118. Von der Notwendigkeit der Verfolgungen
(Mt 10)
I Jesus sagt seinen Aposteln Verfolgungen von seiten der Welt voraus
«Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Seid darum klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben.»
Lausche in Aufmerksamkeit und Sammlung den Unterweisungen Jesu! Er beschreibt den Aposteln das Los, das ihrer harrt. Es wird ihnen unmöglich sein, dem Kampf zu entrinnen, da ihr Leben in vollstem Gegensatz zu den Lehren und Grundsätzen der Welt stehen soll. Die Apostel werden in Wahrheit wie Schafe unter Wölfen sein.
Was sollen sie da tun? «Seid einfältig», sagt Jesus. Vermeidet alle Zweideutigkeit und Verstellung. Beim ersten Blick soll man erkennen, wer ihr seid! Laßt euch einzig vom Licht des Glaubens, von seinen Grundsätzen und Hoffnungen leiten bei allem, was ihr tut oder sagt! Der Glaube gibt der Seele die wahre Einfalt.
«Seid klug!» fügt der göttliche Meister bei. Vermeidet die Gefahr, wo Gott nicht gebietet, ihr zu trotzen. Ruft die Feindseligkeiten nicht wach durch falschen Eifer. Lernt Nachsicht und Stillschweigen. Wacht über eure Freundschaften. Mißtraut den verführerischen Schmeicheleien, die schaden und verderben. Erwäge diese Vorschriften und ziehe Nutzen daraus.
II Er ermahnt sie, alles geduldig zu ertragen
«Sie werden euch den Gerichten ausliefern und in den Synagogen geißeln.»1
Diese Worte des göttlichen Meisters sind eine Aufforderung an seine Apostel zur Großmut. Unter seinem Banner ist Mittelmäßigkeit nicht am Platz. Aber wie gelangt man zu Großmut? Jesus flößt sie seinen Jüngern ein. Man muß aus ganzem Herzen lieben. «Liebt mich!» spricht Jesus, «und ihr werdet stark sein. Seid meiner eingedenk, und nichts wird imstande sein, euch zu entmutigen. Der Jünger ist nicht über dem Meister, noch der Knecht über seinem Herrn!» O meine Seele, ist nicht die Liebe Gottes die Kraft, die zu allen Kämpfen ausreicht? Wenn du den Heiland liebst, wirst du willig dieselbe Behandlung annehmen, welche Er aus Liebe zu dir erduldet hat. Möchtest du besser und anders behandelt werden als Er?
Der wahre Jünger Jesu beugt sich willig unter die Last der Demütigungen und Leiden, wenn er sich sagt: «Ich trage das Kreuz, das mein Meister getragen hat. Er gibt mir Anteil an den Schmähungen und dem Widerspruch, die Er erduldet hat. Er bietet mir etwas von der Bitterkeit seiner eigenen Todesangst.» Dem Jünger ist es genug, wenn er behandelt wird wie sein Meister. Ich liebe diese Bitterkeit ..., diesen Widerspruch ..., dieses Kreuz ..., weil ich Jesus liebe.
Fasse Mut und rüste dich für den Kampf, der deiner wartet. Erinnere dich der Verfolgungen in den ersten Zeiten der Kirche. Betrachte den Heldenmut der Märtyrer. Durchlebe im Geist die Geschichte ihrer Kämpfe und ihrer Qualen. Auch von dir erwartet der Meister opferfreudigen Großmut, der dich stärkt zum entschiedenen Kampf für die Ehre Gottes.
1 Die Geißelung war bei den Juden der damaligen Zeit eine sehr gewöhnliche Strafe für Übertretungen des mosaischen Gesetzes.