142. Das feierliche Bekenntnis des Petrus

(Mt 16, Mk 8,Lk 9)

 

I Jesus fragt seine Apostel, was die Leute von Ihm sagen

Als Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi1 kam, richtete Er an seine Jünger die Frage: «Für wen halten die Leute den Menschensohn?»

Der göttliche Meister und seine Apostel lenken ihre Schritte nach Cäsarea Philippi. Folge mit Aufmerksamkeit ihrer Unterredung! «Für wen halten die Leute den Menschensohn?» fragt unvermittelt der Heiland. «Weiß man, wer ich bin, woher ich komme und weshalb ich in die Welt gekommen bin? Was hält man von meinem Evangelium, meiner Lehre und meinen Werken?» Augenscheinlich will Jesus gekannt sein. Er verfolgt aufmerksam den Fortschritt, den die Jünger in seiner Kenntnis und Liebe machen. In der Person der Apostel stellt Jesus diese Frage an jeden Menschen. Beachte die verschiedenen Antworten auf diese Frage. Sie aber sprachen: «Einige für Johannes den Täufer, andere für Elias und andere für Jeremias.» Wie groß ist die Zahl derer, die sich hartnäckig weigern, Jesus zu kennen oder nach Ihm zu forschen! Zähle auch jene, die behaupten, Ihn zu kennen, deren Handlungsweise aber im Widerspruch dazu steht! Die einen entstellen seine Güte oder vereiteln seine Barmherzigkeit, die andern bestreiten seinen göttlichen Ursprung oder behindern seine Macht. Jesus ist also dem Wechsel menschlicher Ansichten preisgegeben. Der Heiland weiß es und leidet darunter, denn wer Ihn nicht als den anerkennt, der Er ist, kann des Heiles nicht teilhaftig werden, das Er doch allen bringen möchte. Was weiß und sagt man in deiner Umgebung von Jesus? Betrübe dich mit dem Heiland über jene, die Ihn nicht kennen wollen, und leiste Ihm herzlich Abbitte!

1 Damals war Cäsarea Philippi eine bedeutende Stadt. Heutigen Tages besteht sie nicht mehr, ihre Mauern und Häuser sind abgetragen. Das Gebiet der ehemaligen Stadt ist jetzt fast durchweg bebautes Land, auf dem Pflanzungen von Feigenbäumen, Maulbeerbäumen, Eichen und Terebinthen stehen. An Stelle des alten Cäsarea Philippi steht jetzt das Dorf Banias. Cäsarea Philippi ist nicht zu verwechseln mit Cäsarea am Meer. Dieses liegt in Untergaliläa am Mittelmeer, jenes in Obergaliläa am Fuß des großen Hermons.

 

II Er veranlaßt sie zu einem Bekenntnis seiner Gottheit

Er fragte sie: «Ihr aber, für wen haltet ihr mich?» Da gab Simon Petrus zur Antwort: «Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.»

Jesus stellt nun die Frage unmittelbar an die Apostel. Er will sich von dem Erfolg seiner Unterweisungen überzeugen. Den Aposteln hat Er mehr gegeben als allen andern, folglich ist Er berechtigt, mehr von ihnen zu erwarten. «Ich gebe zu, daß das Volk mich nur oberflächlich kennt, ihr aber, die ich so gründlich unterrichtet und für die ich so vieles getan habe, wofür haltet ihr mich? Was wißt ihr mehr als die Menge?» Jesus will durch den Gegensatz hervorheben, wie wenig man Ihn in der Welt kennt, wie Er dagegen seinen bevorzugten Jüngern sich selbst offenbart. Neben der Unwissenheit und dem Irrtum der großen Menge soll der Glaube der wahren Jünger um so heller erstrahlen. Diese Freude und Genugtuung gebührt dem Sohn Gottes.

Im Namen aller antwortet Petrus: «Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.» — Stimme in diese Erklärung freudig ein, sprich sie ihm von Herzen nach! In diesen wenigen Worten hat Petrus alles gesagt. Jesus ist Gottes Sohn und unser Erlöser, Er ist göttlichen Ursprungs und hat eine göttliche Sendung zu erfüllen. Jesus kommt von Gott und will uns zu Gott zurückführen. Erwäge diese Wahrheit ernstlich, sie ist der Inbegriff des ganzen Evangeliums!

Der Glaubensakt, den Petrus in diesem Augenblick so feierlich ausspricht, übertrifft alle, die er bis dahin erweckt hat. Ein himmlisches Licht hat ihm die Wahrheit in ihrer ganzen Fülle entdeckt. Diese Erleuchtung war notwendig, denn aus sich vermag kein menschlicher Verstand die Gottheit Jesu zu erkennen. Die natürliche Vernunft kann seine göttliche Erhabenheit nur dunkel erahnen. Niemand vermag bei dem schwachen Licht unseres beschränkten Verstandes das Göttliche in den Menschen und in den Ereignissen zu erkennen. Dazu muß man von Gott selbst erleuchtet werden. Vom himmlischen Vater muß man sich einen Strahl des Lichtes erflehen, in dem Er selbst seinen eingeborenen Sohn schaut. Vereinige dich mit dem heiligen Petrus im Bekenntnis deines Glaubens an die Gottheit Jesu!

 

III Er verheißt Petrus den Primat

«Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas! Denn nicht Fleisch und Blut hat dir das geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist. Und so sage ich dir: Du bist Petrus. Auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.»

Verkoste die Freude, welche das Herz Jesu über eine Seele empfindet, die so viel Verständnis für Ihn hat! In der Tat klingt die Antwort Jesu wie ein Ausruf freudiger Überraschung. Für dieses Bekenntnis will Er Petrus auch entsprechend belohnen; jeden Glaubensakt vergilt Gott mit einer besonderen Gnade. Er spricht dann gleichsam zur gläubigen Seele: «Weil du mich nun besser kennst, kann ich mich auch deiner besser bedienen. Du weißt jetzt die ganze Wahrheit, darum erwähle ich dich zu meinem Gehilfen bei ihrer Verbreitung.» Weißt du nun, was du zu tun hast, wenn du willst, daß Jesus sich deiner bediene?

Erwäge die große Gewalt, welche Jesus dem Apostel Petrus anvertrauen will: «Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben. Was immer du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.» Belebe in dir die Ehrfurcht vor dem Oberhaupt der heiligen Kirche! Selbst wenn die Menschen schwach sind, wird Christus bis zum Ende der Welt durch die rechtmäßigen Oberen seine Kirche leiten.