ICH BIN DEIN
33 Stufen zur vollkommenen Hingabe an Jesus durch Maria
Mit Texten des Heiligen Ludwig Maria Grignion von Montfort
4. Stufe
In Lk 1, 52 sagt Maria: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“ – Was will ich für mich?
MACHT UND ANSEHEN
Die Welt ist gierig nach Macht und Ansehen. Sklavisch kriecht sie vor den Machthabern und treibt einen wahren Starkult mit zweifelhaften Größen. Wer heute umjubelt wird, ist morgen bereits vergessen! Man geht über Leichen, um an die Macht zu kommen, und scheut vor keiner Gemeinheit zurück, um flüchtigen Ruhm zu erhaschen. Der Jünger Jesu aber weiß, dass der Herr die Mächtigen vom Thron stürzt (Lk 1, 52) und dass der weltliche Ruhm ein Wahn ist; nur das Ewige hat Bedeutung.
EINFACH ZUM ÜBERLEGEN
Nach Worten Ludwigs von Montfort
Über die wahre Andacht zu
Maria (196 - 200)
Das Verhalten der Gotteskinder
Sie bleiben daheim bei ihrer Mutter; das heißt, sie lieben die Zurückgezogenheit, sie sind verinnerlicht, und obliegen dem Gebet, jedoch nach dem Beispiel und in Gegenwart ihrer Mutter. Mariens ganze Herrlichkeit liegt ja im Inneren, und ihr ganzes Leben lang hat sie Gebet und Zurückgezogenheit geliebt. Wohl treten die Kinder des Lichtes manchmal auch nach außen in der Welt auf; dies geschieht aber aus Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes und ihrer geliebten Mutter. Sie tun es nur, um ihre Pflichten zu erfüllen. Was immer sie äußerlich Großes leisten mögen, viel wichtiger ist ihnen das Wirken in der eigenen Seele im Verein mit der Gottesmutter; denn dort vollbringen sie das große Werk ihrer Heiligung, neben dem alle anderen Taten Kinderspiel sind.
Während darum ihre Brüder und Schwestern manchmal mit viel Krafteinsatz, Geschicklichkeit und Erfolg unter Anerkennung und Beifall der Menge äußere Werke vollbringen, erkennen sie im Licht des Heiligen Geistes, dass es viel ehrenvoller, nützlicher und schöner ist, sich mit ihrem Vorbild Jesus Christus zurückzuziehen, in gänzlicher und vollkommener Unterwerfung ihrer Mutter. Lieber bleiben sie in der Stille und Verborgenheit, als aus eigener Kraft in der Welt Großes zu wirken. Die Ehre Gottes und den wahren Reichtum des Menschen findet man, in Anlehnung an ein Psalmwort, im Haus Mariens (Ps 112, 2f): „Das Geschlecht der Frommen wird gesegnet. Wohlstand und Reichtum sind in seinem Haus.“
Herr Jesus, wie lieblich sind deine Wohnungen! Der Sperling fand ein Haus, darin er wohnen kann, und die Turteltaube ein Nest, um ihre Jungen darin zu bergen. Wie glücklich ist doch der Mensch, der geistig im Haus Mariens wohnt, wo du zuerst deine Wohnung aufgeschlagen hast! Ja, in diesem Haus der Auserwählten empfängt er von dir seine Hilfe (Ps 84).
Die Auserwählten lieben die heilige Jungfrau innig und verehren sie wahrhaftig als ihre gute Mutter und Herrin. Sie lieben sie nicht nur äußerlich, sondern im Innersten ihres Herzens. Sie vermeiden alles, was ihr missfallen könnte, und machen sich mit Eifer an alles, was nach ihrer Auffassung ihnen das Wohlwollen Mariens erwirbt. Sie bringen und übergeben ihren Leib und ihren Geist… Maria soll sie als ihr Eigentum annehmen und sie der Sünde absterben lassen. Sie soll sie von ihrer Eigenliebe befreien, damit sie ihrem Sohn Jesus gefallen; denn der Sohn Gottes will nur solche Menschen zu Freunden und Jüngern haben, die ihn aufrichtig lieben… Durch Mariens Fürsorge sollen Leib und Geist ganz geläutert werden von jeder Makel, entäußert zu einer köstlichen Gabe werden, würdig, dem himmlischen Vater vorgestellt und von ihm gesegnet zu werden… Ist das nicht der Fall bei den auserwählten Menschen, welche die von uns gelehrte Totalhingabe an Jesus Christus durch die Hände Mariens schätzen und lieben, um Jesus und Maria ihre tatkräftige und mutige Liebe zu beweisen?
