XIV.

EINE ÜBERRASCHUNG

 

Es geht mir wie einem Besuch,

der in den Salon geführt, dort mit aller Herzlichkeit empfangen und zum Niedersitzen freundlichst genötigt wird.

Ich staune über all das, was an feinsinnigem Geschmack aufgeboten wird, um mich zu erfreuen. Ich frage mich immer: „Wie kommt es denn, daß ich — ,so hereingeschneit' — alles wie zu einem eigens geplanten Besuchsempfang vorbereitet finde. Die fein duftenden Blumen dort in der Vase, die extra blütenweiße Tischdecke und anderes mehr.“ Man erklärt es mir: „Wir ahnten, daß Sie uns heute in den Weg kommen; drum holten wir Sie herein, um Ihnen auch einmal unsere Dankbarkeit zu beweisen und Ihnen eine Überraschung zu bereiten.“

Wie sind doch edle Menschen schon so gut! Wie ganz anders aber und noch viel mehr — der Heiland! Und das wissen so viele gar nicht!!

Mit hochgemutem Herzen, hocherfreutem Gemüt, innerlich bereichert durch die Liebenswürdigkeit guter Menschen, herzlich dankend für die Überraschung nahm ich Abschied und dachte mir:

„Nur selten, selten wird einem eine solche Überraschung, solche Freude, solche Aufmerksamkeit zuteil. Nur wenige Menschen sind ohne Falsch, herzlich, lieb und aufmerksam.“

Vor einer Viertelstunde schon hätte ich aus dem Salon forteilen mögen — ohne Abschied — mit benommenem Kopf und klopfendem Herzen — wenigstens in ein Nebenzimmer: allein, ganz allein.

Dort hätte es mich auf die Knie niedergezwungen und ich hätte meinen Kopf in den Händen verborgen. Ein Gedanke wollte mir nicht aus dem Sinn:

„Einer ist noch aufmerksamer als alle edlen und guten Menschen zusammen — der Heiland.“

Der leise Vorwurf, den Parsifal einmal ausspricht: „Wie konntest du darauf vergessen?“ gilt so vielen!

Im Geiste sehe ich Millionen von Christen so unsagbar gleichgültig durchs Leben gehen.

Ich rufe Ihnen zu:

„Sagt mir! Wie kommt es, daß ihr überhaupt gar nichts davon wißt, wie gut und aufmerksam der Heiland ist?“ Diese Frage, dieses Bekenntnis dringt vielen wie eine brennende Schmach tief in die Seele, so daß auch sie aus ihrem Salon fortgehen, in einen unbeachteten Winkel sich zurückziehen und sich auf die Knie niederwerfen. Auch sie bekennen:

„Wir haben noch nie daran gedacht, wie uns Jesus mit Aufmerksamkeiten aller Art buchstäblich überhäuft.“ Manche werden das nicht verstehen. Macht nichts. Wir hüten es als das Geheimnis wie die Rheintöchter das Rheingold. Und wenn uns die Welt als Toren betrachtet — was liegt daran? Es mag uns die Tatsache genügen, daß alle, die diesen Weg beschritten haben und einmal ihr ganzes Leben ganz ernsthaft darauf eingestellt haben, unsagbar glücklich geworden sind wie nie zuvor.

Oft hat sich gezeigt, das gerade gut gesinnte, fürs Ideale eingenommene Menschen ihr katholisches Glaubensgut nicht kennen. Ist das nicht tief traurig?

Drum Freunde! Ruht nicht, bis alle, die guten Willens sind, dieses heilige Geheimnis kennen! Aus diesen neu umgewandelten Seelen holt ihr dann alles heraus an Glaubens- und Opferkraft, was ihr wollt: Ihr erzieht die Apostelseelen, die Opferseelen.

All das um des Heilands willen, der uns mit Aufmerksamkeiten aller Art überhäuft.

Wir sinken auf die Knie nieder und stammeln in tiefster, seelischer Ergriffenheit: „Heiland, das haben wir noch nie so gewußt.“