XX.

FREUNDSCHAFT MIT CHRISTUS

 

Wenn alle Seelen,

die guten Willen haben, mit Eifer und Ausdauer an der Selbstheiligung arbeiten und sie glücklich lösen, so meine ich, es wäre dadurch viel geschehen für die Beglückung der Welt.

Und wenn erst gar sich all die Standhaften zeigen, die durch nichts abwendig gemacht werden und die mit dem Apostel Paulus (Röm. 8, 35) sagen können: „Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Bedrängnis oder Verfolgung oder Hunger oder Entblößung oder Gefahr oder das Schwert?“ — es steht ja geschrieben: „Deinetwegen schweben wir stets in Todesgefahr, Opferschalen werden wir gleich geachtet“ — dann wird Jesus Siege feiern, dann glaubt man daran, daß es tatsächlich Menschen gibt, die Jesus lieben.

Man meine aber ja nicht, daß sich der Heiland dabei nur huldigen läßt wie ein Herrscher. Nein: Er kommt uns entgegen und bietet uns Seine Hand an als Freund.

Damit beginnt etwas, was aufs innigste mit dem bisher behandelten Stoff zusammenhängt, aber im folgenden behandelt wird: die Krönung der gegenseitigen Aufmerksamkeiten — das Großartigste, was uns erst die Schönheiten des Gebetslebens, des Opferlebens, der Hinopferung, den Jubel alles Innenlebens, aller Mystik aufschließt: Die Freundschaft mit Christus.

Den kommenden Ausführungen stellen wir als Einleitung ein Gedicht voran aus einem alten Manuskript, das der Konvertit Benson in einem seiner Bücher anführt. Diese Gedanken sollen uns durchs ganze Büchlein begleiten:

 

Dies ist mein Freund.

 

Laß mich dir sagen, wie ich Ihn kennen lernte. Ich hatte viel von Ihm gehört, aber ich beachtete es nicht.

Er sandte mir täglich Gaben und Geschenke, aber niemals dankte ich es Ihm.

Oftmals schien Er meine Freundschaft zu wünschen, aber ich blieb kalt.

Ich war heimatlos und elend, hungrig und stündlich in Gefahr; Er bot mir Obdach und Rast, Speise und sichere Hut; und immer noch war ich undankbar.

Zuletzt kam Er auf mich zu und bat mit Tränen in den Augen: Komm und verweile bei Mir!

Laß mich dir auch sagen, was ich von Ihm denke:

Er befriedigt alle meine Bedürfnisse.

Er gibt mir mehr, als ich erbitten mag.

Er errät meine Wünsche im voraus.

Er bittet mich, mehr zu verlangen.

Niemals erinnert Er mich an meine vorige Undankbarkeit und wirft mir nie meine früheren Torheiten vor.

Laß mich dir sagen, was ich von Ihm denke:

Er ist ebenso gut wie groß.

Seine Liebe ist ebenso heiß, wie Sie wahr ist.

Er ist ebenso freigebig in seinen Versprechungen wie treu im Erfüllen.

Es ist ihm ebensoviel an meiner Liebe gelegen, wie Er ein Anrecht darauf hat.

Ich bin in allem Sein Schuldner, Er aber bittet mich:

— Ihn Freund zu nennen.