XIX.

MITTEN IN EINEM TRÄNENTAL

 

Wir leben nicht im Paradies,

drum werden sich immer Dissonanzen ergeben. Wir wandeln in einem Tränental, nicht in einem Rosengarten, drum werden sich die Dornen immer bemerkbar machen. Wir weilen nicht immer unter Engeln im Fleisch.

Viele Seelen ohne religiösen Halt sind schon zerbrochen am Leben, noch mehr „leiden am Leben“, die meisten hadern mit ihrem Geschick, und nicht wenige davon halten es für nicht lebenswert und möchten Schluß machen mit einem Leben ohne Sinn und Gehalt.

Es gibt schwere Probleme im Leben, Unverständliches, Unfaßliches. Das ist sicher. Es gibt schreckliche Tatsachen, Tatsachen, wobei Unschuldigen sogar das Lebensglück und die Lebensfreude geraubt wird. Scheinbar triumphiert dann das Unrecht.

Im Namen Vieler lasse ich auf die schwerste und schwerwiegendste Frage dieses Büchleins: „Warum unschuldig leiden?“, jene antworten, die das Schwerste ertragen haben und doch nicht irre geworden sind am Heiland.

Wie war die Gesinnung der ersten Märtyrer? Sie betrachteten es als Auszeichnung, für Jesus leiden und sterben zu dürfen. Sie waren nicht von dieser Welt, obwohl sie das Schöne in der Welt nicht verkannten. Und selbst, wenn ihnen das herrlichste Leben angeboten worden wäre, sie sehnten sich nach der Ruhe in den Wunden des Herrn.

Es kommt das so schön zum Ausdruck in einem Lied von Eugen Hildach, das mir und anderen unvergeßlich bleibt:

 

Ich bin durch die Welt gegangen,

Und die Welt ist schön und groß,

Und doch zieht mein Verlangen

Mich weit von der Erde los.

 

Ich habe die Menschen gesehen,

Und sie gehen spät und früh;

Sie schaffen und kommen und gehen,

Und ihr Leben ist Arbeit und Müh!

 

Sie suchen, was sie nicht finden

In Liebe und Ehre und Glück,

Und sie kommen, belastet mit Sünden,

Und unbefriedigt zurück!

 

Es ist eine Ruhe vorhanden

Für das arme, müde Herz,

Sagt laut es in allen Landen:

Hier ist gestillet der Schmerz!

 

Es ist eine Ruhe gefunden

Für alle fern und nah,

In des Gotteslammes Wunden

Am Kreuze von Golgatha.

 

Ich füge noch bei,

was eine hochherzige Seele sich durch fleißige Übung in den Aufmerksamkeiten erarbeitet hat.

„Wie gut und heilsam ist doch jede kleine Widerwärtigkeit und jedes Kreuzlein. Da lernt man wirklich das Wunderbild der göttlichen Liebe und Güte schauen und verstehen. Es ist einfach herrlich, zu allem Ja und Amen zu sagen, die Augen zu schließen und sich mit jubelnder Seele dem Heiland zu überlassen.“