Viertes Kapitel
Wie sehr wir verpflichtet sind, unseren Heiland zu lieben.
1. Jesus Christus kann schon deshalb fordern, daß wir Ihn über alles lieben, weil Er unser Gott ist; allein Er wollte überdies durch die Liebe, die Er uns erwiesen hat, uns gleichsam nötigen, zur Vergeltung alles dessen, was Er für uns getan und gelitten hat, Ihn wenigstens aus Dankbarkeit zu lieben. Er hat uns unaussprechlich geliebt, damit auch wir Ihn auf gleiche Weise lieben. „Warum liebt Gott, als um wieder geliebt zu werden?“ sagt der heilige Bernhard. Er spricht damit nur aus, was schon Moses zum auserwählten Volke gesprochen hatte: „Und nun Israel, was verlangt der Herr, dein Gott von Dir, als daß du den Herrn, deinen Gott, fürchtest... und Ihn liebest“ (Dt 10,12). Deshalb war auch das erste Gebot, das Gott den Menschen gab: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen“ (Dt 6,5).
2. Der heilige Paulus sagt: „Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes“ (Rom 13,10). Wie ist es aber möglich, einen gekreuzigten Gott zu betrachten, der aus Liebe zu uns den Tod erleidet, und dieses Gesetz nicht zu erfüllen und Ihn nicht zu lieben? Diese Dornen, diese Nägel, dieses Kreuz, diese Wunden, dieses Blut schreien sie nicht nach Liebe, und fordern sie uns nicht auf, denjenigen zu lieben, der uns so sehr geliebt hat? Ein menschliches Herz ist viel zu wenig, um diesen Gott zu lieben, dessen Liebe zu uns kein Maß kannte. Um die Liebe Jesu Christi zu vergelten, müßte wieder ein Gott sterben aus Liebe zu Ihm. „Warum umfangen wir nicht den Gekreuzigten“, ruft der heilige Franz von Sales aus, „um auf dem Kreuze mit demjenigen zu sterben, der aus Liebe zu uns auf diesem Kreuze sterben wollte?“ Er ist, wie der Apostel sagt, darum für uns alle gestorben, damit wir für Ihn leben: „Christus ist für alle gestorben, damit diejenigen, die leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern Dem leben, Der für sie gestorben ist“ (2 Kor 5,15).
3. „Vergiß nicht der Wohltat des Bürgen“, ermahnt uns der Siracide, „denn Er hat für dich sein Leben hingegeben“ (Sir 29,20). Vergiß deinen Bürgen nicht, der, um für deine Sünden genugzutun, durch seinen Tod die Strafe erlitt, die du verdient hattest. O wie wohlgefällig ist es dem Herrn, wenn wir oft seines Leidens gedenken, und wie betrübt es Ihn, wenn wir es nicht der Mühe wert achten, uns daran zu erinnern. Gesetzt, es hätte sich jemand für seinen Freund beschimpfen, schlagen und einkerkern lassen: wie würde es ihn kränken, wenn er vernehmen sollte, dieser Freund denke nicht mehr daran, ja er wolle nicht einmal darüber reden hören. Wie sehr würde es ihn dagegen freuen, wenn er erführe, sein Freund lasse nicht ab, mit großer Rührung davon zu sprechen und ihm dafür zu danken. Ebenso erfreuen wir das göttliche Herz unseres Heilandes, wenn wir seines Leidens und des Todes, den Er für uns erduldet hat, in dankbarer Liebe gedenken. Jesus Christus war, bevor Er auf diese Welt kam, die Sehnsucht der Heiligen des Alten Bundes, das Verlangen aller Völker: um wieviel mehr soll Er jetzt, nach seiner Ankunft, unser einziges Verlangen und unsere einzige Liebe sein, jetzt, wo wir wissen, was Er für uns getan und gelitten hat, bis zum schmählichsten und schmerzlichsten Tode, bis zum Tode des Kreuzes.
