Drittes Kapitel
Von dem großen Vertrauen, das uns die Liebe Jesu und alles was Erfilr uns getan hat, einflößen muß.
1. David setzte die Hoffnung seines Heils in den künftigen Erlöser: „In deine Hände“, rief er aus, „empfehle ich meinen Geist; Du hast mich erlöst, o Herr, Gott der Wahrheit“ (Ps 30,6). Um wieviel mehr müssen wir unser Vertrauen auf Jesus Christus setzen, nachdem Er bereits auf dieser Welt erschienen ist und das Werk der Erlösung vollbracht hat. Es soll daher jeder von uns mit noch weit größerem Vertrauen als der königliche Prophet sprechen und unablässig wiederholen: „In deine Hände empfehle ich meinen Geist, Du hast mich erlöst, o Herr, Gott der Wahrheit!“
2. Es ist wahr, daß wir Grund haben, den ewigen Tod zu fürchten wegen der vielen Beleidigungen Gottes, die wir uns zuschulden kommen ließen; allein wir haben einen viel stärkeren Grund, das ewige Leben zu erhoffen durch die Verdienste Jesu Christi, die unendlich mächtiger sind, uns selig zu machen, als es unsere Sünden sind, uns in das Verderben zu stürzen. Wir haben gesündigt und die Hölle verdient; aber Jesus Christus, unser Erlöser, ist gekommen, alle unsere Schulden auf sich zu nehmen und durch sein Leiden dafür genugzutun: „Er hat in Wahrheit unsere Krankheiten auf sich genommen und sich mit unseren Schmerzen beladen“ (Is 53,4).
3. In dem unseligen Augenblick, in welchem wir sündigten, war auch schon das göttliche Urteil, das uns zum ewigen Tode verdammte, niedergeschrieben: Was tat aber unser liebevoller Heiland? „Er löschte die Handschrift des Urteils aus, das wider uns gefällt war, nahm sie hinweg und heftete sie an das Kreuz“ (Kol 2,14). Er löschte das Urteil unserer Verwerfung mit seinem Blute aus und heftete es sodann an das Kreuz, damit uns bei dem Anblicke des Spruches, der uns wegen unserer Sünden verdammte, zugleich das Kreuz in die Augen falle, an welchem Er mit seinem Blute diesen Spruch ausgelöscht hatte, und so die Hoffnung, Verzeihung und das ewige Heil zu erlangen, in uns erwecke.
4. O, wieviel besser ruft und erwirkt das Blut Jesu Christi für uns Barmherzigkeit, als das Blut Abels vor Gott um Rache rief wider Kain: „Ihr seid hingetreten zu Jesus, dem Mittler des Neuen Bundes, und zur Sühnung durch das Blut, welches besser redet als das Blut Abels“ (Hebr 12,24). Der Apostel sagt hier gleichsam zu den Sündern: Glücklich seid ihr, daß ihr nach der Sünde eure Zuflucht zu Jesus dem Gekreuzigten nahmt, der all sein Blut vergossen hat, um der Vermittler des Friedens zwischen Gott und den Sündern zu werden und ihnen Verzeihung zu erwirken. Eure Sünden rufen wider euch um Rache, aber das Blut des Erlösers ruft für euch um Gnade, und wenn die göttliche Gerechtigkeit diese Stimme hört, ist es ihr unmöglich, euch die Verzeihung zu verweigern.
5. Es ist gewiß, daß wir strenge Rechenschaft für all unsere Sünden abzulegen haben, aber wer wird unser Richter sein? „Der Vater hat alles Gericht dem Sohne übergeben“ (Jo 5,22). Trösten wir uns also, denn es ist unser Erlöser, dem der Vater das Gericht übertragen hat. Damit tröstet und ermutigt uns auch der heilige Paulus, indem er spricht: „Wer ist es, der uns verurteilen soll? Christus Jesus, der gestorben ist... der auch für uns Fürbitte einlegt“ (Rom 8,34). Wer ist es, der über uns das Urteil zu sprechen hat? Es ist derselbe Heiland, der, um uns nicht zum ewigen Tode zu verdammen, sich selbst für uns zum Tode verdammt hat, der für uns gestorben ist, der damit noch nicht zufrieden auch noch im Himmel das Werk unserer Erlösung fortsetzt, und unser Fürsprecher ist vor seinem himmlischen Vater. Was fürchtest du also, o Sünder, sagt der heilige Thomas von Villanova, wenn du deine Sünden verabscheuest? Wie sollte derjenige dich verdammen, der sterben wollte, um dich nicht zu verdammen? Wenn du zu Ihm zurückkehrst und dich Ihm zu Füßen wirfst, wie sollte derjenige dich verstoßen, der vom Himmel herabgekommen ist, um dich aufzusuchen, da du vor Ihm flohest?
