322. Die Erscheinung auf dem Berg

(Mt 28, Mk 16)

 

I Jesus erscheint seinen Jüngern auf dem Berg

Die elf jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. Als sie ihn sahen, beteten sie ihn an. Einige aber hatten Zweifel.

Begib dich mit den Jüngern nach Galiläa, teile ihre Freude und ihre Hoffnung. Sie gehen fröhlich dorthin, wo Jesus sie erwartet. Sie wollen Ihn, den sie in seiner Erniedrigung geschaut haben, jetzt glorreich wiedersehen. Sie wollen noch einmal seinen Segen empfangen und sie wollen sich abermals versichern, daß alles, was sie gesehen, gehört und in sich aufgenommen haben, wirklich wahr ist. Sie kommen auch, um die letzten Befehle und Ermahnungen ihres Meisters zu empfangen und um sich anzubieten, sein Werk fortzusetzen.

Auch dir wird das alles ein Herzensbedürfnis sein, darum besteige mit ihnen den Berg, wo Jesus erscheinen wird. Erinnere dich unterwegs der Wunder, die Er in diesem Landstrich gewirkt hat. Es ist ja das Land der Menschwerdung, wo die Stimme des menschgewordenen Wortes noch nicht verhallt und der Boden allerorts mit seinen Fußspuren bedeckt ist. — Jesus hält sein Versprechen treu, Er findet sich immer dort ein, wohin Er eine Seele zu sich gerufen hat.

Bringe Ihm die Huldigung eines demütigen und glühenden Glaubens dar. Sei nicht wie so manche, deren Seele selbst nach den tröstlichsten Lehren unruhig bleibt und die nicht glauben wollen, daß Gott gütig genug ist, sich ihnen zu nähern. Wozu verlangst du immer neue Beweise dafür? Besser ist es, sich seiner Gegenwart zu freuen und Ihm dein Leben anzubieten, damit Er darüber nach seinem heiligsten Willen verfüge.

 

II Er sendet sie aus zur Bekehrung des Menschengeschlechtes

Da trat Jesus auf sie zu und sprach zu ihnen: «Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und macht euch alle Völker zu Jüngern, indem ihr sie tauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und sie alles halten lehrt, was ich euch geboten habe. Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.»

Der auferstandene Heiland braucht Gehilfen, um allen Menschen die Schätze seines Evangeliums zu bringen und jedes Herz mit seinem Blut zu loszukaufen.

Höre, wie Jesus seine Jünger zu diesem großen Apostolat beruft und ihnen seine eigene Vollmacht erteilt: «Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.» Durch seine ewige Geburt vom Vater ist Jesus der Allmächtige und durch seine Arbeiten und Leiden hat Er sich auch als Mensch die Herrschaft über das Weltall und über jedes einzelne Geschöpf erworben. Welchen Gebrauch will Er davon machen? Beachte, daß Er nicht sagt: «Gehet und rächet meinen Tod, stürzt alle, die mich gekreuzigt haben ins Verderben und lehret die Menschen, mich zu fürchten!» — Nein, Er sagt: «Lehret, taufet, unterwerft mir die Geister und die Herzen durch die Kraft der Überzeugung. Arbeitet am Heile eurer Brüder; zeiget ihnen den Weg zum Himmel und befreit sie aus der Knechtschaft der Sünde! Eure Brüder brauchen euch, wie ihr mich gebraucht habt; gebt euch ihnen hin, wie ich mich euch hingegeben habe. Sagt ihnen, was ich euch gesagt habe, tut, wie ich getan habe, und vollendet, was ich angefangen habe! Vor allem lehret sie Gott lieben! Gehet hin zum Opfer, zum Leiden, zum Tode!»

Sagen uns diese feierlichen Worte nicht, mit welch aufrichtiger Unterwürfigkeit wir diejenigen aufnehmen sollen, die Jesus mit seiner göttlichen Vollmacht bekleidet hat? Indem Er seinen Aposteln ihre Pflichten schildert, gibt Er auch jedem von uns Verhaltensmaßregeln. Vergiß nicht, daß von den Gnaden, die seine Gesandten, die Priester, vermitteln, dein ewiges Heil abhängt!

 

III Er verspricht ihnen für alle Zeit seine wirkliche Gegenwart

«Seht, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.»

Lies und betrachte aufmerksam dieses letzte Versprechen, das der Heiland seinen Aposteln gibt: «Ich bin bei euch!» Er kommt den Wünschen aller zuvor und erhört im voraus die Bitten der künftigen Jahrhunderte: «Bleibe bei uns!»

Jesus antwortet: «Ich bin bei euch für immer. Ihr sollt euch meiner Gegenwart erfreuen, ich will euch Licht und Kraft sein. Nichts wird euch fehlen, nichts kann euch schaden. Bereitet mir eine Wohnung in eurer Mitte, denn ich werde dort ebenso zugänglich sein wie ehedem in Galiläa. Zwar entschwinde ich euren Blicken, aber ich gehe nicht fort, ich verlasse euch nicht.»

Öffne diesen trostvollen Wahrheiten dein ganzes Herz. Danke dem Heiland freudig bewegt, daß Er Wort gehalten und auch dich mit seiner wirklichen Gegenwart beglückt hat! Um sein Versprechen zu erfüllen, mußte Er sich neuen und größeren Verdemütigungen unterziehen als während seines irdischen Lebens. Bete deinen Herrn an, der unter der Gestalt des Brotes in unseren Tabernakeln verborgen ist und zu deinem Herzen spricht: «Ich bin es, ich bin bei dir!»

Du bist also nicht allein auf dem Kampfplatz, auf den Jesus dich gestellt hat. Er wird immer bei dir sein, um deine Anstrengungen zu unterstützen und deine Wunden zu verbinden. Erneuere dich im Vertrauen auf Ihn. — Vereinige deine Danksagung mit dem Lob der treuen Jünger und verlasse den Berg in tiefer Sammlung, um nichts von den göttlichen Offenbarungen zu verlieren!