XVIII.

IMMER WIEDER AUFMERKSAMKEITEN

 

Wie in einem klassischen Museum

alles nach bestimmten Richtlinien geordnet ist, so liegen auch der unbekannten Wunderwelt bestimmte Gesetze zugrunde, die wir kennenlernen müssen. Sonst könnte es allzu leicht sein, daß diese erhabenen Erkenntnisse nur einen vorübergehenden, flüchtigen Eindruck darstellen, statt in Fleisch und Blut überzugehen.

Die aus dem Kapitel von den Aufmerksamkeiten des Heilands für uns abgeleiteten Gesetze sind folgende:

1.  In recht kindlicher Art aufmerksam werden auf die feinen Fügungen — Aufmerksamkeiten — des Heilands; dann herzlich danken!

2. Diesen Aufmerksamkeiten fleißig nachspüren — im eigenen Leben, in der Lebensgeschichte, im täglichen Leben — und kindlich sich freuen; dann herzlich danken.

3. Den Liebeserweisen des Heilands gegenüber in unserer Art wieder aufmerksam sein, den Heiland mit kleinen Aufmerksamkeiten überhäufen — kleines Geheimnis wenigstens!

4.  Die Gedanken Gottes nachdenken und herauszufinden suchen bei Vorkommnissen, die uns aus der Fassung bringen möchten; dann herzlich danken!

Das sind zweifellos die Wege, die in uns einen feinen Sinn, den Geist der Kindlichkeit, eine schöne Seele, einen herrlichen Charakter anbahnen. Möchten doch recht viele diese Wege der Kindlichkeit studieren! Als Begründung für diesen Weg habe ich nur das Heilandswort: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder . . .“

Das aber dürfte uns Tag und Nacht nicht aus dem Kopf gehen.

Nun wollen wir die ersten zwei Gesetze im einzelnen praktisch darlegen.

1.  In einem Geschäft: „Mein Wunsch war es schon lange, daß ich wieder öfters bei der Arbeit mitbeten könne. Heute hat mir der liebe Heiland eine Arbeit zuteil werden lassen, die es mir ermöglicht hat, oft an Ihn zu denken und durch mein Geheimnis Ihn zu erfreuen.

Morgens eilte ich zur Kirche, um den Segen mit dem Allerheiligsten noch zu bekommen. Leider kam ich zu spät und hatte keine Aussicht mehr, den heiligen Segen zu erhalten. Doch siehe — wie aufmerksam vom Heiland —, es kam ein Priester vom Versehgang zurück und ich erhielt den Segen mit dem Ziborium ... Ich bat den Heiland, Ihm einen Dorn aus Seinem wunden Haupt herausziehen zu dürfen: Mittags durfte ich grobe Worte über mich selbst anhören . . .

Am Abend, als ich heimging, machte mir der Heiland die Freude, eine recht brave, fromme Seele zu treffen, die ich alle Tage bei der heiligen Kommunion sehe. Das Zusammentreffen mit ihr munterte mich wieder ungemein auf und war mir ein Ansporn, ihr nachzueifern . . .

Heute war ich recht arm und elend. Beim Tabernakel flehte ich wieder um Trost und Liebe. Am Abend erzählte mir meine Schwester vom lieben Heiland und sprach so gut und eindringlich zu mir, daß ich wieder fröhlich geworden bin . . . Was ich wünsche, gibt mir mein Heiland. Drei Wünsche hatte ich an das liebe Christkind. Alle drei hat es mir erfüllt, nämlich: 1. Marienkind werden zu dürfen; 2. den lang ersehnten Frieden in der Familie wieder zu erleben; 3. die Gnade, öfters zur heiligen Kommunion gehen zu dürfen.

