282. Der Gang zu Pilatus

(Mt 27, Mk 15, Lk 23, Joh 18)

 

I Jesus wird zu Pilatus geführt

Als es aber Morgen geworden war, hielten alle Hohenpriester und Ältesten des Volkes Rat wider Jesus, um Ihn zu Tode zu bringen. Sie führten Ihn gefesselt ab und übergaben Ihn dem Landpfleger Pontius Pilatus.1

Kehre zu deinem göttlichen Meister im Gefängnis zurück! Der anbrechende Tag ist der letzte seines sterblichen Lebens; der blutige Karfreitag beginnt. Falle anbetend vor deinem Erlöser nieder und bitte Ihn, dir die Augen zu öffnen, damit du klar das Übermaß seiner Liebe und seinen Großmut im Leiden erkennst. Gib Ihm dein Herz, damit Er darin heilige Liebe, inniges Mitleid, Trauer über deine Sünden und heldenmütige Entschließungen wecke!

Sieh die Feinde Jesu zusammentreten, um das Todesurteil vollstrecken zu lassen. Man fesselt den Herrn, um Ihn dem Pilatus zu überliefern. Er ist das Lamm Gottes, das sich für die Sünder hingibt, Er bringt sich an deiner Statt dem himmlischen Vater als Brandopfer dar. Er ist der Hohepriester des Neuen Bundes, der sich zum blutigen Kreuzesopfer anschickt.

Begleite den göttlichen Hohenpriester ehrfurchtsvoll und entschlossen zum Kreuzaltar und schließe alle deine Anliegen in sein heiliges Opfer ein.

Sein Zug durch die Straßen der Stadt ruft Beschimpfungen und verächtliche Bemerkungen hervor. Beziehe sie auf dich; dir gebührt diese Verachtung, du bist der eigentliche Schuldige und du hast den Tod verdient. Während andere Ihm fluchen, preise und danke du dem Erlöser der Welt. Sprich laut und vernehmlich: Hosanna, dem Sohn Davids; hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!

1 Während der Feiertage war Pilatus in der Burg Antonia anwesend, einer Festung im Norden des Tempels. Er konnte von der Höhe dieser Zitadelle aus leicht einem Volksaufstand trotzen. Die Burg war von königlicher Pracht mit großen Säulenhallen und weitläufigen Höfen, in denen die Soldaten untergebracht waren. Das Prätorium bildete einen Teil der Festung.

 

II Jesus wird bei Pilatus angeklagt

So ging denn Pilatus zu ihnen hinaus und fragte: «Welche Anklage erhebt ihr gegen diesen Menschen?» Sie antworteten ihm: «Wäre dieser kein Missetäter, so hätten wir Ihn dir nicht übergeben.»

Die Menge macht am Fuß des Prätoriums halt. Achte aufmerksam auf das, was vorgeht. Die Menschen, die Jesus mit seinen Wohltaten überschüttet hat, verlangen jetzt seinen Tod.

«Welche Anklage habt ihr wider diesen Menschen», fragt Pilatus. «Er ist ein Übeltäter», ruft die Menge. — Das ist also Jesu Lohn für allen Trost, den Er gespendet, für alle Heilungen, die Er bewirkt, für die Gnaden der Verzeihung, die Er verliehen hat. Nur Gutes hat Er getan, nur Böses wird Ihm zuteil. Als Bruder und Freund hat Er mit Menschen verkehrt. Sie vergelten Ihm mit Verwünschungen und fordern seinen Tod. Erhebe dich mit deinen Gedanken über diesen Tumult. Sieh, wie der himmlische Vater die nun folgenden Ereignisse leitet! Die menschliche Bosheit muß den Plänen der göttlichen Weisheit dienen. Jesus kennt sie und geht ganz darauf ein. Mit Ruhe nimmt Er den Undank der Menschen hin, mit Großmut unterwirft Er sich seiner schmählichen Verurteilung. Im innersten Herzen bringt Er dem himmlischen Vater seine Ehre zum Opfer. Vereinige dein Opfer mit dem des Heilands! Verzichte auf allen eitlen Ruhm, auf alles Ansehen bei den Menschen und töte den Weltgeist in deinem Herzen ab. Flehe den Heiland an, dir zu helfen, damit du dir die Grundsätze eines wahren Jüngers Christi aneignest!