104. Das Gleichnis vom Unkraut (II)

(Mt 13)

 

I Jesus erklärt seinen Jüngern, warum Gott das Böse in dieser Welt zuläßt

Dann entließ Er die Volksscharen und ging nach Hause. Da traten seine jünger zu Ihm und baten Ihn: «Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker.»

Verweile mit den Aposteln in der Nähe Jesu und höre die Erklärung, die Er gibt. Je besser man die Lehre Jesu erfaßt, desto fähiger wird man, sein Leben darnach einzurichten. Was bezweckte Jesus mit dem Gleichnis vom Unkraut? Was sollst du dir besonders daraus merken? Das Unkraut steht auf dem Acker des Hausvaters. Dieses Unkraut ist das Böse; es sind auch die Bösen. Der Anblick des Bösen verwirrt dich und der Verkehr mit den Bösen führt dich auf falsche Wege. Du fühlst das Böse in dir und um dich herum. Das Böse, das so leicht die Guten angreift, sich offen und geheim an jeden herandrängt, das Gewissen verderblich beeinflußt, das den Guten Hindernisse entgegenstellt und die Bösen anscheinend zum Sieg führt. Du bist hierüber erstaunt und betrübst dich. Du fragst: «Wo ist die göttliche Vorsehung, wo die ewige Weisheit?» Wisse, daß Gott das Böse und die Bösen duldet, um den Guten auf Erden Gelegenheit zu verschaffen, Geduld und Demut zu üben und sich durch unentwegte Treue in seinem Dienste auszuzeichnen. Das Leben auf Erden ist ein fortgesetzter Kampf. Warum sich also wundern, wenn man überall auf den Feind stößt? Verlange nicht von Gott und seiner Güte, daß das gegenwärtige Leben ein Vorgeschmack des zukünftigen sei; das hieße die Ernte vor der Aussaat halten wollen. Jenes Leben ist ein Land der Ruhe, dieses ist eine Stätte des Kampfes.

Es ist von großem Nutzen, das gegenwärtige Leben als eine Zeit der Vorbereitung zu betrachten. In Geduld warten und reifen, warten in starkem Glauben und in tiefer Demut, reifen durch die Hitze des Kampfes und durch Betätigung opferfreudigen Mutes zur Ehre Gottes und zum Wohl der Brüder, das ist der Zweck des Lebens. Sorge und ängstige dich um nichts weiter. Gott wacht über seine Ernte.

 

II Endgültiger Triumph Gottes über das Böse

«Am Weltende wird Gott seine Engel aussenden, die Bösen wie Unkraut in Büschel zusammenzubinden und ins Feuer zu werfen.»

Befestige dich im Glauben an Jesus und in der Hoffnung auf Ihn. Was der Heiland hier sagt, beweist, daß Ihm die Übel nicht unbekannt sind, unter welchen wir auf Erden leiden. Er hat in der Tat das Kampffeld nicht verlassen, auf dem du streitend stehst. Er ist bei dir und bleibt dir helfend zur Seite. Du kämpfst neben Ihm gegen die Leidenschaften und die verdorbene Natur, gegen den Schmerz, den Mißerfolg und die Böswilligkeit der Menschen. Er sieht und beobachtet dich. In Ihm findest du Hilfe zum Sieg zur gelegenen Zeit. Wessen bedarfst du mehr? Das Leben ist nur ein Tag, der heutige Tag. Die Zukunft gehört Gott; Er wird dafür sorgen.

Muß Gott nicht in der Tat für den endgültigen Sieg seiner Weisheit, Gerechtigkeit und Liebe Sorge tragen? «Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reiche alle Verführer und Übeltäter sammeln und werden sie in den Feuerofen werfen.» So lasse denn getrost Gott schalten und walten mit dir und allen. Beim Anblick der Verderbnis um dich her sprich zuversichtlich: «Er wird seine Engel aussenden.» Glaube fest, seine Weisheit wird alles zu einem guten Ende führen. Befestige diesen Glauben immer tiefer in dir. Lebe von Tag zu Tag ganz nach den Anregungen der Gnade! Die wahre Weisheit des Menschen besteht darin, in allem, was der gegenwärtige Tag bringt, Gott zu erkennen, und in allen Ereignissen die Spuren Gottes zu verehren. Bestrebe dich mehr als je, zur Zahl der wahren Diener Gottes zu gehören, die den Lohn ihrer Kämpfe erst im Himmel erwarten und die sich gern gedulden bis zum endgültigen Urteil am Jüngsten Tag, an dem die Gerechtigkeit der göttlichen Ratschlüsse allen offenbar wird.