Überall sah man so deutlich Gottes Fügung heraus. Besonders beim 2. Punkt hat der liebe Heiland alles so wunderbar geordnet. Welche Liebe zu mir! Alle Aufmerksamkeiten kann ich gar nicht schreiben. Es sind ja so viele.“

2.   Ein Mädchen vom Lande: „Es war im Monat Juli. Ich war für einige Tage bei einem reichen Gutsbesitzer zum Nähen. Zufällig kam ein Priester zu Besuch, der mit dem Gutsherrn verwandt ist. Am Morgen des folgenden Tages feierte er nicht die heilige Messe im Pfarrdorf, sondern im ganz einsamen Waldkirchlein, also von meinem Arbeitsplatz aus nur einige Minuten entfernt. Ohne jede Störung im Beruf konnte ich ganz ruhig zwei Tage nacheinander dem heiligen Opfer beiwohnen; ja noch viel mehr: den Heiland in der heiligen Kommunion in mein Herz aufnehmen. Solche Tage des Glückes würde ich mit keinem Gut dieser Erde vertauschen. —

Lange schon war es mein Herzenswunsch, eine Wallfahrt zu unternehmen. Ich bekam trotz vieler Bitten von der Mutter keine Erlaubnis. Auf einmal kommt ein Lichtgedanke. Eine Freundin von mir faßte den gleichen Entschluß. Wir ersuchten dann eine gute Bekannte, sie möchte meiner Mutter ein gutes Wort geben und — es half. Freilich auch mit Gebet begleitet. Nach einigen Tagen knieten wir glücklich vor der lieben Gnadenmutter . . .

Auf einen Samstag im August war eine Trauung angesagt. Ich wurde von meiner Mutter zur Teilnahme hingeschickt. Als ich hinkam, sagten die Leute, sie sei auf Montag verschoben. Doch der Heiland wollte mir eine Freude machen: es war nämlich eine heilige Messe zur gleichen Stunde. Gewöhnlich kann ich an Samstagen nie in die Kirche kommen.

Kürzlich schlief ich am Abend vor Müdigkeit ohne Nachtgebet ein. Nachts um 01:30 Uhr weckte mich die Mutter, weil ihr unwohl wurde. Nach beendigter Dienstleistung mahnte mich das Gewissen: „Johanna, ohne Gebet bist du zur Ruhe gegangen.“ Ich holte es gleich nach und bereute den Fehler. Dann kam das kleine Geheimnis mir in den Sinn: „Mein Jesus, ich hab’ Dich lieb“; denn Du hast mich gerufen, während der Nacht Dich zu lieben. Ach, hätte ich das früher in meinem Leben schon gewußt!

Es ist ein herrlicher Sonntagmorgen und doch trübe Wolken über dem Horizont meiner Seele. Die Mutter befiehlt mir das „Daheimbleiben“, um im Hause alles zu ordnen und für Mittag das Essen recht bald zu richten. Keine Kleinigkeit — dachte ich mir —, die Sonntagsmesse zu versäumen; vielleicht greift der liebe Heiland noch ein!

Ich vernehme im Innern eine Stimme, die zu mir spricht: „Richte schnell dein Sonntagsgewand her, damit du schneller fertig bist, wenn die Stunde schlägt.“ Ich tue es und beginne die Arbeit. Plötzlich öffnet sich die Türe: vor mir steht die Mutter und sagt: „Wenn wir mitsammen noch das Essen zum großen Teil herrichten, dann kannst auch du zur Kirche gehen.“

Gesagt, getan und flugs geht’s dahin, dem Heiland entgegen im jubelnden Dank für das Sonntagsglück.

