28. Betrachtung: Die erste Stufe der Demut

(Skizze)

 

Text

"Die erste Stufe der Demut ist es, wenn man sich die Furcht Gottes immer vor Augen hält und es mit Entschiedenheit vermeidet, darauf zu vergessen, und alles dessen eingedenk ist, was Gott angeordnet hat: so, wie der Sünden wegen die Hölle mit ihrer Glut über die kommt, welche Gott verachten; oder sie sollen den Gedanken an das ewige Leben, das Gott denen, die ihn fürchten, bereitet hat, immer in ihrem Herzen erwägen und sich zu jeder Stunde vor Sünde und Laster hüten in Gedanken, Worten und Werken, vor dem eigenen Willen und vor den fleischlichen Lüsten, und daran denken, daß Gott zu jeder Stunde vom Himmel auf sie herabschaut."

 

1. Anbetung

Wir werden hier an Gottes Majestät erinnert, der in den zehn Geboten mit so großem Nachdruck seinen Willen verkündet hat auf Sinai unter Blitz und Donner; an seine Erhabenheit, die nicht duldet, daß der Mensch leichtsinnig vergißt, was Gott anordnet; an seine Heiligkeit, welche die Sünde und Unordnung haßt; an seine Gerechtigkeit, welche die Sünder im Feuer der Hölle straft; an seine Güte, welche den Gottesfürchtigen die Herrlichkeit des Himmels bereitet hat; an seine Treue, welche alle diese Verheißungen und Drohungen erfüllen wird; an seine Allgegenwart und Allwissenheit, der unsere Werke, ja selbst unsere geheimsten Gedanken nicht unbekannt bleiben können.

Huldigung, Aufopferung, Hingabe und Liebe

Achte darauf, mit welcher Treue die Heiligen diese Mahnung erfüllt haben: St. Benediktus, St. Aloysius und andere.

 

2. Dank

Wir werden hier vor der Gottvergessenheit gewarnt. Gottvergessenheit ist schwerer Undank gegen Gott. Gott denkt immer an uns; er sorgt beständig für uns; alles, was er uns gebot und verbot, was er uns verheißen und angedroht hat, sind lauter Mittel, um uns zu retten.

Wir müssen ihm für all dies unendlich dankbar sein. Wir müssen der Liebe gedenken, mit welcher er den Himmel uns bereitete. Eine besondere Wohltat ist es, daß er uns nie allein läßt, daß er immer bei uns ist, immer liebend und sorgend auf uns schaut, seine Hand immer schützend über uns breitet. Auf ihn und seine Liebe und seine Gegenwart vergessen wäre schwarzer Undank.

 

3. Sühne

Haben wir uns dieses Undankes schuldig gemacht? Beweisen es nicht unsere Sünden, daß wir zu viel in Gottvergessenheit hingelebt haben? Haben wir unser Äußeres und unser Inneres gut bewacht, daß es dem allheiligen Auge Gottes, vor dem wir Tag und Nacht stehen, nicht mißfallen mußte?

Wir werden viele Fehler finden. Woher kommen sie? Weil wir der Gegenwart Gottes zu wenig eingedenk waren. Wir dürfen nicht eher ruhen, bis wir gelernt haben, immer vor ihm zu wandeln und seiner ständig zu gedenken.

Dieses Andenken an Gott ist die erste Stufe der Demut, dieser ehrfurchtsvolle Blick auf ihn ist der erste Anfang im Leben der Vollkommenheit; so lange wir das nicht erreicht, ist an ein Vorwärtskommen nicht zu denken.

Unser Vorsatz sei, uns täglich mehrmals zu prüfen, ob wir nicht eine ganze Stunde lang auf Gott vergessen haben; der Gedanke an ihn darf uns nicht eine ganze Stunde lang entschwinden.

 

4. Bitte

Dazu brauchen wir Gottes reichste Gnade. Wir wollen jetzt den Herrn darum bitten, wollen ihm die Verdienste Jesu und Mariä dafür aufopfern, wollen ihn an die Treue seiner Heiligen erinnern, denen wir nicht ähnlich werden können, wenn er uns diese Gnade nicht verleiht; wollen ihm vorstellen, wie wir alle der Gefahr der Hölle ausgesetzt sind, wenn er uns nicht von dem Vergessen auf seine Gegenwart befreit. Wir wollen uns recht tief demütigen, und der Herr wird uns diese Gnade nicht versagen. Amen.