172. Der Blindgeborene als Verteidiger Jesu

(Joh 9)

 

I Der Geheilte bekennt laut seinen Glauben an die göttliche Sendung des Heilands

Nun ließen sie den Mann, der blind gewesen war, nochmals rufen und sagten zu ihm: «Gib Gott die Ehre! Wir wissen, daß dieser Mensch ein Sünder ist.» Er erwiderte: «Ob Er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur eines: Ich war blind und kann jetzt sehen.»

Stelle dich in die Nähe dieses tapferen Verteidigers Jesu Christi! Er gehört nicht zu jenen, die leicht im Kampf ermüden. Die Feinde Jesu sind entschlossen, den Streit zum Abschluß zu bringen. «Wir wissen, daß dieser Mensch ein Betrüger ist», sagen sie. Ihre selbstsichere Sprache ist wohl imstande, die Menschen zu betören. Wer würde es wagen zu widersprechen, wenn die Schriftgelehrten eine Entscheidung gefällt haben?

In der ganzen Versammlung ist niemand, der zu Jesus hält. Seine Verteidigung ruht in den Händen eines armen, verachteten Bettlers. Aber der himmlische Vater läßt sich angelegen sein, die Armen und Verachteten zu Verteidigern seines göttlichen Sohnes zu berufen. Höre, wie der Blindgeborene für die Ehre des Heilands eintritt! Allen spitzfindigen Erörterungen der Pharisäer stellt er die Tatsache entgegen: «Ich war blind, und jetzt sehe ich.» Das genügt ihm.

In der Annahme, daß ein Betrug durch Wunder bestätigt werden könne, liegt eine Leugnung der göttlichen Vorsehung. Ein Betrüger nimmt eine Vollmacht für sich in Anspruch, auf die er kein Recht hat. Welches ist die Sendung, die Jesus sich beilegt? Er hat feierlich erklärt, daß Er gekommen sei, die Seelen neu zu beleben und von aller Schuld zu reinigen, allen Unglücklichen beizustehen und die Menschen wahre Gottes- und Nächstenliebe zu lehren. Wodurch beweist Er die Echtheit seiner Sendung? Er wirkt Wunder zum Zeichen seiner Güte und Macht. Ich war blind und bin geheilt worden. Ich war unwissend, und Er hat mich belehrt. Ich befand mich im äußersten Elend, und Er hat für mich gesorgt. Was Er mir sagte, hat Er durch die Tat bewiesen. Ich glaube! Bewundere diese einfache Art der Verteidigung sowie den Mut und die Klugheit des Geheilten! Befindest du dich nicht auch bisweilen in Gesellschaften, in denen du der einzige Getreue des Heilands bist? Wie hast du dich bei solchen Gelegenheiten zu verhalten?

 

II Der Geheilte wird von den Pharisäern ausgestoßen

«Wollt ihr etwa auch seine Jünger werden?» Da schmähten sie ihn und sagten: «Du bist ganz in Sünden geboren und du willst uns belehren?» Und sie stießen ihn hinaus.

Der neue Jünger läßt sich von heiliger Kühnheit hinreißen und widerspricht offen den Feinden Jesu Christi: «Wollt auch ihr seine Jünger werden? Ich bin sein Jünger. Wollt ihr meinem Beispiel folgen?»

Vergleiche die beiden Menschenklassen, die sich da gegenüber stehen, und sieh, wie den einen der Glaube leicht ist, während er den anderen so schwer fällt! Nichts war dem Geheilten leichter als der Anschluß an Jesus und nichts den Pharisäern schwieriger. Der Grund dazu liegt in der Tatsache, daß man sich selbst verlassen muß, um Jesus anzuhängen. Die Pharisäer werden von mancherlei Fesseln zurückgehalten: vom Stolz, von der Selbstsucht, von der Menschenfurcht und vom Vorurteil; der Blindgeborene hingegen ist davon frei.

Höre die Verwünschungen, die die Pharisäer gegen den Geheilten ausstoßen! Er hat die Interessen Jesu siegreich vertreten, Gott läßt seinem Mut den Lohn zuteil werden. Man flucht ihm, doch ist er deshalb nicht beklagenswerter. Nachdem er für Jesus gesprochen, darf er jetzt für Ihn leiden.