13. Betrachtung: Das Gegrüßet seist du Maria
„Du bist gebenedeit unter den Weibern“ (Luk. 1, 28)
1. Anbetung
Das Wort "benedeit" bedeutet "gesegnet" und "gepriesen". Ja, die seligste Gottesmutter ist gesegnet von Gott. Es hat sich an ihr der große Segen erfüllt, den Gott schon in grauer Vorzeit über Abraham ausgesprochen hat: "Gesegnet sollen werden alle Völker der Erde" (Gen. 22, 18).
Wie tief beglückend dieser Segen ist und aus welcher Fülle göttlicher Vollkommenheiten er hervorgeht, das sagt uns Maria selbst in den herrlichen Worten des Magnifikat:
"Siehe, er hat herabgesehen auf die Niedrigkeit seiner Magd; denn siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter; denn Großes hat an mir getan, der da mächtig ist, und heilig ist sein Name und seine Barmherzigkeit waltet von Geschlecht zu Geschlecht" (Luc. 1, 47-59).
Gesegnet von Gott; — gepriesen von den Menschen. Gepriesen wegen der herrlichen Tugenden, um derentwillen sie diesen Segen verdient hat. Es ist ein wunderbares Loblied, das zwei Jahrtausende zu Ehren Marias gesungen haben: in Wort und Schrift, in allen Sprachen der Welt ist es erklungen; es ist in Stein gehauen, es prangt in den leuchtendsten Farben, von den süßesten Tönen der Musik ist es umkleidet.
Gepriesen ist Maria wegen ihrer helfenden Liebe, wegen der zahllosen Wohltaten, die sie an die arme Menschheit gespendet. Alle die tausend Wunder der Gnade, die Gott durch ihre Fürbitte gewirkt hat, alle die geheimnisvollen Bekehrungen, die von ihr ausgingen, erzählt kein Buch; sie werden erst beim Gericht offenbar. Die Befreiung aus zeitlicher Not, die Hilfe in irdischen Anliegen, welche wir ihrer Hilfe verdanken, verkünden uns die frommen Votivtafeln an den Wallfahrtsorten; endlos ist ihre Zahl: "Maria hat geholfen" schallt es durch die Jahrhunderte hindurch; Maria ist gepriesen von der Dankbarkeit der Menschen. Sie ist gebenedeit unter den Weibern. Keinem Menschen ist je solche Ehre zuteil geworden.
2. Dank
Maria ist von Gott gesegnet. Das ist eine Wohltat, die der ganzen Welt, die uns allen zugute kommt. Wie in Adam, so sind in ihr noch mehr alle Völker der Erde gesegnet. Zähle, meine Seele, die Segnungen, die du ihr verdankst. Die großen Heiligen bekennen, daß sie ihr vor allem die Gnadenschätze zuzuschreiben haben, mit denen sie gesegnet worden sind.
Hast nicht auch du vor ihren Altären wunderbaren Trost empfangen? War die Erinnerung an ihren Namen und an ihre Tugenden dir nicht Warnung und Stärke in Anfechtung und Hilflosigkeit? Ja, bekenne es freudig: wenn dein Leben Gottes Segnungen genoß, wenn du zu denjenigen gehörst, denen Gott seine auserlesene Huld zugewendet hat: du hast es Maria zu verdanken.
3. Sühne
Und wie viel mehr hättest du ihr noch zu verdanken, wenn du ihrem Beispiel und den Anregungen der Gnade mehr gefolgt wärst! Prüfe einmal, wie viele Gnaden du wieder unnütz verloren hast, die du zu ihren Füßen empfangen hattest: an ihren Festtagen, in stiller Andacht vor ihrem Altar, beim heiligen Rosenkranzgebet hast du ihre Stimme in deinem Herzen gehört: Kind, du mußt demütiger sein, du mußt gehorsamer sein, du darfst nicht so empfindlich sein.
Du hast es selbst eingesehen, wie notwendig es ist. Aber du hast deinen Entschluß nicht beharrlich ausgeführt, und der Herr hat seinen Segen wieder eingeschränkt und du bist nicht lobenswert geworden (benedictus) in seinen Augen. Wo mußt du heute beginnen, damit du diesem Ziele näherkommst?
4. Bitte
Ich weiß, was ich nötig habe: "Riga, quod est aridum, sana, quod est saucium, rege, quod est devium, begieß, was trocken, heile, was krank an mir, lenke, was abgeirrt." Siehe, dann werde auch ich ein benedictus, ein Gottgesegneter sein. Amen!