226. Der feierliche Einzug Jesu in Jerusalem
(Mt 21, Mk 11, Lk 19, Joh 12)
I Jesus sendet zwei seiner Jünger voraus, um die Vorbereitungen zu treffen
Als Er in die Nähe von Bethphage1 und Bethanien an den Berg kam, der Ölberg heißt, entsandte Er zwei seiner Jünger mit dem Auftrag: «Geht in das Dorf, das vor euch liegt. Dort werdet ihr am Eingang ein Füllen angebunden finden, auf dem noch niemand gesessen hat. Bindet es los und führt es her.»
Schließe dich dem Heiland an auf seinem Weg von Bethphage nach Jerusalem! Er hat die Absicht, auf die Mordanschläge seiner Feinde mit einem glänzenden Triumphzug zu antworten. Biete Ihm zur Ausführung seines Planes deine Mitwirkung an; verdient Er doch alle Verherrlichung. Bedenke, daß sein feierlicher Einzug in die jüdische Hauptstadt nur ein Vorbild und gleichsam das Vorspiel jener Siege ist, die Er in den Menschenseelen erringen wird. Dein Herz ist jene Stadt, in die der Heiland als Sieger einziehen will, um dort als König zu herrschen, und Er wünscht, daß du Ihm weit die Tore öffnest.
Beachte, daß Jesus seine Befehle erteilt wie einer, der Gewalt besitzt: «Geht, bindet sie los, führt sie zu mir und sagt, der Meister bedürfe ihrer. Dem Sohn Gottes gehört alles, denn Er hat alles geschaffen, und deshalb hat kein Mensch das Recht, sich seinen Forderungen zu widersetzen. Aber ist es nicht erstaunlich, daß Er, dem alles gehört, sich mit so wenigem begnügt? Seine Herrschaft hat eben nichts gemein mit irgendeiner weltlichen Machtentfaltung. Die Könige dieser Welt sind nur Menschen und müssen deshalb ihrer Regierung den Stempel einer Macht aufdrücken, die ihnen in Wirklichkeit fehlt; Jesus aber ist die Allmacht und bedarf keines äußeren Glanzes. Je weniger Wert Er bei seinem Triumphzug auf Äußerlichkeiten legt, um so glänzender wird seine Herrlichkeit erstrahlen. Er wird sich um so eindrucksvoller als der unendlich gerechte, sanftmütige und demütige König Sions offenbaren.
Beteilige dich an den Vorbereitungen zu seinem Triumph! Bitte Ihn, Er möge dir sagen, durch welche Gabe und welchen Schmuck du Ihn am besten ehren kannst. Bringe alles herbei, was Ihn erfreuen kann, und stelle es Ihm großmütig zur Verfügung.
1 Eine halbe Stunde östlich von Jerusalem erhebt sich auf einem Bergrücken, der die Höhen des Ölbergs von denjenigen Bethaniens trennt, das Dorf Bethphage. An diesem Ort wurde ein schönes Kirchlein errichtet, welches an die Begebenheit erinnert.
II Jesus erscheint als König vor dem Volk, das Ihm entgegeneilt
Die Abgesandten gingen hin und fanden es, wie Er ihnen gesagt hatte. So brachten sie das Füllen zu Jesus, legten ihre Kleider darauf und hoben Jesus hinauf, damit erfüllt würde, was durch den Propheten gesagt ist, der da spricht: Sagt der Tochter Sion: Siehe, dein König kommt zu dir, sanftmütig reitend auf einer Eselin, auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttieres.
Bewundere die erhabene Schönheit der Größe des Herrn, der sich demütigt. Jesus erfüllt eine Prophezeiung, indem Er diesen Triumph feiert. Sein himmlischer Vater selbst hatte es so bestimmt; schon vor Jahrhunderten fand Gott unendliches Wohlgefallen an seinem Sohn, wie Er auf seinem Weg die Huldigungen einfacher aufrichtiger Herzen entgegennimmt.
«Sieh, dein König kommt», hatte der Prophet verkündet. Und so ist Er wirklich gekommen, und Er verlangt danach, daß du Ihn anerkennst. Er ist der Sohn Gottes, der König der Könige, der Herr der Engel und Menschen und der unumschränkte Gebieter des Weltalls. Er ist die Gerechtigkeit, die Weisheit, die Güte und Heiligkeit.
Die Gerechten finden in Ihm ihren Lohn, die Armen und Kleinen einen Beschützer. Er stützt die Schwachen und macht sich zum Anwalt der Bedrückten.
All seine Untertanen sind vor Ihm gleich, und jeder hat freien Zutritt zu Ihm. Er bietet allen seine Gnaden an, Er nimmt Anteil an dem Schicksal eines jeden, ohne auf den Stand oder Reichtum zu achten. Er kommt denen zuvor, die sich fürchten, sich an Ihn zu wenden, Er ist der Freund und Bruder seiner Untertanen. Sein Herz umfaßt sie mit unendlicher Liebe, und Er wird sein Leben für sie hingeben. Wirf dich Ihm zu Füßen und jauchze Ihm «Hosanna» zu, kommt Er ja auch, um von deinem Herzen Besitz zu ergreifen. Laß diesen Tag zu den schönsten deines Lebens zählen!
III Die Jünger, die Ihn begleiten, verkünden laut das Lob des Herrn
Schon näherte Er sich dem Abhang des Ölberges, da begann die ganze Schar seiner Jünger, voll Freude Gott laut zu preisen ob all der Wundertaten, die sie gesehen hatten. Sie riefen: «Gesegnet sei der König, der da kommt im Namen des Herrn! Friede im Himmel und Ehre in der Höhe!»
Betrachte die Volksmenge, die dem Heiland entgegeneilt, und nimm dir ein Beispiel an ihrem lebendigen Glauben, ihrer begeisterten Frömmigkeit und ihrer überströmenden Freude.
Von allen Seiten dringen jubelnde Zurufe an das Ohr des Herrn. Die Wahrheit seiner Lehre, die Erhabenheit seiner Person, die Heiligkeit seines Lebens und die Schönheit seiner Werke scheinen plötzlich mit überwältigender Beredsamkeit zum Volk zu sprechen, und in heiliger Begeisterung ruft es aus: «Der Friede mit dem Himmel ist geschlossen, das Reich der Gerechtigkeit ist wieder hergestellt, die Bande der Knechtschaft sind gesprengt und Israel ist gerettet.»
Nimm den grünen Palmzweig in die Hand als Zeichen des Sieges, den du über deine bösen Neigungen davontragen willst, und schließe dich dem Triumphzug an. Der Heiland zieht als Sieger einher und weckt Jubel und Freude überall, wohin Er kommt. Seine Jünger erzählen sich von den Wundern, die sie gesehen haben. Sie genießen miteinander das Glück, das man in der Nachfolge Christi empfindet, und gedenken der Wohltaten, womit Er die Seinen überhäuft. Nimm teil an ihren Entschlüssen, und glaube fest, daß auch du unter seiner Herrschaft das Glück finden wirst. Rufe Ihm freudig entgegen «Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn», und gib dich Ihm ganz hin!