6. Wenn wir uns aber wegen unserer Schwachheit fürchten, den Angriffen unserer Feinde zu erliegen, mit welchen wir unablässig zu kämpfen haben, so lehrt uns der Apostel, was wir tun sollen: „Laßt uns mit Geduld in dem uns vorgesetzten Kampfe nach dem Ziele laufen, aufblickend zu Jesus, dem Urheber und Vollender unseres Glaubens, der statt der ihm vorgelegten Freude das Kreuz erduldete und die Schmach verachtete“ (Hebr 12,1). Gehen wir mit mutigem und großmütigem Herzen in den Kampf, zu Jesus aufblickend, der vom Kreuze herab uns seinen Beistand, den Sieg und die ewige Krone anbietet. Sind wir früher öfters gefallen, so geschah es, weil wir unterließen, die Wunden und die Schmach zu betrachten, die unser Heiland für uns erduldete, und Ihn um seinen Beistand anzurufen. Wenn wir aber in Zukunft unablässig vor Augen haben werden, was Er aus Liebe zu uns gelitten hat, und wie bereit Er ist, uns beizustehen, wenn wir zu Ihm unsere Zuflucht nehmen, dann werden wir gewiß nicht mehr von unseren Feinden überwunden werden. Die heilige Theresia, die außer der Furcht Gottes keine andere Furcht kannte, sagte: „Ich kann nicht begreifen, wie manche Leute eine solche Furcht vor dem Teufel haben können, da wir nur: Mein Gott, mein Gott! ausrufen dürfen, um ihn zittern zu machen.“ Andererseits aber sagt dieselbe Heilige, daß alle unsere Mühe und Sorgfalt uns wenig oder nichts helfen werde, wenn wir nicht unser ganzes Vertrauen auf Gott setzen. „Alle unsere Bemühungen werden uns wenig nützen, wenn wir nicht das Vertrauen auf unsere eigenen Kräfte völlig beseitigen und nur allein auf Gott vertrauen.“
7. Das Leiden Jesu Christi und das allerheiligste Sakrament des Altares sind die beiden großen Geheimnisse der Hoffnung und Liebe: Geheimnisse, die niemand annehmen würde, wenn wir nicht die Gewißheit hätten, die uns der heilige Glaube gibt. Ein allmächtiger Gott, der Mensch werden, all sein Blut vergießen und unter unsäglichen Schmerzen an einem Kreuze sterben will! Und warum? Um für unsere Sünden genugzutun und uns zu erlösen, uns elende Würmer, die sich gegen Ihn empört haben. Und dann ein menschgewordener Gott, der denselben Leib, den Er für uns am Kreuze geopfert hatte, uns zur Speise geben will, um sich auf das Vollkommenste mit uns zu vereinigen! Ach, wie sollten doch diese beiden Geheimnisse die Herzen aller Menschen erweichen, ergreifen und mit heiliger Liebe erfüllen! Welcher Sünder, wie groß auch seine Verbrechen sein mögen, wenn er sie nur aufrichtig bereut, dürfte an seinem Heile verzweifeln bei dem Anblick eines Gottes, der die Menschen so sehr liebt und so geneigt ist, ihnen Gutes zu erweisen? Diese Betrachtung flößte dem heiligen Bonaventura ein solches Vertrauen ein, daß er ausrief: „Ich will mit fester und unerschütterlicher Zuversicht hoffen, daß derjenige, der so Großes für mein Heil getan und gelitten hat, mir nichts versagen wird, was zu meinem Heile notwendig ist.“
