247. Das Gleichnis von den Talenten

(Mt 25)

 

1 Alles, was wir haben, kommt von Gott und muß seiner Verherrlichung dienen

Jesus fuhr fort: «Das Himmelreich ist gleich einem Mann, der in die Fremde ziehen wollte. Er rief seine Knechte zu sich und übergab ihnen sein Vermögen.»

Bitte Jesus demütig, Er möge dir Verständnis für die wichtige Lehre dieser Parabel geben.

Wer ist jener Mann, von dem die Rede ist? Was bezweckt er mit der Verteilung seiner Güter? Wer sind seine Knechte, und welcher Art sind die Talente, die sie von ihrem Herrn empfangen? — Gott ist es, der nach dem Plan seiner Vorsehung den Menschen seine Gaben leiht, um gut zu leben und ihr ewiges Heil zu erreichen. Die Dinge dieser Welt können nur von diesem Standpunkt aus richtig eingeschätzt werden.

«Dem einen gab er fünf Talente, dem anderen zwei, dem dritten eines, jedem nach seiner Tüchtigkeit. Dann reiste er alsbald ab.» Beachte wohl, daß der Meister nicht alle seine Diener in gleicher Weise ausstattet. Aber wenn die Verteilung auch ungleich ist, so ist sie doch nicht ungerecht. Denn die Gaben, die wir von Gott empfangen, sind nicht unser Eigentum, sondern anvertrautes Gut, das wir für Gott nutzbar machen sollen. Gottes Güter wechseln in meiner Hand nicht ihren Besitzer, und die Verantwortung wächst mit der Fülle der Gaben; man bekommt von Gott nur, um Ihm zu geben. Somit hat niemand Grund, sich zu beklagen. Denke nach, welchen Anteil an seinen Gaben dir Gott zugewiesen hat!

«Der fünf Talente empfangen hatte, ging hin, arbeitete mit ihnen und gewann noch fünf andere dazu. Ebenso gewann der mit zwei Talenten noch zwei andere hinzu. Der eines erhalten hatte, ging hin, grub die Erde auf und verbarg darin das Geld seines Herrn.» Was hat der Herr seinen Knechten vor seiner Abreise anempfohlen? Bitte den Heiland, dich darüber zu belehren. Es sind die gleichen Ermahnungen, die Er selbst in seinem Evangelium so oft erteilt. Der Herr erinnert seine Diener, daß ihre einzige Aufgabe darin besteht, seine Absichten auszuführen und die erhaltenen Güter in seinem Dienst zu verwerten. Jede andere Auffassung wäre Täuschung. In welcher Weise hast du deine Talente zu Gottes Ehre zu gebrauchen, und wie kommst du Tag für Tag dieser Verpflichtung nach? Erforsche dich, und suche aus dieser Betrachtung Nutzen zu ziehen!

 

II Wir müssen Gott von all seinen Gaben Rechenschaft ablegen

«Nach geraumer Zeit kam der Herr jener Knechte zurück und hielt Abrechnung mit ihnen.»

Sieh, wie der Herr sogleich nach seiner Rückkehr Rechenschaft fordert und Er, der einst als Gebieter sprach, wird als Richter wiederkommen. Er hat die Seinigen nur verlassen, um ihnen Gelegenheit zu geben, sich ihren Lohn zu verdienen. Suche dir eine richtige Vorstellung von Ihm zu machen! Bei aller Güte ist Er doch unerbittlich streng. Seine Diener haben allen Grund, sein Gericht nicht weniger zu fürchten als seine Gaben zu lieben.

Die getreuen Knechte freuen sich über die Rückkehr des Herrn. Der Augenblick des Wiedersehens bedeutet für sie das größte Glück ihres Lebens. «Herr», sagte der erste voll Freude, «fünf Talente hast Du mir gegeben; siehe hier, fünf weitere habe ich dazugewonnen.» «Herr» sagte der zweite, «zwei Talente hast Du mir übergeben; siehe hier, ich habe zwei weitere dazugewonnen.» Dann berichteten sie Ihm von ihren Arbeiten und Erfolgen. Sie sind seinen Ermahnungen treu geblieben und haben im Vertrauen auf sein göttliches Wort von morgens bis abends gearbeitet. Sie haben gebetet, gekämpft und gelitten. Der Herr hatte versprochen wiederzukommen. In diesem Gedanken fanden sie Trost in allen Schwierigkeiten, und die Hoffnung auf seine Rückkehr hielt sie aufrecht und verhalf ihnen zu gutem Erfolg.

Jetzt haben ihre Arbeiten und Leiden ein Ende gefunden. Für die Anstrengung weniger Tage wird ihnen ewige Belohnung zugesichert. Bitte jene guten Knechte, dir zu sagen, woraus sie ihren Mut, ihren Eifer und ihre Beharrlichkeit schöpften, und folge ihrem Beispiel!

Und der Herr sagte zu jedem von ihnen: «Recht so, du guter und getreuer Knecht. Du bist über weniges getreu gewesen, darum will ich dich über vieles setzen. Geh ein in die Freude deines Herrn!» Versuche, dir einen Begriff von ihrer Freude zu machen, und lerne von ihnen, so zu leben, daß der Herr des Lebens auch an dich einst die Worte richten kann: «Recht so, du guter und getreuer Knecht.»

 

III Das traurige Schicksal des trägen Knechtes

«Endlich trat auch der mit dem einen Talent heran und sagte: Herr, ich kenne dich, du bist ein strenger Mann. Du erntest, wo du nicht gesät, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast. Darum fürchtete ich mich, ging hin und vergrub dein Talent in der Erde. Hier hast du dein Eigentum.»

Stell dir vor, du seiest beim Gericht des ungetreuen Knechtes zugegen! Welche Gründe bringt er zu seiner Verteidigung vor? Er sagt: «Ich weiß, daß du ein strenger Mann bist.» Er hatte sich von seinem Herrn einen falschen Begriff gemacht. Er hielt seine Forderung für zu hart, zu hart die Selbstverleugnung, zu hart die Demut, die Unterwerfung, die Wachsamkeit, die Reinheit und die Geduld. Deshalb hat er es vorgezogen, sich lieber gar nicht anzustrengen, und so geht er verloren, weil er nicht einsehen wollte, daß Gott der beste aller Gebieter ist.

Noch einer anderen Täuschung hat er sich hingegeben. Er glaubte, es genüge, die Güter, die Gott uns anvertraut, Ihm unversehrt zurückzuerstatten. Aber darin hat er sich geirrt. Gott hinterlegt seine Güter nicht nur bei uns, sondern Er will, daß wir sie in seinem Dienst nutzbar machen mit der Treue eines Verwalters. So hat Gott es angeordnet. Warst du nicht auch schon in einem ähnlichen Irrtum befangen?

Höre, welches Urteil jene trifft, die einer falschen Lebensauffassung folgten. «Den unnützen Knecht werft hinaus in die Finsternis draußen! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.» Die Hölle ist der Ort für jeden, der Gott nicht dienen wollte und der Ihm in der Ewigkeit nicht mehr dienen kann. — Stelle über diesen Urteilsspruch deine Betrachtungen an, und hüte dich vor Lauheit und Weichlichkeit im Dienst Gottes. Alle, die sich davon einschläfern lassen, gehen zugrunde. Es ist endlich Zeit für dich, zu arbeiten und Gott und den Menschen nützlich zu sein.