... Wie lange schon hab’ ich mich gefreut auf den Festtag in der benachbarten Stadt. Doch vorerst kamen bittere Prüfungen. Es war gar keine Aussicht, daß sich der Schwächezustand meiner Gesundheit so rasch bessere. Dazu regnete es die ganze Woche in Strömen. Meine Schuhe waren beim Schuhmacher, und trotz wiederholter Bitten hatte ich sie nicht bekommen. Ich fühlte schon, daß der liebe Heiland nur sehen wollte, ob ich auch diesen Herzenswunsch opfern könnte. Fast war ich bereit, da bricht der Sonntag an im Sonnenstrahlenglanz. Und siehe: Gott verläßt die Seinen nicht — ich durfte fort. Noch kam das letzte Ringen mit der Mutter um den Heiland selber, die heilige Kommunion. Es war schwer — aber gegangen ist’s. So konnte ich dem Festgottesdienst mit Predigt und Kommunion beiwohnen. Wirklich hat der Heiland an diesem Tag Wunder gewirkt!

... Eine Frau kaufte in einem Geschäft viel ein. Sie mußte die schwere Last eine gute Strecke weit tragen. Ich bemerkte es zufällig und bot mich zur Hilfeleistung an, da ich fast den gleichen Weg ging. Als wir ankamen, nahm die Frau meinen Handkorb und füllte ihn mir zur Belohnung mit Äpfeln. Die Freude, mit der ich sie nach Hause brachte, kann man sich leicht vorstellen.

So sind es Aufmerksamkeiten ohne Zahl, mit denen Jesus mich überhäuft. Schon deswegen muß der Himmel ewig sein, weil ich einmal eine Ewigkeit brauche, um Ihm für alles zu danken.“

3.  Edelweiß: „Seit zwei Jahren habe ich mich schon daran gewöhnt, in ein Büchlein (eine Art Tagebuch) ab und zu die besonderen lieben Aufmerksamkeiten des Heilandes einzuschreiben. Es sind viele! Und erst die zahllosen kleinen täglichen Aufmerksamkeiten! Ja, immer wieder überhäuft Er mich damit. Man kann daraus sehen, wie Er uns liebt! Wir können Ihm nicht genug danken. Oft denke ich mir: „Je größer der Sünder, desto überreicher die Gnade.“

Hatte gestern eine lange Aussprache mit einer Bekannten — die arme und doch glückliche Seele! Es schneidet mir ins Herz, sie so leiden zu sehen, und ich kann nicht helfen. Es scheint, es ist das eine ganz besondere „Aufmerksamkeit“ von oben, daß wir gerade in diesem Ringen beisammen sein dürfen. Es mutet mich ganz eigentümlich an, daß selbst unsere gegenseitigen Familienverhältnisse so große Ähnlichkeit haben. Eine große Ruhe ist’s, immer und in allem zu denken: auch wieder eine „Aufmerksamkeit“.

 

Meine Freunde!

Lassen wir uns nicht beschämen von einfachen Kindern des Volkes, deren Erzählung wir eben gehört haben. Viel wußten sie aus dem täglichen Leben zu sagen, um in uns die ersten zwei Leitsätze zu festigen: Aufmerksam werden und fleißig den feinen Fügungen nachspüren!

So wie ein Buch geschrieben wurde über die „Herrlichkeiten“ der göttlichen Gnade, so könnte man auch eines schreiben über die Herrlichkeiten der göttlichen Liebe.

Nun soll auch mit den anderen zwei Gesetzen die große Schule zu Wort kommen. Schon lange heben Sie ja den Finger auf, und man hat Ihr Warten und Ihre Geduld aufs höchste gespannt! Mit elementarer Gewalt will es heraus aus dem Herzen, was drinnen glüht und erwärmt.

Gott sei Dank, es gibt in unserem Jahrhundert und unserer Zeit Feuerseelen. So sollen denn diese das Wort ergreifen und ihre Erfahrungen kundgeben.

1.  Ganz in der Hand der Vorsehung: „Wie glücklich und selig fühle ich mich in dem Gedanken, ,ein Kind der göttlichen Vorsehung’ zu sein. Und mit vollem Rechte darf ich mich so nennen. Denn: was in den 50 Jahren meines Erdendaseins mir an liebevollen Beweisen der göttlichen Fürsorge schon zugekommen ist, könnte ein Buch ergeben, betitelt: ,Walten der göttlichen Vorsehung’.

