86. Vom werktätigen Glauben

(Lk 6, Mt 7)

 

I Jesus erklärt seinen Jüngern, daß der Glaube ohne die Werke wertlos sei für den Himmel

«Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist, der wird in das Himmelreich eingehen.»

Jesus kommt zum Schluß seiner Rede. Noch einmal spricht Er es klar und deutlich aus: Wer zu den Seinen gehören will, muß nach seiner Lehre leben. «Ihr nennt mich Meister und Herr,» sagt Er, «und kommt eifrig zu meinem Unterricht. Alles, was ich euch vortrage, findet ihr wahr und begründet; allem, was ich von euch verlange, stimmt ihr bei. Doch das ist noch nicht genug. Ihr nennt mich Meister und wollt meine Jünger sein; der Jünger aber muß nach der Lehre und dem Beispiel seines Meisters leben. Hören allein genügt nicht; man muß auch wollen. Vorsätze fassen reicht nicht hin; das Wesentliche ist, daß man sie ausführt. Stimmt ihr meinen Lehren bei, so handelt auch nach ihnen! Wenn ihr die Sache nicht so auffaßt, so nützt euch die Kenntnis meines Lebens und meiner Lehre nichts. Alle meine Arbeiten, meine Predigten und meine Heilseinrichtungen bleiben fruchtlos für euch, wenn ihr euren Glauben nicht durch Werke bestätigt.»

So betrachte denn die einzelnen Lehren deines Meisters. Er hat uns nichts gepredigt als den Willen seines himmlischen Vaters. Das ganze christliche Leben ist die Erfüllung der göttlichen Vorschriften. Wenn Jesus Demut und Güte, Mut und Ergebung, Wahrheit und Frömmigkeit von uns verlangt, wenn Er die Flucht der Sünde, die Versöhnlichkeit gegen den Feind, die Wachsamkeit im Verkehr mit anderen vorschreibt, so tut Er es, weil der himmlische Vater dies alles von uns will.

Fasse diesen göttlichen Willen, wie er sich dir in den Pflichten und Prüfungen des täglichen Lebens offenbart, fest ins Auge, und du wirst vollauf Gelegenheit finden, die Tugenden des Evangeliums zu üben. Indem Jesus uns auf unser gewöhnliches Tagewerk hinweist, sagt Er: «Siehe da den Willen Gottes; siehe da den sicheren Weg zu deinem ewigen Heil!»

Bitte Jesus, dir im Augenblick der Entmutigung und des Nachlassens diese Wahrheit wieder ins Gedächtnis zu rufen. Wann wirst du Ihn durch großmütigen Eifer bewegen, Worte zu dir zu sprechen, die deinem Herzen Licht, Wärme und Himmelsfreude bringen?

 

II Jesus erklärt, daß alle, die nicht nach dem Glauben leben, keinen Teil an Ihm haben

«An jenem Tage werden viele zu mir sagen: Herr, Herr! haben wir nicht in deinem Namen geweissagt?1 Haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben und in deinem Namen viele Wunder gewirkt? Alsdann werde ich ihnen erklären: Woher seid ihr? Ich habe euch nie gekannt; weichet von mir, ihr Übeltäter!»

Höre dieses ernste Wort des Herrn und nimm es zu Herzen. Gib dich nicht eitlen Täuschungen hin. In den Augen Gottes kann nichts die aufrichtige und treue Erfüllung der Lebensaufgabe ersetzen, die Er uns auferlegt. Er, der heute noch als Erlöser zu uns spricht, wird eines Tages unser Richter sein.

Versetze dich vor seinen Richterstuhl. Jetzt verkündet Er bereits das strenge Urteil, das Er über jene fällen wird, die so unglücklich sind, in Selbsttäuschung zu leben. «Wir haben hienieden viel gearbeitet, viel unternommen und viel gelitten», sagen solche Menschen. Einige fügen noch hinzu: «Wir haben Wunder gewirkt, wir haben geschrieben, gepredigt, andere für deine Lehre begeistert und wir haben die schlechten Sitten gegeißelt. Wir haben die Welt in Staunen versetzt.» Jesus erwidert hierauf: «Ihr habt nicht den Willen Gottes erfüllt, darum habt ihr nichts getan. Ich kenne euch nicht!»

Beherzige dieses Verdammungsurteil. Im Himmel gibt es also keinen Platz für jene, die ihren Eigenwillen dem göttlichen Willen vorziehen. Das Leben ist dem Menschen gegeben, um Gott zu loben, seine Ehre zu fördern und seinen heiligen Willen zu erfüllen. Der Sohn Gottes öffnet nur jenen die Pforten des Himmels, die von dieser Lebensauffassung durchdrungen waren und kraftvoll darnach gehandelt haben. Die anderen zählen nicht zu den Seinigen.

Nimm diese großen Gedanken in dich auf und erneuere zu Füßen des Herrn deine Hingabe und deine Vorsätze.

1Weissagen heißt nicht nur die Zukunft vorhersagen, sondern es hat auch den allgemeinen Sinn von lehren.