157. Das Gleichnis von den unnützen Knechten

(Lk 17)

 

I Jesus belehrt seine Jünger über die Rechte Gottes den Menschen gegenüber

«Wer von euch sagt zu seinem Acker- oder Hüteknecht, wenn er vom Feld heimkommt: Nun komm gleich und setze dich zu Tisch? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Richte mir die Mahlzeit her, gürte dich und bediene mich, bis ich gegessen und getrunken habe.»

Höre die Unterweisung des göttlichen Meisters! Jesus belehrt seine Jünger über die Stellung, die der Mensch gegenüber Gott einnimmt. Er schaut bis auf den Grund der Seele und erkennt die geheimsten Regungen der Eigenliebe und des Stolzes. Wie sehr neigt der Mensch zum Stolz! Nach einem großmütigen Entschluß, einem außergewöhnlichen Sieg über sich selbst oder nach einem Opfer, durch das er die Ehre Gottes fördern durfte, will es ihm scheinen, als habe er sich Gott zum Schuldner gemacht. Er träumt von einem gewissen Recht Gott gegenüber und möchte dasselbe geltend machen. Jesus weist dieses Ansinnen zurück. «Weiß er wohl diesem Knecht Dank dafür, daß er getan, was er ihm befohlen hatte? Ich meine nicht.»

In welchem Verhältnis stehen wir zu Gott? Wir sind Tagelöhner, Knechte. Nur aus Gnade nimmt Gott unsere Arbeit und unsere Dienste an, und wenn Er uns zu seiner Gemeinschaft zuläßt und uns als seine Kinder behandelt, so ändert sich dadurch unsere ursprüngliche Stellung Ihm gegenüber keineswegs. Unsere Pflichten als Tagelöhner und Knechte bleiben dieselben. Demütige dich also vor Gott und erkenne Ihn freudig als deinen höchsten Herrn an.

 

II Jesus verlangt von den Jüngern Demut im Dienst Gottes

«Weiß er dem Knecht etwa Dank dafür, daß er seine Befehle ausgeführt hat? So sollt auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was man euch aufgetragen, sagen: Wir sind geringe Knechte, wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.»

So sprich auch du: «Ich bin ein unnützer Knecht. Gott bedarf meiner nicht, und die Dienste, die ich Ihm leiste, sind im Grund zu meinem Vorteil.» Durch die Erkenntnis dieser Wahrheit darf dein Eifer jedoch nicht vermindert werden. Wir sind zwar vor Gott unnütze Knechte, aber deshalb ist Ihm unsere Arbeit doch nicht gleichgültig. Was wir Ihm geben, schulden wir Ihm, aber indem wir es Ihm geben, erkennen wir seine Herrschaft über uns an, und unsere Unterwürfigkeit ehrt Ihn.

Gerade diese Ehre ist der Zweck aller seiner Werke. Um diesen Zweck zu erreichen, vervielfältigt Gott die Werke seiner Weisheit und Vorsehung, ja, Er sendet seinen eingeborenen Sohn, damit Er uns durch Wort und Beispiel aneifere, zu seiner Verherrlichung beizutragen.

Für Gott allein sollst du also arbeiten und schaffen. Küsse dankbar die göttliche Hand, die sich deiner bedienen will, und überlasse dich als willenloses Werkzeug den mächtigen Antrieben seiner Gnade! Bitte den himmlischen Vater, daß Er durch dich Großes vollbringe und dir gleichzeitig jene Demut bewahre, die allen Erfolg und alle Ehre Gott allein zuschreibt!