8. „Laßt uns also“, ruft der Apostel aus, „mit Vertrauen hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden, wenn wir der Hilfe bedürfen“ (Hebr 4,16). Dieser Thron der Gnade ist das Kreuz, auf welchem Jesus gleich wie auf einem Throne ruht, um Gnaden und Erbarmungen an alle zu verteilen, die zu Ihm ihre Zuflucht nehmen. Wir dürfen jedoch damit nicht säumen; denn jetzt können wir die rechtzeitige Hilfe finden, um unsere Seelen zu retten, aber es wird vielleicht eine Zeit kommen, wo wir sie nicht mehr finden. Eilen wir also, das Kreuz Jesu Christi zu umfassen, und umfassen wir es mit einem großen Vertrauen. Der Anblick unseres Elendes und unserer Armseligkeiten darf uns nicht mutlos machen; denn bei Jesus, dem Gekreuzigten, werden wir eine Fülle von Gnaden finden, die er für uns bereit hält: „In Ihm seid ihr reich geworden an allem, so daß es euch an keiner Gnade mangelt“ (1 Kor 5,7). Die unendlichen Verdienste Jesu Christi haben uns mit allen himmlischen Schätzen bereichert und uns fähig gemacht, jede Gnade, die wir wünschen, zu erlangen.
9. Der heilige Leo sagt, daß die Güter, die uns Jesus Christus durch sein Leiden und Sterben erworben hat, viel größer sind, als der Schaden ist, den uns der Teufel durch die Sünde zugefügt hat. „Wir haben weit mehr durch die Gnade Jesu Christi gewonnen, als wir durch den Neid des Teufels verloren haben“ (Serm. 1 de Ascens). Dieser Ausspruch ist nur eine Erklärung der Worte des Apostels, der bezeugt, daß die mit Erlösung verbundenen Gaben größer sind als die Sünde, welche die Erlösung herbeiführte, und daß die Gnade die Sünde überwogen habe: „Es verhält sich nicht mit der Sünde wie mit der Gabe... denn wo die Sünde überfließend war, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden“ (Rom 5,15.20). Deshalb hat der Heiland selbst uns ermutigt, durch die Kraft seiner Verdienste jede Gunst und jede Gnade zu erwarten, und Er hat uns zugleich die Weise gelehrt, wie wir alles, was wir wünschen, von seinem himmlischen Vater erlangen können: „Wahrlich, wahrlich sage ich euch, wenn ihr den Vater um etwas in meinem Namen bitten werdet, so wird Er es euch geben“ (Jo 16, 23). Wir sollen also, was wir immer wünschen, vom Vater in seinem Namen begehren, und Er verspricht uns, daß wir Erhörung finden werden. Denn wie könnte der Vater uns eine Gnade verweigern, nachdem Er uns seinen eingeborenen Sohn gegeben hat, den Er liebt, wie sich selbst? „Er hat Ihn für uns alle hingegeben; wie sollte Er uns nicht alles mit Ihm geschenkt haben?“ (Rom 8,32). „Alles“, sagt der Apostel, und folglich ist keine Gnade ausgenommen, weder die Vergebung unserer Sünden, noch die Beharrlichkeit, noch die heilige Liebe, noch die Vollkommenheit, noch der Himmel und die ewige Herrlichkeit: „Alles, alles hat Er uns gegeben.“ Die Bedingung aber ist: daß wir darum bitten; Gott ist unendlich freigebig gegen diejenigen, die Ihn um Gnaden bitten: „Er ist reich für alle, die Ihn anrufen“ (Rom 10,12).
10. Ich will nun noch aus den Briefen des ehrwürdigen Johannes von Avila einige schöne Herzensergüsse über das Vertrauen, das wir in die Verdienste Jesu setzen sollen, hinzufügen.
