XXVIII.

EBENSO GUT WIE GROSS

 

„Laß mich dir sagen, was ich von Ihm denke: Er ist ebenso gut wie groß.“

 

Wenn alle Bücher der Bücher

die Güte der Menschenfreundlichkeit des Heilandes nicht zu erfassen vermögen, so vermag erst recht dies kleine Buch es nicht, auch nur einigermaßen das schöpferisch zu behandeln, was es um die Freundschaft mit Christus ist. Nur einige Gedanken oder eine Auslese von Gedanken kann es der Reihenfolge nach in neuer Beleuchtung bieten.

Und so sagen wir denn von unserem Freund: Er ist ebenso gut wie groß.

Wir sind froh, Freunde zu haben, die einflußreich und mächtig sind. Wer etwa einen Minister zum Freund hat, schätzt sich besonders glücklich, weil er der Allmacht des Ministers viel zuschreibt. Ist nun dieser hohe Beamte recht eingenommen von seiner Würde und behandelt er uns so von oben herab, so sind wir trotzdem froh, bei ihm Zugang zu finden, was eben nicht jedem vergönnt ist. Er hört uns wenigstens an und spricht dann irgendein Machtwort, wenn er kann. Wie ganz anders aber, wenn dieser hohe Beamte zugleich sehr gütig und herablassend ist, uns gegenüber sich benimmt, als wären wir seinesgleichen.

Ganz herablassend, ganz gut ist Jesus uns gegenüber.

 

„Er ist ebenso gut wie groß und mächtig.“

 

1.   „Kürzlich habe ich in einer Predigt gehört: Der liebe himmlische Vater trägt uns immer auf Seinen Armen. Sind wir im Glück und ohne Kreuz, dann trägt Er uns auf dem rechten Arm, sind wir voller Leiden und Prüfungen, dann trägt Er uns auf dem linken Arm, daß Er uns näher an Seinem heiligen Herzen hat.

Seit meiner Rückkehr ist meine Mutter ganz anders zu mir. Ich brauche nichts mehr zu leiden, wenn ich manchmal zur heiligen Kommunion gehe. Auch beim Vater habe ich alle Furcht überwunden. Ich fühle mich so glücklich. Wirklich, der liebe Heiland überhäuft mich mit Aufmerksamkeiten aller Art. Er ist ebenso gut wie groß. Das merke ich. Immer mehr zieht es mich ab von der Welt; denn ich sehe, daß niemand herzlicher besorgt ist um mein zeitliches und ewiges Glück als Jesus, den ich mir als Freund erwählt habe.

2.   „Meine gute Freundin mußte kürzlich an einer Hochzeit teilnehmen und da hat sie mich eigens vorher inständig ums Gebet ersucht, und ihr Vertrauen auf Jesus wurde glänzend belohnt. Sie hat es mir selbst erzählt. Es war ihr, als hätte sie inmitten des Trubels und der Tanzwut eine unsichtbare Hand herausgerissen und an Jesus erinnert.“

 

„Jesus, unser Freund, ist ebenso gut wie groß“

1.   „Ein heiliges Feuer durchdrang mein ganzes Innere, als ich die Freundschaft mit Christus betrachtete. Nun freue ich mich wieder um so mehr meines schönen, herrlichen Zieles, das mir, ich kann es mir nicht anders denken, der liebe Heiland selber durch das liebe, kleine Geheimnis erst ganz klar und deutlich gezeigt und gelehrt hat. Denn jetzt ist es mir, als würde ich wie eigentlich ganz von selber, immer den Heiland in mir und bei mir sehen und alles, ich möchte sagen, fast jeden Augenblick Ihm abschauen und alles so tun, wie Er es zu tun wünschte mit gänzlicher Ausschaltung des eigenen Ich.

Bei jeder Gelegenheit, besonders bei dem, was dem eigenen Ich zuwider ist, heißt ja mein Losungswort: ,Ich muß sterben’ und ,Heiland, Du mußt in mir leben’, erfüllt immer ein gewisser innerer Jubel mein Herz, weil ich bei diesen Gelegenheiten mir immer ganz unwillkürlich denken muß: schon wieder eine liebe Aufmerksamkeit des Heilandes. Er will wieder etwas vom eigenen Ich wegnehmen und Sein Bild in mir wieder schöner gestalten. Ich muß ihn nur mit mir machen lassen, wie Er will. Er möchte ja schöne, heilige Seelen aus uns machen. Dieses erfüllt mein Innerstes immer mit einer tiefen Freude, wenn auch die Natur oft nicht mittun will.

