134. Von der wahren Frömmigkeit
(Mt 15, Mk 7)
I Jesus verurteilt die falschen Lehren und ihre Urheber
Da traten seine Jünger heran und sagten zu Ihm: «Weißt Du, daß die Pharisäer Anstoß nahmen, als sie die Rede hörten?» Er antwortete: «Jede Pflanzung, die mein himmlischer Vater nicht angelegt hat, wird ausgerottet werden.»
Höre, wie die Apostel dem Herrn mitteilen, welchen Unwillen seine Worte hervorgerufen haben. Die Pharisäer sind über die strenge Zurechtweisung erbittert. Statt sich die Rüge zu Herzen zu nehmen und ihr Gewissen zu erforschen, zürnen sie dem, der sie erteilt hat. So macht es der Stolz. Du mußt dich daher demütigen, wenn du dich ernstlich bessern willst.
Was antwortet Jesus ? «Jede Pflanzung, die mein himmlischer Vater nicht angelegt hat, wird ausgerottet werden.» Diese rein äußerlichen Übungen und Menschensatzungen gleichen Schmarotzerpflanzen auf bebautem Erdreich, die der Gärtner ausreißt. Gott allein steht es zu, uns Pflichten aufzuerlegen, und heilig ist nur das, was sein Wille geheiIigt hat. Die ganze Religion besteht in der Beobachtung seiner Gesetze, alles andere ist unnütz oder schädlich.
Diese Auffassung Jesu muß die Richtschnur deines Lebens werden. Das Urteil übelwollender Menschen darf dich darin nicht irre machen. «Laßt sie! Sie sind blinde Blindenführer. Wenn aber der Blinde den Blinden führt, fallen beide in die Grube!» Beunruhige dich nicht über ihre Reden. Handle, als ob sie nichts gesagt hätten. Tue recht und scheue niemand!
II Jesus lehrt, die wahre Frömmigkeit von der falschen zu unterscheiden
Da sprach Petrus zu Ihm: «Erkläre uns dieses Gleichnis.» Er sprach: «Seid auch ihr noch unverständig? Seht ihr nicht ein, daß alles, was in den Mund eingeht, in den Magen kommt und dann ausgeschieden wird? Was aber aus dem Mund kommt, stammt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Gotteslästerung. Das macht den Menschen unrein, aber mit ungewaschenen Händen essen, das macht den Menschen nicht unrein.» Die Jünger haben noch nicht ganz verstanden, was der göttliche Meister sie lehren wollte, darum bittet Petrus um eingehende Erklärung. Jesus macht ihnen nun seine Lehre deutlich: «Gott sieht nicht auf das Äußere, sondern auf das Innere. Der Mensch ist rein oder unrein in den Augen Gottes, je nach der inneren Gesinnung, die ihn belebt, und nicht einzig nach den Übungen, die sein äußeres Leben ordnen.» Der Weltmensch trägt Sorge für das Äußere, der Christ für das Innere. Wer sich nur auf die äußeren Übungen der Frömmigkeit beschränkt, der zieht sich gerade dadurch ein um so strengeres Gericht zu. Solcher Art ist die Frömmigkeit der Pharisäer von damals und von heute. Nach außen stellen sie sich bescheiden, während ihr Inneres voll Hochmut ist, sie behandeln ihren Körper hart, lassen aber ihren Launen freies Spiel. An selbstgewählten Andachtsübungen halten sie fest, wissen aber nichts von Sanftmut, Güte und Geduld.
Äußere Verunreinigungen beflecken das Herz nicht, aber das Böse, das aus dem Herzen kommt, befleckt den ganzen Menschen. So wie das Gute dem Herzen entsprießt, so keimt dort auch das Böse, das den Menschen vor Gott entehrt. Im Herzen wurzelt und wächst es und zeitigt die Früchte sündhafter Taten. Aus dem Innern kommen die bösen Gedanken, Ehebruch, Geiz, Verstellung, Falschheit, Betrug, Neid, Verleumdung und alle sündhaften Begierden. Das alles kommt aus dem Innern und verunreinigt den Menschen. Wie lebhaft deine Einbildungskraft auch gereizt sein mag, wie heftig die Regungen der niederen Triebe auch sein mögen, solange du nicht freiwillig dein Herz den Lockungen zum Bösen öffnest, bleibt dein Gewissen vollkommen rein. Laß dir die sorgfältige Bewachung deines Herzens angelegen sein, und weil Gott vorzugsweise das Herz verlangt, so weihe Ihm das deine rückhaltlos durch die Hände seines Sohnes!