120. Von dem Kampf und der Entsagung des Jüngers Christi

(Mt 10)

 

I Unvermeidbarkeit des Kampfes

«Glaubt nicht, ich sei gekommen, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.»

Der göttliche Heiland fährt in seinen Unterweisungen fort. Bitte Ihn um tieferes Verständnis. Jesus erläutert den Zweck seiner Tätigkeit unter uns und beseitigt jede Unklarheit zwischen sich und seinen Jüngern. Vielleicht hatte mehr als einer derselben von Ruhe unter seinem Banner geträumt. Es wäre so leicht, mit dem Treueschwur, den man dem Heiland leistet, ein ruhiges Leben zu beginnen, ein Leben ohne Kampf und Streit. Aber dies ist unmöglich, die Jünger sollen sich dessen sogleich bewußt werden. «Ich bin gekommen, das Schwert zu bringen», erklärt der Heiland, «Ich werde manch festes Land zerschneiden.»

Ein zweischneidiges Schwert gibt Jesus seinen Jüngern in die Hand, das Schwert unvermeidlicher Trennung. Wer immer dein Heil gefährdet, muß als Feind behandelt werden. Wenn er sich zuweilen in der Person eines lieben Menschen naht, wenn du ihm unter deinem Dach begegnest oder im Kreis deiner vertrautesten Freunde, so sollst du doch entschiedenen Widerstand leisten und verhindern, daß er dir schade. So ist es der Wille deines höchsten Herrn und Richters.

Wahrlich eine ernste und strenge Sprache! Aber sie entspringt dem Wunsch des Heilandes, dich glücklich zu machen, und darf dich daher nicht befremden. Sei also dem Heiland dankbar, wenn Er dich in die Notwendigkeit versetzt, für Ihn zu kämpfen, und bleibe Ihm treu!

 

II Jesus erklärt seinen Jüngern, daß sie eher alles in dieser Welt verlassen müssen, als Ihm untreu zu werden

«Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. Und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nicht nachfolgt, ist meiner nicht wert.»

Demütige deinen Geist, damit die Wahrheit Eingang darin finde. Was Jesus hier sagt, verlangt reifliche Erwägung. Jesus beansprucht für sich einen Vorzug, an dem die Welt Anstoß nimmt. Aber die Welt urteilt nur oberflächlich. Laß sie reden und dringe tiefer in den Geist Jesu ein.

Ist Gott nicht der Herr aller Dinge? Wenn Er aber der Herr ist, gebührt Ihm dann nicht in allem die erste Stelle? Und wenn Gott, und zwar Gott allein, in allem die erste Stelle gebührt, wer wird zu behaupten wagen, daß es Neigungen und Interessen gibt, die Ihm vorangehen dürften? Urteile selbst. Wir haben also durchaus keinen Grund, Anstoß an dem zu nehmen, was Gott durch seinen Sohn von uns verlangt. Wer Christus, dem Sohn Gottes, etwas Irdisches, einen Menschen oder auch sich selbst vorzieht, ist in der Tat nicht wert, sein Jünger zu sein. Im Dienst des höchsten Herrn zu stehen, ist die höchste Ehre und verlangt auch das höchste: unsere ungeteilte Liebe! Beweist andererseits nicht die Erfahrung alle Tage, daß die Liebe, die man Gott schenkt, keineswegs die geordnete und berechtigte Zuneigung zu den Geschöpfen unterdrückt, sondern dieselbe vielmehr erhöht und veredelt?

Höre, was der Heiland seinen Aposteln verheißt, wenn sie nach diesem Gesichtspunkt ihr Leben einrichten und tapfer in den ersten Reihen unter seiner Fahne kämpfen. «Wer sein Leben zu gewinnen sucht, wird es verlieren, wer dagegen sein Leben verliert um meinetwillen, wird es gewinnen.» Er verspricht ihnen, daß sie alles wiederfinden werden, was sie um seinetwillen verlassen haben. In seinem Kreuz werden sie finden, was die Weltkinder in ihren Vergnügungen vergeblich suchen: Leben, Freude und Glück. Wenn der natürliche Mensch vollständig ersterben muß, so verlangt der Heiland dies nur, weil einzig auf diesem Weg das übernatürliche, das ewige Leben erlangt wird, zu dessen Vermittlung Er auf die Erde herabstieg, zum wahren Leben der Seele, sowohl im Himmel als auch auf Erden, gelangt man nur durch den Tod.

Was denkst du davon? Willst du dich nicht des Heilands würdig machen, der sich um deinetwillen nicht geschont hat? Zu Ihm erhebe deine Gedanken und reinige dein Herz. Gott mußt du auf den Thron deines Herzens erheben und Ihn unumschränkt herrschen lassen. Den Geschöpfen mußt du das Zepter entreißen, das nur seiner göttlichen Majestät gebührt. Mit dem Schwert sollst du dich bewaffnen und endlich dir selbst und jeder ungeordneten Neigung gänzlich absterben, um einzig Gott zu leben.