11. „Sei immer gedenk, daß zwischen dem ewigen Vater und uns der Mittler Jesu Christi ist, durch den wir vom Vater geliebt werden, und daß die Bande dieser Liebe so stark sind, daß sie nichts in der Welt zu lösen vermag, wenn sie der Mensch nicht selbst durch eine schwere Sünde zerreißt. Das Blut Jesu Christi ruft für uns um Erbarmen, und ruft so laut, daß das Geschrei unserer Sünden nicht mehr gehört wird. Der Tod Jesu Christi hat unsere Schulden getötet. 'O Tod, ich werde dein Tod sein' (Op 13,14). Diejenigen, die verloren gehen, gehen nicht deshalb zugrunde, weil es an einer Genugtuung für ihre Sünden mangelt, sondern weil sie die überfließende Genugtuung, die Jesus Christus für uns dargebracht hat, sich nicht durch die Sakramente aneignen wollen.“
12. „Jesus Christus hat das Werk unseres Heiles auf sich genommen, wie wenn es sein eigenes wäre. Er hat deshalb unsere Sünden, obwohl Er sie nicht begangen hatte, seine Sünden genannt; Er hat die Vergebung dieser Sünden verlangt und aus dem Innersten seines Herzens gebeten, wie wenn Er für sich selbst bitten würde, daß alle, die Ihm sich anschließen wollen, in die Gnade und Liebe Gottes aufgenommen würden. Und was Er begehrte, hat Er auch erlangt; denn der ewige Vater stellte eine solche Einheit zwischen uns und seinem eingeborenen Sohne her, daß Er und wir auf gleiche Weise geliebt und gehaßt werden sollten. Nun ist aber Jesus kein Gegenstand des Hasses und kann es nicht sein: wenn wir also durch die Liebe mit Ihm vereinigt sind, werden auch wir von Gott geliebt. Denn Jesus vermag viel mehr, uns zu einem Gegenstand der Liebe zu machen, als wir vermögen, uns zu einem Gegenstand des Hasses zu machen, weil der ewige Vater seinen eingeborenen Sohn mehr liebt, als Er die Sünder haßt.“
13. „Jesus sprach zu seinem Vater: 'Vater, ich will, daß wo ich bin, auch diejenigen mit mir seien, die Du mir gegeben hast' (Jo 17,24). Und so überstand die stärkere Liebe den schwächeren Haß. Wir erlangten Verzeihung, wurden in die Liebe und Gnade Gottes aufgenommen, und da uns das Band einer so starken Liebe mit Gott verbindet, sind wir sicher, niemals von Ihm verlassen zu werden. 'Kann denn eine Frau ihres Kindes vergessen?' spricht der Herr durch den Mund des Propheten Isaias (Is 49,15). 'Und wenn sie es vergessen sollte, so will doch ich euch nicht vergessen; siehe, in meine Hände habe ich euch geschrieben.' In seine Hände hat uns der Herr mit seinem eigenen Blute geschrieben. Nichts soll uns daher aus der Fassung bringen, was uns auch begegnen möge; denn alles ist von diesen Händen angeordnet, die an das Kreuz genagelt wurden zum Zeugnisse der Liebe, die Er zu uns trägt.“
14. „Nichts in der Welt kann uns mehr erschrecken oder beunruhigen, als Jesus Christus uns zu trösten und beruhigen vermag. Mögen die Sünden der Vergangenheit mich ängstigen, möge mich die Furcht vor der Zukunft überfallen, mögen mir die bösen Geister Fallstricke legen: Ich werde meinen gütigen Erlöser, der mich bis in den Tod geliebt hat, um Barmherzigkeit anrufen, und mein Vertrauen wird nicht erschüttert werden; denn ich weiß, welch hohen Wert meine Seele besitzt, da ein Gott sich für sie hingegeben hat. O mein Jesus, sicherer Hafen derjenigen, die zu Dir in den Stürmen dieses Lebens ihre Zuflucht nehmen, o wachsamer Hirte deiner Schafe, wie sehr täuscht sich, wer seine Sünden bereut und den Vorsatz der Besserung hat, und auf deine Barmherzigkeit nicht vertrauen will! Du sprachst zu Deinen Jüngern: 'Ich bin es, fürchtet euch nicht' (Mt 14,27). Und so sprichst Du zu uns