193. Das Fest der Tempelweihe

(Joh 10)

 

I Jesus macht den Juden klar, daß ihr Stolz sie daran hindert, zum Glauben zu gelangen

Man beging in Jerusalem1 das Fest der Tempelweihe. Es war Winter. Jesus wandelte im Tempel in der Halle Salomons.2 Da umringten Ihn die Juden und fragten: «Wie lange hältst Du uns noch in Spannung? Bist Du der Messias, so sag es uns frei heraus.»

Begleite den Heiland zum Tempel, und verfolge mit Aufmerksamkeit alles, was sich da zuträgt! Die heuchlerischen Juden umringen Ihn und fragen: «Bist du Christus?» Bemerke wohl, in welch boshafter Absicht sie diese Frage stellen! Sie wollen nur sich selbst und andere täuschen; aber Jesus wird ihnen die Antwort geben, die sie verdienen, und ihnen klar machen, welches Schicksal jener wartet, die hartnäckig im Unglauben verharren.

Er antwortet ihnen: «Ich sage es euch, und ihr glaubt nicht. Die Werke, welche ich tue im Namen meines Vaters, diese geben Zeugnis von mir. Aber ihr glaubt nicht, weil ihr nicht zu meinen Schafen gehört.» Gott entzieht den freiwillig Blinden sein Licht. Für sie verliert die göttliche Offenbarung allen Glanz und alle Kraft der Überzeugung, die Wohltat der Erlösung bleibt für ihre Seelen unwirksam. «Ich spreche zu euch», sagt Jesus, «und ihr glaubt nicht: Ich tue Wunder und ihr glaubt trotzdem nicht. Da ihr nichts von mir wissen wollt, so will ich auch von euch nichts wissen.»

Befinden sich nicht in deiner Umgebung solch verblendete Seelen, die der Heiland nicht zu den Seinigen zählen kann, die seine Stimme nicht vernehmen und zu denen Er traurig spricht: «Ihr gehört nicht zu meinen Schafen.» Bedenke die erschütternde Bedeutung dieses Wortes und wie sehr du verpflichtet bist, durch Gebet und Opfer jenen Unglücklichen zu helfen!

1 Im Dezember. Das Fest der Tempelweihe wurde nicht weniger gefeiert als da Laubhüttenfest. Während einer ganzen Woche strömten die Juden mit Palmen in den Händen zum Tempel. In ihren Gesängen erinnerten sie daran, wie Judas Makkabäus im Jahr 164 vor Christus den Tempel heiligte, und jeden Abend wurde die Stadt festlich beleuchtet.

2 Diese Galerie zog sich an der Schlucht des Cedron entlang und war sehr besucht, weil sie selbst im Winter den wärmenden Sonnenstrahlen ausgesetzt war Sie wurde die Halle Salomons genannt, weil sie aus den Überresten des ehemaligen Tempels erbaut war.

 

II Jesus schildert die Glückseligkeit seiner Jünger in der Zeit und in der Ewigkeit

«Meine Schafe hören auf meine Stimme, ich kenne sie und sie folgen mir. Ich schenke ihnen das ewige leben. Sie werden in Ewigkeit nicht verlorengehen, und niemand wird sie meiner Hand entreißen. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist mächtiger als alle, niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen».

Glücklich die Seelen, die sich dem Heiland ganz hingegeben haben, die Ihn kennen und Ihm folgen, sie werden einst mit Ihm in seine Herrlichkeit eingehen! Das Toben der Eifersucht und des Hasses wird übertönt von der Stimme des guten Hirten, der seinen Schafen den Weg der Wahrheit und der Pflicht zeigt, auf dem allein sie zum Reich Gottes gelangen. «Meine Schafe kennen meine Stimme», versichert Jesus. Und wie könnte es anders sein? Gibt es doch keine Stimme, die so tief in unsere Herzen dringt, die uns so liebevoll belehrt und warnt, tröstet und stärkt. Eile zu deinem Hirten, der dich ruft! Alle, die seinen Ruf hören und verstehen, folgen Ihm. «Meine Schafe hören meine Stimme, und sie folgen mir.»

Folge dem Heiland bereitwillig, wohin Er dich auch führen mag! Wenn Er dir den Weg zum Tabor weist, so folge Ihm freudig, und führt Er dich auf den Kalvarienberg, so zögere nicht, Ihn auch dorthin zu begleiten. In der Vereinigung mit Jesus findet man selbst auf dem Kalvarienberg Frieden und Glück. Wie herrlich ist der Lohn, den Christus seinen getreuen Dienern bereitet hat! «Ich gebe dir das ewige Leben», wird Er zu jedem einzelnen sprechen. «Als Entgelt für alle Opfer, die du gebracht, gebe ich dir meine Herrlichkeit, die niemand dir rauben kann.»

Versuche, dir eine schwache Vorstellung von dem Glück zu machen, das Jesus dir für die ganze Ewigkeit schenken will! Nutze mit Eifer jeden Augenblick, um dir himmlische Schätze zu erwerben, die seine Güte dir zugedacht hat!

 

III Jesus erklärt feierlich seine Wesensgleichheit mit dem Vater

«Ich und der Vater sind eins.» Wiederum hoben die Juden Steine auf, um Ihn zu steinigen. Jesus entgegnete ihnen: «Viele gute Werke habe ich in der Macht meines Vaters vor euch gewirkt. Um welches dieser Werke willen wollt ihr mich steinigen?» Jesus bestätigt seinen göttlichen Ursprung. «Ich und der Vater sind eins.» Bete Ihn voll Ehrfurcht an und weihe Ihm deine ganze Persönlichkeit! Rufe alle Geschöpfe des Himmels und der Erde herbei, um seiner unendlichen Majestät zu huldigen!

Die Juden erheben sich gegen den Heiland. So empört sich zu allen Zeiten der Stolz gegen die rechtmäßige Gewalt und die Irrlehre gegen die Wahrheit. Hast nicht auch du aus Stolz mehr als einmal deinen Herrn verraten, obgleich du klar erkanntest, daß Er der Sohn Gottes ist?

Es ist noch Zeit, den Schaden wieder gut zu machen. Entschließe dich zum mutigen Kampf für die heilige Sache und setze für deinen Heiland freudig deine Ehre und dein Leben ein! Kümmere dich nicht um den Spot der Welt, und du wirst erfahren, wie gerade in Verfolgungen dein Glaube, deine Frömmigkeit und dein Mut erstarken.