311. Die heiligen Frauen am Grab

(Mk 16, Lk 24, Joh 20)

 

I Die heiligen Frauen auf dem Weg zum Grab

Früh am Morgen des ersten Wochentages kamen Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome zum Grabe. Sie sprachen zu einander: «Wer wird uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?»

Schließe dich Maria Magdalena und den heiligen Frauen an! Es ist noch Nacht, als sie sich auf den Weg machen; ihre Liebe zu Jesus hat sie wach gehalten. Lerne von ihnen, wie man sich des himmlischen Trostes würdig macht. Die Freude, die Gott ihnen bereitet, wird um so größer sein, je besser sie sich darauf vorbereitet haben. Sie ahnen noch nichts von dieser Freude, sie glauben sogar, daß es in diesem Leben keine Freude mehr für sie geben wird. Aber Gott bereitet seinen Kindern gern Überraschungen. Da, wo sie Traurigkeit und Tod erwarten, läßt er sie Freude und Leben finden.

Höre, wie die heiligen Frauen sich unterwegs ihre Befürchtungen mitteilen: «Wer wird uns den Stein wegwälzen, der vor der Türe des Grabes liegt?» Auch auf deinem Wege zur Vollkommenheit liegt ein Stein, der deinem Fortschritt hinderlich ist. Wer wird dir helfen, das Hindernis zu beseitigen und deine großmütigen Vorsätze auszuführen? Wer wird dir den Sieg verleihen?

So beunruhigen sich oft Seelen, die voll guten Willens an ihrer Heiligung arbeiten. Die heiligen Frauen wissen keine Antwort auf ihre bange Frage. Sie wandeln erst im Morgenrot des beginnenden Tages, der ihnen leuchtende Klarheit bringen wird. Dann werden sie einsehen, daß man niemals das Werk Gottes wegen scheinbar unüberwindlicher Hindernisse im Stich lassen soll. In Gottes Kraft vermag man alles. Bei Gott ist kein Ding unmöglich.

 

II Sie finden das Grab leer

Als sie hinblickten, sahen sie, daß der Stein schon weggewälzt war. Er war nämlich sehr groß. Da lief Maria Magdalena zu Simon Petrus und zu dem anderen Jünger, den Jesus lieb hatte.

Betrachte die schmerzliche Überraschung der heiligen Frauen! Das Hindernis, das sie fürchteten, ist entfernt, aber Jesus ist nicht mehr da. Sie wollten dem Sohn Gottes einen letzten Dienst erweisen, nun ist ihnen auch dieser Trost geraubt.

So führt Gott die Seelen bisweilen durch immer dunklere Pfade bis zur äußersten Trostlosigkeit, um sie danach mit Freude zu überschütten. So hat Er es auch mit seinem eingeborenen Sohn gemacht. Die Stunde, da alles verloren scheint, ist gerade die Stunde, da alles gewonnen ist, wie wir es bei den heiligen Frauen sehen werden.

Bewundere ihre demütige, aufrichtige Frömmigkeit. Sie weinen, aber sie murren nicht gegen Gott wegen ihrer schmerzlichen Enttäuschung. Sie sagen nicht: «Wozu haben wir nun soviel getan und uns so aufgeopfert?» — Sie lassen auch nicht von ihrem Vorhaben ab. Eine unerwartete Schwierigkeit ist aufgetaucht, sie eilen deshalb, um sich Rat zu holen. Dieses Verlangen treibt Magdalena zu den Aposteln.

Sie sprach zu ihnen: «Man hat den Herrn aus dem Grabe genommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat.» Was mögen die Apostel empfinden, als sie von den Frauen hören: «Sie haben den Meister fortgenommen; sie haben uns unsere letzte Hoffnung geraubt!» Beruhige sie, lade sie freundlich ein, sich auf den Weg zu begeben und die Freuden zu finden, die Jesus ihnen so teuer erkauft hat!