Unfaßbar ist es mir, wenn ich von ,Zufall’ höre. Gibt es einen Zufall? Sicher nicht. Denn alles lenkt, leitet und ordnet die göttliche Vorsehung, Freud und Leid, Hartes und Angenehmes, alles wird uns zugesendet von der lieben göttlichen Vorsehung zu unserem Besten, zu unserem größten Seelennutzen und besonders, um recht losgeschält zu werden von den menschlichen Anhänglichkeiten, um näher zum lieben Gott zu kommen. Immer denkt an uns, beschäftigt sich mit uns die göttliche Vorsehung, um uns einst ewig glücklich zu sehen.“

 „Viel Schwierigkeiten standen der Ausführung meines Lebensberufes im Wege. Die göttliche Vorsehung hat alles in besorgter Liebe gelöst und jede Schwierigkeit in einer Weise beseitigt, die ans Wunderbare grenzt.

Im Berufsleben zahllose Beweise göttlicher Fürsorge. Später in Führung eines großen Haushaltes in einer Waisenanstalt fast ohne Geld, kam immer wieder so viel, daß keines Not leiden mußte.

Freilich heißt es, das Seinige dazu tun, kindlich vertrauen, beharrlich beten und arbeiten.

Noch ein liebevoller Beweis: Notwendig brauchten wir in unserer Anstalt für unsere Zöglinge eine zweite Arbeitsmaschine. Wegen der hohen Kosten erhielten wir auf Grund einer Eingabe eine abschlägige Antwort. Nun hieß es, kindlich vertrauensvoll bei der göttlichen Vorsehung anklopfen. In einer zweiten Eingabe begründete ich nochmals die Notwendigkeit der Maschine. Die Antwort ließ auf sich warten. Unterdessen mußte ich Geschäfte halber ausgehen, bat am Morgen bei der heiligen Messe, daß, wenn es Gottes Wille sei, die liebe göttliche Vorsehung uns etwas schicken möchte, die Maschine zu kaufen. Eben beim Fortgehen kam der Postbote und brachte einen Brief mit einer bedeutenden Summe. So sorgte die göttliche Vorsehung, daß am Weihnachtsabend die Zöglinge mit einer Maschine überrascht werden konnten.

Nicht nur in materieller, auch in seelischer Hinsicht gäbe es viel zu sagen. Jedem möchte ich zurufen: „Vertraue auf Gott und laß ihn walten!“

 

Kindliches Vertrauen

auf die göttliche Vorsehung hilft über viele Schwierigkeiten hinweg, macht das Bittere süß und erträglich und gibt der Seele hoffnungsfreudige Stimmung, echt kindliche Ergebung.

Wer achtsam die Einzelheiten seiner Lebensschicksale durchgeht, wird sicher viel finden, wie zart die göttliche Vorsehung dabei im Spiele war.

Wäre ich Priester, ich glaube, ich würde die Seelen immer wieder zum kindlichen Vertrauen auf die göttliche Vorsehung und ihre überreichen Erbarmungen anspornen.

Möchten doch recht viele Seelen glücklich werden im durchdringenden Bewußtsein:

„Ich bin ein Kind der göttlichen Vorsehung!“

2.  Ein Student: „Ein Priester war für mich zweifellos das Werkzeug Gottes, daß ich aus allerlei Irrwegen herausfand. Schon deswegen bin ich dem Priestertum zu so hohem Dank verpflichtet. Mein Leben schien sehr verwirrt und irregeleitet, auf den Zufall aufgebaut und vom Zufall abhängig zu sein.