4. In dieser Absicht hat Er am Vorabend seines Todes das Sakrament des Altares eingesetzt und uns ermahnt, seines Todes eingedenk zu sein, sooft wir diese himmlische Speise genießen: „Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, dies tut zu meinem Andenken... Sooft ihr dieses Brot esset, sollt ihr den Tod des Herrn verkündigen“ (1 Kor 11,24.26). Deshalb betet die heilige Kirche: „O Gott, der Du in diesem wunderbaren Geheimnisse das Andenken an dein Leiden zurückgelassen hast.“ Und ebenso singt sie: „O heiliges Gastmahl, in welchem Christus empfangen und das Andenken seines Leidens empfangen wird.“ Wenn also der Herr sich uns unter den sakramentalen Gestalten auf den Altären hinterlassen hat, damit wir das beständige dankbare Andenken seines Leidens bewahren und unsere Liebe zu Ihm immer mehr wachse und zunehme: so können wir daraus schließen, wie wohlgefällig Hirn diejenigen sind, die oftmals sein Leiden betrachten. Der heilige Franz von Sales nannte den Kalvarienberg „den Berg der Liebenden“. Es ist in der Tat unmöglich, an den Kalvarienberg zu denken, ohne Den zu lieben, der auf diesem Berge für uns und aus Liebe zu uns den Tod erleiden wollte.
5. Und ach, warum lieben die Menschen diesen Gott nicht, der so vieles und so Großes getan hat, um von den Menschen geliebt zu werden? Vor der Menschwerdung des ewigen Wortes wäre ein Zweifel an der Liebe Gottes zu den Menschen vielleicht zu entschuldigen gewesen: allein wie kann nach der Ankunft des Sohnes auf Erden, und nachdem Er aus Liebe zu den Menschen sterben wollte, hierüber noch ein Zweifel bestehen? O Mensch, sagt der heilige Thomas von Villanova, betrachte dieses Kreuz, diese namenlosen Schmerzen, diesen bitteren Tod, den Jesus Christus für dich erduldet hat, und frage dich, ob du nach solchen Zeugnissen noch zweifeln kannst, daß Er dich liebt, und daß Er dich über alles Maß liebt. „Zeuge ist das Kreuz, Zeugen sind seine Schmerzen, Zeuge ist der bittere Tod, den Er für dich erduldet hat.“ Ebenso sagt der heilige Bernhard, daß das Kreuz und jede Wunde des Heilandes uns zuruft und uns ermahnt, die Größe der Liebe, die Er zu uns trägt, zu erkennen.
6. Wenn wir das große Geheimnis der Menschwerdung in allen seinen Einzelheiten betrachten, so müssen wir ganz besonders den Eifer und die Sorgfalt bewundern, mit welchen Jesus Christus so viele und so verschiedene Mittel erdacht und angewendet hat, um die Liebe unserer Herzen zu gewinnen. Wenn Er für unser Heil sterben wollte, so hätte es genügt, mit den unschuldigen Kindern zu sterben, die Herodes ermorden ließ: doch nein, Er wollte zuvor durch 33 Jahre ein mühseliges und leidenvolles Leben führen, und während dieses Lebens in vielen und verschiedenen Lagen und Verhältnissen erscheinen, um sich noch mehr unserer Liebe zu verpflichten. Zuerst erschien Er als ein armes Kind, das in einem Stalle geboren wurde, sodann als ein Handwerker in einer Werkstätte und endlich wie einer des Todes Schuldiger, der an einem Kreuze hingerichtet wird. Unmittelbar vor seinem Tode aber wollte Er noch in solchen Lagen sich uns zeigen, wie sie sich nicht schrecklicher und jammervoller gedacht werden können, um auch die härtesten Herzen zu rühren und zum Mitleiden zu bewegen. Wir sehen Ihn auf dem Ölberg in der Todesangst, vom blutigen Schweiße überronnen. Wir sehen Ihn in dem Gerichtshofe des Pilatus von Geißelhieben zerfleischt. Wir sehen Ihn wie einen Spottkönig behandelt, mit einem Schilfrohr in der Hand, mit einem zerrissenen Purpurmantel bekleidet und mit einer