279. Die Verurteilung Jesu

(Mt 26, Mk 14, Lk 22)

 

I Die Frage des Kaiphas

Abermals richtete der Hohepriester an Ihn die Frage: «Bist Du der Messias, der Sohn Gottes, des Hochgelobten? — Ich beschwöre dich bei Gott dem Lebendigen: Sag uns, ob Du Christus bist, der Sohn Gottes!»

Kehre wieder zum Heiland zurück, wie Er vor seinen Richtern steht; mache dir eine Ehre daraus, an seiner Schmach teilzunehmen!

«Bist Du Christus?» fragte Ihn der Hohepriester, dem die Feststellung dieser Tatsache über alles wichtig ist. Gerne hätte Er einen andern Grund zur Verurteilung Jesu gefunden, aber es bleibt ihm nur dieser. In der Tat ist dies der einzige und wahre Grund für den Tod Jesu. Er stirbt nur deswegen, weil Er Christus, der Gesandte Gottes und der Erlöser der Welt, ist. «Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott.» So entweiht Kaiphas den heiligen Namen Gottes. Gedenke des Fluches, den derjenige auf sich ladet, der Gott zur Bekräftigung seiner Lüge und Falschheit zum Zeugen anruft. Ein solcher Gotteslästerer spricht sich selbst das Urteil der Verdammung. Bete für diese Unglücklichen und leiste Gott Sühne für sie!

 

II Die feierliche Antwort Jesu

Da antwortete ihm Jesus: «Du hast es gesagt! Ich bin es. Ich sage euch aber: Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten des allmächtigen Gottes sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen.»

Solange es sich nur um seine eigene Verteidigung handelte, schwieg Jesus. Sobald aber die Ehre Gottes in Frage kommt, spricht Er, obgleich Er weiß, daß seine Antwort Ihn das Leben kosten wird. Aber das Leben hat der Mensch ja nur empfangen, um der Ehre Gottes zu dienen. «Du hast es gesagt, ich bin es», lautet die Antwort des Heilands auf die feierliche Frage des Hohenpriesters. Ein Sturm der Entrüstung und des Unglaubens bricht über Jesus los; falle du indessen Ihm zu Füßen und bekenne deinen unerschütterlichen Glauben an seine Gottheit. Danke Ihm für seinen klaren Ausspruch!

Höre, was der Heiland seiner feierlichen Erklärung beifügt. «Einst werdet ihr den Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommen sehen. Gegenwärtig stehe ich vor euch als Angeklagter; in Wirklichkeit bin ich euer Richter. Jetzt überhäuft ihr mich mit Schmach; einst aber wird meine Herrlichkeit vor euch erstrahlen und euch vernichten. Jetzt werdet ihr mich zum Tode verurteilen; dann aber werde ich euer Urteil verwerfen, eure Verleumdung zuschanden machen und eure Heuchelei vor aller Welt an den Tag bringen.»

Bewundere die erhabene Ruhe, womit Jesus seine Gottheit bekennt und die Strafe ankündigt, die jene Unglücklichen auf sich laden, die Ihn zurückstoßen und verurteilen. Bitte den Heiland, dir auch zu zeigen, was jene hoffen dürfen, die an Ihn und seine Sendung glauben und Ihn lieben!

 

III Die Verurteilung Jesu

Da zerriß der Hohepriester sein Gewand mit den Worten: «Er hat Gott gelästert! Wozu brauchen wir noch Zeugen? Da, jetzt habt ihr seine Gotteslästerung gehört. Was dünkt euch?»

Höre, wie das Todesurteil über Jesus ausgesprochen wird! «Er hat Gott gelästert», ruft Kaiphas aus. Er heuchelt Entsetzen über den Ausspruch Jesu; in Wirklichkeit ist er froh darüber, weil er dadurch einen Vorwand gefunden hat, um Jesus zum Tode zu verurteilen. «Wozu noch Zeugen, sein eigener Mund spricht Ihn des Todes schuldig!» — Das gleiche Urteil spricht die Welt über alle apostolischen Männer, die vom Geist Gottes beseelt sind. Mache auch du dich auf Verfolgung gefaßt und sieh ihr mutig entgegen!

«Er ist des Todes schuldig», antwortet der ganze Hohe Rat. «Wir bedürfen keiner weiteren Zeugen. Mit unseren eigenen Ohren haben wir die Gotteslästerung gehört.» Und sie verurteilen Ihn zum Tode, die ganze Versammlung stimmt einmütig ihrem Führer bei. Der Sohn Gottes wird von seinen Geschöpfen verurteilt! Er, dem jegliches Wesen sein Leben verdankt, wird des Lebens unwürdig erachtet. Rufe hier nicht die Gerechtigkeit, sondern die Barmherzigkeit Gottes an. Beschwöre die Güte Gottes, jener Unglücklichen zu schonen, die seine Wohltaten mißachten! Nur darum erlaubt Jesus, daß sie ihre Pläne bis zum Ende durchführen, damit du geschont werdest. Jesus nimmt deine Strafe auf sich und opfert sich für dich.

Bete den zum Tode verurteilten Gottmenschen an! Er ist mit der Last deiner Sünden beladen. Gegen dich erhoben alle Kreaturen den Ruf: «Er ist des Todes schuldig.» — Da trat Gottes Sohn vermittelnd für dich ein. Um dich zu befreien, ließ Er sich zum Tode verurteilen. Vergilt Ihm seine Wohltat und nimm dein Todesurteil auf dich, indem du den alten Menschen, die Sünde in dir, zum Tode verurteilst. Jesus soll in dir leben; du aber musst deiner Sünde absterben.