85. Von der christlichen Klugheit

(Mt 7, Lk 6)

 

I Jesus warnt seine Jünger vor den falschen Grundsätzen der Welt

«Hütet euch vor den falschen Propheten, welche in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.»

Verfolge mit Aufmerksamkeit den Gedankengang Jesu. Er spricht von den Gefahren, denen die gute Saat in unseren Seelen ausgesetzt ist. Jesus hat Feinde; diese suchen den Meister zu treffen, indem sie seine Jünger ins Verderben stürzen. Das ist der Arbeitsplan Satans und seiner Helfershelfer. Wo Jesus wohltuend vorbeizog, wo Er Worte des Heiles gesprochen, Sünder bekehrt, zaghafte Seelen ermutigt hat, eilen die Verführer herbei, um das göttliche Werk zu zerstören. Dieser Kampf des Guten und des Bösen, des Himmels und der Hölle hört nie auf in der Welt. Bleibe dir stets dieser Gefahr bewußt, und du wirst ihr entrinnen. Suche zu erkennen, wen du als Feind des Evangeliums und deines ewigen Heiles fliehen mußt.

«An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen», sagt Jesus. Dort, wo der Geist der Demut, der Herzensreinheit, der Selbstlosigkeit, der Sanftmut und der Liebe, der Unterwürfigkeit unter die Gebote Gottes, die Ergebung in Leiden fehlt, findet sich sicher der Feind Jesu und seiner Lehre. Den wahren Jünger des Herrn hingegen erkennt man am Schmucke dieser Tugenden. Diese Gedanken sollen dich anregen, deine Beziehungen zu prüfen und zu ordnen. In welchen Kreisen fühlst du dich heimisch? Welche Grundsätze und Ansichten hörst und befolgst du gerne? Beobachtest du stets die nötige Zurückhaltung und Klugheit? Du kannst die Lehre Jesu nie hoch genug schätzen und sie nie zu sorgsam vor ihren unversöhnlichen Feinden hüten und verteidigen.

 

II Jesus bedroht mit ewigen Strafen ein für den Himmel nutzloses Leben

«Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen werden.»

Die Früchte, die das Kennzeichen der wahren Jünger Jesu sind, müssen sich auch bei dir finden. Der Heiland sagt es dir selbst. Er will durchaus Früchte, und zwar gute Früchte von den Bäumen, die er gepflanzt und mit so viel Sorgfalt gepflegt hat. Blüten allein genügen nicht. Wenn wir es bei frommen Wünschen und guten Vorsätzen bewenden lassen, gleichen wir Bäumen, die nur Blüten tragen. Was Jesus mit solchen tun wird, erklärt er uns ganz unzweideutig. Ein unfruchtbarer Baum taugt nichts weiter, als daß er ins Feuer geworfen werde. Jesus will Früchte seiner Gnade und seines Beispiels bei uns finden. Prüfe aufmerksam dein Verhalten. Reifen in deiner Seele die Früchte des Gebetsgeistes, der Selbstüberwindung, des Eifers, der Pflichttreue, der Wachsamkeit und der Standhaftigkeit? Mußt du nicht demütig vor Gott deine Lauheit beklagen?

Bedenke, daß es einem Verrat gleichkäme, wenn du nach Empfang so vieler besonderer Gnaden keine Früchte hervorbrächtest! Bitte deinen Meister um Vergebung deiner Fehler. Flehe Ihn an, deiner Seele neue Lebenskraft zu spenden, damit sie die Früchte, die Er schon so lange an ihr finden möchte, endlich zur Reife bringe!