Beitrag 04

Die gutgläubig Irrenden lieben, aber den Irrtum hassen und die Irrlehrer bekämpfen

Der hl. Laurentius von Brindisi hatte 1608 in Prag die Irrlehren des protestantischen Hofpredigers Polycarp Leyser mit Erfolg zurückgewiesen. Die Anhänger Polycarps reagierten zornig. So schwor der „Baron von Ghinzichi, welcher als General der sächsischen Truppen grosses Ansehen genoss und ein hartnäckiger Verteidiger der sogenannten Reformation war“, dem Heiligen Rache und Tod. Doch Laurentius ging unerschrocken zu ihm hin, belehrte ihn mit freundlichen Worten und erreichte eine vollständige innere Umwandlung. Der für seine Milde gerühmte hl. Laurentius unterschied sehr genau zwischen einem von der Irrlehre verführten Menschen und den Irrlehrern selbst. Man soll die im guten Glauben Irrenden lieben, aber den Irrtum hassen und die Irrlehrer mit unnachgiebiger Strenge bekämpfen.

Hören wir aus der „Darstellung des Luthertums“ des hl. Kirchenlehrers Laurentius von Brindisi:

„Es ist notwendig, diesem Polycarp zu antworten. Von den Hirten war uns befohlen worden, gegen ihn zu predigen. Wie bellende Hunde waren wir gegen den Wolf losgelassen worden, der gegen die Schafe Christi wütete, damit wir ihn durch starkes Gebell, ja sogar durch Bisse heftig bedrängen und vom Schafstall weiter fernhalten. Wenn nun Polycarp unseren Hass gegen sich selbst beklagt, läge es an ihm zu untersuchen, ob jeder Hass der Klage wert ist. Denn weder ist jede Liebe heilig und wird von Gott gut geheißen, noch ist jeder Hass ungerecht, sodass er dem göttlichen Willen missfalle. Es gibt eine unheilige Liebe gemäß dem Fleisch, und einen heiligen Hass, der gemäß dem Geist ist.

Hass und Feindschaft gegen das Böse wurden von Gott selber in die Gesinnungen der Menschen eingesenkt, als er zur Schlange sprach: Feindschaft will ich setzen zwischen dir und der Frau, und zwischen deiner Nachkommenschaft und ihrer Nachkommenschaft (Gen 3,15). So wie Gott in die Herzen seiner Auserwählten die Liebe gegen Christus und seine Glieder eingießt, so auch den Hass gegen Satan und dessen Brut. Hier geht es nicht nur um die Feindschaft gegen die Schlange, sondern auch gegen ihre Brut.

Christus sagte, als er das Gleichnis vom Weizen und dem Unkraut auslegte, dass er selber der Sämann des guten Samens ist und der gute Same die Söhne des Reiches. Der Sämann des Unkrauts ist der Teufel, und das Unkraut sind die nichtsnutzigen Söhne jenes nichtsnutzigen Bösen (vgl. Mt 13,24-43). Daher ist die Feindschaft der Katholiken, das heißt der Söhne Gottes, gegen die Häretiker, das heißt gegen die Söhne des Teufels, ein Werk Gottes. Was klagt uns also Polycarp an wegen Hass gegen einen offenkundigen Irrlehrer? Dieser entspringt ja keiner privaten Eifersucht, sondern geschieht allein aus Eifer für die katholische Religion und die ererbte Frömmigkeit.

Die heiligen Väter verfolgten energisch alle Irrlehrer sowohl persönlich als auch durch Schriften, weil sie wussten, dass die Häresie für den christlichen Glauben das verderblichste Übel ist. Sie duldeten ihr Bestehen an keinem Ort, wie gute Hirten die verderblichen Wölfe nicht dulden.

Was aber von den hl. Vätern aus Abscheu gegen die Irrlehrer vorgetragen wurde, muss als Aussagen gegen die Irrlehrer im eigentlichen Sinn verstanden werden, nicht als Aussagen gegen die Getäuschten. Die nämlich aus Naivität und Unwissenheit von den Ketzern Getäuschten haben die Irrtümer nur angenommen. Sie irren zwar, aber sie irren in guter Gesinnung, nicht aus Hass, sondern aus Leidenschaft für Gott. Polycarp aber, gegen den wir schreiben, ist sehr wohl ein Häretiker im eigentlichen Sinn, weil er der Häresie Luthers aus Absicht folgt, hartnäckig an ihr festhält und sie nach Kräften verteidigt“.

(aus: Laurentius von Brindisi, Opera omnia, Vol. II Hypotyposis Lutheranismi, Pars I Hypotyposis Martini Lutheri, Patavii, ex officina typographica seminarii 1930, Sectio Prima, Dissertatio Tertia, I-IV, S. 30ff.)