich hoffe auf Deine Güte und Barmherzigkeit, Nachlass und Verzeihung aller meiner Sünden und besonders die heilsamen Gnaden dieses heiligen Sakramentes. Ich vertraue so fest auf Dein Wort; Du bist mächtig und treu genug, es zu erfüllen; vermehre mein Vertrauen und ziehe mich in Hoffnung zu Dir!

Ich liebe Dich, o mein Jesu, aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus allen meinen Kräften, weil Du das liebenswürdigste, höchste Gut, mein größter Wohltäter, mein Herr, mein Gott und Heiland bist. O wie sollte ich Dich nicht über alles lieben; o ziehe mich zu Dir!

Ich bekenne und bereue vor Dir auch alle Fehler meines Lebens, welche ich gegen Dein heiliges Gesetz begangen habe. In der Reue und Verdemütigung des Herzens wird uns Hoffnung auf Verzeihung gewährt, das gebeugte Gewissen wird besänftigt; selbst das Andenken an begangene Sünden kann unser Glück nicht mehr stören, sondern es wird uns ein Sporn des Eifers, ein Beweggrund des Dankes und eine Entflammung der Liebe zum Guten. O lieber Heiland, ziehe durch Reue und Zerknirschung meine Seele zu Dir! Lass, o unerschaffenes Licht, einen Strahl Deines heiligen Geistes meine Seele durchleuchten; reinige, erfreue, verkläre und belebe meinen Geist samt allen seinen Kräften, damit er Dir in jubelvollem Entzücken anhange. O lass diese selige und erwünschte Stunde kommen, in welcher Du mich mit Deiner heiligen Gegenwart vollkommen sättigest und wo Du mir alles in allem bist! Erst dann ist meine Freude vollkommen. O ziehe mich ganz zu Dir! Ich nahe mich Deinem Tische; komm denn, mein Geliebter; suche mich heim und bleibe bei mir; ohne Dich verlange ich nicht mehr zu leben und zu sein! Amen.