Dornenkrone gekrönt. Wir sehen Ihn mit dem schweren Kreuze beladen durch die Straßen Jerusalems geschleppt. Wir sehen Ihn endlich auf dem Kalvarienberge mit eisernen Nägeln an das Kreuz geheftet. Ich frage nun: Verdient ein Gott, der so viele namenlose Peinen erdulden und so viele Mittel anwenden wollte, um sich unsere Liebe zu erwerben, verdient Er unsere Liebe, oder verdient Er sie nicht? Der gottselige P. Johannes von Rigoleu sagte: „Ich möchte nichts anderes mehr tun, als Tränen vergießen, Tränen der Liebe zu einem Gott, den seine Liebe dahin gebracht hat, für das Heil der Menschen zu sterben.“
7. „Es ist etwas Großes um die Liebe“, sagt der heilige Bernhard (Sermo 8 in Cant); und der Weise nennt die göttliche Weisheit, die eben in der heiligen Liebe besteht, einen unendlichen Schatz, weil, wer die Liebe hat, der Freundschaft Gottes und ihrer Schätze teilhaftig wird: „Sie ist den Menschen ein unendlicher Schatz, wer ihn benützt, ist der Freundschaft Gottes teilhaftig geworden“ (Weish 17,14). Der englische Lehrer, der heilige Thomas, lehrt (Tract. De virt 8,3), daß die Liebe nicht nur die Königin der Tugenden ist, sondern daß sie auch, wenn sie die Seele beherrscht, alle anderen Tugenden nach sich zieht und im Gefolge hat, und ihnen eine solche Richtung gibt, daß sie die Seele mehr mit Gott vereinigen. An und für sich aber ist die Liebe jene Tugend, die uns mit Gott vereinigt, wie der heilige Bernhard sagt. Die heilige Schrift gibt uns an mehreren Stellen die ausführliche Versicherung, daß Gott den liebe, der ihn liebt: „Ich liebe, die mich lieben“ (Spr 8,17). „Wer mich liebt... den wird mein Vater lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen“ (Jo 14,23). „Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“ (Jo 4,16). Dies ist also das schöne und herrliche Werk, welches die Liebe wirkt: sie vereinigt die Seele mit Gott. Die Liebe gibt uns ferner die Kraft, die Dinge für Gott zu tun und zu leiden. „Stark wie der Tod ist die Liebe“ (Hl 8,6). Und der heilige Augustinus sagt: „Nichts ist so hart, daß es vom Feuer der Liebe nicht überwunden würde“ (Lib. de mor. Eccl. c. 22). Der Heilige fügt auch den Grund hinzu: weil nämlich Liebende in dem, was sie aus Liebe tun, entweder die Beschwerde nicht empfinden oder die Beschwerde lieben. „In dem, was man liebt, findet man keine Mühe, oder man liebt die Mühe.“
8. Hören wir, wie der heilige Johannes Chrysostomus die Wirkungen der Liebe in einer Seele beschreibt, die von ihr beherrscht wird: „Wenn die Liebe sich einer Seele bemächtigt hat, so erweckt sie in ihr ein unersättliches Verlangen, für den Geliebten tätig zu sein. Mag sie auch noch so viele Jahre in seinem Dienst zugebracht und noch so viele und große Werke verrichtet haben, so erscheint ihr doch dies alles wie nichts. Es ist ihr ein beständiger Schmerz, daß sie so wenig für Gott tut, und wenn es ihr gestattet wäre, würde sie mit Freude für Ihn sterben oder sich selbst aufreiben. Sie hält sich in allem, was sie tut, für einen unnützen Knecht, weil die Liebe sie lehrt, mit welcher Vollkommenheit wir Gott zu dienen schuldig sind. Durch dieses Licht erleuchtet sieht sie die Mängel und Gebrechen in allen ihren Handlungen, und da sie daraus erkennt, wie wenig sie eines solchen Herrn würdig ist, findet sie in allen ihren Werken nur einen Grund, sich zu schämen und vor Gott zu demütigen.“
