Beitrag 17

„Hurra, die Schule brennt – Die Glaubensartikel des Martin Luther

In der Bulle ExsurgeDomine von 1520 stellte Papst Leo X. 41 Artikel aus den Lehren Luthers zusammen und forderte ihn auf, diese Irrtümer binnen sechs Monaten zu widerrufen. Luther liess die Zeit verstreichen, um nach Ablauf jener Frist in einem sorgfältig inszenierten Event die Bannandrohungsbulle des Papstes auf dem Marktplatz zu Wittenberg öffentlich zu verbrennen. Bald darauf veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel: Wahrheitsbekräftigung aller Artikel Martin Luthers, die von der jüngsten Bulle Leos X. verdammt worden sind. Darin schreibt er, seine Lehre stamme nicht von Menschen, sondern von Gott, und so könne er nicht widerrufen, vielmehr müsste jeder Mensch, um selig zu werden, seine Lehren annehmen. Aber hören wir, was der hl. Kirchenlehrer Laurentius von Brindisi darüber sagt in seiner „Darstellung des Luthertums“:

„Luther wollte, dass seine gleichsam vom Himmel erhaltene Lehre unter Strafe der ewigen Verdammnis zu schützen und einzuhalten sei. Gegen Papst Leo X. sagt er [Zitat]: „Ich verteidige und umfasse mit dem ganzen Vertrauen meines Geistes die durch jene Bulle verurteilten Artikel und verkünde, sie seien von allen Christen unter Strafe der ewigen Verdammnis zu halten“. Es sind 41 Artikel, die nach Luther allesamt unter der Strafe ewiger Verdammnis zu bejahen sind.

Der 1. Artikel lautet: „Es ist zwar eine gebräuchliche, aber ketzerische Rede, dass die Sakramente die Gnade denen geben, die kein Hindernis setzen“. Der 2.: „Zu sagen, nach der Taufe verbliebe im Kind keine Sünde, heisst Paulus und Christus zugleich verachten“. Wir haben [somit] zwei neue Glaubensartikel, die unter Strafe ewiger Verdammnis anzunehmen sind: der eine, dass die Sakramente keine Gnade mitteilen, der andere, dass die Taufe die Sünde nicht tilgt. Wenn jemand das nicht glaubt, ist er verdammt.

Luther [sieht sich] durch seine [angeblich] von Gott empfangene Lehre über Papst und Kirche gestellt. [So] kann er die unter Strafe ewiger Verdammnis gestellten Glaubensartikel nicht nur aufstellen -- sondern auch ändern und verwerfen. Denn er hat den 16. Artikel geändert, welcher lautete [Zitat]: „Es scheint vernünftig, dass die Kirche auf einem allgemeinen Konzil festsetze, die Laien müssten unter beiden Gestalten kommunizieren“. Dieser Artikel stand nach Luther unter dem Urteil göttlicher Verdammung.

Aber in der Babylonischen Gefangenschaft[29] widerrief er diesen Artikel mit den Worten [Zitat]: „Bis jetzt fühlte ich Dummkopf, es wäre schön, wenn auf einem allgemeinen Konzil beschlossen würde, den Laien sei das Sakrament unter beiderlei Gestalten zu reichen“. Und [anderswo][30]: „Diesen Artikel widerrief ich im Buch über die Babylonische Gefangenschaft und wiederum widerrufe ich ihn in diesen Schriften“. So konnte Luther, dem Zeitgeist dienend, neue Glaubensartikel festlegen – und auch widerrufen. Da aber Glaubensartikel die unbeweglichen Fundamente der christlichen Kirche sind, die in keinem Fall geändert werden können, war Luther in der Tat ein wunderbarer Architekt, der diese Fundamente nach seiner Willkür ändern kann, während doch Paulus sagt: Niemand kann ein anderes Fundament legen als das, was gelegt ist (1 Kor 3,11).

Aber lasst uns die neuen Dogmen Luthers weiter anschauen. Der 31. Artikel lautet: „In jedem guten Werk sündigt der Gerechte.“ Der 32. Artikel: „Ein auf beste Weise verrichtetes gutes Werk ist eine lässliche Sünde“. In Luthers Bekräftigung dieses Artikels heißt es jedoch: Jedes gute Werk ist seiner Natur nach eine Todsünde“. O unglückseligster Mensch, auch wenn er ein gutes Werk auf beste Weise vollzieht, sündigt er schwer, er verdient die göttliche Empörung und die ewige Hinrichtung, auch wegen eines auf beste Weise vollbrachten guten Werkes! Wer hat je solches gehört?