allen: Ich bin es, der euch prüft, und ich bin es, der euch tröstet. Ich lasse über manche zuweilen eine Trostlosigkeit kommen, die ihnen eine Hölle zu sein scheint, aber ich führe sie aus dieser Hölle wieder heraus, um sie mit den süßesten Tröstungen heimzusuchen. Ich bin euer Anwalt, der eure Sache zu seiner eigenen gemacht hat. Ich bin euer Bürge, der gekommen ist, eure Schulden zu bezahlen. Ich bin euer Herr, ich habe euch mit meinem Blute erkauft, nicht um euch zu verstoßen, sondern um euch mit Gnaden zu bereichern, nachdem ich einen so hohen Preis für euch gezahlt habe. Wie sollte ich vor dem fliehen, der mich sucht, da ich doch denjenigen entgegenging, die mich suchten, um mich zu mißhandeln. Ich habe mein Angesicht nicht von denjenigen abgewendet, die mich schlugen, wie sollte ich es von dem abwenden, der kommt, um mich anzubeten? Wie können meine Jünger an meiner Liebe zweifeln, wenn sie sehen, daß ich mich aus Liebe zu ihnen in die Hände der Feinde gab? Wann habe ich jemals einen, der mich liebte, von mir gestoßen? Wann habe ich jemals einen verlassen, der bei mir Hilfe suchte? Ich suche selbst diejenigen auf, die mich nicht suchen.“
15. „Wenn du glaubst, daß der ewige Vater dir seinen Sohn gegeben hat, so glaube auch, daß Er dir alles übrige geben wird, was unendlich geringer ist, als sein eingeborener Sohn. Denke nicht, daß Jesus Christus dich vergessen habe, nachdem Er dir als ein Andenken an seine Liebe das größte Unterpfand hinterlassen hat, das Er dir hinterlassen konnte: Sich selbst im allerheiligsten Sakramente des Altars.“
Gebet
O Jesus, meine Liebe, wie belebt die Erinnerung an dein bitteres Leiden meine Hoffnung und mein Vertrauen. Wie sollte ich fürchten, daß ein allmächtiger Gott, der für mich all sein Blut vergossen hat, mir nicht die Verzeihung meiner Sünden, den Himmel und alle notwendigen Gnaden, die ich bedarf, verleihen werde? O Jesus, meine Hoffnung und meine Liebe, Du wolltest dein Leben hingeben, um mich vor dem ewigen Tode zu erretten, und mir das ewige Leben zu erwerben. O mein Heiland, mein Herr und mein Gott, ich liebe Dich über alles! Du hast Dich mir geschenkt, und ich schenke Dir dagegen meinen Willen und damit mich selbst.
Ich wiederhole es, daß ich Dich liebe, und ich will unablässig wiederholen: Ich liebe Dich, und ich will Dich lieben im Leben und im Sterben. Diese süßen Worte: Ich liebe Dich, o mein Gott! sollen in meinem Munde sein, wenn ich meine Seele aushauche, um ein Leben der Liebe zu beginnen, das ewig dauern wird, und nie mehr auch nur einen Augenblick von deiner Liebe abzulassen. Weil ich Dich aber liebe, o Herr, so bereue ich aus dem Grunde meines Herzens, Dich so oft und so sehr beleidigt zu haben. Um einer kurzen Befriedigung meiner Leidenschaften nicht zu entsagen, wollte ich Elender so oft Dir, meinem höchsten Gute, entsagen! Dieser Gedanke schmerzt mich mehr, als mich irgend etwas in der Welt schmerzen könnte: Mein Trost aber ist, daß Du die unendliche Güte bist, die ein reumütiges Herz, das Dich lieben will, niemals verschmäht. O könnte ich für Dich sterben, wie Du für mich gestorben bist! Mein geliebtester Heiland, ich hoffe von deiner Güte mit Zuversicht die ewige Seligkeit in dem zukünftigen Leben, in diesem Leben aber die Beharrlichkeit in deiner heiligen Liebe; und ich nehme mir vor, Dich unablässig darum zu bitten. Verleihe mir, o Herr, durch die Verdienste deines bitteren Leidens und Sterbens die Beharrlichkeit im Gebete. Dies begehre und hoffe ich auch von Dir, o Maria, Königin des Himmels und meine Königin!