41. Die Samariterin am Jakobsbrunnen (II)

(Joh 4)

 

I Jesus erklärt der Samariterin, daß Er wahre Anbeter Gottes suche

Die Frau sagte zu Ihm: «Herr, ich sehe, Du bist ein Prophet.»

Verfolge die Unterhaltung Jesu mit der Samariterin. «Ich sehe, daß Du ein Prophet bist», sagt sie. Warum nennt sie Ihn so? Er hat ihr das Hindernis der Gnade in ihrer Seele gezeigt. Sie verlangt nach dem übernatürlichen Leben, das Jesus ihr anbietet, aber ihr Glaube ist noch unvollkommen, ihr Herz nicht frei von der Sünde, ihr Leben nicht geordnet. Jesus verhilft der Armen zur Erkenntnis ihres Zustandes und bereitet so ihre Seele für die Gnade der Bekehrung vor.

Die Sanftmut des Heilandes gewinnt die Samariterin. Sie will auf dem Weg voranschreiten, den die Gnade ihr gezeigt hat. Sie verlangt, gründlich belehrt zu werden und die ganze Wahrheit zu erfahren. Sie will wissen, welche Art der Verehrung Gott am wohlgefälligsten ist. «Unsere Väter haben auf diesem Berg angebetet, und ihr sagt, daß zu Jerusalem der Ort sei, wo man anbeten muß.» Mit diesen Worten will die Samariterin fragen: »Welches sind meine wahren Pflichten gegen Gott? Was muß ich tun, um den Absichten Gottes zu entsprechen?»

Was antwortet ihr der Lehrer der Wahrheit? Er erklärt ihr, daß die Stunde gekommen ist, allem Schein von Religion, allem rein äußerlichen Dienst, der Gott nur die Schale darbietet, ein Ende zu machen.

Der himmlische Vater verlangt eine innerliche, wahre Verehrung. Jesus spricht zu ihr: «Frau, glaube mir, es kommt eine Stunde, da ihr weder auf diesem Berg, noch zu Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an, was ihr nicht kennt. Wir beten an, was wir kennen, denn das Heil kommt aus den Juden. Aber es kommt die Stunde, und jetzt ist sie da, wo die wahren Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden. Denn auch der Vater verlangt solche Anbeter. Gott ist Geist, und die Ihn anbeten, müssen Ihn anbeten im Geist und in der Wahrheit.»

Dieses Opfer der Anbetung besteht in der Hingabe seiner selbst. Das Maß unserer Liebe ist das Maß unserer Gottesverehrung. Wozu nützt der Weihrauch, den man zu seiner Ehre verbrennt, wenn er nicht aus einem Herzen aufsteigt, das Gott liebt? Gott hat uns erschaffen, um Ihn zu lieben, Er hat seinen Sohn in die Welt gesandt, um die Liebe Gottes in den Herzen der Menschen wieder anzufachen. Wie glücklich sind wir, da wir den Heiland gefunden haben und mit seiner Gnade Gott so dienen und Ihn so lieben können, wie sein eingeborener Sohn es uns in Lehre und Beispiel gezeigt hat!

 

II Jesus offenbart sich der Samariterin als den von Gott gesandten Messias

«Ich weiß, daß der Messias kommt. Wenn nun Dieser kommen wird, wird Er uns alles verkünden.» Da sprach Jesus zu ihr: «Ich bin es, der mit dir redet!»

Die Samariterin eröffnet dem Heiland, welche Hoffnungen sie auf den verheißenen Erlöser setzt. «Christus wird uns alles lehren», bemerkt sie. «Er wird unsere Finsternis zerstreuen und alle Zweifel lösen. Wir werden an Ihn glauben und uns bekehren.»

Hat sie nicht Recht? Bezeichnet sie nicht mit diesen Worten den Weg, den wir alle wandeln müssen, wenn wir in Jesus den versprochenen Erlöser erkennen wollen? Uns ist Er erschienen. Nichts kann also unsere Unentschlossenheit in seinem Dienst rechtfertigen. Wir müssen Ihn hören und unsere Auffassung und Ausübung der Religion, unser ganzes Leben mit seiner Lehre in Einklang bringen.

Durch eine so bereitwillige Seelenverfassung erlangt die Samariterin die volle Erkenntnis. Jesus offenbart sich ihr ganz: «Ich bin der Messias, den du erwartest. Er, den dein armes Herz sucht, spricht mit dir.»

Frohlocke mit der Samariterin. Verkoste in stiller Sammlung die Seligkeit eines Herzens, dem plötzlich das Licht der Wahrheit aufgeht, nachdem es so lange in der Finsternis geschmachtet hatte. Wie schön und anziehend erscheint die Wahrheit auf den Lippen des Heilandes! Nun fällt es nicht mehr schwer, sie zur Richtschnur des Lebens zu wählen. Der Liebreiz, mit dem Jesus die Wahrheit zeigt, bewirkt die plötzliche Umwandlung der Samariterin. Sie verliert allen Geschmack an den sinnlichen Freuden der Erde, an eitler Ehre und am Lob der Menschen. Sie fängt an, das zu hassen, was sie bisher in sündhafter Weise geliebt, und das zu lieben, was sie verkannt hat. So wirkt ein einfaches Wort aus dem Mund des Gottessohnes. Bitte den Heiland, auch zu dir mit solch kraftvoller und zugleich milder Gewalt zu reden.