Wie blind lebte und sündigte ich dahin. Da kam die Wendung. O Gott, wie danke ich’s Deinem Priestertum, daß ich soviel an inneren Freuden fand! Von da an lernte ich das Walten der Vorsehung kennen, und ich muß staunen, wie mein Lebensweg eine Kette von Aufmerksamkeiten wurde, die ich nie geahnt hätte. Jesus hat sich mir als Freund gezeigt, so nobel wie kein anderer. Seitdem ist mein Glaube so stark geworden, daß ich das Wort des hl. Paulus vom ,Berge-versetzen-können‘ (1. Kor. 13, 2) nun ganz anders verstehe. Selbst hinter den Sünden der Jugendzeit erkenne ich die Fügungen der Vorsehung und die Aufmerksamkeiten des Heilands, weil ich ohne diese Verirrungen jetzt nicht so demütig, vertrauend und hingebend wie ein Kind wäre. Diese Erkenntnisse haben mich sehr glücklich gemacht.“

3.  Eine Zwiesprache mit der eigenen Seele: „Du, meine liebe Seele, höre gut auf das, was ich dir sage! Hast du von ,Aufmerksamkeiten’ schon gehört? Gelt, ja! Zum Beispiel: du hast jemanden recht gern; nehmen wir an, es sei deine Mutter. Wen man aber lieb hat, dem möchte man am liebsten fortwährend Freude machen. So auch du deiner Mutter. Jeden Wunsch wirst du ihr von den Augen lesen, wirst ihr, wo du kannst, eine Arbeit abnehmen, und kommst du zur Frühlings- oder Sommerszeit von einem Spaziergang nach Hause, so bringst du ihr die ersten Blumen oder ein Beerensträußchen oder irgend etwas Liebes mit. Kurz und gut: du wirst ihr eine Überraschung um die andere bereit halten. Die Mutter aber wird sich freuen, und denken: Hab’ doch ein ,aufmerksames’, liebes Kind!

Nun schau, Dein Heiland hat dich so lieb, so unendlich lieb, daß irdische Liebe gar nicht damit verglichen werden kann. Und weil Er dich so lieb hat, will Er dir Aufmerksamkeiten erweisen, damit du Freude hast und Seine Liebe einsiehst. Und so hat Er jeden Tag etwas für dich bereit — du mußt bloß ein zartes Verständnis dafür haben. Heute ist es vielleicht nur ein Stündlein Sonnenschein, durch das Er deine trüben Gedanken verscheucht, morgen ein Blümlein, das du am Wege findest, ein andermal die Erfüllung eines kleinen oder großen Herzenswunsches, dessen Verwirklichung du dir niemals hättest träumen lassen.

Oder — Er läßt ein Buch in deine Hände kommen oder eine Zeitschrift — und was du da liest, das paßt so recht für dich und du ziehst daraus Nutzen und Trost und Freude.

Oder — Er führt dich mit Menschen zusammen, die veredelnd auf dich wirken, dich emporziehen und besser machen, und du bist ihnen dankbar dafür —, sei es aber vor allem deinem Heiland gegenüber! Solche Menschen sind ja doch ,ein Brief vom lieben Gott’!

 

Und so gibt es

tausenderlei Aufmerksamkeiten des Heilands — gib nur gut acht und du wirst es erleben!

Soll ich dir noch eine Aufmerksamkeit darlegen, die dir bisher entgangen ist? Seele, du willst doch deinen Jesus lieben: aber du kennst doch auch deine geheimen Anhänglichkeiten — —, die dich mit feinen, aber ,massiven’ Ketten an das Irdische binden. Und der Heiland weiß, daß das nicht gut ist für dein inneres Streben, daß du immer mehr verstrickt würdest und auf den Himmel vergäßest — und da schickt Er dir vielleicht ganz unverhofft eine Verdemütigung — oder Er läßt bisweilen eine innere oder eine äußere Verlassenheit über dich kommen, damit du dich besinnst — dich freier machst von der Welt und den Menschen und dein Herz in ungeteilter Hingabe Ihm schenkst, weil du ja doch nur am Heilandherzen wahres, reines Glück finden kannst. —

Sag, ist das nicht auch eine Aufmerksamkeit, ist das nicht sogar eine große?!