9. O wie täuschen sich alle, sagt der heilige Franz von Sales, welche die Heiligkeit in etwas anderem suchen, als in der Liebe Gottes. Einige, sagt der Heilige, setzen ihre Vollkommenheit in strenge Bußübungen, andere in Werke der Barmherzigkeit, andere in das Gebet, andere in den häufigen Empfang der heiligen Sakramente. Ich aber kenne keine andere Vollkommenheit, als die: Gott von ganzem Herzen zu lieben; weil alle übrigen Tugenden ohne die Liebe nichts sind als ein toter Steinhaufen. Und wenn wir diese heilige Liebe nicht vollkommen besitzen, so liegt die Schuld nur an uns, weil wir uns nicht entschließen können, uns Gott ganz zu schenken.“
10. Der Herr sprach eines Tages zur heiligen Theresia: „Alles, was nicht in der Absicht geschieht, um mir zu gefallen, ist Eitelkeit.“ O möchten alle Menschen diese große Wahrheit einsehen und beherzigen! „Nur eines ist notwendig“ (Lk 10,42). Es ist keineswegs notwendig, auf dieser Welt reich zu sein, sich die Achtung der Menschen zu erwerben, ein bequemes Leben zu führen, mit Ämtern und Würden bekleidet zu sein, den Rufeines großen Gelehrten zu besitzen. Nur eines ist notwendig: Gott zu lieben und seinen Willen zu tun. Dazu hat Er uns erschaffen und dazu erhält Er uns, und dies ist das einzige Mittel, unser letztes Ziel, die ewige Seligkeit zu erreichen. „Setze mich, wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm“ (H 8,6). So sprach der Herr zu seiner Braut im Hohenlied, und so spricht Er zu jeder Seele, die sich Ihm verlobt hat. Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz und deinen Arm, damit alle deine Wünsche und Begierden, alle deine Werke und Handlungen auf mich gerichtet seien: auf dein Herz, um keine andere Liebe eingehen zu lassen; auf deinen Arm, um; in allem, was du tust, nur mich vor Augen zu haben. O wie schnell läuft derjenige auf der Bahn der Vollkommenheit, der bei allem, was er tut, nur auf Jesus den Gekreuzigten sieht, und kein anderes Verlangen hat, als Ihm zu gefallen.
11. Unser ganzes Sinnen und Trachten soll also dahin gehen, eine wahre Liebe zu Jesus Christus zu erlangen. Die Kennzeichen der wahren Liebe aber sind nach den Aussprüchen der Geisteslehrer folgende. Die Liebe ist bekümmert; denn sie fürchtet beständig, aber sie fürchtet nur eines: Gott zu mißfallen. Die Liebe ist großmütig; denn sie setzt ihr ganzes Vertrauen auf Gott und läßt sich daher durch nichts abschrecken, große Dinge für seine Ehre und Verherrlichung zu unternehmen. Die Liebe ist stark, denn sie überwindet alle bösen Neigungen und Gelüste, auch mitten in den heftigsten Versuchungen und in der größten Trostlosigkeit und Verfinsterung des Geistes. Die Liebe ist gehorsam; denn sie trachtet unverzüglich auszuführen, was sie als den Ruf und den Willen Gottes erkennt. Die Liebe ist rein; denn sie liebt nur Gott, und nur aus dem Grund, weil er geliebt zu werden verdient. Die Liebe ist eifrig; denn sie möchte gerne in allen Menschen das Feuer der göttlichen Liebe entzünden und alle Herzen von diesem heiligen Feuer verzehrt sehen. Die Liebe ist berauschend; denn sie bewirkt, daß die Seele gleichsam ein Leben außer sich selbst führt, wie wenn sie nichts mehr hören und sehen würde, und für die irdischen Dinge keinen Sinn mehr hätte, weil sie ganz damit beschäftigt ist, ihren Gott zu lieben. Die Liebe ist einigend; weil sie den Willen des Geschöpfes auf das engste und vollkommenste mit dem Willen des Schöpfers vereinigt. Die Liebe ist endlich schmachtend; weil sie die Seele mit dem Verlangen erfüllt, diese Erde zu verlassen, um sich zum himmlischen Vaterland aufzuschwingen, um dort vollkommen mit Gott sich zu vereinigen und ihn aus allen ihren Kräften zu lieben.
