18. Die Weissagung Simeons

(Lk 2)

 

I Simeon segnet die heilige Familie und sagt Maria ihre Leiden voraus

Sein Vater und seine Mutter waren voll Staunen über das, was von Ihm gesagt wurde. Simeon pries sie selig. Dann sprach er zu Maria, seiner Mutter: «Dieser ist bestimmt zum Falle und zur Auferstehung vieler in Israel.»

Verweile in der Gesellschaft der Heiligen Familie. Betrachte, was geschieht, und höre, was Simeon von dem göttlichen Kind sagt! Sein bloßes Erscheinen erfüllt die Seele mit übernatürlicher Freude, sein Anblick gibt dem Herzen Frieden, man fühlt sich wiedergeboren zu einem neuen Leben. Teile die Freude Mariens und Josephs. Es ist eine große Freude, wie die Heiligen sie empfinden, wenn Jesus in Wort und Tat verherrlicht wird.

Siehe, wie die heiligen Eltern den Segen Simeons empfangen. Wieviel Demut, Bescheidenheit und Sammlung ist in ihrem Benehmen! Simeon verkündet ihnen hierauf, daß die Früchte der Erlösung nicht allen Menschen zuteil werden. «Dieser ist bestimmt zum Fall und zur Auferstehung vieler in Israel und zum Zeichen des Widerspruchs.» Die einen werden sagen: «Seht, das Heil der Welt!» und die andern dagegen: «Durch Ihn wird das ganze Volk zugrunde gehen.» Er wird umhergehen, Wohltaten spendend, und dennoch werden viele ausrufen: «Er ist ein Übeltäter!» Das ist das Schicksal, das den Heiland erwartet.

Bewahre diese Worte in deinem Herzen. Denke daran: Wenn dies das Los des Meisters ist, was wird dann das Los des Schülers sein? Worüber kann der Jünger sich beklagen, wenn sein Meister solches als Anteil für sich erwählt?

Nachdem Simeon die Zukunft des göttlichen Kindes geoffenbart hat, enthüllt er auch den Anteil, den seine Mutter an seinem Leiden nehmen wird. «Ein Schwert wird deine eigene Seele durchdringen.» Versenke dich in den Schmerz, der von heute an Mariens Herz durchdringen wird — für dich! Versprich der Mutter Jesu, ihre Leiden durch Liebe und Treue zu lindern. Hier wird zum erstenmal das Gesetz verkündet, daß nur im Kreuz das Heil zu finden ist. Mache dich los von der Furcht vor dem Leiden. Erflehe dir von der schmerzhaften Mutter den Mut, der Gnade nichts zu verweigern.

 

II Die Prophetin Anna kommt in den Tempel und frohlockt beim Anblick des Erlösers

Da war auch eine Prophetin, Anna, eine Tochter Phanuels aus dem Stamme Aser. Auch sie fand sich zur gleichen Stunde ein, pries Gott und redete von Ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems harrten.

Siehe, mit welcher Eile die Prophetin Anna herbeikommt! Gleich Simeon hat sie durch ein heiliges Leben verdient, nicht eher zu sterben, bis sie den Erlöser der Welt gesehen hat. Der Heilige Geist regt sie an, zum Tempel zu gehen, und ohne Zögern folgt sie seiner Einsprechung.

Genieße mit dieser heiligen Greisin die Freuden des Zusammentreffens mit dem Herrn. Nur mit einem reinen Herzen verbindet sich das reinste Herz Jesu. Gott offenbart sich den reinen Seelen. Durch himmlische Erleuchtungen entschädigt Er sie für ihren Verzicht auf irdische Genüsse. Diese Begegnung mit Jesus gibt der heiligen Prophetin Anna einen Vorgeschmack des Himmels. Auch ihr Herz stimmt in dankbarer Freude sein «Nunc dimittis — Nun entläßt Du, Herr, deinen Diener» an. Das göttliche Kind ist auch für sie eine heilige Wegzehr, die sie aus den Händen Mariens empfängt. Von nun an lebt sie in vollkommener Zuversicht. Höre, wie sie sich glücklich preist, und lobe den Herrn mit ihr.