265. Von der wahren Freude
(Joh 16)
I Jesus lädt die Apostel ein, die letzten Augenblicke seiner Gegenwart auszunützen
«Noch eine kleine Weile, und ihr seht mich nicht mehr; und wiederum eine kleine Weile, und ihr seht mich wieder, denn ich gehe zum Vater.» Da sagten einige seiner Jünger zueinander: «Was will Er uns damit sagen?»
Auch für dich spricht Jesus; bemühe dich, seine Worte zu verstehen, deren Bedeutung den Jüngern verborgen ist! Wenn du nur kurze Zeit beim Heiland verbringen kannst, so bringe Ihm mit um so größerem Eifer deine Huldigung dar, bitte Ihn um Erleuchtung und versichere Ihn deiner Liebe.
Jesus fordert dich auf, gerade die letzten Augenblicke deiner geistlichen Übungen, der Betrachtung, der Danksagung nach der heiligen Kommunion und der Besuchungen des heiligsten Sakramentes, gut zu benützen, um dich mit Ihm aufs innigste zu vereinigen. In diesen Augenblicken sagt Er dir, wie ehemals in der Abschiedsstunde: «Ich gehe nun hin; mache dir darum meine letzten Worte, meine letzten Gnadenerweise zunutze.»
Die Jünger verstehen Ihn nicht; sie können es nicht fassen, daß sie seine Gegenwart entbehren und auf seine Tröstungen verzichten müssen. So lassen sie diese letzten Augenblicke vorübergehen, ohne für die Zeit seelischer Not vorzusorgen. Mache du es besser! Bei Jesus, zur Zeit des Trostes, sieh dich vor und sammle Vorrat für die Tage der geistlichen Trockenheit.
II Er ermutigt sie, um des Evangeliums willen geduldig zu leiden
«Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und wehklagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, aber eure Trauer wird sich in Freude verwandeln.»
Jesus berührt hiermit einen Gegenstand, der dich viel angeht. Welches ist das Los jener, die Jesus verläßt? «Ihr werdet weinen, die Welt aber wird sich freuen.» Mitten in der Welt, unter Menschen, die nur mit ihren irdischen Interessen beschäftigt sind, deren ganzes Trachten einzig auf Vergnügen und Wohlleben gerichtet ist, werdet ihr Enthaltsamkeit üben. Angesichts der weltlichen Freuden werdet ihr Entbehrungen, Fasten und Beschwerden aushalten müssen. — Ihr werdet weinen; denn die Natur entsagt nur ungern; sie seufzt über die Mühen und Anstrengungen, die ihr auferlegt werden, wie auch über die beständigen Versuchungen.
«Ihr werdet weinen.» — Wenn Jesus weiß, daß ich weine, wenn Er mich weinen sieht, wird Er da nicht kommen, mich zu trösten? Er hat ja auch geweint und hat durch seine Tränen die Bitterkeit der deinigen gemildert. Danke Jesus für seine Trostesworte und seine göttlichen Verheißungen, die alle Trauer in süße Freude und Hoffnung umwandeln.
III Er verheißt ihnen unvergängliche Freuden als Lohn in der Treue
«Auch ihr habt jetzt Trauer. Aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude wird euch niemand nehmen.»
Betrachte den herrlichen Lohn des Kampfes für das Evangelium, die Hoffnung erhöhe deine Kraft! Man leidet hienieden nicht, um zu leiden; die Leiden der Gerechten sind die sicheren Vorboten der Freude. Nur durch Leiden gelangt man zur Freude, wie auch auf die Arbeit die Ruhe und auf den Tod das ewige Leben folgt. Blicke auf das, was jenseits der Leiden dich erwartet. Das Leiden vergeht, die Freude ist ewig und unaussprechlich groß. Die Wiederkunft des Erlösers teilt uns den Besitz der himmlischen Seligkeit mit. «Die in Tränen säen, werden in Freuden ernten.»
Danke dem Heiland von Herzen für das Los, das Er dir zuteilt. Biete dich großmütig an, alles um seines Namens willen zu leiden! Warum solltest du auch sein Scheiden fürchten, da du sicher bist, daß Er wiederkehrt? Bitte Ihn demutsvoll, daß Er seine Verheißungen möglichst bald an dir erfülle! Aber versprich Ihm auch, Ihn in Geduld zu erwarten und unterdessen in der Treue, die Ihm gebührt und die du Ihm so oft gelobt hast, nicht nachzulassen.