Seele, verstehst du nun des Heilands stille Art, dir ,Aufmerksamkeit’ zu erweisen? Nun, so bleib nicht unempfindlich und vergilt Sein zartes Liebeswerben mit treuer Gegenliebe und werde selber — eine ,aufmerksame’ Seele.“

 

Die letzten Beispiele

haben zugleich den dritten Leitsatz beleuchtet: Den Liebeserweisen des Heilands gegenüber in unserer Art wieder aufmerksam sein.

Zum 4. Leitsatz braucht man Zeit, viel Zeit. Der natürliche Mensch sträubt sich zu sehr, das, was kommt, ruhig hinzunehmen. Wer sich da nicht die Mühe nimmt, zu studieren, der ist für dieses Kapitel schon gar nicht geeignet. Manche ungestüme Naturen sind zwar gleich bereit, mit allem zu brechen — auch mit Gott —, aber sie sehen hernach ihre Torheit ein. Sie lassen sich zu einem Kompromiß herbei, der mit den Worten beginnt:

„Nun ja, in Gottes Namen. Wenn es also nicht mehr zu ändern ist, muß ich es halt annehmen. Es bleibt mir nichts anderes übrig als . . .“

4.  Das Priestertum selbst eine hervorragende Aufmerksamkeit des Heilands:

Es gibt Priester — Priester nach dem Herzen Gottes —, die sehr viel für die Seelen tun, sich buchstäblich aufopfern im Dienst des Heilands.

Priester, die mit persönlichem Gebet und Opfer verirrte Seelen zurückgeführt haben, sich die Bekehrung der Seelen eine Herzensangelegenheit sein lassen.

Priester, die dann im Beichtstuhl mit unsagbarem Kummer den Schwerstgefallenen noch den Glauben an eine Rettung beigebracht, ihnen den Glauben an die Menschheit, den Mut zur Reinheit zurückgegeben haben.

Priester, die mit Ermahnungen und Bitten nicht gespart haben aus zutiefst ergriffenem Herzen, ohne harte Verurteilung und mit einem Mitleid und einem Mitgefühl, das den armen Verirrten oft weit mehr Tränen auspreßte als die Schmach der Sünden.

Ja, ich möchte es der Welt laut künden, daß es Priester gibt mit „Erlöserherzen“, denen es die größte Freude macht, arme verirrte Schäflein, die oft unter einer Jugendzeit ohne Sonne oder den grauenhaften Folgen einer Jugendverführung seufzen, wieder glücklich zu machen!

Priester, die auch das erleben, was der Heiland zu Schwester Benigna gesagt hat: „Du kannst die Freude nicht begreifen, die Ich empfinde, wenn Ich mich als Heiland betätigen kann. Darin finde Ich Meine größte Befriedigung: Ich stelle die schönsten Meisterwerke aus jenen Seelen her, die ich aus dem tiefsten Elend und aus dem Schmutz herausgezogen habe. Sobald die Sünden verziehen sind, werden sie für die Seele, die sie begangen hat, ebenso viele Quellen der Gnade, weil sie ein steter Anlaß zur Demut sind.“

 

Liebe Freunde!

Es ist keine Übertreibung, wenn ich sage:

Jene Seelen, die einem Priester das Glück ihrer Seelenrettung verdanken, vergessen das nie mehr und betrachten es als größte Aufmerksamkeit des Heilandes, daß Er ihnen einen solchen Priester in den Weg schickte.

Ich will dieses Kapitel gar nicht ausdehnen auf die unendlich kostbaren Dienste von Seelenleitung und Seelenführung. Das Gesagte genügt, um zu beweisen, daß unser Priestertum selbst eine große Aufmerksamkeit des Heilands ist.