12. Niemand aber lehrt uns besser die Kennzeichen der wahren Liebe und die Mittel, sie zu üben, als der heilige Paulus, dieser Prediger der göttlichen Liebe. In dem 13. Kapitel des ersten Briefes an die Korinther setzt er vorerst auseinander, daß der Mensch nichts ist und daß nichts ihm nützen kann ohne die Liebe: „Wenn ich auch einen solchen Glauben hätte, daß ich Berge versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Güter zur Speise der Armen verteilte, und wenn ich meinen Leib hingäbe, daß er brenne, hätte aber die Liebe nicht, so nützte es mir nichts.“ Wenn also einer einen solchen Glauben hätte, daß es ihm gelänge, Berge zu versetzen, wie dies der heilige Gregor der Wundertäter in der Tat vollbracht hat, aber die Liebe nicht hätte, so wäre er nichts. Und wenn einer sein Hab und Gut unter die Armen verteilte, ja wenn er freiwillig das Martyrium erlitte, aber ohne die Liebe, wenn er nämlich etwas anderes dabei suchte, als das Wohlgefallen Gottes, so würde es ihm nichts nützen. Hierauf zählt der Apostel die Kennzeichen der wahren Liebe auf und lehrt uns zugleich die Übung derjenigen Tugenden, welche die Töchter der heiligen Liebe sind: „Die Liebe ist geduldig, ist gütig; die Liebe beneidet nicht, sie handelt nicht unbesonnen; sie ist nicht aufgeblasen, sie ist nicht ehrgeizig, sie sucht nicht das Ihrige, sie ist nie gereizt, sie denkt nichts Arges, sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, freut sich aber an der Wahrheit. Sie erträgt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“ Wir wollen also im Verlaufe dieses Buches diese heiligen Übungen in Erwägung ziehen, damit jeder von uns sich prüfen könne, ob er die Liebe, die Jesus Christus von uns verlangt und die wir Ihm schuldig sind, in Wahrheit besitze, und zugleich aufgemuntert werde, die Tugenden mit allem Eifer zu üben, durch welche die heilige Liebe vorzugsweise erhalten und vermehrt wird.
Gebet
O liebenswürdigstes und liebreichstes Herz meines Jesus, wie elend und unglücklich ist das Herz, welches Dich nicht liebt! Du wolltest aus Liebe zu den Menschen, allen Trostes beraubt, an einem Kreuze sterben: Und wie können nun die Menschen Dich so sehr vergessen und in solcher Gleichgültigkeit dahinleben? O Liebe eines Gottes! O Undank des Menschen! Betrachtet doch, o Menschen, das unschuldige Lamm Gottes, das am Kreuze mit dem Tode ringt und für euch stirbt, um der Gerechtigkeit Gottes für eure Sünden genugzutun und die Liebe eurer Herzen zu gewinnen. Betrachtet den sterbenden Heiland, wie Er zur selben Zeit seinen himmlischen Vater bittet, daß Er euch verzeihen wolle. Betrachtet Ihn, und gebt ihm das, was Er von euch verlangt: Die Liebe eurer Herzen. Ach, mein Jesus, wie gering ist die Zahl derer, die Dich lieben! Und auch ich Elender, auch ich habe so viele Jahre in der Vergessenheit deiner Liebe zugebracht und deshalb Dich so oft und so sehr beleidigt. O mein geliebter Heiland, ich beweine diese unseligen Jahre; aber der Grund meiner Tränen ist nicht so sehr die Strafe, die ich für meine Sünden verdient habe, als vielmehr die Liebe, die Du zu mir getragen hast. O Schmerzen meines Jesus, o Schmach meines Jesus, o Wunden meines Jesus, o Liebe meines Jesus, prägt euch meinem Herzen so tief ein, daß die süße Erinnerung daran niemals in diesem Herzen erlösche und es unablässig mit der Liebe zu Jesus verwunde und mit der Liebe zu Jesus entflamme! Ich liebe Dich, o mein Jesus, ich liebe Dich, mein höchstes Gut, ich liebe Dich meine Liebe, mein alles, ich liebe Dich und will dich ewig lieben. Gib nicht zu, daß ich jemals von Dir lasse und jemals Dich verliere. Mache mich so ganz zu deinem Eigentum, daß ich von Dir nicht mehr geschieden werden kann. Ich bitte Dich darum durch die Verdienste deines bitteren Lebens und Sterbens. In diese unendlichen Verdienste und in deine Fürsprache, o Maria, meine Königin, setze ich mein Vertrauen. Erbitte mir eine große Liebe zu deinem göttlichen Sohne und auch zu dir, o meine Mutter und meine Hoffnung.