111. Die Lehrweise Jesu

(Mt 13, Mk 4)

 

I Jesus mahnt seine Jünger, in das Verständnis seiner Lehre einzudringen

Jesus fragt: «Habt ihr das alles verstanden?» Sie antworteten Ihm: «Ja, Herr.»

Der Meister überrascht seine Jünger mit der Frage: «Habt ihr alles verstanden?» Er fragt nicht bloß: «Habt ihr aufmerksam zugehört? Gefällt euch das, was ich gelehrt habe?» Das wäre nicht genug. «Habt ihr verstanden?» fragt Er. «Hat euer Verstand Mein Wort erfaßt? Ist die Finsternis eures Geistes gewichen? Sind nun endlich alle eure Bedenken gefallen? Ist euer Wille fürs Gute gewonnen? Seid ihr bereit, meine Lehre zu üben?»

Diese Frage richtet der Heiland auch an dich. Was kannst du antworten? Wenn Er innerlich zu dir redet, wenn Er sein Wort im Evangelium an dich richtet, wenn du die Anregungen der Gnade fühlst, was tust du dann? Gibst du dir Mühe nachzudenken, zu betrachten, damit du besser von den Heilswahrheiten durchdrungen wirst? Flehst du dann in eifrigem Gebet zum Heiligen Geist, daß Er zu dir herabsteige und dir das Verständnis der Lehre Jesu ermögliche? Nur dann hast du verstanden.

 

II Er zeigt sich ihnen als die ewige Weisheit, die Mensch geworden ist, um ihnen die Wahrheit zu offenbaren

Alles dieses sprach Jesus in Gleichnissen zu den Volksscharen, und ohne Gleichnisse redete Er nicht zu ihnen. So sollte sich das Wort des Propheten erfüllen: «Ich werde meinen Mund auftun und in Gleichnissen ihnen die Wahrheit offenbaren, die seit Grundlegung der Welt verborgen war.»

Danke dem Evangelisten, der diese Einzelheiten über die Lehrweise Jesu aufgezeichnet hat. Die ewige Weisheit neigt sich zum Verständnis der am wenigsten Begabten nieder — ein Beweis, wie sehr der Heiland wünscht, daß wir Ihn verstehen. Freue dich darüber, denn du darfst dich der Gewißheit hingeben, du werdest zum vollen Verständnis der Heilswahrheiten gelangen. Was du heute noch nicht ganz begriffen hast, wird dir vielleicht morgen klar. Sei unbesorgt!

Der einfältige Glaube, die Gelehrigkeit des Geistes, die Geradheit des Willens und die Reinheit des Herzens erreichen in dieser Hinsicht mehr als große natürliche Talente. Der Heiland gefällt sich darin, die ewigen Wahrheiten in Gleichnisse zu kleiden und so sein belehrendes Wort, gerade wie seinen eucharistischen Leib, unter ganz unscheinbarer Hülle uns darzubieten. Dem Hochmütigen sind diese geringen Gestalten ein Stein des Anstoßes. Die Demütigen dagegen durchdringen das glanzlose Äußere und gelangen so zur Entdeckung der Wahrheit. Um besser den göttlichen Heiland zu verstehen, der dir die Geheimnisse des himmlischen Vaters mitteilt, gebiete dem Stolz, der Menschen Furcht und der eitlen Geschäftigkeit Schweigen. Suche zu vergessen, was die Welt sagt, was falsche Philosophie einwendet. Werde ein einfältig gläubiges Kind.

Wenn du täglich treu die vorgeschriebene Zeit der Betrachtung benutzest, wirst du dadurch zum vertraulichen Verkehr mit Jesus und zum Verständnis seiner Lehre gelangen. Er erklärte seinen Jüngern alles im besonderen. Jesus offenbart sich vorzugsweise in der Betrachtung. In dieser heiligen Stunde wirst du in stets wachsendem Licht sehen, was laue Seelen kaum ahnen.