237. Von unseren Pflichten gegen die weltliche Obrigkeit

(Mt 22, Mk 12, Lk 20)

 

I Jesus wird von seinen Feinden aufgesucht

Darauf gingen die Pharisäer hin und berieten miteinander, wie sie Ihn in einem Ausspruch fangen könnten. Sie schickten also ihre Schüler zusammen mit den Herodianern1 zu Ihm und ließen sagen: «Meister, sage uns deine Meinung: Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?»

Der Heiland ist wiederum Gegenstand gehässiger Verschwörungen. Seine Feinde sind fest entschlossen, Ihn zugrunde zu richten und Ihn in den Augen des Volkes herabzusetzen. Menschlicher Stolz führt Krieg gegen die ewige Weisheit und maßt sich an, Sie zum Schweigen zu bringen. Betrachte, wie die Feinde Jesu zu Werke gehen! Jedes Mittel ist ihnen recht, auch das der Verstellung. So wenden sie sich mit Lobeserhebungen an Jesus: «Meister, wir wissen, Du bist wahrhaft, Du lehrst den Weg Gottes der Wahrheit gemäß und fragst nach niemand; denn Du siehst nicht auf das Ansehen der Menschen.»

Wäre es ihnen ernst mit diesen Worten, warum folgen sie dem Herrn nicht? Auf ähnliche Weise verfährt die Welt auch noch heutzutage gegen den Heiland in der Person seiner Stellvertreter. Man rühmt sie, um sie zu erniedrigen; man verhandelt mit ihnen, um sie bloßzustellen. Lerne daraus, den Schmeicheleien der Welt zu mißtrauen. Wenn du immer wüßtest, warum man dich lobt, so würdest du dir nichts darauf einbilden können. Der Heiland kennt die Kinder dieser Welt und will dir im Verkehr mit ihnen Vorbild sein. Vor allem ermahnt Er dich zur Vorsicht. Bitte Ihn, dich zu erleuchten, um das Gift zu erkennen, das sich nicht selten unter übertriebenem Entgegenkommen verbirgt, und meide allen Umgang, der dir schaden könnte!

1 Die Herodianer, d. h. die Anhänger des Herodes Antipas, waren, wie ihr Herr, den Römern günstig gesinnt und standen daher den Pharisäern und dem jüdischen Volk feindlich gegenüber.

 

II Jesus belehrt seine Zuhörer über ihre Pflichten gegen die weltliche Obrigkeit

Jesus durchschaute ihre Arglist und antwortete: «Ihr Heuchler, was versucht ihr mich? Zeigt mir die Steuermünze!» Sie reichten Ihm einen Denar. Jesus fragte sie: «Wessen Bild und Aufschrift ist das?» Sie antworteten Ihm: «Des Kaisers.» Da sprach Er zu ihnen: «Gebt also dem Kaiser, was dem Kaiser gebührt, und Gott, was Gott gebührt.»

Jesus stellt das Verhältnis zwischen der staatlichen und der kirchlichen Gewalt fest und räumt der Staatsgewalt die angemessene Stellung ein. Nach seiner Lehre gehört die Ehrfurcht vor der gesetzlichen Autorität zur Gottesverehrung, und die Autorität Gottes und die rechtmäßige Obrigkeit der Menschen verschmelzen zu einem einheitlichen Ganzen. Wer sich der weltlichen Obrigkeit unterordnet, unterwirft sich der Herrschaft des Allerhöchsten, von dem alle Macht ausgeht. Nimm diese Lehre über die Grundlage aller gesellschaftlichen Ordnung an, berichtige deine bisherige Auffassung und bringe alle Einwände zum Schweigen.

Jene Obrigkeiten, für die der Heiland hier eintritt, sind gerade die Männer, die Ihn wenige Tage später zum Tod verurteilen. Obgleich Er weiß, daß sie ihre Gewalt gegen seine Person mißbrauchen werden, achtet Er ihre Würde. Wohl dürfen wir gegen die Staatsgewalt auftreten, um unsere Rechte zu verteidigen, nicht aber, um die Autorität in Verruf zu bringen und zu vernichten.

Bewundere die Weisheit des Herrn in seinem Reden und Handeln. Alle geraden und einfältigen Seelen werden tief davon ergriffen. Erbitte dir vom Heiland diesen geraden einfachen Sinn, der dich in den Vertretern der staatlichen und kirchlichen Macht immer Gott selbst erblicken läßt, auch wenn sie ihre Gewalt zu deinem Nachteil mißbrauchen sollten! Übrigens liegt der Hauptgrund zu allen Ausschreitungen irdischer Machthaber in unserer Sündhaftigkeit. Weil wir uns so oft gegen die göttliche Majestät empören, läßt Gott es zu, daß die Fürsten dieser Welt bisweilen hart und grausam werden. Schreiben wir uns also selbst die Leiden zu, die wir in dieser Hinsicht zu ertragen haben.

Bemerke wohl, welche Mahnung bezüglich der göttlichen Autorität Jesus hinzufügt: «Gebt Gott, was Gottes ist!» Da du nun Gott, der dich erschaffen hat, ganz angehörst, so darfst du auch nichts von allem, was du bist und hast, Ihm vorenthalten. Erneuere deine Gelöbnisse und deine vollkommene Hingabe!