123. Die erste Brotvermehrung

(Mt 14, Mk 6, Lk 9, Joh 6)

 

I Jesus kommt der Menge in ihrer Not zu Hilfe

Als nun Jesus ausstieg, sah Er eine große Volksmenge, und Er erbarmte sich über sie, weil sie wie Schafe waren, die keinen Hirten haben.1

Jesus betete in der Einsamkeit. Er beendet sein Gebet, um die Arbeit wieder aufzunehmen. Gehe Ihm entgegen mit all jenen, die da mühselig und beladen sind. Die Stimme des menschlichen Elends ist zum Himmel gedrungen, und in seiner weltverlorenen Einsamkeit hat der Heiland sie vernommen. Die Menschen bedürfen Seiner als ihres rettenden Erlösers. Sie gleichen verirrten Schafen ohne Hirten. Sie bedürfen seines Wortes, seines Brotes, seiner Sakramente. Er erbarmt sich ihrer und kommt. Betrachte Ihn in der Ausübung seines Apostolates. Er redete zu ihnen vom Reich Gottes und machte die, welche der Heilung bedurften, gesund. Sieh, mit welch großer Liebe Er sich hingibt! Je mehr eine Seele des Heilandes bedarf, mit um so größerer Zärtlichkeit nimmt Er sie auf. Knie vor Ihm nieder, und laß seine segnende Hand auf dir ruhen. Trage Ihm deine Bitten vor. Der neu beginnende Tag muß für dich ein Tag wahren Fortschritts sein und für jene, die du liebst, ein Tag des Segens. Bewundere die Ausdauer der Volksschar. Die Stunde ist vorgerückt, dennoch harrt die Menge bei Jesus aus. Alle lauschen Ihm und vergessen die Zeit und ihre Arbeiten. Aber durch diesen Eifer verlieren sie nichts, denn Gott sorgt für jene, die das Heil ihrer Seele allem andern vorziehen. Zu deiner Ermutigung wirst du dies bestätigt sehen!

1Wir sind in der Gegend von Bethsaida-Julias am Ostufer des Sees Tiberias, ungefähr 3 km von der Stelle entfernt, wo der Jordan in den See eintritt. Die Stadt erhebt sich auf dem Abhang eines Hügels und beherrscht eine Ebene, deren Fruchtbarkeit sprichwörtlich war.

 

II Jesus spendet Brot für den Leib, nachdem Er die Seelen genährt

Gegen Abend traten seine Jünger zu Ihm und sprachen: «Die Gegend ist einsam, und die Zeit schon vorgerückt. Laß daher die Scharen ziehen, daß sie in die Dörfer gehen und sich Lebensmittel kaufen.»

Sieh, wie die Apostel den Heiland bitten, denen zu helfen, die auf Ihn gehofft haben. Wer immer Jesus in die Einsamkeit gefolgt ist, wer Ihm seine Zeit, seine Ruhe, sein Vergnügen geopfert hat, kann auf Ihn rechnen.

Jesus aber sprach zu ihnen: «Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen!» Sie antworteten Ihm: «Wir haben hier nur fünf Brote und zwei Fische.» Er aber sprach zu ihnen: «Bringt sie mir her!» Sieh, in welcher Verlegenheit die Jünger sind! «Was sollen wir tun, um Deinen Befehl auszuführen, wie das Unmögliche vollziehen, wie aus dem Nichts das Sein, aus dem Mangel den Überfluß hervorbringen? Was ist das Wenige, das wir gesammelt haben, für so viele?»

«Bringt mir den Vorrat!» befiehlt Jesus. Sofort gehorchen die Apostel und legen das Wenige, das sich vorfindet, in die Hände ihres Meisters, damit Er den Segen darüber spreche, sein mächtiges Benedicite! So bringen sie Jesus die Materie, an der Er das Wunder vollziehen wird. Beachte diese Handlungsweise der Jünger, sie ist die rechte. Strebst du nach Fortschritt? Sage nicht: «Meine Gebete sind unnütz, meine Anstrengungen sind vergeblich!» Bring vielmehr das Wenige, das du hast an Glauben, Hoffnung und Liebe. Leg es vertrauensvoll in Jesu Hände. Erwarte dann mit ruhiger Sicherheit das Wunder der Vermehrung. Aus dir vermagst du nichts, mit Jesus alles!

Er nahm die fünf Brote und die zwei Fische in seine Hände, erhob die Augen zum Himmel, dankte dem himmlischen Vater und segnete sie. Dann brach Er die Brote und gab sie seinen Aposteln zum Austeilen. Beeile dich, Platz zu nehmen unter den Gästen! Nichts wird beim Mahl fehlen.

 

III Jesus sättigt seine Gäste und befiehlt den Aposteln, das Übriggebliebene des Mahles zu sammeln

Hierauf brach Er die Brote und gab sie seinen Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. Alle aßen und wurden satt, ja, sie hoben von den übriggebliebenen Stücken noch zwölf volle Körbe auf

Sättige dich mit der Menge! Genieße mit dankbarer Freude das Brot, das dein Heiland für sie wie für dich gesegnet hat. Das Brot am Tisch Jesu ist mehr wert als die ausgesuchtesten Speisen am Tisch der Weltleute. Warum? Weil Jesus sich unter der Gestalt dieses Brotes, dem Symbol des eucharistischen Brotes, selbst hingibt. Seine Gottheit ist in den Gaben gegenwärtig, die Er spendet.

Als sie aber satt geworden waren, sprach Er zu seinen Jüngern: «Sammelt die übriggebliebenen Stücke, damit sie nicht zugrunde gehen!» Sie sammelten also und füllten zwölf Körbe. Es waren aber derer, die gegessen hatten, fünftausend Mann. Hilf den Aposteln die Brotreste sammeln! Wenn du die heilige Kommunion empfangen hast, fordert der Heiland auch dich gleichsam auf, die Überbleibsel der heiligen Mahlzeit zu sammeln und mit nach Hause zunehmen, d.h. jenen, welche du daheim findest, Anteil zu geben an dem Gnadenüberfluß, der dir beim heiligen Mahl geworden ist.

Vereinige deine Danksagung nach dem Genuß des eucharistischen Brotes mit jener der Menge! Schätzest du gebührend das Glück, einem Meister anzugehören, dessen Macht keine Grenzen hat und dessen Güte gegen die Seinen ohnegleichen ist?