Auch das verstehe ich nicht: Wenn der Gerechte in jedem guten Werk sündigt und zwar seiner Natur nach schwer, wie kann, frage ich, durch ein Werk des Glaubens der Glaubende gerechtfertigt werden? Durch eine Todsünde wird der Mensch [doch] nicht gerechtfertigt, sondern getötet. Aber dies sind die Dogmen Luthers; [sie sind] vom Himmel und deshalb voll von unbegreiflicher, aber neuer und unerhörter Göttlichkeit.[31]

Was hätte wohl ein heiliger und gebildeter Mann zu [diesem] Luther gesagt, der nach fast 1500 Jahren seit dem Ursprung der Kirche neue Dogmen aufstellt? [Der hl. Hieronymus] sagt am Ende seines Buches gegen die Luciferianer [Zitat]: „Man muss in jener Kirche verharren, die von den Aposteln gegründet ist und bis zum heutigen Tag fortbesteht.  Jede Kirche aber, die nicht nach dem Herrn Jesus Christus, sondern nach irgendeinem anderen benannt ist, ist nicht die Kirche Christi, sondern die Synagoge des Antichrist. Denn aus genau diesem Umstand, dass sie später gestiftet worden sind, zeigen [ihre Gründer] an, dass sie diejenigen sind, die der Apostel als die zukünftigen [Irrlehrer] vorhergesagt hat“.

(aus: Laurentius von Brindisi, Opera omnia, Vol. II HypotyposisLutheranismi, Pars I Hypotyposis Martini Lutheri, Patavii, ex officinatypographicaseminarii 1930, SectioQuarta, DissertatioTertia,VIII-IX S. 173ff.)

 

 

[1] „Addictissimus“, unbedingt ergeben im Superlativ!

[2] „Insignis monachus“ und „insignissimus archihaereticus“.

[3] „Amor voluptatum“.

[4] Mit „Celifodina“ wurden Bücher benannt, die z. B. 1502 und 1504 in Erfurt herausgegeben worden waren.

[5] „Buccinatores“: Trompeter, Ausrufer. Was ist am besten?

[6] „Quaestoren“.

[7] „DisputationisSchedulam“, 31.10.1517.

[8] In den Videotext: …um vom Kaiser Rückendeckung gegenüber dem päpstlichen Gesandten zu erhalten.

[9]Vgl. Apg 20,22ff.; 21,12f.

[10]„Resolutiones“ (de indulgentiarumvirtute) – eine Vertiefung des Thesenpapiers, Frühjahr 1518.

[11] Videotext: Immer noch spricht Luther!

[12]Amos 4,11 und Zacharias 3,2.

[13]Z. B. Mt 17,13; 19,24; Lk 13,24.

[14] Statt: „vom wahren Glauben“.

[15] Einblenden: Röm 16,16: „Es grüssen euch alle Gemeinden Christi“.

[16] Eigentlich „pessumdasse“ von pessumdare, d.i. ruinieren, zugrunderichten!

[17] „Renunciatus“, Widerrufer, Stephan hatte Verweigerer.

[18] Original: „avitae“, „ererbten“.

[19]„…infelicemapostatamnigrolapillonotatum“. Zum „Lapis niger“: die Römer nutzten schwarze Steinchen zur Markierung schlimmer Tage im Kalender.

[20] „gegen die Luciferianer“.

[21] „rechtgläubigen Väter“.

[22] InGegen den König Englands.

[23] Original: „Heinrich“.

[24]W. L. t. 2, f. 369b.

[25]Streitigkeiten (dissensiones, διχοστασίας discordias, scissuras, divisiones) und Ärgernisse (offendicula, scandala)“.Das in Klammern Gesetzte ist Zusatz von Laurentius.

[26](praeter, παρά contra).

[27] Originales Wortspiel: „impugnare“ vs. „expugnare“ (erobern).

[28] „superseminatores“.

[29]Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche (lateinischer Titel: De captivitate Babylonica ecclesiae, praeludium) ist eine der reformatorischen Hauptschriften des Jahres 1520, in der Martin Luther erstmals die Siebenzahl der Sakramente öffentlich in Frage stellt.

[30]„in der Assertio“ = Wahrheitsbekräftigung aller Artikel Martin Luthers, die von der jüngsten Bulle Leos X. verdammt worden sind (= D. Martin Luthers Werke. WA 7). 1897, S. 91–151 (Latein: Assertio omnium articulorum M. Lutheri per bullam Leonis X. novissimam damnatorum. 1521.).

[31] „Gott der Überraschungen“…