289. Die Geißelung

(Joh 19)

 

I Jesus erduldet die Geißelqualen

Hierauf ließ Pilatus Jesus ergreifen und geißeln.

Nahe dich ehrfurchtsvoll deinem Heiland und bitte den Heiligen Geist, dich die Größe seiner Demütigungen erkennen zu lassen! Pilatus ließ Ihn geißeln! So behandelt man den Heiland, wenn man Ihn nicht kennt. Erwecke in deinem Herzen ein zärtliches Mitleid mit deinem Erlöser!

Er tritt an deine Stelle und erduldet die Züchtigung, die dir gebührt. Wenn sein Blut für dich geflossen ist, wird die göttliche Gerechtigkeit dir gnädig sein. Dieser Gedanke stärkt den Heiland, während Er sich auf die Marter vorbereitet. Er denkt an uns. Liebend spricht Er zu seinem himmlischen Vater: «Vater, ich leide gerne für sie, damit Du sie wieder an Kindesstatt annimmst.»

Sieh, wie die Soldaten jene Hände, die so viele Kranke geheilt, soviel Segen erteilt haben, an die Säule binden! Küsse sie demütig zum Dank für alle Wohltaten, die sie gespendet haben.

Man entkleidet den Heiland, um Ihm die Geißelhiebe empfindlicher zu machen. Er läßt es geschehen, denn Er verlangt, ohne Maß zu leiden. Die Marter beginnt. Höre die wuchtigen Schläge auf den zarten Leib deines Erlösers niederfallen. Fange in mitleidender Liebe das herabfließende Blut auf! An deiner Stelle leidet ja der Sohn Gottes so entsetzliche Pein. Laß die Schläge, die seinen heiligen Leib zerfleischen, dein Herz in Reueschmerz zerreißen. Betrachte die furchtbare Genugtuung, welche die göttliche Gerechtigkeit verlangt!

Durchdringe deine Seele mit heilsamer Furcht, aber noch mehr mit unbegrenztem Vertrauen. Was kannst du nach solchen Beweisen der Liebe nicht hoffen für dein zeitliches und ewiges Heil? Besprenge mit dem Blut des Erlösers alle, welche du vor dem ewigen Tod retten möchtest, alle, deren Seligkeit dir am Herzen liegt!

 

II Jesus mit Wunden bedeckt

Jesus aber ließ er geißeln und übergab Ihn zur Kreuzigung

Verweile bei deinem Erlöser! Noch ist sein Opfer nicht vollendet. Willst du deinem mißhandelten Heiland nicht die Dienste des barmherzigen Samariters leisten, sein Blut stillen, seine Wunden verbinden, Ihn aufrichten und Ihm die zarteste Sorgfalt erweisen? O meine Seele, weißt du, wie du deinen Jesus trösten, seine Wunden heilen kannst? Er tränkt deine Seele mit seinem kostbaren Blut, um in ihr ein reiches Gnadenleben zur Entfaltung zu bringen. Wenn du seinen Wunsch verwirklichst, so fühlt Er sich für alle Leiden entschädigt.

Betrachte mit inniger Teilnahme deinen mit Wunden bedeckten Heiland! Sein Blut strömt aus zahllosen Wunden als Lösepreis für deine Schuld. Kannst du Ihm noch länger die Opfer verweigern, die Er schon so lange von dir begehrt? Ist Er nicht aller Opfer würdig? Aus seinen Wunden schöpfe Mut zu großmütiger Selbstverleugnung, zu freiwilliger Buße und körperlicher Abtötung. Du mußt dein Fleisch in Knechtschaft bringen; du mußt endlich den Wünschen des Heilands entsprechen, den Lockungen der Leidenschaften entsagen und deinen Sinnen alle Befriedigung versagen, die deinen Fortschritt hindert. Herz um Herz, Blut um Blut, Leben um Leben! Bitte Jesus um den Leidensmut, den jeder wahre Jünger des Heilands besitzen muß.