Und aus diesen Gesinnungen heraus drängt sich dann selbstverständlich die Bitte auf: ,Heiland, laß mich Dein vollkommenes Opferlamm sein!‘ Keine Faser mehr soll in mir sein, die nicht ganz Dir gehört. Diese Bitte ist mir seit dem letzten Weihnachtsfest besonders lieb geworden, da ich dem lieben Jesus in die Krippe hinein mein Versprechen legte: alles als liebe Aufmerksamkeit zu betrachten und mit dankbarer Gegenliebe zu erwidern. Und ich muß sagen, es ist mir wirklich bis jetzt gelungen: alles von der ewigen Liebe anzunehmen und mit Liebe wieder zu beantworten . . .

Und merkwürdig sind die Aufmerksamkeiten des Heilandes. Wie freute es mich doch, daß ich den Weiheakt der gänzlichen Hingabe schon vor zwei Jahren machte und jetzt mich ganz dem Heiland hingeben durfte. Und so fühlte ich auch besonders im letzten Maimonat zu meiner größten Freude, ohne daß ich dieses bisher eigentlich so merkte, daß ich ebenso, wie ich den Heiland immer bei mir sehe und bei allem auf Ihn blicke, ich ebenso nahe auch meine himmlische Mutter bei mir habe und ihr alles abschaue . . .

Und gerade dies ist das große Ideal, das mir vor Augen schwebt, das ich mit der Gnadenhilfe des Heilandes, an der Seite meiner himmlischen Mutter erreichen möchte. Dieses fasse ich auch als meine einzige Lebensaufgabe auf: jeden Augenblick meines Lebens Gott, meinen Heiland, zu verherrlichen — Ihn zu loben durch all mein Tun und Lassen. Und eben deswegen möchte ich jeden Augenblick, den ich hier auf Erden noch leben darf, als einen Beweis der unendlichen Liebe Gottes zu mir betrachten, weil ich Ihn in jedem derselben verherrlichen und lieben darf . . .

Ich glaube das dadurch verwirklichen zu können, daß ich mir die größte Mühe gebe, alles zu tun, was Er will, und so zu tun, wie Er will — wie mir’s eben der Heiland immer eingibt. Und so fühle ich mich eigentlich immer in Vereinigung mit den Engeln im Himmel, die nach dem Willen der ewigen Weisheit immer ihr ,Heilig, heilig!' singen. Und ich darf durch das Allergeringste, was ich in dieser Absicht vollbringe, das Gleiche tun, das gleiche Lied singen, das Lob unseres Schöpfers.

So ist mir auch in meinem Gebetsleben das Lobgebet zum Lieblingsgebet geworden. Und so kommt es mir vor, als müßte ich hier auf Erden schon so leben und das zu tun lernen, was ich einst über kurz oder lang tun darf, wie ich sehnlichst hoffe: die ganze Ewigkeit hindurch Gott zu lieben, zu loben, einzig Ihn zu verherrlichen.

Freilich habe ich dieses Ziel noch lange nicht erreicht, aber ich hoffe es, weil der Heiland in mir lebt und alles in mir vollbringt, was ich mit Seiner Gnade erreichen möchte.“

 

Halten wir etwas inne

 und denken wir nach, wie der liebe Gott doch in manche Seelen schon so große, herrliche Ideen: Ewigkeitsgedanken, hineingelegt hat!

2.  Müssen wir nicht aufhorchen, wenn eine Kranke, die wegen Rückenmarktuberkulose 11/2 Jahr in der gleichen Lage liegen mußte, aber durch die heilige kleine Theresia später wunderbar geheilt wurde, berichtet:

„Mir geht es körperlich gerade nicht besonders gut, um so glücklicher bin ich aber seelisch, denn je mehr ich leide, um so näher bin ich Jesus. Heute morgen kam der liebe Heiland in der heiligen Kommunion zu mir. Sie können sich also denken, wie froh und glücklich ich gerade heute bin. Oh, wie gut ist doch Gott! Nicht Werke soll von nun an die Seele vollbringen, nein: für Jesus allein soll nun die Seele ein Bethanien sein, und während draußen in der Welt so viele Menschen Jesus verleugnen, verachten und verspotten, wird ,Er‘ sich ausruhen im ahnenden Verstehen mit meiner Seele.“

Immer finden wir das eine Große, Beherrschende:

 

Jesus steht im Mittelpunkt

Keine Bibliothek könnte die Bücher fassen, die dieses Kapitel erschöpfen. Das Tagebuch jeder innerlichen Seele müßte ausklingen in das Bekenntnis:

„Ja, Jesus ist ebenso gut wie groß. Wer es erfahren hat, der freut sich mit allen Wissenden darüber."