Die Gotteskinder sind Maria, ihrer guten Mutter, Untertan und gehorsam, nach dem Vorbild Jesu Christi, der von den dreiunddreißig Jahren seines Erdenlebens dreißig dazu verwendete, Gott Vater durch gänzliche und vollkommene Unterwerfung unter seine heilige Mutter zu verherrlichen. Sie gehorchen ihr und befolgen genau ihre Ratschläge…, wie die Gäste auf der Hochzeit zu Kana, zu denen Maria sprach (Joh 2, 5): „Was er euch sagt, das tut!“…Und Die Gäste, die diesem Rat folgten, durften dafür das erste Wunder Jesu Christi erleben, der auf die Bitten seiner heiligen Mutter das Wasser in Wein verwandelte. So werden auch bis zum Ende der Welt alle jene, die den Segen des himmlischen Vaters empfangen und der Wunder Gottes gewürdigt werden, diese Gnaden… für ihren Gehorsam gegenüber Maria erhalten…
Die Auserwählten haben großes Vertrauen auf die Güte und Macht der heiligen Jungfrau, ihrer guten Mutter. Ohne Unterlass rufen sie ihre Hilfe an; sie sehen auf zu ihr wie zu ihrem Leitstern, der sie heil in den Hafen führt. Mit der größten Offenherzigkeit enthüllen sie ihr Nöte und Schwierigkeiten; sie klammern sich an ihre barmherzige und liebenswürdige Mutter, um durch deren Fürsprache die Verzeihung ihrer Sünden zu erlangen und in ihren Nöten und Unannehmlichkeiten Mariens mütterliche Milde zu erfahren. Ja, auf eine wunderbare Weise versenken, verbergen und verlieren sie sich sogar in… ihrer Liebe, um darin auch vom kleinsten Makel gereinigt zu werden und die Fülle Jesu Christi zu finden, der in Maria seinen Thron aufgeschlagen hatte. Welche Freude!
Die Kinder dieser Welt hingegen vertrauen nur auf sich selbst. Sie lieben die sichtbaren und äußeren Dinge, und so wissen sie die mütterliche Milde und Güte Mariens nicht zu schätzen. Sie wissen nichts von dem sicheren Halt, den Maria gibt, und dem festen Vertrauen, das die Auserwählten für ihre gute Mutter empfinden. In diesem Elend lieben sie noch den Hunger nach äußeren Dingen, wie der heilige Gregor sagt, weil sie die Süßigkeit nicht verkosten wollen, die man nur im Inneren und in den Herzen Jesu und Mariens findet.
Die Kinder des Lichtes wandeln schließlich in den Spuren Mariens. Sie ahmen sie nach: und gerade darin liegt ihre wahre Freude und Frömmigkeit, ebenso wie das untrügliche Zeichen ihrer Auserwählung. So könnte Maria sagen (Spr 8, 32): „Glücklich, die auf meine Wege achten!“, das heißt: Glücklich sind, die meine Tugenden üben, die mit göttlicher Hilfe auf den Spuren meines Lebens wandeln. Glücklich sind sie während ihres Erdenlebens, weil ich ihnen aus meiner Fülle überströmend Tröstungen mitteilen kann, viel mehr als den anderen, die mir nicht so treu nachfolgen. Glücklich sind sie in ihrem Tod, der sanft und friedlich ist und bei dem ich selbst anwesend bin, um sie zu den ewigen Freuden zu führen. Und glücklich sind sie in der Ewigkeit, denn keiner meiner treuen Diener, der im Leben treu meine Tugenden nachgeahmt hat, ist je verloren gegangen.
Die Kinder der Finsternis hingegen sind unglücklich während ihres Lebens, in ihrem Sterben und in der Ewigkeit, weil sie den Tugenden der Gottesmutter nicht nacheifern. Hie und da sind sie zwar Mitglieder marianischer Vereine, verrichten ein paar Gebete oder äußere Andachtsübungen; aber dabei bleibt es vielfach auch.
Maria, du meine gute Mutter, mit der ganzen Glut meines Herzens muss ich es nochmals sagen: Glücklich sind, die sich nicht von einer falschen Verehrung für dich irreführen lassen, die deinen Wegen, deinen Ratschlägen und Befehlen treu folgen! Aber beklagenswert sind jene, deren Marienverehrung nur ein Hohn ist, weil sie die Gebote deines Sohnes nicht halten (Ps 119, 21): „Verflucht sei, wer abirrt von deinen Geboten!“
WORTE DER HEILIGEN SCHRIFT
„Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen. Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ (Lk 14, 7 - 11).
GEBET
Du mein Gott, du widerstehst den Stolzen und gewährst den Demütigen deine Gnade; verleihe mir die Haltung wahrer Demut und lass mich niemals durch Hochmut deine strafende Gerechtigkeit herausfordern, vielmehr lass mich durch Unterwürfigkeit die Geschenke deiner Liebe erlangen. Amen.