125. Die Fahrt über den See Genesareth

(Mt 14, Mk 6, Joh 6)

 

I Jesus sieht die Gefahr, in der die Apostel sich befinden, und eilt ihnen zu Hilfe

Das Boot war bereits viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wogen hart bedrängt, denn es ging Gegenwind.

Betrachte die Gefahr, welcher die Jünger auf dem stürmischen See ausgesetzt sind! Während Jesus auf dem Berg betet, sind seine Apostel in großer Erregung. Doch vergißt Er sie nicht und betet für sie. Freilich ist Er am Ufer geblieben, aber seine Vorsehung begleitet sie. Jesus ist nie fern von uns, wenn wir auch seine Gegenwart nicht fühlen.

Meine Seele, wie groß die Angst auch sein mag, die dich quält, in welcher Gefahr du auch schwebst, das Auge Jesu, deines Erlösers, ist immer auf dich gerichtet. Sein Gebet begleitet dich allenthalben. Er kennt alle deine Leidenschaften und weiß, wie lange deine Prüfung dauern muß. Darum vertraue!

 

II Jesus wandelt auf dem Meer und gibt sich zu erkennen

Da sah Er, wie sie sich beim Rudern abmühten, denn sie hatten Gegenwind. Um die vierte Nachtwache1 kam Er, auf dem See wandelnd, auf sie zu, wollte jedoch an ihnen vorübergehen.

Begleite den Heiland und lerne von Ihm, jedes Hindernis siegreich zu überwinden, wenn es gilt, einem Bedrängten zu Hilfe zu kommen! Keine Furcht darf dich zurückhalten. Von Jesus unterstützt, darfst und kannst du alles wagen zur größeren Ehre Gottes und zum Heil der Seelen. Die Apostel erblicken den Heiland, der auf dem Wasser wandelt, und halten Ihn für ein Gespenst. Daher schreien sie auf. Warum rufen die Jünger ängstlich um Hilfe? Weil von weitem der Anblick Jesu sie erschreckt.

Wenn wir die strenge Lehre Jesu nur oberflächlich betrachten, dann bebt unsere sinnliche Natur davor zurück. Wie die Jünger, so halten auch wir den Heiland oft für ein Gespenst. Laß Ihn sich nähern, Er wird sich dir zu erkennen geben! Ruhe wird in deine Seele zurückkehren, und der Sturm wird sich legen.

«Ich bin es, fürchtet euch nicht!» so spricht Er zu den Aposteln. Verkoste dieses süße Trostwort! Das Vertrauen auf Jesus ist die sichere Zuflucht in aller Not und Gefahr. «Ich bin es! Ich habe alle Macht, dich zu retten. Ich liebe dich zu innig, als daß ich zugeben könnte, daß du verlorengehst!» In der Tat, warum sollte ich mich fürchten, wenn der Allmächtige mir seinen Schutz verheißt?

Petrus sagt: «Wenn Du es bist, so heiße mich zu Dir kommen auf dem Wasser.» Ahme die vertrauensvolle Kühnheit des Apostels nach und biete dich an, zur Ehre des göttlichen Meisters alles zu unternehmen. Bitte Ihn, auch dir das Wort zu sagen, durch das selbst das Schwerste möglich wird. Was bezweckt der geistliche Kampf anderes, als durch alle Stürme hindurch zu Jesus zu gelangen? Sage dir in schweren, gefahrvollen Stunden, daß dein allmächtiger Helfer nur wenige Schritte von dir entfernt ist und daß Er dich auffordert, Ihm zu folgen. Dieser Gedanke wird dich stärken.

«Komm!» antwortete Jesus. Und Petrus stieg aus dem Schiff und ging auf dem Wasser, um zu Jesus zu kommen. Als Er aber den starken Wind gewahrte, fürchtet er sich und war daran zu versinken. — Woher diese plötzliche Not? Sein Vertrauen erschien uns anfangs in so herrlichem Licht, jetzt aber sehen wir, daß es nicht übernatürlich war, es stützte sich nicht einzig auf das göttliche Wort. Das Wort Gottes sollte hinreichen, um die Menschen bei allen Gefahren furchtlos zu erhalten. Der Furcht nachgeben heißt soviel als sich dem Schiffbruch aussetzen. Wenn uns Gott etwas befiehlt, so haben wir nichts zu fürchten als uns selbst.

Und da er anfing zu sinken, rief er: «Herr, rette mich!» Alsbald streckte Jesus die Hand aus, ergriff ihn und sprach zu ihm: «Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?» — Nimm auch du dir diese Lehre zu Herzen! Küsse mit dem Apostel die rettende Hand Jesu.

1 Die Nacht war in vier Wachen eingeteilt. Die vierte begann ungefähr um drei Uhr morgens.

 

III Jesus besteigt ihr Schiff und empfangt ihre Huldigung

Sie wollten Ihn nun in das Boot aufnehmen. Und Er stieg zu ihnen in das Boot, und der Wind legte sich. Und alsbald war das Boot am Land, nach welchem sie hinfuhren.

Steige mit dem göttlichen Meister zu den Aposteln ins Schiff! Genieße mit ihnen das Glück, Jesus zu besitzen. Was tun die Jünger? Sie räumen Ihm jedenfalls den besten Platz im Schiff ein. Dein Herz ist auch ein Schifflein. Nimm Jesus mit Liebe und Vertrauen auf.

Die Jünger näherten sich dem Heiland, beteten Ihn an und bekannten: «Du bist wahrhaft der Sohn Gottes!» Sage auch du Ihm: «Du bist wahrhaft der Sohn Gottes, würdig, daß ich Dich zum unumschränkten Herrn meines Lebens mache. Dir übergebe ich alles, was ich bin und habe, meine Fähigkeiten, meine Kräfte. Nimm sie hin, beherrsche und lenke sie.»