306. Jesus, der Herr über den Tod

(Mt 27, Mk 16, Lk 23)

 

I Die Natur huldigt dem verstorbenen Erlöser

Und siehe, da riß der Vorhang des Tempels von oben bis unten entzwei, die Erde bebte, die Felsen zersprangen. Die Gräber öffneten sich, und viele Leiber der Heiligen, die entschlafen waren, standen auf.

Finde dich wieder auf dem Kalvarienberg ein! Von seinem Gipfel aus beherrscht man die Welt, erblickt den Himmel und entdeckt den Sinn der göttlichen Geheimnisse. Schon beginnt die Kraft des Kreuzes zu wirken. Der Tod Jesu schließt eine trostlose Vergangenheit ab. Er eröffnet eine wunderbare Zukunft, entschleiert die Heilspläne Gottes und erweckt neues Leben.

Grüße die Engel, welche die frohe Kunde in die Gräber der Entschlafenen tragen. Ihr Verlangen wird nun bald gestillt werden. Selig diejenigen, die um der Gerechtigkeit willen gelitten haben. Selig diejenigen, die auf die göttlichen Verheißungen hofften. Selig diejenigen, deren Treue auf den Erdenpfaden nicht gewankt hat!

Das Holz des Kreuzes ist der Baum des Lebens. Komm, flüchte unter seine Zweige, trinke den Saft, der ihm entquillt und der dich mit Heldenmut erfüllen wird!

 

II Der Hauptmann bekennt Jesus als den Sohn Gottes

Als der Hauptmann sah, was geschehen war, pries er Gott und sprach: «Wahrlich, dieser Mann war gerecht! Dieser Mann war Gottes Sohn!»

Der Hauptmann erkennt alsbald, daß er sich in Jesus, den er kreuzigen ließ, geirrt hatte. Jesus hatte gesagt: «Wenn ich von der Erde erhöht sein werde, werde ich alles an mich ziehen.» Und jetzt schon kommen diejenigen zu Ihm, die soeben noch seine Hände und Füße durchbohrten und die Befehle zu seiner Hinrichtung gaben.

Dieser Mann, der nicht wußte, was er tat, begreift plötzlich, daß dieser angebliche Verbrecher der Sohn Gottes ist. Man hatte ihm gesagt, Jesus sei ein Betrüger, nun erkennt er Ihn als die ewige Wahrheit. Man bezeichnete den Heiland als einen Übeltäter, jetzt sieht der Hauptmann ein, daß Jesu Leben ganz Güte und Gerechtigkeit war. Er beklagt seinen Irrtum und stellt seinem früheren Verhalten ein offenes Glaubensbekenntnis entgegen. Ihm liegt wenig daran, was diese unversöhnlichen Feinde Jesu von ihm denken. Höre, wie laut er die Gottheit Jesu verkündet!

Ziehe aus der Belehrung dieses Heiden die Schlußfolgerung für dich selbst! Du darfst dich nicht mehr über deinen Erlöser täuschen, weder über seine Person noch über seine Lehre und die Güter, die Er den Menschen gebracht hat. Sprich mit dem reuigen Hauptmann: «Dieser Mann ist wahrhaft der Sohn Gottes. O Du, dem wir soviel Leid zugefügt haben, verzeihe uns. Der Du die Wahrheit bist, erleuchte uns. Der Du allen das Leben wiedergibst, bekehre uns!»

 

III Die Freunde Jesu bekunden ihren Schmerz

Alle seine Bekannten aber blieben in einiger Entfernung, auch Frauen, die Ihm von Galiläa her gefolgt waren und dies nun sahen.

Grüße andächtig die Freunde des göttlichen Erlösers! Soeben ist aus dem Blut Jesu die Kirche geboren worden, und im Schatten des Kreuzes vereinigen sich die Gotteskinder zu heiliger Lebensgemeinschaft. Bitte um Aufnahme in ihren Kreis, du gehörst zu ihnen, denn das Blut des Heilands hat euch zu Brüdern gemacht. Wie reich ist diese Gottesfamilie durch den Ruhm ihres Gründers, durch die Gnaden, die Er dem Menschengeschlecht gebracht hat, und durch die Hoffnung auf die ewige Seligkeit.

Bitte Magdalena und die heiligen Frauen, dich zur Mutter Gottes zu führen, die sich liebevoll der verlassenen Jünger annimmt. Unter dem Kreuz erwartet sie die Seelen, die zu Jesus kommen. Sie beweint den Sohn, den sie verloren, aber sie freut sich über die Kinder, die der Himmel ihr schenkt. Knie zu ihren Füßen nieder und empfehle ihr deine Vorsätze. Weihe dich der Gottesmutter, die dir Jesus geschenkt hat!