241. Warnung vor den Schriftgelehrten und Pharisäern
(Mt 23, Mk 12, Lk 20)
I Jesus verurteilt die Heuchelei und den Stolz der Gesetzeslehrer
Dann richtete Jesus an das Volk und an seine Jünger folgende Rede: «Die Schriftgelehrten und die Pharisäer sitzen auf dem Lehrstuhl des Moses. Tut und befolgt alles, was sie euch sagen. Aber nach ihren Werken richtet euch nicht».
Geselle dich dem Volk zu, das sich um den Heiland geschart hat, unbekümmert um die Schriftgelehrten und Pharisäer. Jesus will das Volk über den wahren Charakter jener Männer belehren, die sich anmaßen, andere zu unterrichten und zu leiten. Sie haben ihren Pflichten zuwider gehandelt. Man könnte mit Recht Hilfe von ihnen erwarten, statt dessen ist ihr Beispiel ein Hindernis für das Gute und bringt das Volk in Verwirrung. Der Sohn Gottes tadelt ihr Verhalten auf das strengste. Aber beachte wohl, daß Er ausdrücklich sagt: «Was sie immer euch sagen, das haltet und tut!» Wenn auch der Lebenswandel einzelner Stellvertreter Gottes manches zu wünschen übrig läßt, so muß doch die Lehre, die sie im Namen Gottes überliefern, die Richtschnur unseres Lebens sein. In der Kirche Christi müssen sich die Gläubigen ihren Hirten unterordnen. Wenn sie dir auch vielleicht in mancher Hinsicht nicht zum Vorbild dienen können, so mußt du trotzdem ihre Autorität anerkennen. Alles Zuwiderhandeln wäre verwerflich. — Erforsche dich, ob du diese Lehre des Heilands bisher treu befolgt hast! Achtest du nicht zu sehr auf das, was deine Oberen tun, als auf das, was sie dir sagen? Legst du nicht bisweilen ihre Handlungsweise böswillig aus, um deine Verstöße gegen ihre Vorschriften zu rechtfertigen? Der Gehorsam gegen ihr Wort würde dich retten, während ihre Fehler deinen Ungehorsam nicht entschuldigen.
Vernimm, was Jesus den Schriftgelehrten und Pharisäern besonders vorwirft: «Sie binden schwere und untragbare Lasten und legen sie den Menschen auf die Schultern. Sie selbst aber wollen sie mit keinem Finger heben. All ihre Werke tun sie, um von den Menschen gesehen zu werden.»
Aus den Worten Jesu magst du ersehen, wie sehr es Gott beleidigt, wenn Menschen die Ehre für sich in Anspruch nehmen, die Er sich allein vorbehalten hat.
II Jesus ermahnt seine Apostel, ihre Vollmacht in Demut zu gebrauchen
«Hütet euch vor den Schriftgelehrten. Sie lassen sich gern auf dem Markt grüßen und von den Leuten Rabbi nennen. Ihr aber laßt euch nicht Rabbi nennen, denn einer ist euer Meister, ihr aber seid Brüder.»
Nimm dir den Rat zu Herzen, den der Heiland seinen Jüngern und Aposteln erteilt; alle, die irgendeine Autorität auszuüben haben, sollten öfters über diese Worte nachdenken. «Laßt euch nicht Rabbi nennen. Tragt eure Gewalt nicht zur Schau, sondern bedenkt, daß ihr als Christen Brüder derjenigen seid, denen ihr zu befehlen habt.»
Der wahre Jünger Christi fühlt sich eins mit seinen Brüdern und zeigt es durch seine Liebe und Hingabe. Um in den Menschenseelen das Werk Gottes zu vollbringen, bemüht er sich, allen alles zu werden und sich unter allen geringzuschätzen. Hat doch Christus gerade durch seine Erniedrigung so viel Gewalt und Einfluß erlangt! Darum rühmt sich der Jünger Christi der Verdemütigungen, statt sich ihrer aus Eitelkeit oder Herrschsucht zu schämen. Er betrachtet sich als den letzten, gerade weil die Vorsehung ihn auf den ersten Platz gestellt hat. Je mehr er von anderen geschätzt wird, desto kleiner ist er in seinen eigenen Augen.
Von solchen Gesinnungen müssen die Vorsteher der Kirche Christi und alle, denen Gott irgendeine Gewalt anvertraut hat, beseelt sein. Bemühe dich, einen guten Gebrauch von deiner Amtsgewalt zu machen, die Lasten, die du anderen auflegst, zu erleichtern, die Tugenden, die du verlangst, selbst auszuüben, und allen, die du leiten mußt, auf dem Weg der Pflicht voranzuschreiten. Bessere dein bisheriges Verhalten!