Beitrag 18
Alles NEU macht der Mai – Frühling der Kirche?
Das von Papst Johannes XXIII. propagierte aggiornamento ist ein doppelbödiger Ausdruck. Meint er wirklich nur die zeitgemäße Verkündigung überzeitlicher Wahrheiten? Geht es ganz harmlos darum, „die dem Wechsel unterworfenen Einrichtungen den Notwendigkeiten unseres Zeitalters besser anzupassen“ (SC 1)? Wörtlich übersetzt bedeutet aggiornamento die „Anpassung an heutige Verhältnisse“. Nun, dieser zweideutige Ausdruck wird durch den Lauf der vor unseren Augen abrollenden Ereignisse eindeutig interpretiert. Die kirchlichen Debatten, Lehrschreiben und die pastorale Praxis, z.B. in der Frage der Ehe, ist verweltlicht. Aggiornamento führte zur Neuheit. Hören wir aus der „Darstellung des Luthertums“ des hl. Kirchenlehrers Laurentius von Brindisi:
„Tertullian bezeichnet häufig die Irrlehrer [einfach] nach der Neuheit ihrer Lehre [Zitat]: „Gegen alle Irrlehrer sei schon jetzt vorausgeurteilt: das ist wahr, was auch immer zuerst gewesen ist; das sei ehebrecherisch, was auch immer später aufgekommen ist“. Auch im Buch Gegen Hermogenes [Zitat]: „Wir pflegen die Irrlehrer der Kürze halber wegen ihrer Nachzeitigkeit1 zu ächten, denn die Heilige Schrift verkündigte zukünftige Irrlehren voraus, somit sind [schon] alle späteren Lehren als Häresien vorausverurteilt“.
Und an [den Häretiker] Marcion schreibt er: „Ich nenne mein Evangelium das wahre, Marcion das seine. Wer wird zwischen uns richten, wenn nicht der Gesichtspunkt der Zeit, der jenem die Autorität zuschreibt, was als älter gefunden wird und demjenigen von vornherein die Fehlerhaftigkeit zuschreibt, was als das Spätere besiegt wird? Inwiefern nämlich die Falschheit eine Verderbnis des Wahren ist, insofern geht notwendig die Wahrheit dem Falschen voraus“.
Hierauf bezieht sich auch der erste Kanon des 6. ökumenischen Konzils2 [Zitat]. „Wir setzen fest, sagen die Väter, nichts sei im Glauben neu zu machen, nichts zu verändern; sondern so zu bewahren, wie es uns von den heiligen Aposteln, durch 318 Väter des heiligen Konzils von Nicäa und die übrigen Väter der anderen Konzilien überliefert ist, und schließlich durch alle, deren Frömmigkeit eine Zierde der Kirche Gottes war, gepriesene Männer, die wie helle Leuchten der Welt erstanden sind, [und] das Wort des Lebens festhielten“.
Ebenso das 7. Konzil:3 „Wir, sagen sie, folgen den alten Einrichtungen und Sanktionen der katholischen Kirche, wir behüten die Beschlüsse der Väter, wir werfen alle, die etwas hinzufügen oder wegnehmen, als Verfluchte aus der Gemeinschaft der Kirche hinaus“. Aus diesen Worten ist sonnenklar, was sie gegen Luther vorgebracht hätten, der der alten Lehre so viel hinzugefügt und weggenommen hat, und welche Sentenz sie gegen ihn verhängt hätten; zweifellos hätten sie seine Lehre der weltlichen Neuheit halber verurteilt, und ihn selbst als Urheber neuer Dogmen verflucht.
Auch hat diese Lehre keine universale Übereinstimmung. Zwar haben alle Irrlehrer dieser Zeit einen einzigen Ursprung, sie sind von dem einen Vater Luther hervorgebracht: Lutheraner, Sacramentarier, Wiedertäufer4; alle sind nämlich aus Luther wie aus dem Trojanischen Pferd hervorgegangen. Jedoch sind sie untereinander in wichtigen Glaubensartikeln höchst gespalten, so dass selbst unter den Lutheranern der Confessio Augustana, v. a. aber unter den strengen und weichen Lutheranern sehr große Unstimmigkeiten, Zwistigkeiten und unversöhnliche Streitereien bzgl. der Glaubensdoktrin sind. Außerdem werden wir an gegebener Stelle5 sagen, so Gott es uns gibt: Luthers Lehre ist überhaupt nicht in sich konsistent, sondern enthält zahllose Widersprüche.
Diese Glaubensdoktrin, die von Luther in die Welt hineingebracht worden ist, hat weder das hohe Alter und die ununterbrochene Sukzession von Christus her6 bis auf uns, noch hat sie die Allgemeinheit, noch die Übereinstimmung, dass sie von allen Christgläubigen überall geglaubt würde; mit Fug und Recht wäre sie von allen rechtgläubigen Vätern zurückgestoßen und verurteilt worden, und zusammen mit ihrem Urheber vernichtet worden. Deshalb wäre Luther dieser Dinge wegen von allen rechtgläubigen Vätern als Irrlehrer ausgerufen und verurteilt worden.“
(aus: Laurentius von Brindisi, Opera omnia, Vol. II HypotyposisLutheranismi, Pars I Hypotyposis Martini Lutheri, Patavii, ex officinatypographicaseminarii 1930, SectioQuarta, DissertatioTertia,IX-X S. 178ff.;XII-XIII S. 182f.)