Kapitel 12

Wer, wenn er nur etwas Verstand hat, kann glauben, Luther sei wie Paulus vom Geist Christi erfüllt gewesen?“

 

Letztes Mal haben wir über Anlass und Ursachen des lutherischen Abfalls von der Kirche gehört. Deren erste war der Neid. Hinzu kommen aber Stolz und Eigenliebe. Hören wir die Fortsetzung dieser Gedanken über die Ereignisse der Jahre 1517/1518 aus der „Darstellung des Luthertums“ des hl. Kirchenlehrers Laurentius von Brindisi:

„Nicht allein eine Ursache hat Luther zum Verlassen der Römischen Kirche bewegt [wie diese Äußerung Luthers offenlegt – Zitat]: „Bald schrieb ich zwei Briefe: einen an den Mainzer Erzbischof Albrecht, der die Hälfte des Geldes aus den Ablässen erhielt; den anderen an den Ortsbischof Hieronymus, den Bischof von Brandenburg, darum bittend, dass sie die Unverschämtheit und Blasphemie der Schatzmeister[6] einschränkten. Doch der armselige Frater wurde verachtet. Ich, der Verachtete, arbeitete [darum] das Thesenpapier[7] aus“.

Was soll dieses „der armselige Frater wurde verachtet“ und „ich, der Verachtete“? [Nun,] Luther wollte von Anfang an als der Erleuchtete geehrt werden. [Doch] wer demütigen Herzens ist, sucht nicht seine Ehre. Der Herr sagt: Wer von sich selbst redet, sucht die eigene Ehre (Joh 7,18).

Der so überaus demütige Luther hat alle verachtet [Zitat]: „Die gesamte päpstliche Gewalt stand gegen mich auf“, [er meint also] Bischöfe, Theologen und Lehrer, die ganze katholische Kirche. Er [aber] hat seine Meinung allen vorgezogen. Dieser Einzige wäre allein wissender als alle anderen zusammen [?]. Wer wird da nicht sehen, dass dies dreistester Hochmut ist? Wie wenig folgt Luther dem Wort [des Paulus]: Wenn jemand meint, etwas zu wissen, hat er noch nicht erkannt, auf welche Weise ihm zukommt, zu wissen! (1 Kor 8,2). Luther wollte sich uns als ein Wissender zeigen.

[Die dritte Ursache seines Abfalls ist die Selbstliebe. Denn…] Als er nach Rom vorgeladen wurde, ist er jener Vorladung mit großer Sorge um sich selbst listig entgangen. Er bediente sich der Gunst seines fürstlichen Beschützers, [von dem er sich] Empfehlungsbriefe ausstellen [ließ].[8] Hat Paulus, mit dem Luther sich gern vergleicht, ebenso das Evangelium zu verkünden begonnen? Mit Empfehlungsbriefen des Fürsten ausgestattet und unter dem Schutz des Kaisers? Fürwahr, hier unterscheidet sich Luther vom Geist des [hl.] Paulus. Als der [nämlich] durch göttliche Offenbarung immer sicherer wusste, dass ihn Fesseln und Bedrängnisse in Jerusalem erwarteten, und [als ihm] aufs inständigste abgeraten wurde, [nur] nicht nach Jerusalem hinauf zu gehen; [da] hat er dennoch durchaus hinaufziehen wollen, um für Christus Schmach zu erleiden.[9]

Hatte Luther [des weiteren] vom Papst, von den Kardinälen und Bischöfen, den Mönchen und Katholiken dasselbe erlitten, wie Paulus von den Hohepriestern, Pharisäern und übrigen Juden? [Luther wurde] ohne Beschimpfung und mit gutem Recht wegen schwerwiegender Häresie und der Störung des öffentlichen Friedens verurteilt. [Dennoch] erfüllte er den Himmel mit Klagen und Geschrei und stiftete mit [seinem] Hundegebell große Verwirrung. Wer, wenn er nur etwas Verstand hat, kann glauben, [Luther] sei wie Paulus vom Geist Christi erfüllt gewesen?

Und noch eines: [Der wahre Apostel] Paulus hat beständig dieselbe Lehre verkündigt, niemals hat er Gegenteiliges gelehrt. Luther [aber hat] zu Beginn seines neuen Evangeliums, als er die Ablässe angriff, die guten Werke [zunächst] empfohlen [Zitat]: „Ich begann der Volksmenge zu widersprechen und sie zu ermahnen, nicht dem Geschrei über die Ablässe Gehör zu schenken, [und] nicht die Ablässe für wichtiger zu halten als ihr Verhalten“. Und [in einer weiteren Schrift[10] - Zitat]: „behandelte ich aus Ehrerbietung zum Papst [die Sache] freilich so, dass die Ablässe nicht verurteilt, sondern ihnen die guten Werke der Liebe vorgezogen würden“.

Und im Brief an den Erzbischof von Mainz [Zitat]: „Ich beklage gar nicht die Ausrufe der [Ablass-]Prediger, die ich [auch gar] nicht gehört habe, sondern ich empfinde Schmerz, weil durch die dem Volke eingeimpften [Predigten] ein schweres Missverständnis hervorgerufen wird. Die unglücklichen Seelen glauben, wenn sie die Ablassbriefe kauften, wären sie ihres Heiles sicher“ –[11] „Deshalb konnte ich nicht länger schweigen. Der Mensch wird nicht durch irgendein Geschenk des Bischofs seines eigenen Heiles gewiss, weil er nicht einmal durch die eingegossene Gnade Gottes [dessen völlig] gewiss ist. [Darum] befiehlt uns der Apostel, unser Heil immer in Furcht und Zittern (vgl. Phil 2,12) zu wirken; und der Gerechte, sagt Petrus, wird kaum gerettet (1 Petr 4,18). Der Weg ist schmal, der zum Leben führt (Mt 7,14), so dass der Herr die Geretteten bei den Propheten[12] als aus dem Feuer herausgerissene Scheite bezeichnet. Überall verkündet der Herr die Schwierigkeit des Heils.[13] Warum also machen die Prediger durch jene Fabeleien und Versprechungen von Sündennachlass das Volk sicher und ohne Furcht?“ [Das sagte Luther!]

[Bald] darauf [aber] sagt dieser neue Evangelist allen guten Werken den Kampf an. Allein der Glaube sei zur Erlangung des Heils notwendig, und er macht den Menschen seines Heils auf das Sicherste gewiss allein durch den Glauben. Wie unter gegensätzlichen Winden steuert Luther erst nach rechts, dann auf entgegengesetztem Kurs nach links, und der spätere Geist Luthers ist dem früheren konträr; jener mahnte zu guten Werken, dieser hat widerraten: jener [mahnte] zur Furcht, dieser hat die Gewissheit des Heils gepredigt.

Dieser unglückselige Mensch ist wie ein im Winde herumgewirbeltes Blatt gewesen, nicht gefestigt im Geist Gottes, wie die Apostel. So ist es [doch] klar, dass Luther kein Apostel Christi gewesen ist, sondern ein Pseudoapostel. Wenn [aber] jemand [unbedingt] darauf besteht, Luther sei [doch] ein Apostel gewesen --- dann widerspreche ich [auch] nicht – jedoch [ein Apostel] des Antichristen“.

(aus: Laurentius von Brindisi, Opera omnia, Vol. II HypotyposisLutheranismi, Pars I Hypotyposis Martini Lutheri, Patavii, ex officinatypographicaseminarii 1930, Sectio Quarta, DissertatioPrima, V- VI S. 141ff.; VIII S. 147f.; IX-X S. 148f.)